- Sie haben gelobt, dass zwei Drittel Mitglied in einem Sportverein sind. Ich habe es etwas anders formuliert.
Wenn wir wissen, dass es zehnmal mehr Anwärterinnen und Anwärter für das Freiwillige Soziale Jahr gibt und dass es auch sehr viel mehr Anwärterinnen und Anwärter als Plätze für das Freiwillige
Denn gerade dieses jugendliche Engagement ist prägend für das ganze Leben der jungen Menschen. Dort machen sie Erfahrungen, dort setzen sie sich mit unserer Gesellschaft auseinander.
Wenn wir wissen, dass zunehmender Medienkonsum Jugendliche, aber auch Eltern überfordert und dass Jugendliche die Gefahren unterschätzen, dann muss es mehr Angebote geben, damit Familien Hilfestellungen bekommen. Dies müssen Angebote sein, die Kindern und Eltern aufzeigen, wie sie mit diesen neuen Herausforderungen zurechtkommen. Auch in den Schulen muss dann das Erlernen von Medienkompetenz eine zentrale Rolle spielen.
Wenn wir wissen - dies ist mehrfach erwähnt worden -, dass 10 % aller Jugendlichen keinen Schulabschluss erreichen, dann besteht dringender Handlungsbedarf. Gerade im Hinblick auf die Schnittstelle zwischen Schule und Beruf muss SchleswigHolstein deutlich besser werden. Ich komme gleich noch auf das Programm zu sprechen, das die Landesregierung hierzu aufgelegt hat.
Wir können und wir dürfen es uns nicht leisten, dass wir in unserem Schulsystem praktisch jedes zehnte Kind verlieren. Auch finanziell ist es weder sinnvoll noch erfolgreich, wenn wir einen relevanten Teil unserer Steuermittel in Nachbesserungsmaßnahmen statt in Vorbeugung investieren. So sind in berufsvorbereitenden Maßnahmen inzwischen ebenso viele Hauptschülerinnen und Hauptschüler zu finden wie an den berufsbildenden Schulen des dualen Systems. Besser wäre es, sie würden die Schule so fit verlassen, dass sie einen Abschluss haben und sofort eine Ausbildung beginnen können, zumal - auch dies geht aus der Anfrage hervor - eine Reihe von Betrieben Ausbildungsplätze hat, diese aber nicht belegen kann, weil sie keine passenden Jugendlichen findet.
Meine Fraktion hat hierzu vor Kurzem einen Landtagsantrag eingereicht mit dem Ziel, dass kein Jugendlicher mehr verlorengeht, indem die Schulausbildung ohne Umwege in eine Berufsausbildung beziehungsweise in ein Studium mündet. CDU und SPD haben diesen Antrag ohne Ausschussüberweisung einfach abgelehnt. Insofern frage ich mich, wenn Sie heute darstellen, was Sie alles besser machen wollen: Wo ist die Ernsthaftigkeit? Wie lauten Ihre Vorschläge, um die Situation zu verbessern?
Für unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt ist es gefährlich, wenn die Arbeitslosenquote der unter 25-Jährigen bei über 9 % liegt. Das sind junge Menschen, die es verdient haben, gefördert zu werden, um dann auch ihre Leistung zeigen zu können, Anerkennung und Arbeit zu finden und von ihrem eigenen Verdienst leben zu können. Erfreulich ist, dass die Quote in den letzten beiden Jahren um 4 % gesunken ist. Aber das reicht noch nicht aus.
Jugendliche, die keine berufliche Perspektive haben, sind empfänglicher für Drogen, für rechtsradikale Gruppen, für Gewalt und für Kriminalität. Auch dies geht aus der Antwort der Landesregierung hervor. Auch dies ist keine neue Erkenntnis. Die Frage lautet vielmehr: Was tun?
Wir begrüßen das 60 Millionen € schwere Handlungskonzept „Schule und Arbeitswelt“, das die Landesregierung im August 2007 ins Leben gerufen hat.
Insgesamt ist also festzustellen: Die Erkenntnisse aus den Antworten auf die Große Anfrage sind nicht neu. Sie lassen sich wie folgt zusammenfassen: Der überwiegende Teil unserer Jugendlichen ist engagiert, interessiert und gut in unsere Gesellschaft eingebunden. Nahezu ein Viertel aller Jugendlichen ist hingegen von Armut, Arbeitslosigkeit, Fehlernährung, sozialer Ausgrenzung oder Perspektivlosigkeit betroffen. Immer mehr Kinder und Jugendliche brauchen staatliche Unterstützung.
Wir stehen also vor der großen Herausforderung, die Engagierten nicht zu verlieren, interessante Angebote für unsere Jugendlichen in Schleswig-Holstein auszubauen und diese immer wieder zu aktualisieren. Wenn wir dies tun, dann sollten wir dies nicht ohne die jungen Menschen machen, meine Damen und Herren. Eine Möglichkeit bestünde darin, Jugendliche in die Ausschussberatungen mit einzubeziehen.
