Protocol of the Session on September 1, 2005

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie mögen sich ein Engelskostüm überziehen und ein entsprechendes Engelslachen aufsetzen - ich finde das toll, ich gucke Sie immer wieder gern an -,

(Lachen bei der CDU)

aber das ändert nichts daran, dass Sie Ihre Wahlkampfversprechen nicht einlösen und dass die Menschen das merken und auch deutlich sagen werden. Das ändert nichts daran, dass der Schleswig-HolsteinFonds komplett schuldenfinanziert ist. Dann ist es auch keine Kunst zu sagen, das kommt gut an. Wenn wir 415 Millionen € schuldenfinanziert in die Hand nehmen, um damit Gutes zu tun, kommt das natürlich gut an. Ich finde aber trotzdem, hier gibt es einen klaren Unterschied zwischen Ihrer Rhetorik und Ihrem Handeln.

Minderheitenpolitik! Die Glaubwürdigkeit erweist sich bei Konflikten. Ich habe nicht vergessen, was in diesem Land zwischen Februar und April in diesem Jahr los war.

Sie haben gesagt, Sie würden für die Aufgabenkritik gelobt. Ich bin einmal sehr, sehr gespannt, welche guten Freunde man denn hat, die einen für Ankündigungen loben. Ich konzediere, wenn Sie tatsächlich in ein, zwei oder drei Jahren etwas hinbekommen, dann ist das glaubwürdig. Ich will Ihnen gern die Chance einräumen. Die große Koalition hat eine Verpflichtung.

(Zurufe von der CDU)

Aber sich jetzt dafür zu loben, etwas anzukündigen, das ist zu wenig.

Lassen Sie mich mit einem Hinweis zur BertelsmannStudie schließen. ihr Sprechzettel war schon in Ordnung. Der Satz, den Sie vorgelesen haben, steht darin so. Aber Sie haben noch etwas vergessen zu zitieren. Ich zitiere aus der Studie, Seite 198, zum Nachlesen:

„Im Erfolgsindex verbessert sich SchleswigHolstein im aktuellen Beobachtungszeitraum

(Klaus Müller)

2002 bis 2004 um einen auf den achten Rang. Dabei kann es seinen Punktwert gegen den Bundestrend auf 5,91 Punkte steigern.“

Ja, es gibt hier lobende Worte für die Landesregierung, die neue. Aber das Lob der Studie bezieht sich auf die Jahre 2002 bis 2004 und da hat Rot-Grün regiert. Zur Redlichkeit von Zitaten gehört es auch, alle Aspekte zu zitieren und nicht nur das, was Ihnen passt.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort zu einem weiteren Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 unserer Geschäftsordnung hat der Herr Oppositionsführer Wolfgang Kubicki.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Eigentlich wollte ich nach dieser Rede des Ministerpräsidenten nicht reagieren, weil, lieber Peter Harry Carstensen, das zu einem Teil die Wiederholung der Regierungserklärung gewesen ist und zu einem anderen Teil die ständige Wiederholung von Eigenlob. Dafür habe ich ein gewisses Verständnis.

(Lachen bei CDU und SPD)

Aber der Beitrag des Kollegen Müller hat mich nun veranlasst, auf Folgendes hinzuweisen. Herr Kollege Müller, wir haben selbstverständlich im Wahlkampf - übrigens auch hier im hohen Haus - beständig Erklärungen abgegeben, wir haben gesagt, der Landeshaushalt ist desaströs unterfinanziert, es wird in der Größenordnung von 1 Milliarde € eine Nettokreditaufnahmen geben. Und das ist hier im Haus - ich kann mich erinnern - von dem amtierenden Finanzminister damals vehement bestritten worden, von Ihnen als Minister übrigens auch. Es ist immer wieder gesagt worden: Es ist alles in Ordnung, dem Land geht es gut, wir sind eine hervorragende Regierung - der Sie angehört haben.

