Für Strafverteidiger, Abgeordnete und Geistliche gilt, dass eine Ermittlungsmaßnahme, die sich gegen eine der genannten Personen beziehungsweise gegen einen von ihnen betreuten Mandanten oder Klienten richtet, grundsätzlich unzulässig ist. Dennoch erlangte Erkenntnisse dürfen nicht verwendet werden. Aufzeichnungen hierüber sind unverzüglich zu löschen. Die Tatsache ihrer Erlangung und der Löschung der Aufzeichnungen ist aktenkundig zu machen.
Für Ärzte, Journalisten, sonstige Rechtanwälte und auch die weiteren in § 53 genannten Berufsgeheimnisträger gilt dieser Schutz nicht. Für sie wird im Rahmen einer Verhältnismäßigkeitsprüfung festgestellt, ob sie dem gleichen Schutz unterfallen sollen wie Abgeordnete oder Strafverteidiger, wobei diese Verhältnismäßigkeitsprüfung von der Ermittlungsbehörde vorgenommen wird.
Aus Sicht meiner Fraktion ist diese Regelung nicht ausreichend. Sie verkennt die herausgehobene Stellung eines Arzt-Patienten-Verhältnisses. Sie schränkt die Pressefreiheit ein und wird auch der Bedeutung der weiteren Berufsbilder nicht gerecht. Ich möchte dies am Beispiel der Pressefreiheit einmal näher erläutern.
Die Pressefreiheit ist für das Funktionieren eines demokratischen Staates unverzichtbar, und unteilbar mit einer funktionierenden Presse sind auch die Vorbereitung und Recherche verbunden, zu denen selbstverständlich auch die Beschaffung von Informationen zählt. Als zentrales Element der Recherche ist das Vertrauensverhältnis zwischen Informanten und der Presse grundrechtlich geschützt und dies muss seine effektive Ausgestaltung auch in den einfachen Gesetzen finden. Eine Vorschrift, die hier kein absolutes Erhebungs- und Verwertungsverbot regelt, sondern es vielmehr von einer Verhältnismäßigkeitsprüfung abhängig macht, ob Ermittlungsmaßnahmen durchgeführt oder etwaig bereits gewonnene Erkenntnisse verwertet werden, kann bereits abschreckend auf potenzielle Informanten für die Medien wirken. Dass dies aber notwendig ist, wissen wir nicht erst seit dem Skandal um die Durchsuchungen bei „Cicero“.
Aber auch die Differenzierung zwischen Rechtsanwalt und Strafverteidiger ist nicht gerechtfertigt. Häufig ergibt sich für einen Anwalt erst im Gespräch bei der Übernahme eines Mandates, dass ebenso strafrechtlich relevante Sachverhalte betroffen sein können. Es kann nicht sein, dass Ermittlungsmaßnahmen in einem Stadium möglich sind, in dem ein Rechtsanwalt noch nicht formal als Strafverteidiger bestellt ist. Wie gesagt: Strafverteidiger wird man nicht durch Ernennung, sondern Strafverteidiger wird man durch die Übernahme eines strafrechtlichen Mandats. Das kann dazu führen, dass im Zweifel gewisse Informationen durch einen Mandanten zunächst entweder gar nicht mitgeteilt werden oder gegen ihn verwendet werden können, obwohl das Vertrauensverhältnis zwischen Anwalt und Mandant eigentlich laut Verfassung in einen absoluten Schutzbereich fällt.
Nein, was wir brauchen, ist ein konsequenter Schutz von Berufsgeheimnisträgern, die § 53 StPO aufführt, also von Abgeordneten genauso wie von Journalisten, von Strafverteidigern wie auch von Rechtsanwälten, von Geistlichen wie auch von Ärzten. Dies gilt insbesondere für Ärzte, weil man gerade mit Informationen über psychosoziale Daten sehr viel anfangen kann.
Wir wollen, dass die Landesregierung im Bundesrat unseren Vorschlag unterbreitet, der einen einheitlichen Schutz aller Berufsgeheimnisträger ermöglicht und der aus unserer Sicht ungerechtfertigte Ungleichbehandlungen verschiedener Berufsgruppen beseitigt.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Kubicki. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich eine geschäftsleitende Anmerkung machen. Die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, dass der Tagesordnungspunkt 30, Frauen im Justizvollzugsdienst, ohne Aussprache erledigt wird.
Darüber hinaus bitte ich die Geschäftsführer zu klären, ob wir Tagesordnungspunkt 17 C wie verabredet in der Mittagspause aufrufen. Ich habe nämlich Signale bekommen, dass in der Mittagspause Sitzungen stattfinden.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In dem Antrag der FDP-Fraktion geht es im Kern um die Frage, ob es aus strafprozessualer Sicht zwei unterschiedliche Gruppen von Berufsgeheimnisträgern geben darf oder nicht. Das ist, wie Herr Kubicki schon ausführte, in § 160a der Strafprozessordnung so vorgesehen.
