Protocol of the Session on April 25, 2008

(Minister Dietrich Austermann)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, in der gegenwärtigen Situation tragen alle Verantwortung. Das gilt nicht nur für das Wissenschaftsministerium, für den Aufsichtsrat, für den Vorstand, für das Klinikum. Warum haben wir überhaupt einen Sanierer einsetzen müssen? Manch einer denkt nur von einem zum anderen Tag, aber dass da eine Entwicklung über lange Zeit entstanden ist, dass viele Maßnahmen getroffen worden sind, dass wir beim Wirtschaftsplan in diesem Jahr endlich dazu kommen können, das Defizit zu halbieren, nachdem bereits im letzten Jahr gewisse Erfolge erzielt worden sind, das wird alles ignoriert.

Nein, wir haben die Aufgabe, möglichst rasch und zügig die Mittel bereitzustellen, auch unter Einbeziehung privaten Kapitals, wie es in der Koalitionsvereinbarung steht, und dazu beizutragen, dass sich die bauliche Situation schnellstmöglich verändert. Wir haben die Aufgabe, dafür zu sorgen, dass keine unnötigen öffentlichen Diskussionen in das Haus hineingetragen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben einen schweren Dienst. Dabei sollten wir sie unterstützen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke dem Herrn Minister. Der Minister hat vier Minuten über die vereinbarte Zeit hinaus geredet. Das eröffnet Ihnen neue Redezeiten. Ich habe hier Meldungen für Kurzbeiträge. Ich bitte, damit einverstanden zu sein, dass ich für diese Beiträge die erneuten Redezeiten anwende. - Herr Hentschel, als Erstes haben Sie das Wort für maximal vier Minuten.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Minister hat zwar länger geredet, als seine Redezeit ist, aber er hat auf ernsthafte Fragen, die sich in dieser Situation stellen, keine Antworten gegeben.

(Manfred Ritzek [CDU]: Haben Sie nicht zu- gehört?)

Wir haben die Situation, dass der Vorstandsvorsitzende der größten Firma dieses Landes in einer Woche von seinem Amt beurlaubt worden ist und in der nächsten Woche wieder eingesetzt wird. Wir hätten als Parlament heute eine Begründung erwarten können, warum das passiert, was das Ganze soll.

(Zurufe von der CDU)

Wir haben mit diesem Minister schon einiges erlebt, gerade was das UK S-H betrifft. Das ist ja nicht das Erste, was wir hier erleben. Immerhin sind von dem dreiköpfigen Vorstand schon zwei Vorstandsmitglieder verschwunden. Darüber haben wir eine Debatte geführt. Sie sagten, wir hätten die letzte Debatte über Tarifverhandlungen geführt. Nein, wir haben auch schon die letzte Debatte über den Vorstand geführt, wie ich mich erinnere.

Wir haben Ihnen auch schon die Frage gestellt, wie es kommt, dass zwei Mitglieder eines dreiköpfigen Vorstandes dieses Land verlassen haben. Das ist sehr deutlich gewesen. Viele Mitglieder dieses Hauses haben mit ihnen gesprochen. Sie haben sehr deutlich gesagt, warum sie dieses Unternehmen verlassen haben, warum sie hier nicht mehr arbeiten wollten. Es waren die Bedingungen, unter denen sie arbeiten mussten, und weil die Unterstützung des Hauses nicht gegeben war.

Sie haben eine Politik mit Hin und Her gemacht, die in diesem Universitätsklinikum bei vielen Verantwortlichen - gelinde gesagt - zu Entsetzen und bei den Beschäftigten zu größter Unruhe geführt hat, zu einer Demotivation, die dieser Firma in massiver Weise schadet, Herr Minister.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir warten seit Langem auf ein Sanierungskonzept, das nicht vorliegt. Statt dessen erleben wir immer neue Personalien. Sie haben einen Sanierer eingesetzt, von dem bis heute nicht klar ist, was er da eigentlich treibt.

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Was haben Sie in Ihrer Verantwortungszeit ge- tan?)

Keine Dialoge, bitte! Melden Sie sich, wenn Sie etwas sagen möchten!

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber Zwischenrufe sind schon noch gestattet!)

Jetzt entlassen Sie den übrig gebliebenen Vorstandsvorsitzenden. Das mag ja sein. Sie haben ja schwere Vorwürfe erhoben. Sie haben gesagt, es gebe ständig kriminelle Machenschaften in diesem Haus - wenn ich das richtig verstehe. Wenn das alles so ist, wundere ich mich, warum Sie den Mann

(Minister Dietrich Austermann)

eine Woche später wieder einsetzen. Das ist doch das Erstaunliche.

