Protocol of the Session on April 25, 2008

Für die Union bleibt es dabei: Auch sozial Schwache haben einen Anspruch auf eine würdige Bestattung.

(Beifall bei der CDU und der Abgeordneten Jutta Schümann [SPD] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Unsere Gesellschaft muss sich daran messen lassen, mit wie viel Würde und mit wie viel Respekt sie mit den Verstorbenen umgeht. Ein weiteres Problem zeigt der Bericht auf: Wie geht man sozialhilferechtlich mit Vermögen um, das zur Bestattungsvorsorge zurückgelegt wurde? Wir begrüßen es, dass die Landesregierung in dieser Frage erneut aktiv geworden ist. Nach dem zurzeit geltenden Recht gehören diese Ersparnisse, die für die Finanzierung der Bestattung vorgesehen sind, nicht zum sogenannten Schonvermögen. Wir können für unsere Beratung im Sozialausschuss - das ist wichtig - aber auch festhalten, dass das Bundesverwaltungsgericht entschieden hat: Eine angemessene Bestattungsvorsorge ist grundsätzlich als Schonvermögen zu belassen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD sowie Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN]

In dieser Frage hat die Landesregierung im Jahr 2005 im Bundesrat eine Initiative unterstützt, mit der eine angemessene Bestattungsvorsorge als Schonvermögen gesetzlich festgeschrieben werden soll. Nur so können die im Bericht beschriebenen Unklarheiten beseitigt werden. Wir diskutieren das alles vor dem Hintergrund einer immer größeren Zahl von hochaltrigen Menschen, die den Großteil ihrer Ersparnisse in eine menschenwürdige Pflege investieren wollen und investieren müssen. Immer häufiger reichen weder die Nachlässe der Verstorbenen noch die Einkünfte der Hinterbliebenen aus, um eine würdige Bestattung zu finanzieren. Leider bestätigt der vorliegende Bericht auch, dass Verstorbene gegen ihren ganz persönlichen Wunsch anonym bestattet werden.

Die CDU-Landtagsfraktion hat Schwierigkeiten das habe ich im vergangen Jahr auch schon ausgeführt - mit der Tatsache, dass eine immer größere Zahl sozial schwächerer, älterer Menschen eingeäschert und anonym bestattet wird. Von diesen

Menschen bleibt oftmals kein Ort der Erinnerung und kein Ort der Besinnung für die Trauernden. Ich finde, das ist der eigentliche Skandal, der auch genannt werden muss. Ich halte eine solche Situation gerade in einem christlich geprägten Land für nicht hinnehmbar. Das ist ein Armutszeugnis für eine humane Gesellschaft.

Wir debattieren dieses Thema heute zum zweiten Mal im Landtag. Das finde ich sehr gut. Wir haben einen Berichtsantrag gestellt, der Bericht liegt heute vor, und wir haben eingangs einen Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gehabt.

Wir sollten jetzt die nächsten Sitzungen im Sozialausschuss dafür nutzen, den Bericht auszuwerten und möglichst zu einer gemeinsamen Positionierung zu kommen. Ich glaube, daran liegt uns allen. Das wird auch der Sache gerecht. Daran sollten wir arbeiten. Uns Sozialpolitikern im Schleswig-Holsteinischen Landtag traue ich so etwas zu - auch nach drei Tagen Landtag.

(Beifall im ganzen Haus)

Ich danke Herrn Abgeordneten Geerdts. - Für die SPD-Fraktion hat jetzt Frau Abgeordnete Jutta Schümann das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die zunehmende Verarmung und auch Vereinsamung insbesondere von älteren Menschen in unserer Gesellschaft führt heute immer mehr dazu, dass für die Bestattung häufig Sozial- und Ordnungsämter eintreten müssen. Mit der Streichung des Sterbegeldes im Jahre 2004 hat der Gesetzgeber die Verantwortung für die finanzielle Absicherung einer Bestattung ausschließlich der persönlichen Vorsorge des Einzelnen oder eines bestattungspflichtigen Angehörigen übertragen.

