Protocol of the Session on June 19, 2008

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

weil wir ansonsten den Anforderungen der Zukunft überhaupt nicht gerecht werden können.

„Wir werden auf der Grundlage unserer erfolgreichen Strategie für Wettbewerb, Qualität und Infrastrukturausbau den Schienenpersonennahverkehr im Land weiter optimieren. Dazu gehören die Öffnung weiterer Haltepunkte, weitere Zugverbindungen mit mehr Qualität und Pünktlichkeit und attraktive Tarifstrukturen.“

So steht es im Wahlprogramm der SPD, und das hat nach wie vor Aktualität, wie unsere Situation zeigt.

(Beifall bei der SPD)

Ein gut ausgebauter Schienenpersonennahverkehr nützt den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, er nützt den Betrieben, und er nützt der Weiterentwicklung des Tourismus in unserem Land. Das ist ein wichtiger wirtschaftlicher Schwerpunkt.

Der Bericht der Landesregierung zu zentralen SPNV-Projekten zeigt einerseits auf, dass in den vergangenen Jahren erhebliche Anstrengungen im Bereich des Schienenpersonennahverkehrs, aber auch im Bereich des ÖPNV, unternommen wurden. Andererseits wird deutlich - auch durch meine Vorredner -, dass zur weiteren Verbesserung und At

traktivitätssteigerung in den Bereichen SPNV und ÖPNV erhebliche finanzielle Anstrengungen unternommen werden müssen. Für ein Flächenland wie Schleswig-Holstein ist die Qualität von SPNV und ÖPNV wichtige Grundlage und Voraussetzung für die Mobilität der Bürgerinnen und Bürger.

Schwerpunktmäßig werden im Antrag der FDP die zukünftigen zentralen Projekte des schienengebundenen Personennahverkehrs in Schleswig-Holstein unter besonderer Berücksichtigung der Pläne zur Errichtung einer StadtRegionalBahn in Kiel hinterfragt. Seit 2001 wird die Realisierung einer StadtRegionalBahn in der Region Kiel geprüft. Die Gesamtkonzeption ergibt ein qualitativ hochwertiges System, das nicht nur für die Landeshauptstadt Kiel, sondern auch für die umliegenden Kreise eine erhebliche Attraktivitätssteigerung gegenüber dem jetzigen SPNVund ÖPNV-Angebot bedeuten kann.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Die gesamtwirtschaftliche Untersuchung ergibt laut Aussage der Landesregierung eindeutig den volkswirtschaftlichen Nutzen eines solchen Vorhabens.

Hierbei soll die Umsetzung der Infrastruktur im Rahmen eines ÖPP-Modells möglich und gegebenenfalls vorteilhaft sein. Bei Investitionskosten von rund 400 Millionen € ist aber sicherlich auch eine sorgfältige und sachliche Abarbeitung aller offenen Fragen erforderlich. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Diskussion zum ÖPP-Modell der Landesstraße L 192 vor wenigen Tagen. Das ist sehr problematisch, und deshalb müssen wir uns diesen Problemen in der Diskussion auch stellen. Aber es lohnt sich auch, ein solches Zukunftsmodell auszudiskutieren, die Chancen zur Realisierung zu prüfen, und wenn es dann eine Möglichkeit gibt, dieses auch umzusetzen.

Weitere Großprojekte in Schleswig-Holstein sind der Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Bad Oldesloe-Ahrensburg mit einem Investitionsvolumen von rund 420 Millionen €. Der Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Elmshorn-Itzehoe mit der Erweiterung des Bahnhofs Elmshorn, Schaffung eines vierten Bahnsteiggleises und eines dritten Gleises zwischen Elmshorn und Pinneberg beinhaltet eine Gesamtinvestitionssumme von rund 180 Millionen €.

Komplettiert wird das sogenannte Drei-AchsenModell durch den Ausbau der Bahnstrecke Hamburg-Quickborn/Norderstedt-Kaltenkirchen,

(Hans-Jörn Arp)

wobei die Kosten für die unterschiedlichen Varianten zurzeit noch ermittelt werden.

Nehmen wir nur die genannten Großprojekte, die sich aus der Antwort der Landesregierung ergeben, befinden wir uns bei der Frage des Finanzbedarfs bereits bei weit über 1 Milliarde €. Da für diese Maßnahmen bisher ausschließlich 75 Millionen € im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans für den Ausbau des Abschnitts PinnebergElmshorn vorgesehen sind und weitere 102 Millionen € erst im weiteren Bedarf des Bundesverkehrswegeplans berücksichtigt werden - jeder weiß, was das bedeutet -, wird deutlich, welchen tatsächlichen Realisierungsstand die wünschenswerten Großprojekte im Bereich des SPNV in Schleswig-Holstein haben.

(Günter Neugebauer [SPD]: Das muss mal gesagt werden!)

