Protocol of the Session on December 13, 2007

gung ist. Es gibt genügend Grundlagen und Möglichkeiten. Wir fangen auch nicht bei null an. Wir haben in Zusammenarbeit mit den ARGEn und den Optionskommunen schon eine ganze Menge getan. So oft und so gut es geht, muss ein Jugendlicher sofort, wenn sich die Gefängnistüren für ihn öffnen, in arbeitsmarktpolitische Betreuung kommen. Das ist schwierig, insbesondere weil sich die Arbeitsagentur daraus zurückgezogen hat. Wir müssen auch sehen, dass die Gefangenen, wenn sie entlassen werden, eben nicht nur von jemandem betreut werden, der den Arbeitsmarkt nur dort kennt, wo die Strafanstalt liegt. Hier muss man sich über die Möglichkeiten am Entlassungsort informieren, über den Ort, wo die Entlassenen auch wirklich hingehen. Es ist wichtig, überfassende Erkenntnisse zu haben. Wir müssen ein Übergangsmanagement in dieser Art regeln. Aber ich denke, wir haben genügend Spielraum.

Neben einer Optimierung des Übergangsmanagements ist die Weiterentwicklung des Wohngruppenvollzugs von zentraler Bedeutung. Wir wollen ihn auch verbessern und ausweiten. Die Expertenkommission hat Stärken und Schwächen analysiert und uns Vorschläge gemacht. Man muss aber auch eines sagen: Nicht für jeden jungen Gefangenen ist der Wohngruppenvollzug die geeignete Vollzugsform. Wir müssen also auch noch andere Dinge vorhalten.

Der Vollzug, wie wir ihn derzeit in Neumünster haben, sollte auf mittlere Sicht die Ausnahme sein. Mit der derzeitigen Gebäudesituation in Neumünster und dem heutigen Personalbestand ist das allerdings nicht zu leisten. Das muss allen klar sein. Ich erwarte auch freudig erregt Änderungsanträge des Parlaments zum Haushalt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau!)

Wir werden Geld nicht ablehnen. Ich komme im Rahmen der Haushaltsdebatte sicherlich darauf zurück.

Zur Rückfallquote! Richtig, wir haben hohe Rückfallquoten. Niemand hat ein Patentrezept, wie man dem beikommen kann. Natürlich hat die Qualität des Jugendstrafvollzugs Einfluss. Sonst brauchten wir uns diese Mühe gar nicht erst zu machen. Ich bin aber Experten gegenüber skeptisch, die eine Halbierung der Rückfallquote versprechen, wenn man nur ihren Vorschlägen folgt.

Wir müssen eines sehen - Herr Wadephul hat schon darauf hingewiesen -: Die Jugendstrafe ist in Schleswig-Holstein das allerletzte Mittel. Deswegen dürfen wir, wenn wir uns über andere Voll

(Minister Uwe Döring)

zugsformen unterhalten, die Realität nicht ausblenden. Bei uns sind viele junge Menschen nicht in Haft, die in anderen Bundesländern in Haft sind. Ich habe hier also eine andere Klientel. Da kann ich andere Mittel einsetzen, offene und freie Vollzugsformen anders machen als bei uns. Wir nehmen viele andere Dinge im Vorwege in Anspruch. Die Haft ist wirklich das letzte Mittel. Inhaftierte Ersttäter Herr Kubicki, Sie wissen das - sind die Ausnahme. Es handelt sich dabei um ganz schwere Fälle, Mord und Kapitalverbrechen. Es ist nicht der Normalfall: ein Jugendlicher, der einsitzt. Das ist ein Mehrfachtäter. Das müssen wir wissen. Die Lebensläufe dieser jungen Menschen lesen sich fast immer so: Entwurzelung, Enttäuschung, geprägt von Gewalt.

Entsprechend hoch ist die Hürde für die soziale Integration. Ich spreche deswegen häufig nicht von Resozialisierung, sondern von Sozialisierung. Wenn wir das nicht sehen, überfordern wir den Jugendstrafvollzug mit Ansprüchen, die er nicht erfüllen kann. Wir setzen konsequent auf den Erziehungsgedanken. Wir hoffen, dass das Früchte trägt.

Zusammenfassend kann ich sagen: Wir bekommen ein Jugendstrafvollzugsgesetz, das den Erziehungsgedanken ernst nimmt, das mit vielen Regelungen neue Wege geht, zum Beispiel mit der Einrichtung der Sozialtherapie, der verbindlichen Freizeitgestaltung, das über einen hohen Anspruch verfügt, das gleichzeitig aber auch flexibel ist und im Blick behält, was in der Praxis tatsächlich leistbar ist und - das muss man ehrlichkeitshalber auch dazu sagen - vom Landeshaushalt finanzierbar ist. Auch das darf man nicht ausblenden. Ich könnte mir viele schöne neue Ideen vorstellen. Sie alle würden mir aber sagen: In der Situation, in der wir uns befinden, ist deren Umsetzung eine Illusion.