Ich möchte in diesem Zusammenhang auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 12. März 2003 hinweisen. In dem zugrunde liegenden Fall hatte die Erhebung von Verbindungsdaten bei einer Journalistin dazu geführt, dass man einen Topterroristen festnehmen konnte. In der Urteilsbegründung heißt es wörtlich:
„Dass das Strafverfolgungsinteresse grundsätzlich hinter dem Rechercheinteresse der Medien zurückzutreten hat, lässt sich verfassungsrechtlich nicht begründen. Darauf aber liefe ein allgemein und umfassend verankerter Schutz von Journalisten hinaus, von Maßnahmen der Erhebung von Informationen über den Telekommunikationsverkehr bei der Aufklärung von Straftaten verschont zu bleiben.“
Das Bundesverfassungsgericht hat wiederholt die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet.
Insofern - so heißt es in dem Urteil - sei es Sache des Gesetzgebers, über die Anlässe und Reichweite einer Freistellung von Journalisten oder Medienunternehmen von strafprozessualen Maßnahmen zu entscheiden. Es bedürfe der Abwägung durch den Gesetzgeber, ob und wie weit die Erfüllung der publizistischen Aufgaben einen Vorrang der Medienfreiheit gegenüber dem Interesse an einer rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege rechtfertigt und inwieweit die Presse- und die Rundfunkfreiheit ihrerseits an diesem Interesse ihre Grenzen findet.
Angesichts dieser Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts relativiert sich die in dem Antrag enthaltene Äußerung, die beanstandete Regelung verkenne die demokratische Kontrollfunktion der freien und unabhängigen Medien. Der absolute Schutz für Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete ergibt sich aus dem Grundgesetz und stellt eine Ausnahme dar, aber eben keine allgemeine Regel für sämtliche Berufsgeheimnisträger. Natürlich muss es auch einen wirksamen Schutz von nicht privilegierten Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten, Anwälten und Journalisten geben.
Das Bundesverfassungsgericht sieht - wie bereits ausgeführt - vor, dass in solchen Fällen ein Abwägungsprozess stattzufinden hat.
Ich bin der Auffassung, dass §160a der Strafprozessordnung den verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.
Die Interessen der nicht privilegierten Berufsgeheimnisträger werden in Fällen, in denen eine Ermittlungsmaßnahme Erkenntnisse ergeben würde, über die sie das Zeugnis verweigern dürften, durch eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall gewahrt. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens wurden im Übrigen die Voraussetzungen für diese Verhältnismäßigkeitsprüfung nochmals verschärft.
Eine weitere Anmerkung: Journalisten etwa haben sich bei der Neuregelung der hier diskutierten strafprozessualen Vorschriften gegenüber dem bestehenden Zustand deutlich verbessert. § 108 Abs. 3 StPO legt nämlich fest, dass die Verwertung von Zufallsfunden bei Journalisten nur in deutlich eingeschränktem Maße zulässig ist. Insgesamt kann ich daher zunächst keinen Handlungsbedarf erkennen. Wir sollten die Thematik dennoch noch einmal gründlich im Innen- und Rechtsausschuss erörtern.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wengler und erteile als nächstem Redner Herrn Abgeordneten Klaus-Peters Puls von der SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Antrag der FDP-Fraktion bezieht sich auf eine nicht ganz einfache juristische und rechtspolitisch in der Tat gewichtige und bedeutsame Materie.
Nach - in diesem Fall erst seit dem 1. Januar 2008 geltendem Strafprozessrecht befindet sich in § 160a der Strafprozessordnung eine Regelung für strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen gegenüber Berufsgeheimnisträgern, denen im Strafverfahren ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht. Die Regelung enthält ein absolutes Beweiserhebungs- und Beweisverwertungsverbot - das ist hier dargestellt worden - gegenüber Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten sowie ein lediglich relativiertes Beweiserhebungs- und -verwertungsverbot gegenüber zum Beispiel Anwälten, die keine Verteidiger sind, Ärzten und Journalisten.
Staatliche Überwachungsmaßnahmen bei Geistlichen, Strafverteidigern und Abgeordneten sind danach absolut unzulässig. Die Überwachung von Rechtsanwälten, die keine Strafverteidiger beschuldigter Personen sind, die Überwachung Angehöriger insbesondere ärztlicher Heilberufe und die Überwachung Angehöriger medialer, journalistischer Berufe mit entsprechender Verwertung der gewonnenen Informationen im Prozess sollen nur dann zulässig sein, wenn das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung die schutzwürdigen Interessen der Anwälte, Ärzte und Journalisten überwiegt.
