So verstehe ich zum Beispiel nicht, dass die Banken und Sparkassen bei der frühzeitigen Kündigung von Baukrediten auch heute noch Vorfälligkeitszinsen nehmen. In unserem nördlichen Nachbarland kennt man dieses Geschäftsgebaren nicht. Dort sind der häufige Kauf und der Verkauf von Immobilien gang und gäbe und keine einmalige Sache. Das sage ich jedoch nur nebenbei.
Natürlich müssen die Immobilienbesitzer in der Bundesrepublik beschützt werden. Wir haben bereits bei der Diskussion um die Änderung des Sparkassengesetzes darauf hingewiesen, dass auch die öffentlich-rechtlichen Sparkassen von diesem verhängnisvollen Trend erfasst sind. So hat die Sparkasse Südholstein im letzten Jahr notleidende Kreditforderungen in Höhe von 123 Millionen € an den US-Beteiligungsfonds Lone Star verkauft. Der SSW hat klargemacht, dass solche Forderungsverkäufe aus unserer Sicht nichts mit gemeinwohlorientierten Sparkassen zu tun haben dürfen.
Ich denke, man muss es klar sagen: Ansonsten stellt man das ganze System von innen her infrage. Wir meinen daher weiterhin, dass der Sparkassen- und Giroverband Schleswig-Holstein dafür sorgen
muss, dass seine Mitglieder künftig solche Geschäftspraktiken nicht mehr anwenden. Ansonsten verlieren die öffentlich-rechtlichen Sparkassen weiterhin an Legitimität.
Doch selbst dann, wenn sich alle Sparkassen in Zukunft daran halten werden, bleibt es weiterhin eine Tatsache, dass diese Forderungsverkäufe zurzeit rechtlich nicht zu beanstanden sind und daher auf jeden Fall von den privaten Geschäftsbanken weiter betrieben werden. Deshalb unterstützt der SSW die Forderung der Grünen, dass wir eine bundesgesetzliche Regelung benötigen, die diese Forderungsverkäufe nur zulässt, wenn der betroffene Kreditnehmer ausdrücklich zustimmt.
Diese Zustimmung darf nicht nur durch eine entsprechende Standardformulierung im Kreditvertrag ersetzt werden.
Auch den anderen Punkten des Antrags der Grünen stehen wir positiv gegenüber. Für die Ausschussüberweisung gilt dies allemal. Allerdings sollten wir uns im Ausschuss intensiv mit den einzelnen Forderungen auseinandersetzen. So ist mir zum Beispiel nicht klar, ob es überhaupt rechtlich zulässig ist, dass Banken und Sparkassen in Zukunft auch Kredite anbieten sollen, die nicht weiterverkauft werden dürfen. Hier müsste noch einiges geklärt werden.
Für den SSW bleibt es aber dabei: Die Landesregierung hat auch in diesem Bereich eine Verantwortung. Darum, so meine ich, ist es richtig, auch im Ausschuss zu hinterfragen, ob das Risikobegrenzungsgesetz wirklich auch das trifft, was wir mit diesem Antrag erreichen wollen. Ich meine, zu sagen, wir brauchen keine Bundesratsinitiative, ist zu einfach. Wir müssen dafür sorgen, dass Immobilienbesitzer vor den Folgen der Verkäufe ihrer Kredite geschützt werden. Das muss das Ziel unserer Beratung sein.
Ich danke der Abgeordneten Spoorendonk. - Das Wort für die Landesregierung hat nun Herr Wirtschaftsminister Dietrich Austermann.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich verstehe das Interesse der Abgeordneten, die Kunden von Banken dagegen zu schützen, dass durch Kreditverkäufe ihre Rechtsposition geschmälert wird. Man muss aber sagen, dass wir uns in einem Bereich bewegen, wie es der Abgeordnete Koch deutlich gemacht hat, in dem auf der einen Seite für den mündigen Bürger Vertragsfreiheit besteht und auf der anderen Seite der Verbraucherschutz und die Notwendigkeit bestehen, Schutzvorschriften auszudehnen. Ich glaube, dass es in einem ordentlich abgewickelten Vertragsverhältnis grundsätzlich keine Probleme gibt. Da gibt es, wie der Abgeordnete Kubicki besonders deutlich machen kann, Schutzvorschriften nach der ZPO gegen unrechtmäßige Zwangsvollstreckung. Es gibt auch andere Mittel und Wege, die genutzt werden können.