Der begonnene Dialog über Mittel und Wege des Jugendstrafvollzugs sollte - das wünsche ich mir mit der heutigen Verabschiedung des Gesetzes nicht enden, sondern im Licht der praktischen Alltagserfahrungen weitergehen. Ich freue mich auf Diskussionen mit den Ausschüssen. Jugendkriminalität zu verhindern und jungen Straftätern im Strafvollzug einen Weg zurück in die Gesellschaft zu bahnen, bleibt eine große Herausforderung für uns alle. Weder Schönreden noch Dramatisieren hilft hier, sondern nur das beharrliche Ringen um bessere Lösungen. Je mehr dabei mithelfen, umso besser. - Jetzt wäre die Gelegenheit, eine Entschuldigung auszusprechen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke dem Herrn Minister Uwe Döring und erteile nach § 55 Abs. 1 der Geschäftsordnung dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel für eine persönliche Bemerkung das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Erstens. Ich nehme den Vorwurf der Schäbigkeit zurück. Es tut mir leid.

(Beifall)

Zweitens. Herr Minister, ich habe den Mord in Siegburg nicht im Zusammenhang mit Paketen verwendet, sondern im Zusammenhang mit der Überbelegung von Hafträumen. Es tut mir leid, wenn ein falscher Eindruck entstanden ist. Aus meinem Redemanuskript jedenfalls geht das eindeutig hervor. Ich kann nicht sagen, ob ich es anders formuliert habe; das muss man im Protokoll nachlesen. In meinem Redemanuskript stand das im Zusammenhang mit der Überbelegung von Hafträumen. Das ist ein Problem. Ich denke, der Zusammenhang ist gegeben. Wenn ein falscher Eindruck entstanden ist, tut mir auch das leid.

(Beifall)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Ich lasse zunächst über den Änderungsantrag der Fraktion der FDP, Drucksache 16/1771, abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW abgelehnt.

Ich lasse dann über den Änderungsantrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/1773, abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von SPD und CDU gegen die Stimmen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Enthaltung der Fraktion FDP und der Gruppe des SSW abgelehnt.

Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzei

(Minister Uwe Döring)

chen. - Gegenstimmen? - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/1454 mit den Stimmen von SPD und CDU gegen die Stimmen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP und der Gruppe des SSW angenommen.

Ich rufe auf Tagesordnungspunkt 13:

Erste Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zur Änderung des Sparkassengesetzes für das Land Schleswig-Holstein

Gesetzentwurf der Fraktion der FDP Drucksache 16/1732

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Grundsatzberatung und erteile dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir möchten - hoffentlich mit Ihnen gemeinsam das Sparkassengesetz präzisieren, indem wir die einfache Frage beantworten: Wem gehören eigentlich die öffentlich-rechtlichen Sparkassen? Bisher scheint die Antwort strittig zu sein. Einige meinen, öffentlich-rechtliche Sparkassen gehörten ihren Trägern, andere, sie gehörten ihren Kunden, und noch andere meinen, öffentlich-rechtliche Sparkassen gehörten sich selbst.

In unserem Sparkassengesetz steht ganz am Anfang: Sparkassen, deren Träger eine Gemeinde, ein Amt, ein Kreis oder ein Zweckverband ist, sind rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts. Wir möchten dem zur Klarstellung einen zweiten Satz hinzufügen: Gemeinden, Ämter, Kreise oder Zweckverbände sind als Träger einer Sparkasse deren Eigentümer.

Wer sich weigert, das Eigentum öffentlich-rechtlicher Träger an ihren öffentlich-rechtlichen Sparkassen anzuerkennen, muss eine andere Antwort auf die Frage geben, wem die Sparkassen gehören. Und sie oder er muss erklären, welche Rechte und Pflichten diese angeblichen Eigentümer haben und warum diese nicht im Sparkassengesetz stehen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sparkassen gehören ihren Trägern. Deshalb sind sie rechtsfähige Anstalten des öffentlichen Rechts, Bestände von Menschen und Sachen, die in der Hand eines Trägers öffentlicher Verwaltung einem besonderen Zweck dauernd zu dienen bestimmt sind. Solche

Anstalten werden von ihren Trägern per Gesetz oder Satzung errichtet, verändert oder geschlossen - ein eindeutiges Merkmal dafür, dass die Träger deren Eigentümer sind.

So war zum Beispiel unsere Landesbank eine Anstalt des öffentlichen Rechts und niemand wird wohl behaupten, das Land wäre nicht anteiliger Eigentümer der Landesbank gewesen, als diese mit der Hamburgischen Landesbank zur HSH Nordbank AG verschmolzen wurde. Auch die Bundesbank ist eine Anstalt öffentlichen Rechts und niemand wird wohl behaupten, die Bundesrepublik sei nicht ihre Eigentümerin. Warum sollten die Sparkassen anders behandelt werden als die Deutsche Bundesbank?