Das aber kann ausdrücklich nur der Fall sein, wenn das Verfahren eine Straftat von erheblicher Bedeutung betrifft § 160a Abs. 2 wörtlich:
„… betrifft das Verfahren keine Straftat von erheblicher Bedeutung, ist in der Regel nicht von einem Überwiegen des Strafverfolgsinteresses auszugehen. Soweit geboten, ist die Maßnahme zu unterlassen oder, soweit es nach der Art der Maßnahme möglich ist, zu beschränken.“
Das gilt nicht nur für die Informationsbeschaffung, sondern auch für die Verwertung gewonnener Erkenntnisse zu Beweiszwecken.
Die FDP-Fraktion möchte nun auch gegenüber Anwälten, Ärzten und Journalisten Ermittlungsmaßnahmen gänzlich und vollständig ausschließen und auf diese Weise einen einheitlichen Schutz aller zeugnisverweigerungberechtigten Berufsgeheimnisträger vor staatlichen Überwachungsmaßnahmen erreichen.
Als SPD-Landtagsfraktion halten wir die vom Bundesgesetzgeber gerade erst vorgenommene Differenzierung für angemessen und wohl auch ausreichend. Die Interessen der Anwälte, Ärzte und Journalisten, Berufsgeheimnisse über Mandanten, Patienten und Informanten nicht preiszugeben, werden unseres Erachtens durch das geltende Recht hinreichend geschützt. Die von der FDP-Fraktion vorgeschlagene Bundesratsinitiative aus SchleswigHolstein wäre bei den derzeitigen Mehrheiten im Bundesrat und im Bundestag mit Sicherheit nicht durchsetzbar. Gleichwohl sollten wir Näheres noch einmal im Ausschuss miteinander besprechen, Herr Kollege Kubicki, und zwar aus der Sicht meiner Fraktion und aus meiner persönlichen Sicht durchaus ergebnisoffen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich begrüße den Vorstoß der FDP-Fraktion, auch wenn ich Zweifel bezüglich des Vorschlages habe. Ich halte es grundsätzlich für richtig, einen vernünftigen Schutz von Berufsgeheimnisträgern zu haben. Das betrifft für mich insbesondere die Journalisten, bei denen es in der Vergangenheit erhebliche Probleme gegeben hat. Ich denke nur an den „Cicero“-Fall, der hier schon zitiert worden ist. Das ist ein Beispiel dafür, dass es Probleme gibt
und dass es wichtig ist, dass wir das Berufsgeheimnis von Journalisten besser schützen und uns Gedanken machen, wie wir das rechtlich fassen können.
Bei Ärzten sehe ich das Problem eher nicht. Ich kenne auch keine Fälle, bei denen das akut ist. Vielleicht können Sie das nachtragen. In meiner Rede steht: Wäre ein Arzt von einer Ermittlungsmaßnahme betroffen ist, ist zu beachten, dass viele Arztgespräche dem Kernbereich privater Lebensgestaltung zuzuordnen sind, sodass in diesen Fällen immer das absolute Erhebungs- und Verwertungsgebot eintritt. Das heißt, Ärzte könnten nur insofern von einer Maßnahme betroffen sein, als es sich um allgemeine Kenntnisse handelt, die sie aus ihrer Tätigkeit erhalten, zum Beispiel in Krankenhäusern, aber nicht aus Patientengesprächen. Von daher glauben wir, dass dies bei Ärzten durch die jetzige Regelung ausreichend geregelt ist.
Bei Journalisten sehen wir das Problem ganz woanders. Da die Pressefreiheit und das Recht der freien Meinungsäußerung ein Verfassungsrecht ist, gibt es bei uns das Problem, dass sich jeder zum Journalisten erklären kann. Jeder ist in der Lage, eine Publikation herauszubringen. Da gibt es keinerlei Einschränkungen. Damit ist jeder in der Lage, sich selber zum Journalisten zu machen. Das ist auch das Problem mit den Presseausweisen, die es immer gibt. Jeder Rechtsradikale kann in irgendeinem rechtsradikalen Blättchen einmal einen Beitrag schreiben und ist damit Journalist. Damit unterläge er sozusagen dem absoluten Berufsgeheimnis. Das kann nicht gewollt sein. Ich sehe hier also ein praktisches Problem, mit der Frage so umzugehen, wie Sie das vorgeschlagen haben, Herr Kubicki, weil die Abgrenzung des Berufes nicht gegeben ist und keine Voraussetzungen existieren.
Das gilt übrigens auch für große Teile der Beratungsberufe, von denen wir eine unheimliche Vielzahl haben. Es gibt diplomierte Berufe; das ist klar, beispielsweise Psychologen. Es gibt aber gerade im Beratungsbereich unzählige Leute, die tätig sind, ohne dass sie Diplome besitzen, aber durchaus entsprechende Tätigkeiten - auch angemeldet - durchführen dürfen. Ich kann nicht unterscheiden zwischen einem Arzt, der studiert hat, und einem Heilberater, der freiberuflich, ohne Qualifikation tätig ist.