Protocol of the Session on December 10, 2008

(Beifall bei der FDP)

Und wenn Sie sagen: „Das können wir nicht“, dann müssen wir den Bürgern von Schleswig-Holstein sagen, dass sie beim nächsten Mal anders wählen

sollen - das werden sie eh tun. Dann werden wir Ihnen zeigen, dass es funktioniert.

Wer noch nicht einmal in der Lage ist, mit den 400 frei werdenden Stellen aus der Katasterverwaltung im Haushalt verantwortungsvoll umzugehen, der ist für größere Aufgaben nicht gewappnet. Wir wissen seit Herrn Seitz - auch das ist teuer bezahlt worden -, dass das Land Schleswig-Holstein strukturell das heißt nicht konjunkturell - einen Personalüberbesatz in der Größenordnung von 3.500 bis 5.000 Personen hat. Das Problem, Herr Kalinka, können wir nicht bewältigen, indem wir immer weiter die Gehälter abschmelzen. Das können wir ausschließlich bewältigen, wenn wir das Land von bestimmten Aufgaben befreien und so Personal freisetzen. Wir müssen es über einen bestimmten Zeitraum umsetzen, um die Personalausgaben des Landes dauerhaft zu reduzieren.

Herr Ministerpräsident, Sie und Ihre Regierung sind mit allen großen vollmundig angekündigten Projekten, die die Große Koalition rechtfertigen sollten, gescheitert.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Das kann man so nicht sagen! - Dr. Heiner Garg [FDP]: Das kann man genau so sagen!)

- Nennen Sie mir doch ein großes Projekt! Wie sieht es denn mit der Schulreform aus? - Die Ergebnisse sehen wir gerade.

Als Fazit der Haushaltsberatungen, die eine Farce waren, lässt sich festhalten, dass die Regierungskoalition aus CDU und SPD nun auch bei ihrem letzten großen Projekt, einen soliden und zukunftsweisenden Haushalt aufzustellen, kläglich versagt hat. Es ist kein Konzept zur strukturellen Einnahmeverbesserung durch eine Erhöhung der Wachstumsdynamik der schleswig-holsteinischen Wirtschaft erkennbar.

Auch die dringend notwendige Funktional- und Verwaltungsreform, die Aufgabenkritik und der Aufgabenabbau fehlen in diesem Haushalt völlig. Aus Sicht der FDP-Fraktion wird es mit diesem Haushalt nicht gelingen, die bevorstehende wirtschaftpolitische Krise zu meistern. Dieser Haushalt verdient schlicht und ergreifend die Note „ungenügend“.

Wir werden heute Nachmittag noch über die HSH Nordbank debattieren, Herr Finanzminister. Ich erwarte von Ihnen, dass Sie uns erklären - darauf können Sie sich schon einrichten -, welche strukturellen Überlegungen zur Fortentwicklung der HSH Nordbank aus der Interessenslage des Landes

(Wolfgang Kubicki)

Schleswig-Holstein heraus bestehen und wie wir diese umsetzen. Wir sind Anteilseigner der Bank. Die Bank hält keine Anteile an Schleswig-Holstein. Wenn ich mir anschaue, wie die Finanzminister der anderen Länder agieren, dann wird mir schummerig dabei, wenn ich daran denke, wie unsere Interessen im Konzert der Länder umgesetzt werden.

Die Appelle des Kollegen Stegner an die Solidarität der anderen sind ja sehr schön. Aber ich weiß aus parlamentarischen Beratungen mit Kollegen - auch von der SPD - aus anderen Ländern, dass die Solidarität dort aufhört, wo der eigene Geldbeutel anfängt. Das ist wie im normalen Leben auch. Auch Ihre Kollegen, Herr Stegner, werden Sie fragen: Warum sollen wir denn für Fehlverhalten der damaligen Regierung von Schleswig-Holstein bezahlen? Warum sollen wir denn Lasten tragen, die Schleswig-Holstein nicht einmal ansatzweise selbst zu schultern bereit ist?

