Protocol of the Session on December 12, 2007

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf legt Naturschutzverabschiedungsminister von Boetticher endgültig die Axt an die Wurzel unseres Landeswaldes.

(Lachen bei CDU und FDP)

Die Pläne der Landesregierung richten den Landesforst einseitig auf Gewinnmaximierung aus. Zudem werden die Türen für einen Ausverkauf des Landeswaldes an private Grundeigentümer weiter geöffnet. Naturschutz wird, wenn überhaupt, nur noch nach Kassenlage betrieben.

Wir Grünen haben grundsätzlich andere Vorstellungen von der Zukunft des Landeswaldes. Was wir brauchen, ist eine Stiftung Landeswald, die in einem zweiten Schritt, später, mit der Stiftung Naturschutz zusammengeführt werden könnte.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Der Wald war und ist eine Langfristinvestition. Wir müssen ihn endgültig den Begehrlichkeiten des Finanzministers entziehen. Er soll rentierlich, aber nach Gemeinwohlgrundsätzen bewirtschaftet werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Zurufe von CDU und FDP)

Umweltabbauminister von Boetticher reagiert vor diesen Grundsätzen wie die Axt im Walde. Der Staat tritt als Wirtschaftsbetrieb auf, der nur nach kaufmännischen Grundsätzen wirtschaften soll und sich damit in unmittelbarer Konkurrenz zu privaten Holzproduzenten im Land befindet. Dies widerspricht dem verfassungsrechtlichen Grundsatz, dass der öffentliche Wald eine besondere Gemeinwohlfunktion wahrzunehmen hat.

Auch der Flächenverkauf wird zukünftig vereinfacht. Der zu bildende Verwaltungsrat der Anstalt, in dem auch ein Vertreter des Finanzministeriums und ein Verkehr der freien Wirtschaft sitzen sollen, entscheidet über den Verkauf von Waldflächen. Wohlgemerkt: In diesem Ausschuss sollen keine Vertreter der Opposition und keine Vertreter aus den Umweltverbänden sitzen.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU - Jürgen Feddersen [CDU]: Sehr gut!)

- Diese Bemerkung scheint der Opposition sogar einen Applaus wert zu sein. So wichtig ist Ihnen anscheinend das Heraushalten von Naturschutzverbänden aus dem Stiftungsrat.

Die Grenze für die Beteiligung des Finanzausschusses wird folgerichtig heraufgesetzt. 30 ha hier, 80 ha dort. Waldverkauf wird noch intransparenter als bisher.

Darüber hinaus können mit Zustimmung des Ministeriums selbst nach EU-Vogelschutz- und FFHRichtlinie geschützte Flächen veräußert werden. Naturschutzwürdige Flächen, also andere gesetzlich geschützte Biotope innerhalb des Waldes wie zum Beispiel Bruchwälder und Moore, sind überhaupt nicht in besonderer Weise vor einem Verkauf gesichert.

§ 6 des Waldgesetzes wird gestrichen. Der Landeswald verliert seine herausgehobene Stellung gegenüber dem Privatwald,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Schon etwas vom Landesnaturschutzgesetz gehört?)

(Detlef Matthiessen)

indem die bisherige besondere Verpflichtung auf Gemeinwohlleistung vor allem bezüglich des Umwelt- und Naturschutzes ersatzlos gestrichen wird.

Bislang sieht das Landeswaldgesetz in § 6 Abs. 2 Ziele und Grundsätze einer naturnahen Waldbewirtschaftung vor, die ein auf Gewinnmaximierung ausgerichteter Betrieb so nicht erfüllen kann.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Mit dem weitgehenden Verzicht auf chemische Pflanzenschutzmittel, einem Vorrang heimischer Baumarten, der Anpassung der Wilddichte sowie der Erhöhung des Altholz- und des Totholzbestandes, im stehenden und liegenden Gut etwa, leistete der Landeswald bisher einen wertvollen Beitrag zum Natur- und Artenschutz in Schleswig-Holstein. Eine Zielvereinbarung ersetzt dies nicht, meine Damen und Herren. Wirtschaftsziele des Gemeinwohls sind damit nach Ihrem Willen als Mehrheitsfraktion zweit- und drittrangig geworden.

