Protocol of the Session on December 12, 2007

(Beifall bei der SPD und des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ich danke der Frau Abgeordneten Sandra Redmann und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die FDP lehnt den Gesetzentwurf der Landesregierung über die Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten und zur Änderung anderer Vorschriften ab, auch in der von der schwarz-roten Koalition geänderten Fassung. Die Große Koalition mag sich zufrieden die Hände schütteln, dass es ihr jedenfalls formal so gut gelungen ist, eine Anstalt ins Leben zu rufen, gegen die auf den ersten Blick keiner etwas hatte oder haben kann. Andere schlagen die Hände über dem Kopf zusammen.

Dabei waren alle ganz begeistert, als die Landesregierung - wenn auch erst auf heftigen Protest, auch aus den eigenen Fraktionsreihen - ihre ursprüngliche Absicht wieder aufgegeben hat, den gesamten Landeswald zu verkaufen.

Bis heute besteht sogar ganz überwiegend Übereinstimmung, dass auch die Landesforsten im Rahmen der Sanierung des Landeshaushalts deutlich wirtschaftlicher arbeiten müssen und die Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts dafür eine gute Lösung sein kann. Auch wir halten das für eine sinnvolle Möglichkeit. Selbst die Notwendigkeit, dafür Stellen abzubauen, war und ist unbestritten.

Nur das, was die Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen aus diesen Vorgaben gemacht haben, verkehrt viele gute Absichten und Ansätze ins Gegenteil.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Denn der Gesetzentwurf verfolgt im Wesentlichen eine vornehmlich betriebswirtschaftliche Zielsetzung bei der Bewirtschaftung des landeseigenen Waldes, reduziert die vielfältigen gemeinnützigen Aufgaben und insbesondere die Waldpädagogik unverhältnismäßig und zerschlägt bewährte und erforderliche Strukturen voreilig.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

(Sandra Redmann)

Meine Damen und Herren, als wir uns im September dieses Jahres - also vor gerade einmal drei Monaten - in erster Lesung mit diesem Gesetzentwurf beschäftigt haben, war ich noch ganz optimistisch, dass wir und insbesondere die regierungstragende Fraktionen beratungsoffen in dieses Gesetzgebungsverfahren gehen würden. Schließlich hatte erst Umwelt- und Agrarminister Christian von Boetticher gerade seine Hochglanzbroschüre zum nachhaltigen Wirtschaften in Schleswig-Holsteins Wäldern herausgegeben mit dem sinnigen Titel:„Wie man in den Wald ruft". Was liegt da näher, als darauf zu warten, wie es herausschallt?

Doch leider Fehlanzeige! Dass sich die eine oder der andere angesichts des Echos die Ohren zuhält, hätte ich ja noch verstehen können, dass aber erst gar kein Echo zugelassen wurde, halte ich für ein bedenkliches Manko dieses Gesetzgebungsverfahrens und dem Thema und der Bedeutung des Landeswaldes für keinesfalls angemessen.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Nur mit Mühe ist es überhaupt zu einem parlamentarischen Anhörungsverfahren zum Gesetzentwurf gekommen. Die damit in Verbindung stehenden Zielvereinbarungen wurden erst so spät vorgelegt, dass schon deshalb eine intensive fachliche Auseinandersetzung nicht möglich war. Alle Anzuhörenden haben das ausdrücklich bedauert.

Warum also diese Hektik? - Angesichts der grundsätzlichen Umorganisation der Strukturen wäre eine gründliche Beratung doch allemal gerechtfertigt gewesen.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Zumal das forstbetriebliche Bewirtschaftungsjahr bekanntermaßen regelmäßig erst am 1. Oktober beginnt, die Anstalt also auch zu diesem Termin hätte gegründet werden können und wir dadurch mehr Zeit gewonnen hätten.

War ein Echo vielleicht gar nicht erwünscht, jedenfalls kein so lautes und kein so kritisches? - Ersteres jedenfalls ist gelungen. Laut ist es um die Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten in den letzten Wochen kaum noch geworden. Geblieben ist aber die Kritik.