Warten wir diese Entwicklungen erst einmal ab. Wir reden ja heute Nachmittag über eine „bad bank“. Ich kann nur sagen: Dieser Haushalt ist ein „bad budget“, Herr Finanzminister, oder - da die Union Deutsch ins Grundgesetz schreiben will - ein „schlechter Haushalt“. Wir werden dem nicht zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki. - Bevor ich das Wort erteile, möchte ich auf der Tribüne sehr herzlich Schülerinnen und Schüler sowie begleitende Lehrkräfte des Thor-Heyerdahl-Gymnasiums in Kiel begrüßen. Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile nun dem Fraktionsvorsitzenden von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Am 5. Oktober überschrieb die „Sonntagszeitung“ einen Artikel über diese Regierung so: „Die Koalition ist gescheitert.“

Die Fraktionsvorsitzenden der beiden Koalitionsparteien haben sich eben alle Mühe gegeben, ihre Erfolge darzustellen. Ich sage dazu: Glauben Sie wirklich, wir haben vergessen, was Sie vor drei

Jahren alles versprochen und was Sie sich vor drei Jahren alles vorgenommen haben? - Ich bin zwar von der Leiter gestürzt, aber davon bekommt man zum Glück keine Amnesie.

Was ist aus Ihren großmundig angekündigten Plänen zum Personalabbau geworden? Während unter grüner Regierungsbeteiligung jährlich durchschnittlich 200 Stellen netto abgebaut worden sind, Herr Wadephul, das sind Zahlen des Landesrechnungshofs, nicht unsere, haben Sie es von 2005 bis 2007 gerade auf zwei Stellen gebracht, die abgebaut wurden. Ich wiederhole: Es waren zwei Stellen. Da fragt man sich: Wo ist der Finanzminister Wiegard, der im Wahlkampf die Notwendigkeit der Streichung von 5.000 Stellen verkündet hat?

(Dr. Johann Wadephul [CDU]: Stimmt doch nicht!)

Wo ist der Fraktionsvorsitzende der CDU, der die Regierung noch im letzten Jahr zu mehr Ehrgeiz angestachelt hat? Wo ist der Ministerpräsident? Wo ist das Konzept der CDU von Herrn Sauter, das er lange angekündigt hat?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Wolfgang Kubicki [FDP])

Jetzt sind alle abgetaucht. Niemand möchte mehr daran erinnert werden. Ähnliches erleben wir bei der Verwaltungsreform des Landes. Es wurde eine eigene Abteilung mit einem Staatssekretär an der Spitze eingerichtet. Dort sitzt er. Tausende Seiten Papier wurden im Landeshaus verteilt. Passiert ist nichts. Einmal hat Staatssekretär Schlie noch verzweifelt aufgeschrien und sich über die Blockade der Ministerien, natürlich insbesondere der roten Ministerien, beschwert. Es war vergeblich. Ich frage: Was hat der Ministerpräsident dazu gesagt, als er das in der Zeitung gelesen hat?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ist er seinem Staatssekretär zur Hilfe geeilt? Hat er die Minister zur Ordnung gerufen? - Nichts dergleichen ist passiert. Die Koalition ist gescheitert, und der Ministerpräsident schweigt.

Ich komme zur großen Kommunalreform. Es gab hierzu eindeutige Beschlüsse der Koalition und klare Aussagen des Ministerpräsidenten. Der Innenminister musste gehen. Es wurden Tausende Seiten an Gutachten erstellt. Alle kamen zu einem eindeutigen Ergebnis. Herr Ministerpräsident, Sie sind beliebt, das ist ohne Zweifel. Sie haben in Ihrer Partei eine beachtliche Autorität.

(Wolfgang Kubicki)

(Beifall des Abgeordneten Frank Sauter [CDU])

Warum haben Sie die nicht eingesetzt und Ihrer Parteibasis gesagt, das Land brauche eine Reform? Es geht um über 100 Millionen € jährlich. Stattdessen erleben wir ein Begräbnis dritter Klasse, und der Ministerpräsident macht den Eindruck, als sei er geradezu froh darüber, dass der Ärger vorbei ist.