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Im Sparkassengesetz finden sich weitere Belege dafür, dass öffentliche Träger die Eigentümer ihrer öffentlich-rechtlichen Sparkassen sind. Zum Beispiel wählt die Vertretung des Trägers den Verwaltungsrat der von ihr getragenen Sparkasse, bestellt und entlässt den Vorstand, entlastet den Verwaltungsrat, genehmigt die Verwendung der Überschüsse ihrer Sparkassen und löst bei Bedarf die Sparkasse auf.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Internationale Währungsfonds schreibt in seinem neuesten Deutschlandbericht unter anderem, dass der zunehmende weltweite Bankenwettbewerb die traditionelle Geschäftsgrundlage von Banken abtrüge, die nur begrenzte Regionen bedienen. Ausdrücklich sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken genannt. Das ist der Bericht vom 10. Dezember 2007.

Derweil beanspruchen die Sparkassen nur das Beste: Einerseits verteidigen sie ihre öffentlich-rechtliche Stellung und damit implizit die Garantie, dass letztlich die öffentlichen Hände schützend über ihnen schweben. Andererseits aber, wenn ihre öffentlich-rechtliche Stellung die Sparkasse im Wettbewerb mit Privaten behindert, möchten sie wie private Geschäftsbanken behandelt werden; zuletzt nachzulesen in einem Gutachten des Sparkassen- und Giroverbandes zum Skandal der zweifelhaften Forderungsverkäufe der Sparkasse Südholstein an die deutsche Tochtergesellschaft einer ausländischen Kapitalgesellschaft.

Da platzte selbst der Kollegin Heinold der Kragen. Ich zitiere:

„Wenn sich Sparkassen aber wie Privatkassen verhalten, gibt es keinen Grund mehr, ih

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

ren öffentlich-rechtlichen Auftrag zu verteidigen. Wer sich wie eine Privatbank verhält, kann auch schnell zu einer gemacht werden.“

So weit möchten wir heute nicht gehen, aber wir meinen, es ist an der Zeit, dass die Verantwortlichen bei den Sparkassen erkennen, wem die Organisationen gehören, für die sie arbeiten.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, bedenken Sie bei alledem: Wir wollen nur die einfache, ja geradezu dumme Frage beantworten: Wem gehören die Sparkassen? In Asien sagt man, ein weiser Mensch könne aus einer dummen Frage mehr lernen als ein dummer Mensch aus einer weisen Antwort. Deshalb sage ich: Seien Sie weise! Erkennen Sie, dass die Sparkassen ihren Trägern gehören und lassen Sie uns das gemeinsam ausdrücklich ins Sparkassengesetz schreiben, damit andere auch weise werden können!

Wir werden nachher wieder hören, welche Funktion die Sparkassen in Schleswig-Holstein und deutschlandweit haben, nämlich die Versorgung der mittelständischen Wirtschaft, ihrer Kunden mit preiswerten Krediten, sie arbeiteten gemeinwohlorientiert, nicht gewinnorientiert und anderes mehr. Ich warne alle Beteiligten. Wir haben heute Morgen lernen dürfen, dass das Engagement der Landesbank Sachsen LB mit einem Risiko von 43 Milliarden € durch den Sparkassen- und Giroverband auf Bundesebene mit 17,5 Milliarden € abgesichert werden soll, etwas, wofür unsere Sparkassen in Schleswig-Holstein im Zweifel auch einzustehen haben werden. Da kann ich nur sagen: Sparkasse Holstein, andere Sparkassen, herzlichen Glückwunsch bei der Frage, wie ihr mit euren Kunden umgeht angesichts des Risikos, das da auf euch zuläuft.

Meine Damen und Herren, lassen Sie jedenfalls die Träger - das sind ja auch die Verantwortlichen dafür - erkennen, dass sie als Eigentümer der Sparkassen auch hierfür in Verantwortung genommen werden können.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Ich danke dem Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Kubicki und erteile für die CDU-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Tobias Koch das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! CDU und SPD haben in Ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, dass die öffentlich-rechtlichen Sparkassen in Schleswig-Holstein auch zukünftig öffentlich-rechtlich organisiert bleiben.

(Beifall des Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD])

Träger der öffentlich-rechtlichen Sparkassen sind gemäß § 1 des Sparkassengesetzes Gemeinden, Ämter, Kreise oder Zweckverbände. Die Vertretungen dieser Träger beschließen unter anderem über die Errichtung und Auflösung einer Sparkasse ebenso wie über die Vereinigung der Sparkasse mit anderen Sparkassen.