Ich kann mich auch daran erinnern - das können Sie nachlesen -, dass ich bei allen Interviews gesagt habe - wie übrigens der Kollege Wiegard und der Kollege Carstensen auch -, auch wir werden nicht in der Lage sein, bei der Größenordnung der Nettoneuverschuldung, die wir sehen, den Landeshaushalt innerhalb von ein oder zwei Jahren zu sanieren. Es wird auch mit uns - das heißt mit Beteiligung der FDP - für 2006 keinen verfassungskonformen Haushalt geben können, weil wir nicht von heute auf morgen mit der Situation fertig werden können, die Sie hinterlassen haben. Insofern ist es schon unredlich - das ist schon ein freundliches Wort -, Chuzpe, wenn man dieser

Regierung jetzt vorwirft - was ich übrigens nicht getan habe -, sie habe die Hinterlassenschaft nicht innerhalb eines halben Jahres in den Griff bekommen - Chuzpe, um es freundlich zu formulieren.

(Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Das habe ich nicht gesagt!)

- Doch, Sie haben es gesagt. Sie werfen Verfassungsbruch vor. Ich sage einmal, das ist vergleichsweise merkwürdig. Wir haben dem aus grundsätzlichen Erwägungen zugestimmt. Aber sich hier hinzustellen und zu sagen: Wir können es nicht ändern, das aber werfen wir den Beteiligten jetzt vor, ist merkwürdig.

Wir haben gesagt: Ich weiß nicht, welchen Erkenntnisgewinn wir durch eine weitere Lesung des Nachtrages gewinnen sollen, außer den, dass niemand in der Lage ist, 1,7 Milliarden € von heute auf morgen auf null zu reduzieren - Sie übrigens auch nicht. Wir haben gesagt, dass jedes Bemühen, das verfassungskonform erklären zu wollen, scheitern muss, weil es verfassungskonform nicht hinzubekommen ist. Das ist keine Form der neuen Ehrlichkeit, sondern eine Selbstverständlichkeit, Herr Kollege Wadephul, dass man nämlich nicht versucht, etwas mit falschen Erklärungen zu versehen, was man im Zweifel nicht mit diesen Erklärungen versehen darf.

Ein Letztes - und da nehmen wir Sie jetzt wirklich beim Wort und ernst. - Wir erwarten, dass aus den Ankündigungen „wir machen dieses und jenes“ und dem, was ja bisher nicht deutlich über das hinausgeht, was Kollege Hay sinnvollerweise als die Fortsetzung der rot-grünen Politik beinhaltet hat, jetzt konkrete Umsetzungen werden. Ich erlebe das wie Sie, dass die Menschen die Veränderung in der Führungsstruktur weg von Rot-Grün als Befreiung empfunden haben, aber sie haben auch hohe Erwartungen. Das gilt nicht nur für Eiderstedt, das gilt nicht nur für die öffentlich Bediensteten, das gilt auch für die Unternehmen. Wir können es uns nicht leisten, dass diese Erwartungen enttäuscht werden, weil - der Teufel steckt im Detail - bei der konkreten Umsetzung wieder die Fristen sehr lang sind, das eine oder andere wiederum nicht geht, aus welchen Gründen auch immer, dass sozusagen auf vollmundige Erklärungen wieder nur kleine Taten folgen. Wir hoffen darauf, wir als FDP und die Menschen in diesem Lande, dass tatsächlich nicht nur atmosphärisch, sondern wirklich ein Politikwechsel stattfindet. Darauf bauen wir.

(Beifall bei der FDP)

Im Rahmen der angemeldeten Redezeit erteile ich dem Herrn Finanzminister Rainer Wiegard das Wort.

Herausgegeben vom Präsidenten des Schleswig-Holsteinischen Landtags - Stenographischer Dienst und Ausschussdienst

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will kurz auf den Abgeordneten Müller antworten zu der Aussage, die er eben mit der positiven Bewertung der Landespolitik von 2000 bis 2004 dargestellt hat. Das ist ja nicht verwunderlich, wenn man sich die Entwicklung der Nettokreditaufnahme ansieht, in 2002 und 2003 mit 1,1 Milliarden und 1,2 Milliarden € und dann die plötzliche Absenkung, plötzlich und unerwartet, auf 800 Millionen allein dadurch, dass man für fast 400 Millionen Vermögen veräußert und einmalige Erlöse erzielt hat. Dass das eine positive Bewertung erfährt, wenn man die Nettokreditaufnahme absenkt, das ist nicht verwunderlich. Das Jahr 2005 wäre aber das entscheidende in der Kette der Bemerkungen gewesen.