Die künftige Gewinnorientierung wird zu einem intensiven Nutzungsdruck führen. Konflikte mit dem EU-Artenschutzrecht sind vorprogrammiert. Der geschützte Schwarzspecht oder die in Schleswig-Holstein neu vorkommenden Fledermausarten brauchen alte Bäume, in denen sie gut Höhlen finden. Diese wird es in einem reinen Wirtschaftswald nicht mehr oder deutlich weniger geben.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Das Bundesverfassungsgericht schreibt vor, dass ich zitiere, Frau Präsidentin - die Forstpolitik weniger auf Marktpolitik ausgerichtet sei. Sie diene vor allem der Erhaltung des Waldes als ökologischem Ausgleichsraum für Klima, Luft und Wasser, für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für die Erholung der Bevölkerung. Im Gegensatz zu diesem vom Bundesverfassungsgericht formulierten Grundsatz der öffentlichen Waldbewirtschaftung soll die Anstalt laut Gesetzentwurf Gemeinwohlleistungen nur noch im Rahmen der Zuwendungen des Landes nach Maßgabe des Landeshaushalts, vorrangig aber mit eigenerwirtschafteten Überschüssen erbringen.

Naturschutz ist damit in diesem Gesetz nicht mehr ein Wert an sich, sondern wird nur noch nach Kassenlage betrieben. Wir lehnen daher diesen Gesetzentwurf ab. Die Richtung des Gesetzes stimmt nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Damen und Herren, aus diesem Grund werden wir auch dem FDP-Antrag nicht zustimmen und enthalten uns diesbezüglich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW - Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Das Wort für den SSW im Landtag erhält Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuallererst möchte auch ich deutlich machen, dass die Art und Weise, wie das Gesetz am Ende noch durchgepeitscht wurde, nicht in Ordnung ist. Zwar habe ich großes Verständnis dafür, dass man in einer Großen Koalition manchmal Abstimmungsprobleme hat. Aber es ist trotzdem nicht in Ordnung, dass wir in der letzten Ausschusssitzung Tischvorlagen bekommen haben und die Opposition so nicht in der Lage war, in der betreffenden Sitzung Sachverstand von außen zu Rate zu ziehen oder auch nur einigermaßen eingehend die Unterlagen lesen konnte.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Wir sollten hier wieder zu einer Vorgehensweise finden, die es allen Beteiligten ermöglicht - auch den Anzuhörenden -, dem jeweiligen politischen Auftrag nachkommen zu können. So viel Demokratie sollten wir uns schon leisten, ansonsten dürfen wir uns über Politikverdrossenheit und Kritik an unserer Arbeit nicht wundern.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Wir haben schon in der ersten Lesung zum Gesetzentwurf unsere Bedenken deutlich gemacht. Wir sind immer noch der Meinung, dass wir für eine Umstrukturierung der Forstverwaltung und eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit der Landeswälder nicht unbedingt eine neue Rechtsform benötigen. Vielmehr benötigen wir neue Steuerungselemente und wir müssen auch immer wieder deutlich machen, welches Ziel wir mit den Landeswäldern verfolgen.

Für uns ist es die Aufgabe des Landes, in seinen Wäldern die naturnahe Entwicklung zu fördern. Hierfür muss dann auch ausreichend Geld zur Verfügung gestellt werden. Danach sieht es aber nach

(Detlef Matthiessen)

unserer Auffassung nicht aus. Damit meine ich nicht nur die nächsten Haushaltsjahre, sondern wir sehen ganz deutlich, dass hier eine Entwicklung in Gang gesetzt wird, die die Landeswälder unter wirtschaftlichen Druck setzen wird. Zwar hat man für den Gesetzeszweck nun eine Formulierung gefunden, die sich etwas mehr auf ökologische Ziele ausrichtet, aber das Damoklesschwert Wirtschaftlichkeit schwebt immer noch über den Landeswäldern. Im Gesetzeszweck wird ganz klar gesagt, dass der Grund für die Übertragung der Wälder - so zitiere ich das auch - in eine Anstalt des öffentlichen Rechts die Verbesserung der Wirtschaftlichkeit ist. Nichts anderes ist der Grund hierfür. Es ist nicht die Verbesserung der ökologischen Vielfalt und es ist auch nicht der Klimaschutz und es ist erst recht nicht die naturnahe Waldbewirtschaftung.

Das heißt, solcherlei Ziele, wie ich sie eben genannt habe, sind allenfalls Nebenziele, die aber immer vor dem Hauptziel der Wirtschaftlichkeit gesehen werden sollen. Damit passiert genau das, was auch der Landesnaturschutzverband befürchtet: nämlich, dass nachhaltige Bewirtschaftung, Naturschutz, Biotopschutz, Artenvielfalt, Schutz vor Klimawandel, Erholung, Umweltbildung, Waldpädagogik und andere Gemeinwohlaufgaben nicht mehr den Stellenwert haben, den sie bisher im Landeswald hatten. Am Ende steht alles immer wieder unter dem Haushaltsvorbehalt.