Ein weiteres Beispiel für Ihre Art von Politik ist die Schulreform. Es ist an sich schon absurd, dass die Reform des Schulwesens eher das zufällige Ergebnis von Beratungen eines Koalitionsausschusses war, bei denen man sich nicht einigen konnte und die Entscheidung den Kommunen zugeschoben hat. Anders als bei der Kommunalreform erlebten wir aber diesmal, dass Dutzende - überwiegend schwarze - Bürgermeister auf dem Lande den Schritt in die Zukunft wagten und sich für eine Gemeinschaftsschule entschieden; Ideologie hin oder her.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich hätte wirklich erwartet, dass sich die Koalition zusammensetzt und sagt: Jetzt haben wir eine Reform, jetzt schaffen wir auch die nötigen Rahmenbedingungen. Nichts da, die Blockade geht weiter. Man kann doch niemandem mehr erklären, warum Lehrer an Gemeinschaftsschulen mehr Stunden arbeiten sollen als an Gymnasien und das zum Teil für weniger Geld. Haben sie die leichter zu unterrichtenden Schüler?

Es ist ein unfassbares Signal an alle Eltern, Lehrer und Schüler, die sich für die neuen Schulen engagieren, dass an unserer Lehrerhochschule in Flensburg keine Lehrer für Gemeinschaftsschulen ausgebildet werden dürfen, dafür aber für Schularten, die es in Schleswig-Holstein gar nicht mehr gibt! Da fragt man sich doch: Wo bleibt bei diesem Chaos die Verantwortung der Fraktionsvorsitzenden? Wo bleibt die Verantwortung des Ministerpräsidenten? Auf jedem Dorffest wird er abgelichtet. Auf den Regionalseiten der Zeitungen ist er allgegenwärtig. Aber wenn es darum geht, Entscheidungen für die nötigen Strukturreformen in diesem Land herbeizuführen, wenn es darum geht, als Ministerpräsident die Koalition zu führen, dann ist der Mann verschwunden!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der vorgelegte Haushaltsentwurf ist eine konsequente Fortsetzung dieser Regierungsarbeit. Er ist ein Trauerspiel für den Steuerzahler.

Herr Kollege Hentschel, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Wadephul?

Herr Kollege Hentschel, Sie haben gerade die unterschiedliche Stundenverpflichtung der Lehrer an Gymnasien und an Regional- und Gemeinschaftsschulen angesprochen. Darf ich Sie fragen, wie Sie das Problem Ihrerseits lösen möchten? Möchten Sie die Gymnasiallehrer gesetzlich zu mehr Unterricht verpflichten, oder wollen Sie die Unterrichtsverpflichtung der Regional- und Gemeinschaftsschullehrer senken und dadurch mehr Lehrer einstellen? Oder wollen Sie die Stunden ausfallen lassen?

Darüber wird zu reden sein. Auf jeden Fall wird man sich bei einem gemeinsamen Maß treffen müssen, davon bin ich überzeugt. Notfalls muss man sich in der Mitte treffen. Es kann doch nicht so sein, dass die einen zwei Stunden mehr arbeiten und dass man sagt, das sei normal. Das ist doch eine Bestrafung für die Hälfte aller Lehrer.

Der vorgelegte Haushaltsentwurf ist eine konsequente Fortsetzung dieser Regierungsarbeit, von der ich gerade geredet habe. Hinzu kommt, dass er ein Trauerspiel für die Steuerzahler ist. Schon die Aufstellung des Haushalts spiegelte das wider. Im ersten Schritt legte die Landesregierung einen Haushaltsentwurf vor. Die Landesregierung rechnet im Jahr 2010 mit sage und schreibe 1,7 Milliarden € an Mehreinnahmen gegenüber dem Jahr 2005. Dann stellt sie fest, dass das Geld trotzdem nicht reicht, um alle Wünsche der roten und schwarzen Ministerien zu erfüllen. Für 2009 fehlen 570 Millionen € und sind als Neuverschuldung geplant.