Ich stelle das in den Raum. Das verhält sich ein bisschen quer zu unseren Strukturen, aber es würde uns guttun, damit wir in der Beratung auch neue Ideen bekommen.
Darüber hinaus muss es uns gelingen, denjenigen neue Chancen zu geben, die bisher außen stehen, also denjenigen, die nicht integriert sind und die Angebote nicht angenommen haben beziehungsweise nicht annehmen.
Wir müssen verhindern, dass sich aufgrund der einzelnen Biografien zwangsläufig Außenseiterkarrieren entwickeln. Deshalb teile ich ausdrücklich die Aussage der Landesregierung, die gleich in der Vorbemerkung zur Antwort auf die Große Anfrage steht:
„Die größte Herausforderung besteht nach Auffassung der Landesregierung darin, Chancengleichheit und Entwicklungsperspektiven für die heranwachsende Generation in Schleswig-Holstein zu ermöglichen. Um diesen Anspruch durchzusetzen, will die Landesregierung die politischen, gesellschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen für junge Menschen verbessern und der jungen Generation Optionen für ihre Zukunft eröffnen.“
So richtig diese Aussage auch ist, so sehr macht sie doch deutlich, dass Handlungsbedarf besteht und dass wir neue Wege miteinander diskutieren müssen.
Als Beispiel greife ich noch einmal § 47 Buchst. f und die Beteiligungsformen, die wir in der Gemeindeordnung geschaffen haben, auf. Diese Bestimmung haben wir vor zwei oder drei Jahren geändert. Es heißt nicht mehr, dass die Gemeinden ihre Kinder und Jugendlichen beteiligen sollen. Nun müssen sie sie beteiligen. Aber sie tun es größtenteils nicht. Es gibt gute Beispiele, und insbesondere in den größeren Städten - dies sagt die Antwort auf die Große Anfrage aus - scheint das gut zu funktionieren. In den kleinen Gemeinden hingegen wird es weniger umgesetzt. Dabei könnten Jugendliche dies müssten eigentlich die Eltern tun - dies sogar einklagen; wir haben das rechtlich prüfen lassen. Wir müssen sehr viel stärker dafür werben, dass auch kleine Kommen dies für sich in Anspruch nehmen.
Wir überlegen zurzeit, ob wir ein Verbandsklagerecht einführen sollten. Es muss schließlich eine Möglichkeit geben, damit die Kommunen ein Gesetz, das wir beschlossen haben, umsetzen können.
che nach seinen Leistungen entwickeln können soll. Jugendliche, die Lust daran haben, in der Schule gut zu sein, sollten wir nicht mit dem Wort „Streber“ versehen.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei CDU und SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Sie haben Ihren volkser- zieherischen Auftrag heute an mir erfüllt! Herzlichen Dank!)
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold und erteile für den SSW Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Maler Salvador Dalí hat einmal gesagt: „Das größte Übel der heutigen Jugend besteht darin, dass man nicht mehr dazugehört.“ - Eben. Darum müssen wir fragen, was die jungen Menschen heute bewegt. Denn die Jugend verändert sich ständig und ist schon lange nicht mehr so wie zu unserer Jugendzeit.
Die CDU hat mit ihrer Anfrage einen weiten Bogen gespannt, und wir sind dankbar, dass die Große Anfrage gestellt wurde. Einmal mehr wird nämlich deutlich, wie heterogen die Lebensverhältnisse der jungen Menschen in Schleswig-Holstein sind, obwohl gleichzeitig durchaus ähnliche Interessen erkennbar sind. Die Politik ist also gefordert, flexible Maßnahmen zu entwickeln. Wir müssen uns selbst die Schere im Kopf bewusst machen. Denn es gibt nicht den repräsentativen Durchschnittsjugendlichen. Ich warne darum ausdrücklich vor Verallgemeinerungen, die nur eine falsche Sicherheit vorgaukeln.
Ich zitiere aus dem Bericht. Auf Seite 7 steht: „Kinder und Jugendliche in Schleswig-Holstein verfügen über gute Chancen für ihre private und berufliche Zukunft.“
Dieses Pauschalurteil wird auf den folgenden Seiten - es sind insgesamt immerhin 110 Seiten - widerlegt, und zwar gleich mehrmals. Beispielsweise wird gesagt, die Chancen seien ungleich verteilt
und daran habe auch das Schulsystem seinen Anteil. Die Einführung der Gemeinschaftsschulen wird daran einiges ändern.
Richtig ärgerlich finde ich, dass die offenen Ganztagsschulen an mehreren Stellen des Berichts als das Allheilmittel schlechthin angeboten werden. Sie helfen bei der Kooperation der Jugendträger, gewährleisten die Vernetzung mit dem Jugendzentrum, üben Demokratie und integrieren Migranten. Die offene Ganztagsschule kann nicht jedes Problem lösen und dies gilt erst recht, wenn sie derart wie eben ausgeführt - mit Aufgaben überfrachtet wird. Nur professionelle Kräfte im Nachmittagsprogramm gewährleisten die professionelle Umsetzung der Aufgabe; das sollten wir uns immer vor Augen halten.