(Ursula Sassen [CDU]: Hast du nicht zuge- hört?)

Entweder stimmt es, oder es stimmt nicht. Sie hätten ihn auch einmal anhören können.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich habe heute gelesen, dass der Mann überhaupt nicht gehört worden ist. Jetzt gibt er eine eidesstattliche Erklärung ab. Das hätte er auch letzte Woche machen können.

Das, was Sie, Herr Minister, mit Ihrer üblichen Schnoddrigkeit angerichtet haben,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Uner- hört! - Zuruf von der CDU: Jetzt ist Schluss! - Weitere Zurufe von der CDU)

die Ihnen heute ein wenig verlorengegangen ist, ist für diese Firma und für dieses Haus ein Maximalschaden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die Erklärung, die Sie heute vorgelegt haben, ist keine Erklärung, sondern eine Bankrotterklärung.

Herr Minister, ich habe Ihnen ja schön öfter gesagt, dass ich mit Ihrer Amtsführung nicht sehr zufrieden bin.

(Frank Sauter [CDU]: So ein Pech! Das ist ja traurig! - Weitere Zurufe von der CDU)

Ich kann nicht mehr verstehen, dass sich die CDUFraktion an dieser Stelle aufregt. Das muss ich wirklich sagen.

Herr Kollege, die Zeit ist abgelaufen.

Ja, die Zeit ist abgelaufen. - Das, was hier vorgelegt worden ist, ist in einer Art und Weise unbefriedigend, und zwar nicht nur für uns, sondern auch für das Haus, das Universitätsklinikum, dass es nicht mehr zu fassen ist. Herr Minister, so geht es nicht weiter.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir werden uns überlegen müssen, wie wir parlamentarisch weiter damit umgehen werden. Heute will ich noch keine Konsequenzen daraus ziehen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Herr Hentschel, ich halte den Begriff „übliche Schnoddrigkeit“ für nicht parlamentarisch und bitte, das zukünftig zu beachten.

Das Wort zu einem weiteren Beitrag hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki. Auch da nehmen wir, Herr Kubicki, mit Ihrem Einverständnis vier Minuten Redezeit.

Frau Präsidentin, wie es Ihnen beliebt! - Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Minister Austermann, ich hätte mich in dieser Frage nicht zu Wort gemeldet, wenn Sie nicht möglicherweise im Rahmen des Lapsus linguae erklärt hätten, wenn Sie in Bezug auf den Vorstandsvorsitzenden, Herrn Professor Kremer, nichts getan hätten, hätte die Opposition mit Sicherheit Forderungen gestellt. Ich will Ihnen hierzu sagen, dass die FDP-Fraktion keinerlei Forderungen gestellt hätte, wenn Sie nichts getan hätten.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege Klug hat darauf hingewiesen, dass es eine Selbstverständlichkeit ist, dass die Unschuldsvermutung für jedermann gilt, vor allen Dingen, wenn wir wissen - Sie sind ja Anwaltskollege gewesen, bevor Sie Minister wurden -, dass die Staatsanwaltschaft nach dem Legalitätsprinzip immer dann ein Ermittlungsverfahren eröffnen muss, wenn ein Anfangsverdacht besteht. Das ist sehr niedrigschwellig. Anfangsverdacht bedeutet, dass Tatsachen vorliegen, die eine Straftat möglich erscheinen lassen - möglich erscheinen lassen!

Wir haben allein im Landgerichtsbezirk Kiel jedes Jahr über 100.000 Ermittlungsverfahren. Ich überlege mir, was passieren würde, wenn jeder Arbeitgeber oder jede öffentliche Stelle sofort bereits bei der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens ohne weitere Erkenntnisse zu entsprechenden Maßnahmen griffe. Dann sehe es im Land mit den Beschäftigungsmöglichkeiten ziemlich trist aus.

(Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Deshalb bin ich davon ausgegangen und gehe nach wie vor davon aus, dass dem Ministerium bei sei

(Karl-Martin Hentschel)

nem Schritt, eine Suspendierung auszusprechen, weitergehende Erkenntnisse vorgelegen haben als diejenigen, die zu der Einleitung eines Ermittlungsverfahren geführt haben.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Ich gehe davon aus, denn sonst müssen Sie begründen, dass ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist. Ohne eine solche Maßnahme macht eine Suspendierung keinen Sinn.

Ich will Ihnen auch sagen, warum ich davon ausgehe. Sie alle wissen, dass allein die Mitteilung über ein Ermittlungsverfahren im Prinzip, wenn das durch die Medien geht, eine öffentliche Hinrichtung ist,

(Claus Ehlers [CDU]: So ist das!)