Protocol of the Session on April 24, 2008

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 32 auf:

Deutsch-dänisches Rahmenabkommen über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1992

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache und erteile für die Gruppe des SSW im Landtag deren Vorsitzenden, der Abgeordneten Anke Spoorendonk, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich in der deutsch-dänischen Grenzregion wurde in den letzten Jahren stark ausgebaut. Sie umfasst mittlerweile so unterschiedliche Bereiche wie die gemeinsame Nutzung eines Rettungshubschraubers, die Krebstherapie, den Einsatz grenzüberschreitender Rettungswagen und die Geburtshilfe. Dies wurde letzte Woche bei dem Treffen zwischen Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und dem Vorsitzenden der Region Syddanmark, Carl Holst, deutlich gemacht.

Auch in einem gestern erschienenen Artikel in der „Flensborg Avis“ wird die gute deutsch-dänische Zusammenarbeit und der Anstieg der Zahl dänischer Patienten insbesondere bei der Krebstherapie in den Flensburger Krankenhäusern hervorgehoben und als vorbildlich für die zukünftige grenzüberschreitende Kooperation gelobt.

Es gibt also viele Zeichen des Aufbruchs im deutsch-dänischen Grenzland, gerade was die Gesundheitszusammenarbeit angeht. Die deutsche Minderheit träumt sogar von einem gemeinsamen deutsch-dänischen Krankenhaus.

Ich will auch von dieser Stelle klar sagen, dass wir im SSW schon das Gefühl haben, dass die Große Koalition und insbesondere der Ministerpräsident die grenzüberschreitende Zusammenarbeit in den letzten Jahren ein gutes Stück vorangebracht haben. Allerdings geschah dies auf Druck des SSW; das möchte ich hinzufügen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Dafür seid ihr auch da!)

Die Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich ist vielfach vertraglich zwischen den Trägern auf beiden Seiten der Grenze geregelt. Und gerade in der letzten Woche haben die Landesregierung und die Region Syddanmark auch im Gesundheitsbereich neue Kooperationsvereinbarungen unterschrieben, die die Zusammenarbeit weiter vertiefen sollen. Dies begrüßt der SSW ausdrücklich. Dennoch fehlen aus unserer Sicht weiterhin die übergeordneten Rahmenbedingungen,

(Beifall beim SSW und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

(Lars Harms)

damit wir diesen Leuchtturm der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit in der Region weiter ausbauen und auf ein höheres Niveau bringen können. Dabei orientieren wir uns an dem, was zwischen Deutschland und Frankreich heute schon Wirklichkeit ist.

Seit 2005 gibt es ein Rahmenabkommen zwischen Deutschland und Frankreich über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Gesundheitsbereich. In diesem Rahmenabkommen sind zum Beispiel die Entwicklung eines gemeinsamen Versorgungsangebotes im Gesundheitsbereich und die Förderung des Austauschs zwischen dem Gesundheitspersonal beider Länder sowie die Erstattung der Finanzmittel zur Durchführung dieser Kooperation geregelt.

Auch die Sicherstellung eines besseren und schnelleren Zugangs zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsleistungen ist im deutsch-französischen Abkommen festgeschrieben. Weiter ist das Bestehen einer Haftpflichtversicherung für die gegebenenfalls im Rahmen einer grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auftretenden Schäden gesetzlich durch dieses Rahmenabkommen geregelt.

Der SSW ist der Auffassung, dass dieses erfolgreiche Abkommen in der Zusammenarbeit mit Dänemark als Vorbild dienen kann, weil es die deutschdänische Kooperation durch ein bilaterales Abkommen auf eine gesetzliche und damit langfristig tragbare Grundlage bringt. Wir brauchen also keine Harmonisierung der EU-Gesundheitspolitik, sondern eine pragmatische bilaterale Lösung der heute schon gut funktionierenden Zusammenarbeit, die sich aber gern noch weiter ausweiten sollte.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Insbesondere bei der Abstimmung eines gemeinsamen Versorgungsangebotes durch die gemeinsame Planung der Kapazitäten brauchen wir auch die Mitwirkung der Regierungen in Berlin und in København. Die Landesregierung muss daher auf Bundesebene initiativ werden, um ein entsprechendes Abkommen zwischen Deutschland und Dänemark zu erreichen. Dies wäre aus unserer Sicht ein wirklicher Meilenstein in der grenzüberschreitenden Gesundheitspolitik, in der Zusammenarbeit zwischen diesen beiden Ländern. Von daher hoffe ich auf die Unterstützung des Hauses. Ich bitte darum, dass wir gemeinsam an dieser Sache dranbleiben.