Ich habe mir die Fälle angesehen, die in der Öffentlichkeit diskutiert worden sind. Ich bin weit davon entfernt, den Sparkassen im Lande einen generellen Vorwurf zu machen, dass sie mit ihren Kunden nicht anständig umgehen. Das wäre nicht gerechtfertigt.
Bei den Fällen, die öffentlich diskutiert worden sind, manchmal auch aufgrund leichtfertiger Recherchen der Medien, war der Kreditverkauf das letzte Mittel, gegen säumige Schuldner vorzugehen, weil man keine Einigung erreichen konnte. Das sind insbesondere die Fälle, die einer Sparkasse im südlichen Holstein angelastet werden sollen.
Aber ich bestreite überhaupt nicht, dass es ruppige Unternehmen gibt, die Forderungen kaufen und dann versuchen, diese Forderungen massiv durchzusetzen. Dagegen gibt es auch Schutzvorschriften. Eine Forderung, die nicht besteht, durchzusetzen, dürfte in Deutschland sehr schwierig sein, auch wenn es auf der Basis einer Grundschuld passiert. Ich meine, das sollte man vorweg sagen, bevor man sich mit der Frage befasst, wie man an der einen oder anderen Stelle Maßnahmen ergreifen kann, auch gesetzgeberische Maßnahmen mit Unterstützung der Landesregierung, um den Schutz von Bürgern an der Stelle zu erweitern, wo der Schutz nicht ausreichend ist.
Ich möchte eine zweite Bemerkung machen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, das manches Unternehmen durch sein Geschäftsgebaren dazu beiträgt, Menschen in die Verschuldung zu treiben. Wenn Sie beispielsweise in der Werbung tagein, tagaus
hören „heute kaufen, 2010 bezahlen“, dann kann man sagen: Mündige Bürger wissen, wie man damit umzugehen hat. Aber wir haben eben Menschen, die offensichtlich an der einen oder anderen Stelle nicht in der Lage sind, die Dinge zu regeln, ohne dass sie öffentliche oder staatliche Unterstützung bekommen. Deswegen sage ich, es darf nicht sein, dass eine junge Familie über Nacht ihr Haus verliert, obwohl sie die Kreditraten immer bezahlt hat. Es darf nicht sein, dass mittelständische Unternehmen wegen eines Kredites plötzlich vor dem Nichts stehen, obwohl der Kredit immer bedient wurde und das Ganze ordnungsgemäß abgewickelt worden ist. Ich lasse es bei dem Hinweis auf die Medienberichte bewenden.
Es liegt im Interesse der Kreditwirtschaft, dafür zu sorgen, dass solche Missstände bekämpft werden. Das Geschäft hat mit Vertrauen zu tun. Das leidet schwer, wenn Kreditforderungen an Adressen verkauft werden, die lediglich an der Verwertung der Kreditsicherheiten interessiert sind und nicht an einem ordentlichen Kreditverhältnis. Ich glaube, da sind wir alle einer Meinung.
Ich will ein Beispiel für einen Fall nennen, der mir vor einigen Jahren öffentlich untergekommen ist. Die Bundesanstalt für Arbeit hat in einem Milliardenvolumen Rückforderungen von Arbeitslosengeld an ein anderes Unternehmen übertragen. Jeder weiß, dass so etwas in der Weise geschieht, dass ein Abschlag auf die eigene Forderung vorgenommen wird und dass man das verkauft, um jemand anderem die Möglichkeit zu geben, schneller zu der Forderung zu kommen. Man kriegt damit sein Geld. Wir sollten also nicht so tun, als sei uns das alles nicht bekannt, als sei das Geschäft in Deutschland nicht erlaubt.
