Das gibt mir Gelegenheit, auf der Tribüne ganz herzlich die Landesvorsitzende von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Marlies Fritzen, zu begrüßen. Herzlich willkommen!
(Beifall - Claus Ehlers [CDU]: Jetzt fällst du bei der Führung durchs Sieb! - Heiterkeit bei der CDU)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich darf zitieren: Am 9. Oktober titelte die „New York Times“:
„Der Präsident stellt seine Pläne für eine Renaissance der Atomenergie vor. Die US-Regierung habe konkrete Schritte angekündigt, die sie unternehmen werde, um die kommerzielle Atomkraft wiederzubeleben.“
Das war 1981; der Präsident hieß Ronald Reagan. Seit dieser Ankündigung und der erneuten Ankündigung des jetzigen Amtsinhabers ist in den USA kein einziges Atomkraftwerk dazugebaut worden.
Das hat eine Reihe gut nachvollziehbarer und insbesondere wirtschaftlich vernünftiger Gründe, dass dort nicht zugebaut wird.
Die Erzeugung von Strom aus Atomenergie wird von maximal drei Generationen genutzt. Die Ablagerung des hochradioaktiven Mülls aus abgebrannten Brennelementen wird die Menschheit faktisch auf ewige Zeiten belasten.
Meine Damen und Herren, vielen Dank für Ihre Fröhlichkeit, als ich mich zu einem Redebeitrag gemeldet habe.
lagerung wird die Menschheit auf ewige Zeiten belasten. Das Ultragift Plutonium kommt auf der Erde glücklicherweise fast nicht vor, es entsteht aber im Atomreaktor eines Atomkraftwerkes tonnenweise, Herr Kollege Arp. Das Isotop Plutonium 239 ist dabei das am häufigsten produzierte Plutoniumisotop. Es zerfällt in 24.110 Jahren zur Hälfte unter Abgabe einer Alphastrahlung. Hören Sie zu, Herr Arp: 40 Nanogramm dieses Plutoniums 239. Das Tausendste von einem Tausendstel eines Milligramms reicht aus, um den Grenzwert der Jahresaktivitätszufuhr für Inhalation bei Arbeitern zu erreichen.
Es ist zum Überleben der Menschen unausweichlich, dass dieses Teufelszeug für mehrere Zehntausend Jahre von der Biosphäre abzuschirmen ist. Es gibt aber bis heute weltweit kein Endlager. Wir haben den Skandal um Asse, das vor 20 Jahren als ein sicheres Lager angekündigt wurde. Heute dürfen wir die Entlassung eines Bergbaudirektors des Bergamts Celle zur Kenntnis nehmen und eine im Wasser abgesoffene Höhle in Deutschland. Unglaublich!
Eine Technik, die nie versagen darf, dürfen wir uns nicht erlauben. Eine Technik, aus der man Atomwaffen entwickeln kann, muss beendet werden. Atomenergie ist ethisch nicht zu verantworten.
Ich weiß auch nicht, wohin es gehen soll, ich erkenne im Moment keine Ansätze, dass dieses Problem tatsächlich gelöst wird.
Meine Damen und Herren, der Beitrag der Atomenergie ist im Weltmaßstab minimal. Es werden nur 2 % der Energie aus Atomkraft gewonnen. Deshalb leistet die Atomkraft auch keinen nennenswerten Beitrag zum Klimaschutz.
Ihr Beitrag ist auch nicht ausbaubar. Die Kapazität zur Errichtung neuer AKWs ist nicht vorhanden. Uran ist als Rohstoff sehr begrenzt. Heute werden nur 60 % des Uranbedarfs aus Bergbau abgedeckt, 40 % sind Lagerbestände oder Atomwaffenrückbau. Ein Weiterbetrieb der Atomkraftwerke über 2015 hinaus würde mit erheblichen bergbaulichen Anstrengungen einhergehen müssen, das Uran zu fördern. Mit der bergbaulichen Tiefe steigen auch die CO2-Emissionen in der Prozesskette, sodass wir
etwa die CO2-Emissionen, die wir aus Gaskraftwerken kennen, auch im Atombereich schon gegen Ende des nächsten Jahrhunderts beobachten werden.
Meine Damen und Herren, Atomkraft ist ohne Perspektive. Atomkraft ist gefährlich und nicht zu verantworten. Atomkraft - Nein danke. Nur ein stillgelegtes AKW ist ein gutes AKW.