Sicherlich besteht Einigkeit darin, dass die erworbene Qualifikation über die Lebenschancen entscheidet. Im letzten Schuljahr verließen 1.180 Schleswig-Holsteiner die Schule ohne Abschluss. Das war statistisch fast jeder zehnte Absolvent, womit sich Schleswig-Holstein im bundesweiten Vergleich im oberen Drittel bewegt. Diese alarmierenden Zahlen weisen auf ein großes Problem hin und sind eigentlich eine Katastrophe, obwohl die Zahlen gesunken sind. Von daher brauchen wir ein durchlässiges Bildungssystem, das Teilqualifikationen zulässt und insbesondere die Stärken der einzelnen Jugendlichen im Augen hat. Wir als SSW setzen deshalb große Hoffnung in die neuen Schulformen, die in Schleswig-Holstein eingeführt werden. Das ist ein wichtiger Schritt, um die vorhin geschilderte Problematik lindern zu können.
Die zahlreichen Angebote, den Abschluss im Rahmen einer Qualifikationsmaßnahme nachzuholen, sind beeindruckend. Doch am allerbesten wäre es natürlich, wenn alle Jugendlichen bereits im ersten Anlauf einen Abschluss machen würden. Und hier werden durch das Schulsystem entscheidende Weichen gestellt. Gemeinschaftsschulen - aber auch Regionalschulen - werden glücklicherweise durchlässiger werden als ihre Vorgänger. Das Credo des SSW ist die Schaffung gerechter Chancen für alle, indem die Strukturen flexibel sind und sich nach den Wünschen der Jugendlichen ausrichten können. Das Aussieben von Schülerinnen und Schülern muss endlich ein Ende haben.
Viele Jugendliche sind bereit, ein Ehrenamt zu übernehmen. Leider fehlen Hinweise auf das Deutsche Rote Kreuz und die Jugendfeuerwehren, die
gerade auf dem Land die Säulen des jugendlichen Ehrenamtes bilden. Dabei hört man gerade von diesen Verbänden Klagen, dass es nicht gelingt, die Jugendlichen dauerhaft als Übungsleiter oder Mitglied zu binden. Durch wachsende berufliche und schulische Beanspruchung und auch Flexibilität melden sich vor allem die Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr ab; dieses Phänomen ist flächendeckend. Darum wäre es sinnvoll, wenn die Sozialministerin den Vereinen bewährte Konzepte an die Hand geben könnte. Die Feuerwehren haben gute Erfahrungen damit gemacht, die Jugendlichen nach einer gewissen Zeit persönlich anzusprechen.
Das Freiwillige Ökologische Jahr ist nach dem Bericht der Renner. Für das aktuelle FÖJ, also für 2008/2009, bewarben sich in Schleswig-Holstein fast 700 Jugendliche. Es stehen allerdings nur 150 Plätze zur Verfügung. Es ist unumgänglich, die Träger bei der Schaffung neuer Plätze zu unterstützen, und weil sich einerseits viele Jugendliche aus anderen Bundesländern in Schleswig-Holstein und andererseits viele schleswig-holsteinische Jugendliche in anderen Bundesländern bewerben, erscheint ein bundesweites Konzept überfällig.
Ein Wort zur Wohnsituation junger Erwachsener. In den letzten Jahren hat sich der Wohnungsmarkt deutlich entspannt. Das ist eigentlich die beste Voraussetzung dafür, damit sich auch junge Menschen eine eigene Wohnung suchen. Dabei dürfen wir allerdings nicht vergessen, dass die Vorgaben der Sozialzentren sehr strikt sind. In einem Hartz-IVHaushalt müssen die jungen Erwachsenen bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres verbleiben. Ansonsten erhalten sie keine Unterstützung.
Wir haben über die bevormundende Praxis bereits gesprochen, die im Land Tausende Jugendliche betrifft: Immerhin erhält jeder siebte junge SchleswigHolsteiner Hartz IV. Ich denke, dass wir hier nicht einfach zur Tagesordnung übergehen sollten. Vielmehr sollten wir gerade den Jugendlichen zwischen 18 und 25 die Möglichkeit geben, selbstständig zu werden. Schließlich verlangen wir es von ihnen. Insofern dürfen wir ihnen im Gegenzug diese Möglichkeiten nicht verbauen.
Die jungen Schleswig-Holsteiner sind mobil. Sie nehmen für eine Ausbildung lange Wege in Kauf. Die strukturschwachen westlichen Landkreise Dithmarschen und Nordfriesland sind dabei meistens die Ausgangspunkte. Es kehren bei Weitem nicht alle nach Abschluss der Ausbildung in ihre Heimat
zurück. Wir beobachten also eine andauernde Abwanderung qualifizierter Menschen. Zumindest in den grenznahen Bereichen sollten wir Kooperationsmodelle entwickeln. Im südlichen Dänemark beobachtet man nämlich die gleiche Wanderungsbewegung, obwohl dort die Arbeitslosigkeit junger Erwachsenen geringer ist als bei uns. Aus zwei schwachen Akteuren einen starken zu machen, liegt also in unser aller Interesse.