Protocol of the Session on November 13, 2008

Ich danke der Frau Abgeordneten Langner und erteile das Wort für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz ist die rechtliche Grundlage für die spätere Landesplanung durch die Regierung. Das Gesetz stellt damit die unmittelbarste Möglichkeit für das Parlament dar, auf die Landesplanung Einfluss zu nehmen.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)

Insofern ist der Ansatz der Grünen richtig, zu versuchen, ihre energiepolitischen Vorstellungen in

der Landesplanung über das Landesentwicklungsgrundsätzegesetz festzuschreiben. Der Gesetzentwurf hat dann auch nur das alleinige Ziel, die Ansiedlung neuer Kohlekraftwerke in SchleswigHolstein zu erschweren oder zu verhindern. Allerdings muss auch den Grünen eines klar sein: Für bereits laufende und bereits genehmigte Anlagen gilt Bestandschutz.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist das!)

Auf diese Genehmigungen wird auch der vorliegende Gesetzentwurf keine Auswirkungen mehr haben.

Zum Gesetzentwurf selbst: Wir fanden es amüsant, dass Sie teilweise die bereits bestehende Rechtslage noch einmal ausführlich begründet haben. So können wir alle noch mal nachlesen, warum die Grünen die bereits bestehende Rechtslage für sinnvoll halten. - Herzlichen Dank dafür.

Neu gestellte Forderungen in dem Gesetzentwurf gibt es nur bei drei Punkten. Erstens. Die Grünen wollen den Anteil des Energieträgers Kohle an der Stromerzeugung verringern. Zweitens. Mit Kohle befeuerte Kraftwerke sollen nur in hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden. Drittens. Die Ansiedlungen von Kohlekraftwerken in erheblich mit Luftschadstoffen vorbelasteten Gebieten soll vermieden werden.

Dazu möchte ich folgende Anmerkungen machen:

Erstens. Ihre Forderungen nach der Verringerung des Anteils mit Kohle produzierten Stromes an der in Schleswig-Holstein insgesamt produzierten Strommenge ließe sich auch durch drei neue oder zumindest durch neue Kernkraftwerke erreichen. Das kann aber von Herrn Matthiesen nicht gewollt sein, der ja - wie wir bereits gestern erfahren haben - die noch am Netz befindlichen Kernkraftwerke aufgrund der Terrorgefahr am liebsten sofort abschalten will. Nebenbei bemerkt: Dadurch würden sie den bisherigen Anteil des Kohlestroms am Gesamtstrom noch erhöhen, also dem Ziel dieses Gesetzentwurfes zuwiderlaufen.

Zweitens. Die Nutzung neuer Kohlekraftwerke soll nur mit hoch effizienter Kraft-Wärme-Kopplung erfolgen. Diese Forderung ist nachvollziehbar. Allerdings kommen bei näherer Betrachtung Fragen auf, die Sie, Herr Kollege, zu beantworten haben. Frage 1: Warum soll diese Voraussetzung nach Ihrem Verständnis nur für Kohlekraftwerke gelten und nicht auch für andere Stromproduktionsformen, bei denen Abwärme entsteht? Darüber hinaus stellt sich eine weitere Frage. Sie wollen in Kiel kein neues Kohlekraftwerk. - So weit so gut, auch die

(Regina Poersch)

Kieler FDP hat sich dieser Forderung angeschlossen. Die Stadt Kiel ist aber im Gegensatz zu anderen Standorten geradezu prädestiniert für ein neues Kohlekraftwerk mit Kraft-Wärme-Kopplung.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Hier gibt es ein sehr gut ausgebautes Fernwärmenetz, an das ein neues Kohlekraftwerk hervorragend angebunden werden kann. Man könnte vielleicht sogar noch das Fernwärmenetz erweitern. Aber gerade Sie kämpfen vehement gegen ein solches Kohlekraftwerk. Das verstehe, wer will.

(Beifall des Abgeordneten Thomas Stritzl [CDU])

Drittens. Zur Forderung, dass eine Ansiedlung neuer Kohlekraftwerke in erheblich mit Luftschadstoffen vorbelasteten Gebieten vermieden werden soll, möchte ich Folgendes anmerken. Die Grünen wollen also überall dort Kohlekraftwerke ansiedeln, wo - in Klammern: noch - frische Luft ist, wenn ich diese Forderung sprachlich herunterbrechen darf. Aber im Ernst: Ich weiß gar nicht, ob diese Forderung rechtlich Bestand haben kann. Sie steht nämlich möglicherweise im Widerspruch zum BundesImmissionsschutzrecht. Dort ist geregelt, unter welchen Voraussetzungen eine Anlage zu genehmigen ist. Darüber hinaus gibt es in Schleswig-Holstein keine wesentliche Feinstaubproblematik. Ein erheblich mit Luftschadstoffen vorbelastetes Gebiet ist in Schleswig-Holstein schwer zu finden. Bei den Stickstoffoxiden wurde beispielsweise nach dem Bericht des Staatlichen Umweltamtes zur Luftqualität 2007 in Schleswig-Holstein nur in Kiel, in der Bahnhofstraße, eine Überschreitung der Grenzwerte gemessen. Dort soll nun aber bekanntermaßen kein neues Kohlekraftwerk entstehen. Wir werden also noch viele Fragen zu klären haben.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Jürgen Weber [SPD])

Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand und erteile für den SSW Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Mein sehr geehrten Damen und Herren! Die Entwicklung und Fortschreibung der Raumordnungspläne geschieht unter anderem auf der Grundlage des Landesentwicklungsgrundsätzegesetzes. Damit legt dieses Gesetz die Ziele und

Grundsätze der Raumordnung in unserem Land fest.

Der von den Grünen eingebrachte Gesetzentwurf zum § 11 Abs. 1 LEEG beinhaltet in weiten Teilen keine Neuerungen im Vergleich zum bestehenden Gesetz. Einzig und allein besteht die geplante Neuerung des Gesetzes darin, dass die Grünen das Thema Kohle als Energieträger thematisieren. Angesichts der in den letzten Monaten geführten Klimaschutz- und Energiedebatten halte ich diese Konkretisierung durchaus für sinnvoll. Denn wir wissen um die schädlichen Auswirkungen der Kohleenergie auf unser Klima. Daher müssen wir jetzt festlegen, nach welchen Zielen und Grundsätzen die Energieversorgung bei uns im Land künftig gestaltet werden soll.

Die Grünen haben hierfür drei Ansätze gewählt, die in weiten Teilen so auch vom SSW mitgetragen werden können. Ohne Wenn und Aber können wir mittragen, dass Kohlekraftwerke nur in hoch effizienter Kraft-Wärme-Kopplung genutzt werden sollen. Das sollte eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Wenn Kohle als Energieträger genutzt wird, dann darf dies nur unter der Prämisse der rationellsten Verwendung geschehen.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Jürgen Weber [SPD] und Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ebenso unterstützen wir den Entwurf in dem Punkt, dass die Ansiedlung von Kohlekraftwerken in Gebieten vermieden werden soll, in denen wir Probleme mit Luftverschmutzung haben. Dies gilt natürlich insbesondere für unsere größeren Städte. Hätten wir diesen Passus bereits früher im LEEG gehabt, hätte es wohl nie eine politische Diskussion um ein neues Kohlekraftwerk hier in Kiel gegeben. In beiden genannten Punkten sind wir uns mit den Grünen einig.

Der SSW ist der Auffassung, dass wir langfristig den Anteil der Kohle zur Stromerzeugung nicht nur verringern, sondern völlig davon abkommen sollten. Kohle als Energieträger ist keine Lösung für die Ewigkeit. Das stelle ich für den SSW ganz klar fest. Aber wir stehen vor der grundlegenden Entscheidung, wie die mittelfristige Energieversorgung aussehen soll, wenn der Atomausstieg vollzogen wurde - und von dieser Ausstiegsforderung weicht der SSW nicht ab. Wir müssen raus aus dieser risikobehafteten Energieform, und an dem Ausstiegszeitpunkt darf nicht gerüttelt werden.

Zum Atomausstieg gehört, dass wir uns redlich damit befassen, wie die Stromversorgung danach ge

(Günther Hildebrand)

staltet werden soll. Die in § 11 des Gesetzes aufgeführten Maßnahmen reichen derzeit aber nicht im Entferntesten aus, um den Strombedarf vollends aus regenerativen Energieformen zu decken. Auch im Bereich der Energieeffizienz und -einsparungen wissen wir, dass dort noch erhebliche Potenziale zu holen sind. Aber wir wissen auch, dass dies ein langwieriger Prozess ist. Hier dürfen wir uns nichts vormachen.

Der Atomausstieg ist die energiepolitische Entscheidung der Zukunft. Daher muss die bundesweite Energieversorgung auf diese Entscheidung ausgerichtet werden. Daher können wir in SchleswigHolstein keine Inseldebatte führen, wie die Energieversorgung gestaltet werden soll. Für den SSW habe ich immer wieder darauf hingewiesen, dass wir ein bundesweites Konzept benötigen, in dem festgelegt wird, wie und wo neue Kohlekraftwerke in Deutschland gebaut werden sollen und welche alten und ineffizienten Kohlekraftwerke geschlossen werden.