Die fängt bereits in § 1 des Gesetzentwurfs - auch noch in der Fassung der Beschlussempfehlung - an. Als Gesetzeszweck wird nunmehr zwar ausdrücklich benannt, dass der Staats- und Körperschaftswald dem Allgemeinwohl in besonderem Maße

dient - das ist gut so und findet auch meine ausdrückliche Anerkennung -, gleichwohl bleibt es aber gemäß Artikel 2 bei den Änderungen im Waldgesetz, was eine Verkürzung der ursprünglichen Zielsetzungen zur Folge hat, zumindest in der Wahrnehmung. Und es bleibt bei den ursprünglichen personalstrukturellen Änderungen. Nach wir vor ist auch nicht vorgesehen, dass ein Vertreter natur- und umweltpolitischer Belange, sprich ein Vertreter des Landesnaturschutzverbandes, mit im Verwaltungsrat sitzt. Die Befürchtung, dass die vielfältigen gemeinnützigen Aufgaben, die dem öffentlichen Wald zukommen, daher nicht mehr ausreichend berücksichtigt werden, bleibt deshalb bestehen.

Denn gerade die konkreten Hinweise werden ja gestrichen, dass im Landeswald neben der nachhaltigen Bewirtschaftung beispielsweise die Aufgaben des Naturschutzes gleichberechtigt stehen oder der Erhalt der Artenvielfalt, der Biotopschutz und so weiter. Der Gesichtspunkt der Waldpädagogik taucht auch nicht mehr auf, obwohl er als Teil der Umweltbildung zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Selbst wenn diese Aufgaben alle vermeintlich in die neue Formulierung einbezogen wären: Wer sollte alle diese Aufgaben wahrnehmen angesichts der strukturell stark veränderten und personell geschwächten Forstverwaltung, die der Gesetzentwurf - insbesondere in Verbindung mit den Zielvereinbarungen - nach wie vor vorsieht? Bis heute hat die Landesforstverwaltung gerade in den letzten Jahren deutliche Personaleinsparungen hinnehmen müssen. Das ist in Ordnung, soweit es sich dabei um den auch in anderen öffentlichen Verwaltungen üblichen Stellenabbau handelt. Nunmehr ist aber eine Stellenminderung abzusehen, die deutlich über die übliche Größenordnung von 1,5 % pro Jahr hinausgeht und damit die bestehenden Strukturen zerschlägt. Was fast noch schlimmer wiegt - die Stellenreduzierungen sollen vorgenommen werden, ohne dass es vorher eine Aufgabenkritik gegeben hätte, welche Waldbauziele denn künftig überhaupt verfolgt werden sollen. Genau das wäre aber nötig gewesen, bevor sinnvoll ein neues Konstrukt hätte aufgebaut werden können.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Bislang haben die Förster und Waldarbeiter mit ihrer Kompetenz, ihrem hohen Engagement und der Präsenz vor Ort über ihre forstwirtschaftliche Arbeit hinaus wesentlich zur Erfüllung der Gemeinwohlaufgaben beigetragen. Sie waren Ansprechpartner für die Bürgerinnen und Bürger bei allen

(Günther Hildebrand)

Fragen der Waldnutzung und des Walderlebens, für Schulklassen, Kita-Gruppen et cetera.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ganz ohne Zielvereinbarungen!)

Es ist kaum anzunehmen, dass den verbleibenden 130 bis 150 Mitarbeitern Zeit bleiben wird, diese Gemeinwohlleistungen ungeschmälert im bisherigen Umfang zu erbringen, insbesondere wenn sie künftig so intensiv mit der eigentlichen „Bewirtschaftung“ beschäftigt sein müssen.