Im zweiten Schritt kommt dann die Nachschiebeliste. Normalerweise sollte man denken, dass es besser wird, da man noch einmal korrigiert und mit den Häusern neue Einsparungen verhandelt. Nein, Sie jubeln über die Steuerschätzung, obwohl sie auf alten Wachstumszahlen basiert. Sie wecken neue Begehrlichkeiten. Schwupp, schon sind die Ausgaben trotz höherer Einnahmen noch stärker gewachsen, und Sie sind bei einer Neuverschuldung von 600 Millionen € angelangt.

(Karl-Martin Hentschel)

In einem weiteren Schritt veranstalten CDU und SPD nach ihren Haushaltsberatungen getrennte Kampfpressekonferenzen nach dem Motto, wer verspricht am meisten. Selbstverständlich soll alles gegenfinanziert werden, das haben beide - Wadephul und Stegner - gesagt. Das ist aber drei Tage später vergessen. Alle Wünsche werden erfüllt, die Neuverschuldung ist bei über 700 Millionen €. Während die Neuverschuldung erneut steigt und steigt, steigen auch die Wünsche für die Zukunft und damit auch die Verpflichtungsermächtigungen. Der Finanzminister hat diese glatt verdoppelt, und zwar von 600 Millionen € im Jahr 2008 auf weit über 1,2 Milliarden € im Jahr 2009. Damit betonieren Sie auch die Haushalte der Zukunft gleich mit zu. Meldet sich einmal wieder eine Interessengruppe, dann wird ohne Bedenken gern obendrauf gesattelt, wir haben es ja. Richtig auf den Punkt gebracht, kann man sagen, Sie haben mit der Erhöhung des Ausgabentitels Schleswig-Holstein als Reiterland positioniert: Mit Ihnen gehen wirklich sämtliche Pferde durch.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Finanzminister ist längst zu einer lame duck geworden. Es gab einmal Zeiten, da haben die Häuser vor den Haushaltsverhandlungen mit dem Finanzministerium gezittert, weil sie jedes Mal massive Einsparungen vorlegen mussten. Das ist Geschichte. Heute blickt der Finanzminister längst nicht mehr durch. Er weiß nicht mehr, was in den Häusern los ist. Es kommt sogar vor, dass ein Fachminister fröhlich aus den Chefgesprächen herauskommt und sogar noch Geld mitbringt. Was macht der Ministerpräsident, wenn alles aus dem Ruder läuft? Wo gibt es von ihm ein klares Wort? Wo setzt er seinen Ministerinnen und Ministern Grenzen? - Fehlanzeige.

Je mehr die vereinigten Koalitionsfreunde daran arbeiten, die Ausgaben nach oben zu schrauben, desto schweigsamer wird er. Herr Ministerpräsident, wenn selbst Ihr Parteifreund Borchert, der zugleich Präsident des Bundes der Steuerzahler ist, vor Kurzem Ihren Kurs als irreal und die Koalition als schuldensüchtig bezeichnet hat, wenn er Ihre Politik mit den Worten beschreibt, die der Kollege Wadephul schon zitiert hat, nämlich die Koalition gleiche dem Verhalten eines Suchtkranken, der den Kater der durchzechten Nacht in neuem Alkohol ertränkt, dann sage ich: Das ist das Bild, das ein Parteifreund von Ihnen zeigt. Das ist keiner, der keine Ahnung hat. Er war lange Zeit Geschäftsführer des Gemeindetages, er ist ein sehr honoriger Mann. Wie fühlen Sie sich dabei? Wenn ich ehrlich bin,

dann muss ich sagen, der Vergleich trifft nicht zu. Das wird Sie überraschen. Der Ministerpräsident wirkt nämlich gar nicht so bedrückt und verkatert.

Das könnte man höchstens vom Finanzminister sagen, wenn er auftritt. Herr Carstensen läuft eher herum wie ein Operettenpräsident, der im Drachenboot die Parade abnimmt. Für die Wirklichkeit sind andere zuständig.