(Beifall beim SSW sowie der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich danke der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Ursula Sassen.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Wechsel zwischen Geben und Nehmen zeichnet gute nachbarschaftliche Beziehungen aus und stärkt beide Partner. Dies wird auch im Bericht der Landesregierung über die grenzüberschreitende Kooperation mit der Region Süddänemark deutlich zum Ausdruck gebracht. Zusammenarbeit auf allen Ebenen und in allen Bereichen wird beiderseits gepflegt und gefördert.

Bereits die Landtagsdebatte vom 28. Februar 2008 zur EU-Gesundheitsstrategie hat gezeigt, dass die EU im Weißbuch konkrete gesundheitspolitische Ziele und Maßnahmen festgeschrieben und den Mitgliedstaaten eine Fülle von Handlungsfeldern mit auf den Weg gegeben hat. Hierzu fand auch eine Anhörung statt. Grundsätzlich wird begrüßt, dass die EU gesundheitspolitische Ziele für die Mitgliedstaaten formuliert. Es besteht jedoch der Wunsch, die länderspezifischen Vorstellungen und Bedürfnisse eigenverantwortlich zu regeln und Doppelstrukturen zu vermeiden.

Die Kooperation mit Dänemark auf dem Gesundheitssektor ist kontinuierlich gewachsen. Bis 1999 wurde zum Beispiel im Rahmen von INTERREG II die grenzüberschreitende Entwicklung der Schwesternausbildung mit 339.000 € gefördert. In den Jahren 2000 und 2001 hat man den Schwerpunkt im Bereich des Gesundheitswesens auf die Klinik- und Rettungsdienstkooperation gelegt.

Seit 1998 bereits ist das St. Fanziskus-Hospital in Flensburg an der strahlentherapeutischen Versorgung von Patientinnen und Patienten der Uni-Klinik Odense beteiligt. Der Kooperationsvertrag mit Dänemark war auch ausschlaggebend für Investitionsentscheidungen hier bei uns in die Strahlentherapie.

Weitere Beispiele der guten Zusammenarbeit auf dem Gesundheitsmarkt sind die Akkreditierung der Ostseeklinik Damp durch das Amtsrådsforeningen im Jahr 2002 und das Engagement in einer Abteilung am Krankenhaus Tondern 2003 sowie die Be

(Anke Spoorendonk)

handlung dänischer Patientinnen und Patienten in der Rheumaklinik Bad Bramstedt.

Immer mehr Kliniken spezialisieren sich, um mit entsprechend hohen Fallzahlen Qualität und Effizienz gewährleisten zu können. Auch aus diesem Grund ist grenzüberschreitende Zusammenarbeit auf dem Krankenhaussektor sinnvoll.

Der Gesundheitstourismus gewinnt immer mehr an Bedeutung und stellt neue Herausforderungen.

Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und der Vorsitzende der Region Süddänemark, Carl Holst die Kollegin Spoorendonk hat es auch schon für erwähnenswert gefunden -, sind nach einem Gipfeltreffen übereingekommen, ihre Krankenhausplanung aufeinander abzustimmen. So soll das Großklinikum Sønderjylland, das zwischen Apenrade und Sonderburg geplant wird, auch Patienten aus Deutschland aufnehmen, während sich Kiel von dem Bündnis eine Auslastung des geplanten Protonentherapiezentrums von dänischer Seite erhofft.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Man muss also nur auf Reisen schicken!)

- Manchmal ist es gut, wenn man etwas schwerhörig ist.

(Heiterkeit)

Es zeigt sich also, dass der grenzüberschreitende Gesundheitsmarkt in Bewegung ist und gemeinsam Abstimmungen getroffen werden.

Die im SSW-Antrag genannten Ziele eines Rahmenabkommens werden nach meiner Auffassung bereits jetzt durch bedarfsgenaue Kooperationen angestrebt.

Ob es dazu noch eines deutsch-dänischen Rahmenabkommens nach französischem Vorbild bedarf und ob dies über die Qualität der bisherigen Zusammenarbeit hinausgeht, vermag ich nicht zu beurteilen. Wichtig ist, dass etwas geschieht mit dem Ziel, Doppelstrukturen, Kosten und Bürokratie zu vermeiden und für beide Seiten erfolgreich zu gestalten.

Wenn ein solches Abkommen, wie es der SSW wünscht, erforderlich sein sollte, lassen wir uns gern überzeugen und werden uns dem nicht verschließen. Ich freue mich auf die Ausschussberatungen.

(Beifall bei CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich danke der Frau Abgeordneten Ursula Sassen. Das Wort für die SPD-Fraktion hat nun Frau Abgeordnete Astrid Höfs.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zwischen Schleswig-Holstein und Dänemark hat sich über Jahre weiterentwickelt und war auch den vorherigen Landesregierungen immer ein zentrales Anliegen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die sogenannte Patientenbrücke nach Norwegen. In fünf schleswig-holsteinischen Krankenhäusern wurden über 1.200 norwegische Patienten über mehrere Jahre mit unterschiedlichen Krankheitsbildern stationär behandelt. Diese Zusammenarbeit wurde sowohl von den norwegischen als auch von den schleswig-holsteinischen Behörden als erfolgreich bewertet.