Dass diese Befürchtung nicht von der Hand zu weisen ist, zeigt auch die Zusammensetzung des Verwaltungsrates. Zwar werden nun auch zwei Abgeordnete des Landtages im Verwaltungsrat vertreten sein, aber die Umweltverbände haben immer noch keinen Sitz und auch die Personalvertretung ist nur mit einem Mitglied vertreten. Der BDF hatte seinerzeit vorgeschlagen, sowohl für die Beamten als auch für die Angestellten jeweils einen Vertreter in den Verwaltungsrat zu entsenden. Dies hatte nicht nur fachliche Gründe, sondern hätte auch mit sichergestellt, dass die wirtschaftliche Seite nicht überbetont wird. Dass aber die Umweltverbände keinen Sitz im Verwaltungsrat bekommen haben, kann man nur so deuten, dass man mögliche interne Kritiker von vornherein außen vor halten will. Die fachlich fähigen, aber eben auch in der Sache unbequemen Naturschutzverbände sollen nur von außen zusehen können, wie die größte Naturschutzmaßnahme Schleswig-Holsteins - der Landeswald - völlig umgestaltet wird.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Hier sollen schon vorweg unumstößliche Grundlagen geschaffen werden, die dann nicht mehr rückgängig gemacht werden können. Die Naturschützer sollen hier nach Möglichkeit nicht mitreden. Das ist eine völlige Abkehr von der bisherigen Naturschutzpolitik, die ja wirklich ein Aushängeschild unseres Landes war.

Aber nichts ist so schlimm, als das es nicht noch schlimmer kommen könnte, sagt ein altes Sprichwort. Das trifft auch auf die Landeswälder zu. Zwar wird im Gesetz jetzt festgelegt, dass die Mitarbeiter in Zukunft ein Rückkehrrecht haben werden, falls die Anstalt bis 2012 aufgelöst oder verkauft wird. Das ist natürlich ein Fortschritt gegenüber der bisher angedachten Lösung. Aber 2012 ist natürlich auch nicht mehr weit weg und daher ist dieses eben auch nur eine halbherzige Lösung. Immerhin ist dies ein kleines Stück Sicherheit für die Mitarbeiter und da bedanke ich mich bei allen Beteiligten.

Was dem geneigten Leser des Gesetzes aber mehr auf den Magen schlagen muss, ist, dass an einigen Stellen im Text immer noch die Hintertür für einen Verkauf des Landeswaldes offengehalten wird. Im § 4 ist deshalb von einer möglichen Auflösung der Anstalt oder auch von einer Umwandlung in eine andere Rechtsform ohne Mehrheitsbeteiligung des Landes die Rede. Das bedeutet, dass es immer wieder Diskussionen über den ganzen oder teilweisen Verkauf des Landeswaldes geben wird. Wir hätten es aber lieber gesehen, wenn man den Verkauf der Landesforsten in diesem Gesetz kategorisch ausgeschlossen hätte und so deutlich gemacht hätte, dass der Landeswald ein Teil der Daseinsfürsorge für die Menschen in unserem Land ist.

(Beifall beim SSW)

So hat es auch die Firma Gollnest & Kiesel vorgeschlagen, die sich in der Vergangenheit sehr stark im Landeswald engagiert hat. Wäre ein Verkauf und eine Privatisierung explizit ausgeschlossen worden, so hätte man vor einem völlig anderen Hintergrund den Übergang in eine Anstalt des öffentlichen Rechts diskutieren können. So aber müssen wir davon ausgehen, dass dies nur eine Vorstufe zum Verkauf oder zur Privatisierung ist. Das werden wir als SSW nicht unterstützen.

(Beifall beim SSW)

Wo wir schon über den Verkauf reden, muss man auch über den möglichen Verkauf von einzelnen Flächen reden. Der NABU hat in der Anhörung zum Gesetz deutlich gemacht, dass mit der Formulierung im § 3 keine Sicherheit gegen Verkäufe von ökologisch besonders hochwertigen Flächen gege

(Lars Harms)

ben ist. Dabei stellt der NABU dann fest, dass Streu- und Splitterbesitz eben gerade nicht ausschließlich an forstwirtschaftlichen Kriterien gemessen werden kann, sondern die naturschutzfachliche Bewertung ein besonderes Gewicht haben muss.

(Zuruf der Abgeordneten Sandra Redmann [SPD])

Hier hätten wir uns gewünscht, dass diese Kriterien auch im Gesetz genannt worden wären, um nicht gerechtfertigte Verkäufe von vornherein auszuschließen. Das ist nicht geschehen und deshalb muss man bei der jetzigen Zusammensetzung des Verwaltungsrates damit rechnen, dass ökologische Aspekte nicht mehr das Gewicht haben, das sie eigentlich haben sollten.