Diese Entscheidung ist aus Sicht von Bestattungsunternehmen, aber auch von vielen Menschen sehr problematisch, führt sie doch dazu, dass wir heute zunehmend eine ungeregelte Situation für die betroffenen Angehörigen, die Sozialämter, aber auch für die dafür zuständigen Bestattungsunternehmen haben.

Wir haben im November gemeinsam einen Antrag verabschiedet und die Landesregierung aufgefordert, in einem Bericht über die Umsetzung des schleswig-holsteinischen Bestattungsgesetzes in kommunaler Selbstverwaltung zu berichten. Dabei

(Torsten Geerdts)

war es uns wichtig zu erfahren, wie Finanzierung und Erstattungsmodalitäten in den jeweiligen Kommunen festgelegt sind, wie Verfahren ablaufen und insbesondere wie die Zusammenarbeit zwischen den Bestattungsunternehmen und den Sozialämtern vor Ort erfolgt.

Ziel war es, einen Überblick darüber zu bekommen, ob die Verfahren in Schleswig-Holstein vergleichbar und einheitlich sind oder ob dies in den Kommunen unterschiedlich organisiert wird und auch unterschiedliche Finanzierungen stattfinden.

Mit dem vorliegenden Bericht, für den ich mich ganz herzlich bei der Ministerin und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bedanke, gibt es weitere Informationen. Bedauerlicherweise gibt es aber auch - da verweise ich auf einen sehr lesenswerten Brief im Anhang - den Hinweis der kommunalen Landesverbände darauf, dass sie sich außerstande sehen, die erbetenen Daten zusammenzutragen, und dass die erforderlichen Personalressourcen für eine derartige Datenerhebung nicht vorhanden sind. Ich bedauere dies sehr, zumal ja die Regelzuständigkeit auf kommunaler Ebene liegt, und eigentlich müssten ja auch die Kommunen ein Interesse an analogen Regelungen haben. Schließlich ist es ein Bestandteil der kommunalen Daseinsvorsorge und insofern kann ich dies überhaupt nicht nachvollziehen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir haben also leider aus dem ländlichen Raum, das heißt aus den Kreisen, keine Daten, aus denen wir schließen können, um wie viele Fälle es sich handelt, aus denen wir möglicherweise auch schließen können, ob die Zahlen wie in anderen Bundesländern zunehmen und wie die Entwicklung sich vor Ort abzeichnet. Wir haben nur konkrete Informationen aus den vier kreisfreien Städten. Dort stagnieren die Zahlen, aber es ist eine sehr vage Datenlage.

Das ist bedauerlich, weil es unser gemeinsames Interesse sein müsste, landesweit einheitliche und vergleichbare Regelungen herbeizuführen: für die Menschen, die für ihre Bestattung selber vorsorgen, aber auch für Angehörige und Freunde.

(Beifall der Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN])

Und es muss uns darum gehen, einheitliche Regelungen herbeizuführen für diejenigen, die in diesem Bereich gewerblich ihre Dienstleistungen anbieten,

nämlich für die in Schleswig-Holstein circa 320 arbeitenden Bestattungsunternehmen.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD])

Notwendig sind einheitliche Standards und Verfahrensabläufe zwischen den Kommunen und deshalb begrüße ich auch sehr die Initiative der Landesregierung, über einen Beratungserlass konkrete Hinweise für eine sachgerechte und würdevolle Regelung zu geben, wie es auch in anderen Bundesländern bereits erfolgt ist.