Lassen Sie mich abschließend ein Wort zur „Großzügigkeit“ der AKWs sagen. Auch Minister Austermann hat es vorgeschlagen. Die sind bereit, 1 ct abzugeben. 1 ct entspricht etwa 1,6 Milliarden € bei der jetzigen Produktion. Die Lasten anderer Erzeuger aus dem Treibhausgasemissionshandelsgesetz liegen aber um ein Vielfaches darüber. Die müssen wir ausgleichen.
Um den Nachteil auszugleichen, wäre keine Großzügigkeit, sondern eine Abschöpfung durch den Staat angemessen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der einzige Kollege, der den G8-Gipfel erwähnt hat, war der Kollege Harms. Dafür möchte ich mich bedanken. Alle anderen Beiträge der Vorredner hätten auf morgen verschoben werden können, denn morgen sprechen wir über die Leitlinien der Regierung. Dann könnten wir im Detail darüber sprechen.
Der G8-Gipfel hatte verschiedene Themen, unter anderem auch das Thema Ölförderung und -verarbeitung. Bei diesem Thema wurde deutlich betont, dass nach wie vor intensive Bemühungen unternommen werden müssen, um regenerative Energien zu entwickeln. Es ist ja nicht so, dass wir das nicht wollen, dass mit diesem Thema die regenerativen Energien unter den Tisch gekehrt werden sollen. Nein, der G8-Gipfel hat die Entwicklung der regenerativen Energien gefordert.
Herr Kollege Harms, Sie haben ausdrücklich die Standhaftigkeit unserer Kanzlerin hervorgehoben, die sich nur für die Verlängerung der Laufzeiten eingesetzt habe. Dann stimmen Sie doch mit uns. Da sind wir einer Meinung. Das wäre doch ein guter Schritt, wenn Sie das so loben.
Die Verfügbarkeit von Uran - wurde hier behauptet - betrage 60 Jahre. Lesen Sie einmal den Umweltbericht des Umweltministers Gabriel von 2006. Darin schreibt er selbst, bei dem heutigen Bedarf seien 80 Jahre gesichert. Es seien Kapazitäten vorhanden, die Uran für bis zu 220 Jahren ausreichend verfügbar machten. Das müssen Sie einmal nachlesen - das schreibt Ihr Umweltminister Gabriel -, statt hier Schwarzmalerei zu betreiben, dass die Verfügbarkeit nicht da sei. Wie gesagt, wir sprechen hier über eine Verlängerung der Laufzeiten.
Herr Kollege Dr. Stegner, ich finde es auch nicht redlich, wenn Sie hier immer Horrorszenarien nach Tschernobyl verbreiten. Das ist ein furchtbares Unglück gewesen, aber die Reaktoren sind nicht vergleichbar. Unsere Leichtwasserreaktoren sind mit dem Tschernobyl-Reaktor nicht vergleichbar. Es gibt auch andere Industriekatastrophen: Staudämme sind in China gebrochen, es gibt Chemieunfälle, die auch unwahrscheinlich schlimm sind. Bitte verbinden Sie dieses Thema nicht immer nur mit Horrorszenarien, sondern bleiben Sie sachlich! Das ist ein Erfordernis bei dieser Thematik. Ich bitte, das auch bei den weiteren Beiträgen und in der morgigen Debatte zu beachten, wenn wir über die Leitlinien der Energiepolitik der Regierung sprechen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Lieber Kollege Ritzek, eigentlich wollte ich auf Ihre Ausführungen nicht reagieren. Es lohnt
sich aber vielleicht doch, es zu tun. Erstens möchte ich sagen, dass ich für die Fraktion der FPD eine Aktuelle Stunde zu den Stichworten Kernenergie und Klimaschutz beantragt habe, weil nach dem G8-Gipfel insbesondere von Vertretern Ihrer Partei so getan wird beziehungsweise suggeriert wird, dass man durch den Zubau von Kernkraftwerken oder durch eine Verlängerung von Restlaufzeiten eine Verlängerung in dem Sinne, dass durch Kernenergie zusätzliche Strommengen erzeugt werden das Klimaproblem in den Griff bekommen könne. Das ist aus meiner Sicht schlicht falsch.
Deswegen habe ich wie auch jede andere Rednerin und jeder andere Redner das Recht, von diesem Rednerpult hier im Landtag aus auch dieses Thema heute anzusprechen - nicht morgen, nicht übermorgen oder irgendwann, Herr Kollege Ritzek. Wenn dem Landtagspräsidenten das Thema nicht gefallen hätte oder es nicht zugelassen hätte, hätte es diese Aktuelle Stunde nicht gegeben. Das Thema war Bestandteil des G8-Gipfels. Deswegen ist es richtig, dass wir heute darüber reden.