(Zuruf des Abgeordneten Klaus Müller [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie haben hier die Kreditaufnahme besonders kritisiert und ich wiederhole, was ich bei Ihnen auch bei dem Fraktionsbesuch gesagt habe: Solange wir auch nur einen einzigen Euro neue Schulden aufnehmen müssen, ist jede Ausgabe kreditfinanziert, auch das Sitzungsgeld, das Sie heute für diese Sitzung erhalten. Wir könnten ja sagen, wir müssten das alles auch einsparen. Manche Dinge sind eben nicht möglich, manche glauben vielleicht auch daran, dass das ginge.

Ich finde es bemerkenswert und bedauere eigentlich, dass Sie einen solchen Gedächtnisverlust erlitten haben. Ihre Kritik trifft besonders meine Mitarbeiter und deshalb will ich das hier noch einmal richtigstellen. Es ging um mangelnde Transparenz bei der Haushaltsdarstellung bei Ausgaben, die bereits RotGrün 2004 verändert hat. Da frage ich Sie noch einmal: Warum haben Sie 2004 nicht beantragt, hier einen Nachtrag vorzulegen, damit das klargestellt werden kann, damit das seine Auswirkung erfährt?

(Beifall bei CDU und FDP)

Dann hätten Sie auch gleichzeitig beantragen können, die zusätzlichen Ausgaben von einer Viertelmilliarde € für Hartz IV ebenfalls mit abzudecken und die 500 Millionen € Mindereinnahmen bei den Steuern, die überzogen eingeplant waren, ebenfalls. Redlichkeit gehört also insgesamt dazu.

Meine Damen und Herren, lassen Sie uns einen versöhnlichen Abschluss finden. Sie wissen ja, dass ich eigentlich immer dazu neige, doch den Versuch zu machen, wieder zueinander zu finden. Deshalb, Wolfgang Kubicki, darf ich das versuchen. Ich war richtig enttäuscht ob Ihrer Kritik an dem Wort Zu

kunft, das wir so sehr auf unsere Fahnen geschrieben haben. Ich habe mir das eben noch einmal heraussuchen lassen. Ich habe das bei Ihnen abgeschrieben und ich habe gedacht, ich mache etwas Gutes.

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

Ich habe nämlich Ihr Wahlprogramm genommen und war schon ganz erstaunt. Ich habe gedacht, da steht nur 18-mal „Zukunft“. Nein, da steht auf 54 Seiten 31-mal Zukunft: Wir wollen eine liberale Bürgergesellschaft, in der die Bürger über die Zukunft Deutschlands mit entscheiden. Ich denke, die kommt von allein, dann brauchen wir auch nicht zu entscheiden. Ich glaube, wir sind wieder im gleichen Boot in dieser Frage und insofern danke ich Ihnen allen für die Zustimmung.

(Beifall und Heiterkeit bei CDU und SPD)

Ich danke dem Herrn Finanzminister. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/180 dem Finanzausschuss zur Beratung sowie den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/198, dem Finanzausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen worden.

Ich lasse jetzt über den Antrag der Fraktionen von CDU und SPD, Drucksache 16/235, abstimmen. Ich gehe davon aus, dass Abstimmung in der Sache gewünscht ist.

(Zuruf von der CDU: Ja!)

Dann bitte ich diejenigen, die zustimmen wollen, um ihr Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist dieser Antrag mit den Stimmen von SPD und CDU gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP

(Anke Spoorendonk [SSW]: Wir haben auch zugestimmt! - Beifall bei CDU und SPD)

und mit der in der Rede angekündigten Zustimmung des SSW angenommen.

Damit haben wir das Ende der heutigen Tagesordnung erreicht. Die 5. Tagung wird morgen früh um 10 Uhr fortgesetzt. Ich wünsche Ihnen allen einen schönen Abend.

Die Sitzung ist geschlossen.

Schluss: 18:17 Uhr