Die engagierte Arbeit der Beteiligten im Land hat Voraussetzungen getroffen, die für weiterführende Kooperationen im Gesundheitsbereich im Ostseeraum genutzt werden können. Diese Erfahrungen können zum Teil auch auf andere Kooperationen im grenzüberschreitenden Bereich übertragen werden. Insgesamt hat sich der Gesundheitsstandort Schleswig-Holstein erfolgreich als wichtiger Standort für grenzüberschreitende Gesundheitsleistungen im skandinavischen Raum etabliert.

Die Kooperation mit Süddänemark betrifft verschiedene Fachgebiete und hat sich auch auf verschiedene Bereiche des Gesundheitswesens ausgedehnt. Als Schwerpunkte dieser Zusammenarbeit sind zum Beispiel die Krankenhausversorgung, der Rettungsdienst, hier insbesondere die Luftrettung, zu nennen, die strahlentherapeutische Versorgung, und auch mit den Projekten der Telemedizin konnten in der Region Flensburg-Süddänemark gute Erfahrungen gemacht werden.

Mit dem neu entstehenden Partikelzentrum in Kiel eine der modernsten Krebstherapieeinrichtungen der Welt - findet nicht nur die schleswig-holsteinische Gesundheitsversorgung, sondern auch die dänische Gesundheitsversorgung eine hervorragende Ergänzung.

Der Kooperationsvertrag mit dem Universitätsklinikum Odense mit dem Schwerpunkt Onkologie besteht seit 2006. Zusammenarbeit besteht auch in den Bereichen Stammzellenforschung, Osteoporose, Schilddrüsenerkrankungen, Diabetes, Pädiatrie,

(Ursula Sassen)

operative Gynäkologie und klinische Psychologie. Dazu gehören wissenschaftliche Projekte ebenso wie Ausbildung und Krankenversorgung.

Fast zehn Jahre versorgt die grenzenlose Klinik, das Flensburger St. Franziskus-Hospital, Tumorpatienten aus dem Nachbarland. Bemerkenswert ist auch, dass nicht die Politik oder Krankenhausträger diese Zusammenarbeit angeregt haben, sondern die Patienten selbst diese Idee angeschoben und so eine wohnortnahe Strahlentherapie ermöglicht haben. Vorher mussten die dänischen Patienten nicht nur lange Wege, sondern auch lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die große Resonanz und positiven Ergebnisse halten bis heute an. Die grenzüberschreitende Behandlung hat sich so gut bewährt, dass der anfangs begrenzte Rahmen sichtbar zu einem in Europa außergewöhnlichen Projekt ausgebaut wurde. Die Kooperation wird Jahr für Jahr erweitert und inzwischen auf die gesamte Region ausgedehnt. Dieses Projekt ist ein Gewinn für beide Seiten.

Inzwischen besteht kein Zweifel, dass die Kooperation äußerst positiv ist, die grenzüberschreitende Strahlentherapie eines der erfolgreichsten Projekte in der Region ist. Selbstverständlich sind die Zweisprachigkeit in der Klinik und der regelmäßige Austausch der Experten für onkologische Behandlungsverfahren.

Sicherlich haben diese Faktoren zum Gelingen des Projekts beigetragen. In der Region helfen rund um die Uhr Ärzte, Sanitäter und Rettungsassistenten grenzüberschreitend kranken Menschen. Das deutsch-dänische Rettungswesen funktioniert reibungslos. Nordfriesische und Flensburger Rettungswagen rücken jährlich bis zu 600 Mal nach Dänemark aus. Umgekehrt erledigen dänische Notfahrzeuge vor allem Krankentransporte.

Der Arbeitskreis Europa der SPD-Landtagsfraktion hat sich in den vergangenen Wochen wiederholt mit den dänischen Sozialdemokraten in der Grenzregion getroffen und zu unterschiedlichen Fachgebieten beraten. Dabei sind wir übereingekommen, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Bereich der Gesundheitspolitik zu vertiefen. Das neue von der EU vorgelegte Weißbuch „Gemeinsam für die Gesundheit: Ein strategischer Ansatz der EU für 2008 - 2013“ stellt finanzielle Mittel in Aussicht. Diese Chancen sollten auch genutzt werden. Mit diesen Dokumenten der EU werden Weichenstellungen für die kommenden Jahre eingeleitet.

Die von der Europäischen Kommission vorgeschlagene Strategie greift Fragen wie grenzüber