Grundsätzlich gilt: Wenn wir eine effiziente KraftWärme-Nutzung von Kohlekraftwerken festschreiben, dann kommen nur wenige Standorte in Schleswig-Holstein dafür infrage. Dies und die vorhandene Infrastruktur sprechen in diesem Fall vor allem für den Standort Brunsbüttel. Es wäre auch für Brunsbüttel eine große Hilfe, wenn das dortige Atomkraftwerk dann möglicherweise schneller, als wir es uns derzeit erhoffen, ausgeschaltet wird. Ich glaube, das wäre eine vernünftige Kompensation. Dahinter steckt also auch ein bisschen Standortpolitik. Ich glaube, wenn ein Kohlekraftwerk hier im Land zugelassen wird, sollte es eines sein, das seinen Standort in Brunsbüttel findet.

(Beifall beim SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Ich erteile das Wort für einen Dreiminutenbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung Herrn Abgeordneten Detlef Matthiesen.

Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Ich möchte kurz auf die Ausführungen der anderen Fraktionen eingehen.

Zur FDP: Tatsache ist, es gibt in Schleswig-Holstein keine planfestgestellten und genehmigten Großkraftwerke Kohle. Es gibt Vorhabenträger,

die das vielleicht beabsichtigen. Ich habe Ihnen gesagt, dass der Bebauungsplan von den zuständigen Ausschüssen der Gemeinde in Brunsbüttel abgelehnt wurde.

Sehr widersprüchlich fand ich, was hier die Großkoalitionäre geboten haben. Es wurde gesagt, im Gesetzentwurf seien Sätze enthalten, die schon im Gesetz drin sind. Das habe ich aber gemerkt, Herr Kollege.

Die SPD-Sprecherin hat mir unterstellt, in dem Gesetzentwurf stehe, Satz 1 werde zu Satz 2 und so weiter. Das habe ich nicht getan. Ich habe geschrieben: „erhält folgende Fassung“. Infolgedessen finden sich dort natürlich auch Formulierungen aus dem alten Gesetz wieder. Wesentlich sind die drei ergänzenden Sätze zum Thema Kohle. Das haben Sie wahrscheinlich auch gemerkt. Sie wollten mir irgendwie an einer Stelle Blödheit unterstellen, wo es einfach nicht angemessen ist, Herr Kollege.

(Zurufe)

Das ist auch parlamentarisch nicht sauber. Das zu Ihrem merkwürdigen Geplänkel.

Jetzt zum entscheidenden Punkt. Herr Kalinka hat etwas zur Logik gesagt. Zur Logik gehört zwingend, Herr Kalinka - das sagte ich -, dass die CO2Minderungsziele der Bundesregierung, die von den beiden großen Parteien, die auch hier die Koalition stellen, definiert sind, mit Kondensationskraftwerken auf Kohlefeuerungsbasis nicht erreichbar sind. Indem Sie also diese Initiative ablehnen, lehnen Sie die Möglichkeit der Zielerreichung des Klimaschutzes ab. Ihre Argumentation ist perfide. Sie sagen immer, Sie können alles. Sie sagen immer, Sie sparen. Sie tun es aber nicht. Es gibt keine TopRunner-Initiative. Es gibt keine Geschwindigkeitsbegrenzung auf Autobahnen. Es gibt keine ordnungsrechtliche Verfügung, moderne Umwälzpumpen in Heizungen einzubauen. 30 Millionen ersetzte Umwälzpumpen könnten drei Kohlkraftwerke ersparen. Herr Kalinka, wenn man dies alles nicht tut, kommt es vielleicht tatsächlich zu der prognostizierten Stromlücke.

Es ist eine Perfidie, dass diese ganze Legislaturperiode nicht 1 % mehr Kraft-Wärme-Kopplung als Ergebnis hervorgebracht hat. Wir haben 12 % Kraft-Wärme-Kopplung in Deutschland. In Dänemark sind es 60 %, in Skandinavien 50 %. Holland hat sich innerhalb einer Dekade um mehrere 10 % verbessert; sie liegen jetzt bei 40 %. Wenn man dies alles nicht tut, handelt man gegenüber kommenden Generationen völlig verantwortungslos.

(Lars Harms)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Abgeordneter, bitte achten Sie auf die Zeit.

Kohleverfeuerung - ich komme zum letzten Satz, Frau Präsidentin! - ist die schmutzigste Form der Energieerzeugung, die Kraftwerke sind 30, 40 bis 60 Jahre am Netz, um ökonomisch zu funktionieren. Das ist eben keine Übergangstechnologie. Wir müssen von hinten her denken.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Der Satz ist zu Ende.

Das solare Zeitalter wird kommen. Also bauen wir heute so, dass es auch kommen kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)