Der Markt reagiert bereits auf die Verunsicherung der Kunden. So hat die Commerzbank als erste Bank in Deutschland mitgeteilt, dass sie zukünftig Kredite mit Verkaufsschutz anbieten will. Der Markt bietet selbst Alternativen an; das ist gut.
Wir wollen die Debatte aktiv gestalten, indem wir uns an der Diskussion beteiligen, die im Bundestag durch das Risikobegrenzungsgesetz eingeleitet worden ist. Wir werden unsere Position im Zusammenhang mit der Beratung im Bundesrat einbringen. Aber der Kreditportfolio-Handel muss möglich bleiben. Die Veräußerung von Krediten ist ein international übliches Mittel der Risikosteuerung, auch wenn es durch das Subprime-Desaster in den USA und seine Folgen bis nach Deutschland diskreditiert worden ist. Es bleibt ein sinnvolles Instrument, wenn sich ein Kreditinstitut vor Kreditaus
fallrisiken schützen will, das Eigenkapital entlastet und Möglichkeiten für neue Kredite schafft, woran ja auch ein Interesse besteht, dass man ein Unternehmen wieder in die Lage versetzt, Kredite auszugeben.
Es geht nach der Meinung der Landesregierung also nicht darum, um das deutlich zu machen, das Kind mit dem Bade auszuschütten und den schnellen Griff in die Regulierungskiste zu tun. Wir müssen ein durchdachtes, ausgewogenes Paket machen.
Im Finanzausschuss des Bundestages ist das Thema erörtert worden, nach meiner Information durchaus kontrovers. Wir könnten uns folgende Punkteveränderungen des Kreditrisikobegrenzungsgesetzes vorstellen: Pflicht des Darlehensgebers zum Angebot nicht abtretbarer Darlehensverträge, Verpflichtung des Darlehensgebers zu Folgeangeboten oder Hinweis auf Nichtverlängerung des Vertrages, Pflicht zur Anzeige der Abtretung oder zum Wechsel des Darlehensgebers, Erweiterung des Kündigungsschutzes für Darlehensnehmer bei Immobiliardarlehen, Sonderkündigungsrecht des Darlehensnehmers ohne Vorfälligkeitsentschädigung - der Abgeordnete Kubicki hat auch darauf hingewiesen -, nicht abtretbare Unternehmenskredite, verschuldungsunabhängiger Schadensersatzanspruch bei ungerechtfertiger Vollstreckung aus der Urkunde über die Erklärung der Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung.
Ich meine, das sind einige Anregungen, die wir im Ausschuss miteinander diskutieren sollten, um dann zu sehen, ob es notwendig ist, im Bundesrat für den Schutz der Kreditnehmer initiativ zu werden, die ungerechtfertigt in eine schwierige Situation geraten. Wir haben uns jedenfalls vorgenommen, im Rahmen des Bundesratsverfahrens zu prüfen, ob Ergänzungs- oder Änderungsvorschläge über das hinaus, was ich gesagt habe, notwendig sind. So kommen wir, glaube ich, schneller zu einem Ergebnis, als wenn wir ein eigenes Gesetz machen und eigene Maßnahmen ergreifen.
Ich danke dem Herrn Minister. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden, und zwar Überweisung des Antrages Drucksache 16/1806 federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Finanzausschuss. Wer so beschließen will, den bitte ich
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Mit diesem Antrag wird ein Bericht in dieser Tagung erbeten. Wer diesem Berichtsantrag zustimmen will, den bitte ich jetzt um sein Handzeichen. - Das ist so geschehen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich darf vorweg sagen: Es war einer der amerikanischen Verfassungsväter, der gesagt hat: Eine Verfassung muss kurz und in ihrem Sinn dunkel sein. Diese ist weder kurz noch dunkel in ihrem Sinn, sondern sehr ausführlich. Deshalb bitte ich schon jetzt um Nachsicht; aber Sie haben um den Bericht gebeten.