Es ist auch gut, dass in diesem Beratungserlass eine einheitliche Vorgehensweise zum Leistungsumfang bei sogenannten Sozialbestattungen eindeutiger festgelegt und dabei auch darauf hingewiesen wird, dass die Wünsche des Verstorbenen und seiner Angehörigen hinsichtlich der Bestattungsart respektiert werden und dass auch der Wille des Verstorbenen über die Wahl des Friedhofs und die Durchführung der Bestattung Berücksichtigung findet und dass sehr eindeutig klargestellt wird, dass eine Bestattung aus Kostengründen außerhalb von Schleswig-Holstein grundsätzlich abzulehnen ist.

Entscheidend für alle Beteiligten ist die Festlegung des Nachrangs der Leistungserbringung. Das heißt auch, der Bericht macht deutlich, dass der Nachranggrundsatz der Sozialhilfe in vielen Fällen zu einer langen Bearbeitungszeit und damit auch zu einer erheblichen Verzögerung der Bestattung führt. Von daher müssen wir darüber nachdenken, ob wir diese Fälle durch eine vorläufige Kostenübernahme durch die Sozialämter entschärfen.

(Beifall des Abgeordneten Rolf Fischer [SPD] Auch das Thema Schonvermögen ist wichtig. Im Bericht wird darauf hingewiesen, dass die Ministe- rin die Bundesratsinitiative weiterhin unterstützt und das Ergebnis einfordert. Ich denke, es ist wichtig, im Ausschuss die Details zu erörtern. Des Weiteren ist es dringend erforder- lich, mit den Kommunen ins Gespräch zu kommen, damit wir zu einheitlichen und gemeinsamen Lö- sungen kommen. (Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Ich danke der Frau Abgeordneten Jutta Schümann und erteile für die Fraktion der FDP Herrn Dr. Heiner Garg das Wort.

(Jutta Schümann)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir dürfen auch bei Sozialbestattungen nie den Willen des Verstorbenen beziehungsweise seiner Angehörigen hinsichtlich der Art der Bestattung außer Acht lassen. Die christliche Tradition und im Übrigen auch unsere Verfassung gebieten eine menschenwürdige Bestattung. Schon deshalb darf sich niemand auf der Suche nach Einsparmöglichkeiten dazu hinreißen lassen, Bestattungskosten auf die Möglichkeit der Kostenminderung zu reduzieren. Meine beiden Vorredner haben es schon betont: Leider halten sich die Sozialhilfeträger immer weniger daran.

Es gibt allerdings auch ein positives Beispiel aus Schleswig-Holstein, und das möchte ich hier nennen. Beispielsweise werden im Kreis Plön mit den ortsansässigen Bestattern Rahmenverträge erarbeitet, um eine angemessene und menschenwürdige Sozialbestattung gewährleisten zu können. In Hessen arbeitet der Hessische Landkreistag an einer Beschlussvorlage. Dort ist man dabei, Rahmenbedingungen mit einheitlichen Standards zu erarbeiten.

Meine Damen und Herren, es muss nicht jeder hier immer wieder das Gleiche sagen. Von daher schließe ich mich uneingeschränkt dem Dank an das Ministerium und meinen beiden Vorredner an.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile für die Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Menschenwürde über den Tod hinaus - darum geht es beim Thema Sozialbestattung. So lautete auch der Titel unseres grünen Antrages. Viele alte und behinderte Menschen treibt es nämlich um, dass sie nicht für ihre eigene Bestattung vorsorgen dürfen. Mir wurde aus der Pflegeberatungsstelle in Lübeck berichtet, dass dort jedes zweite Gespräch dieses Thema zum Gegenstand hat. Allein die Befürchtung, es könnte so sein, dass man nicht genug Geld hat, beschäftigt die Menschen ebenso sehr wie die Frage, wo sie im Pflegefall verbleiben. Das sollte uns zu denken geben.