Darüber hinaus - es gibt ja Kollegen, für die es nur die Hochbrücke gibt - gibt es natürlich weitere zentrale SPNV-Projekte, wie sie eben auch im Bericht aufgezeigt wurden. Wir haben gestern im Gespräch mit Dr. Wiesheu deutlich vernehmen müssen, dass die hier diskutierten Projekte auf keinem Schaubild erscheinen und keinerlei Finanzierungsgrundlage haben. Wenn wir das eine oder andere realisieren wollen, gilt es noch, dicke Bretter zu bohren und entsprechende Fördermaßnahmen anzufordern.

Noch 2008 werden Verbesserungen des Betriebsablaufes auf den Strecken Niebüll-Westerland und auf der Strecke Niebüll-Esbjerg erfolgen. Ferner sind der Ausbau der Strecke Kiel-Lübeck inklusive Angebotserweiterung und die Verbesserung der Stationen zu erwähnen. Hier ist das Stichwort das Stationsprogramm Schleswig-Holstein, das erfolgreich ist. Wir haben viele Bahnhöfe in einen Zustand versetzt, der die Attraktivität steigert; jeder von Ihnen kennt einige dieser Bereiche; nicht zuletzt auch die Landeshauptstadt Kiel ist im Bereich des Bahnhofs attraktiv umgestaltet worden. Die Weiterentwicklung des Schleswig-Holstein-Tarifes und die Verbesserung der Anschlüsse zwischen Bahn und Bus sind weitere wichtige Bausteine, um die Situation des SPNV, aber auch des ÖPNV in Schleswig-Holstein zu verbessern.

Neben den Großprojekten haben wir uns aber auch verantwortlich den Herausforderungen im Nahverkehr in Schleswig-Holstein zu stellen. Der demografische Wandel wird Auswirkungen auf den SPNV durch Erhöhung der Verkehrsleistung von bis zu 16 % bis 2025 haben. Steigende Nachfrage

ist von uns allen politisch gewollt, erfordert aber auch erhebliche Investitionen und Maßnahmen, um ihr gerecht zu werden. Die heutigen Kapazitäten, Fahrzeuge und eben auch Infrastruktur würden insbesondere in den Hauptverkehrszeiten nicht ausreichen. Klimaschutz und Daseinsvorsorge erfordern langfristig den landesweiten Ausbau des gesamten Nahverkehrs - Bahn und Bus. Dies ist in anderen Ländern bereits ein wichtiger Standortfaktor für viele Gemeinden und auch für die Wirtschaft, also auch eine Chance für Schleswig-Holstein.

Maßnahmen sind Verdichtung oder Beschleunigung des heutigen SPNV-Angebotes, Halbstundentaktangebote auf den Hauptstrecken, Beschleunigung der Fahrtzeit Kiel-Lübeck auf unter 60 Minuten, Beschleunigung einzelner Züge zu Expresszügen, Entwicklung von neuen Angebotskonzepten, Weiterentwicklung des Taktfahrplans im SPNV, Vertaktung von Bahn- und Busverkehr, um möglichst optimale Wegeketten zu erzielen. Hier gibt es nach wie vor insbesondere in der Fläche Problembereiche. Wir müssen den Ausbau von Strecken und Stationen vornehmen. Durch das Stationsprogramm Schleswig-Holstein, durch Modernisierung und Umbaumaßnahmen im und um den Bahnhof herum, insbesondere unter Berücksichtigung der Belange von Menschen mit Behinderung durch Service am Bahnhof, müssen wir eine kontinuierliche Verbesserung des SPNV und ÖPNV anstreben.

Der Schleswig-Holstein-Tarif war bundesweit der erste landesweite Bahntarif und ist auch von anderen Ländern sehr erfolgreich übernommen worden.

(Beifall bei der SPD)

Aber auch hier gilt es, eine Weiterentwicklung dieses Tarifes voranzubringen, zum Beispiel durch Entwicklung neuer Tarifangebote für spezielle Zielgruppen. Prüfung neuer Vertriebswege, zielgruppenorientiertes Marketing mit Schwerpunkt Tourismus auch in anderen Bundesländern, aber auch qualitätssichernde Maßnahmen sind erforderlich.

Wir stehen in der Verantwortung, eine konsequente Weiterführung des Wettbewerbs in SchleswigHolstein sicherzustellen. Hierzu gehört die Ausschreibung des Netzes Nord mit einem Betriebsbeginn 2011 und die Ausschreibung des Netzes Mitte mit einem Betriebsbeginn 2014. Auch das werden wir sehr verantwortungsvoll anpacken und umsetzen müssen.

Ich glaube, meine Damen und Herren, es ist deutlich geworden, welche großen Herausforderungen im SPNV, aber auch im ÖPNV in nächster Zeit von uns bewältigt werden müssen. Dabei sind erhebli

(Bernd Schröder)

che Finanzierungsfragen zu lösen. Kürzungen von Regionalisierungsmitteln - ein Stichwort, was hier noch nicht gefallen ist, auch daran will ich erinnern - müssen wir in den nächsten Jahren auffangen - bei gleichzeitiger Attraktivitätssteigerung und Ausbau des gesamten Systems.