Der Vertrag von Lissabon wurde von den Staatsund Regierungschefs der Mitgliedsstaaten am 13. Dezember letzten Jahres unterzeichnet. Der nächste Schritt ist die Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten. Das soll spätestens bis Ende 2008 erfolgen, damit der Vertrag zu Beginn des Jahres 2009 rechtzeitig vor den Wahlen zum Europäischen Parlament in Kraft treten kann. Ein Referendum über den Vertrag wird es voraussichtlich nur in Irland geben. In allen anderen Mitgliedstaaten werden die Parlamente die Vertragstexte ratifizieren, wie es übrigens in Ungarn bereits geschehen ist.
Zur grundsätzlichen Einordnung: Der Vertrag von Lissabon beinhaltet die wesentlichen Reformen des Vertrages über die Verfassung von 2004, der ja bekanntlich gescheitert ist - Sie wissen das - an den Referenden in Frankreich und in den Niederlanden.
Der Vertrag von Lissabon stellt daher keinen neuen einheitlichen Rechtsakt dar, sondern ist ein Änderungsvertrag zu den bereits bestehenden Verträgen. Trotzdem bleiben aber Kernelemente des Verfassungsentwurfs erhalten, so etwa die Verleihung von Rechtspersönlichkeiten an die Europäische
Union oder die Schaffung einer Verbindlichkeit der Grundrechtecharta und alle wesentlichen Strukturreformen. Alle inhaltlichen Elemente des Verfassungsvertrages, die auf eine Staatlichkeit der EU hindeuten könnten, sind dagegen nicht übernommen worden. Das war ja auch das wesentliche Argument in der Diskussion in einigen Mitgliedstaaten. Symbole der Union wie Europaflagge und Europahymne werden daher im Vertrag von Lissabon vermieden. Die Bundesrepublik hat aber mit 15 weiteren Mitgliedstaaten zur Schlussakte erklärt, dass die Flagge, die Hymne, die Ode an die Freude, der Leitspruch „In Vielfalt geeint“, der Euro als Währung der Europäischen Union, der Europatag am 9. Mai für sie auch künftig als Symbole der Zusammengehörigkeit der Menschen in der Europäischen Union und ihre Verbundenheit mit dieser zum Ausdruck bringen.
Zur Vermeidung des Eindrucks einer Verfassung trägt auch bei, dass die Verbindlichkeit der Grundrechtecharta durch einen Verweis im Vertrag erreicht wird. Auf Ausnahmen für Polen und das Vereinigte Königreich möchte ich jetzt nicht eingehen. Der vereinzelt zu vernehmende Einwand, es handele sich dabei in Wirklichkeit um alten Wein in neuen Schläuchen, trifft also bedingt zu. Dennoch: Die Europäische Union ist derzeit für eine Verfassung noch nicht reif. Die „neue Verpackung“ hat sich deshalb als notwendig erwiesen.
Ob die Reformen in den Verträgen real die erhoffte Wirkung zeigen werden, bleibt abzuwarten. Inhaltlich sind aus der Sicht der Landesregierung besonders folgende Regelungen von Bedeutung.
Erstens. Ein wichtiges Element für die Parlamente der Mitgliedstaaten stellt die Verstärkung des Subsidiaritätsmechanismus, das Frühwarnsystem, dar. Bei Verdacht auf Verletzung dieses Grundsatzes können nationale Parlamente innerhalb von acht statt bisher sechs Wochen Einspruch gegen Entwürfe der EU-Gesetzgebung einlegen. Aber machen wir uns nichts vor: Auch das ist eine ausgesprochen kurze Zeit für Reaktionen, und wenn sich der Landtag noch mit einbringen will, wird das sehr schwierig und ist das sehr kurzfristig. Das Schwert ist zwar etwas geschärft, aber unter gewissen Voraussetzungen kann dies von der EU-Kommission auch wieder verworfen werden. Darauf, welche Mechanismen hierzu im Einzelnen erforderlich sind, möchte ich hier nicht eingehen.
Zweitens. Die Rechte lokaler und regionaler Gebietskörperschaften werden nicht nur durch eine ausdrückliche Erwähnung im Rahmen des Schutzes der nationalen Identitäten, sondern auch durch ein