Wenn die Menschen schon nicht wissen können, wann und wie sie sterben, so möchten sie doch den Schritt zur letzten Ruhe planen. Dieses fundamentale Recht und Bedürfnis tritt die Sozialpolitik im reichen Deutschland und leider auch in SchleswigHolstein mancherorts mit Füßen, und das ist wirklich beschämend. Wenn wir gewusst hätten, dass die gleichzeitige Streichung des Sterbegeldes und der Rahmenbedingungen des ALG II und der Grundsicherung zu solchen Konsequenzen führen, dann hätten wir diese beiden Dinge auf Bundesebene besser aufeinander abgestimmt. Es war sehr leichtfertig, das Sterbegeld zu streichen, ohne eine adäquate Auffanglösung zu haben. Das muss man im Nachhinein leider auch selbstkritisch sagen.

Wir fordern daher die Bundesratsinitiative, die zum Thema Schonvermögen offensichtlich in den Gremien vor sich hindümpelt. Nun haben wir einen Bericht vorliegen, da sich die Große Koalition nicht dazu durchringen konnte, unserem Antrag stattzugeben oder eine Variante unseres Antrages selber zu formulieren. Deshalb ist es in den letzten Monaten zu einer Hängepartie gekommen. Insofern begrüße ich, dass die Ministerin auf untergesetzlicher Ebene tätig geworden ist und mit den Landkreisen und dem Städtetag das Gespräch gesucht hat.

Es ist allerdings bedauerlich, wie dieses Schreiben des Landkreistages ausgefallen ist. Frau Kollegin Schümann, ich möchte eine andere Passage aus diesem Schreiben vorlesen, weil ich es wirklich ungeheuerlich finde. Es wird nämlich ein Mantra vor sich hergetragen, das offensichtlich jede Kommunikation zwischen Landkreisen und Land zukünftig begleiten wird.

Dort steht nämlich: Darüber hinaus wiederholen wir unsere grundsätzliche Auffassung, dass insbesondere vor dem Hintergrund des FAG-Eingriffs in die kommunale Finanzausstattung nicht die erforderlichen Personalressourcen zur Verfügung stehen, um die Aufgaben, zu deren Erfüllung keine gesetzliche Pflicht besteht und die nicht unmittelbar im Interesse des Kreises liegen, zu erfüllen. - Das Thema Sozialbestattung ist also nicht im unmittelbaren Interesse des Kreises. Das Wissen darüber offensichtlich auch nicht. Es wird noch darauf hingewiesen, dass es keine Regelungskompetenz des Landtages hierzu gibt, dass man darauf besteht, dass das Bundesrecht unmittelbar angewendet wird und dass untergesetzliche Regelungen aus Konnexitätsgründen nicht akzeptiert werden können.

Ich sage auch im Hinblick auf die Debatte, die wir zur Zukunft der ARGEn hatten: Wenn dies die

Sprachregelung des Landkreistages zur Erledigung kommunaler Aufgaben ist, dann muss sich der Landkreistag nicht wundern, wenn die Große Koalition kritisch darauf guckt. Das sage ich in aller Deutlichkeit nicht nur hier, sondern das sage ich auch dem Landkreistag, wenn wir mit ihm darüber sprechen. Dies werde ich ihm vorhalten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Bernd Schröder [SPD])

Wenn hier Vertrauen entstehen soll, dann muss man in all diesen Bereichen zeigen, dass man das Vertrauen wert ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich habe die Kollegin Schümann und den Kollegen Geerdts so verstanden, dass wir diese Sache jetzt nicht im Orkus verschwinden lassen, und zwar nach dem Motto: „Wir können nichts machen“. Ich gehe davon aus, dass wir die Ministerin unterstützen und dass wir sehr ernsthaft an einer gemeinsamen Lösung arbeiten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Das würde ich sehr begrüßen. Ansonsten würden wir sagen, die alten Leute sind uns nicht so wichtig. Das kann der Landtag nicht wollen. Insofern bedanke ich mich für das Einvernehmen in der Sache. Ich hoffe, dass wir bald zu einer Lösung kommen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD und SSW)

Ich danke Frau Abgeordneter Angelika Birk. - Für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms das Wort.