(Beifall bei SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen Zukunftskonzepte auflegen, die auch im Rahmen der Daseinsvorsorge zukünftig den Menschen in Schleswig-Holstein eine Mobilitätsgarantie geben und ein attraktives Angebot im SPNV und ÖPNV sicherstellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass erhebliche Herausforderungen auf uns zu kommen. Denen müssen wir uns stellen.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Bernd Schröder. - Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat jetzt deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist nett, dass uns der Minister heute vorgelesen hat, was wir im Jahre 2002 in den neuen Bundesverkehrswegeplan geschrieben hatten, und noch einmal erzählt hat, welche Vorhaben existieren. Ich gebe aber Herrn Garg durchaus recht: Ich hätte erwartet, dass wir ein Finanztableau bekommen, welche Investitionen in Schleswig-Holstein über den Bundesverkehrswegeplan und über die SPNV-Mittel des Bundes und des Landes in den nächsten zehn oder 20 Jahren zu erwarten sind und welche Projekte in welcher Größenordnung daraus finanziert werden können. Das wäre die Aufgabe nach dieser Anfrage gewesen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Das ist nicht geleistet worden. Ich verzichte jetzt darauf, die einzelnen Projekte noch einmal vorzustellen, auch wenn das in meiner Rede steht; meine Vorredner haben das, wie ich meine, hervorragend gemacht. Ich versuche, auf die Eckpunkte zu dem einzugehen, was in Schleswig-Holstein anliegt.

Wir haben zum einen das Achsenkonzept mit den drei Hauptachsen, die sowohl eine Schienen- als auch eine Autobahnstrecke aufweisen. Wir haben erhebliche Verbesserungsmöglichkeiten auf der Strecke Hamburg-Lübeck über Ahrensburg und Bad Oldesloe. Ich schätze, dass man in dem Bereich mit den Verbesserungen, mit den Investitionen, zu einer Steigerung der Fahrgastzahlen von mehr als 10.000 Fahrgästen je Tag kommen kann. Das bedeutet, dass die A 1 um diese 10.000 Personen entlastet würde. Das ist ein wichtiges Vorhaben. Darüber sind wir alle uns einig.

Die zweite Achse verläuft von Pinneberg nach Elmshorn, wo wir seit Jahren über den Engpass Pinneberg-Elmshorn reden, aber nichts passiert ist. Zu der Frage der Finanzierung komme ich gleich noch.

Das dritte große Projekt - da haben wir den größten Bedarf - ist eindeutig die Achse Hamburg Flughafen-Norderstedt-Kaltenkirchen-Neumünster.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Diese Achse ist die am dichtesten besiedelte im Umland von Hamburg. Die Verlagerungspotenziale sind hier am größten, weil dort der ÖPNV zurzeit am wenigsten ausgebaut ist. Wir haben in diesem Bereich Verlagerungspotenziale in der Größenordnung von 30.000 bis 40.000 Fahrgästen je Tag. Wenn wir diese von der A 7 herunterbekommen würden, würde sich auf der A 7, wo wir täglich mit Staus zu tun haben, eine völlig andere Situation ergeben. Das sind erhebliche Zahlen, das sind keine Peanuts, sondern das bedeutet, dass man von der A 7 fast 40 % der Personen herunterbekommen würde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Damit sind erhebliche Veränderungen für den ÖPNV möglich. Dass solche Entwicklungen möglich sind, zeigen die Maßnahmen in anderen deutschen Städten, wo der ÖPNV entsprechend ausgebaut wird.

Wir haben dann die Situation in Kiel. Ich möchte nur zum Vergleich sagen, um was es in Kiel geht. In Kiel geht es nicht um Peanuts, sondern es geht um eine Stadt Regional Bahn für die gesamte Region Elmshorn, Neumünster, Eckernförde, Plön, Schönberg. Es soll also die gesamte Region mit Kiel als Zentrum in einem ÖPNV-Netz zusammengebunden werden. Das Durchfahren ist ja nur ein Teil, um die optimale Anbindung in die Stadt hin

(Bernd Schröder)

ein zu erhalten. Das Konzept stammt aus Karlsruhe, wo es erfolgreich umgesetzt worden ist, wo die Fahrgastzahlen gegenüber allen Prognosen doppelt so stark angestiegen sind. Der Kern ist, dass man aus der Region in die Stadt fährt, aber dann nicht nur zum Bahnhof, sondern auch in der Stadt weiterfährt und somit einen Verbund von Regionalbahnen und Stadt-/Straßenbahnen herstellt. Das ist der Kern. Das ist ein Investitionsprojekt für die Wirtschaft, für die Anbindung, für die gesamte Region von einer enormen Größenordnung.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das hört sich an wie Kiel-Holtenau!)

Ich möchte zu einem Vergleich der Kosten-Nutzen-Rechnungen kommen; denn das spielt ja immer eine Rolle. In Kiel geht es um täglich über 50.000 Fahrgäste auf der Schiene - über 50.000 Fahrgäste! Ich bringe dazu immer diesen Vergleich: Wenn wir über die Fehmarnbelt-Querung reden, bei der wir 800 Millionen € in die Schienenanbindung stecken wollen - nur auf deutscher Seite -, müssen wir sehen, dass es dort um weniger als 1.000 Fahrgäste je Tag geht.