In der Anhörung ist das sehr deutlich geworden. Erstens. Die Aufgaben nach der Zielvereinbarung werden mit dem zugrunde gelegten Personal nicht vollständig zu leisten sein. Zweitens. Auf den neu geschaffenen Flächengrößen wird ein hochwertiger Dauerwald ökonomisch und ökologisch nicht erhalten werden können. - Das sind nur zwei Stellungnahmen, unter anderem von Herrn Mylius, immerhin CDU-Umweltausschussvorsitzender im Kreis Ostholstein,

(Herlich Marie Todsen-Reese [CDU]: Guter Mann!)

nachzulesen im Ausschussprotokoll vom 7. November 2007.

Da mag es formal trösten, dass mit der Gründung der Anstalt Schleswig-Holsteinische Landesforsten auch der Erlebniswald Trappenkamp mit überführt wird. Aufwiegen kann das indessen die waldpädagogische Arbeit der verschiedenen Förster vor Ort nicht annähernd.

(Beifall bei der FDP und des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Die FDP-Fraktion hält deshalb an ihrem Änderungsantrag in diesen Punkten fest.

Das vorgesehene Streichen der Forstamtsebene bedeutet eine Zentralisierung, die der zersplitterten Waldstruktur in Schleswig-Holstein nicht gerecht wird. Statt ortsnah und praxisgerecht ihre Aufgaben im Wald zu erfüllen, werden die Forstleute viel Zeit damit verbringen müssen, im Auto herumzufahren. Warum, so frage ich mich, muss überhaupt im Gesetz geregelt sein, wie viele Forstämter es geben muss? Zweckmäßiger wäre es meines Erachtens, der Anstalt mehr Entscheidungskompetenzen zu überlassen.

(Beifall der Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Lars Harms [SSW])

Ebenfalls nicht akzeptabel ist für die FDP nach wie vor die Angabe des Stammkapitals mit 100 Millionen € als Wert des übertragenen Vermögens. Noch im Herbst 2006 hatte die Landesregierung angesichts des geplanten Verkaufs des Landeswaldes Einnahmen von 300 Millionen € bis 500 Millionen € erwartet. In der zu fertigenden Eröffnungsbilanz müssen sich Aktiva und Passiva die Waage halten. Eine plausible Erklärung, wie die Differenz ausgeglichen und wie die Passivseite ausgestaltet werden soll, ist die Landesregierung bis heute schuldig geblieben.

Demgegenüber erachten wir das jährliche Haftungsrisiko gemäß § 13 von bis zu 100.000 € für die Anstalt als zu hoch. Wenn man überlegt, dass die niedersächsischen Landesforsten eine siebenmal so große Anstalt darstellen und diese ein gleich großes jährliches Risiko von 100.000 € tragen, liegt auf der Hand, dass das Risiko der schleswig-holsteinischen Anstalt deutlich geringer ausfallen muss.

Meine Damen und Herren, dass der modifizierte Gesetzentwurf darüber hinaus sowohl Rückkehrrechte für die Beamten und Arbeitnehmer als auch eine stärkere Einbindung des Parlaments über den Verwaltungsrat sowie bei Vermögensübertragungen und im Rechnungswesen vorsieht, habe ich mit Blick auf unseren ersten Änderungsantrag, Umdruck 16/2635, erfreut zur Kenntnis genommen. In diesem Sinne darf ich Sie auch sehr herzlich um Zustimmung zu unserem weitergehenden Änderungsantrag bitten. Dabei bitte ich darum, dass über Nummer 5 unseres Änderungsantrages, die die Zusammensetzung des Verwaltungsrats betrifft, getrennt abgestimmt wird.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Günther Hildebrand und erteile für die Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Bevor ich zum Thema Landeswald komme, gestatten Sie mir noch eine Vorbemerkung.

In der letzten Sitzung des Umwelt- und Agrarausschusses - dies ist auch von Herrn Hamerich angesprochen worden -, in der der Gesetzentwurf der

(Günther Hildebrand)

Landesregierung zur Beratung anstand, präsentierten die Vertreter der Großen Koalition umfängliche Änderungen zum Gesetz als Tischvorlage. Ich frage mich: Wie sollten sich die Vertreter der Opposition noch ein Bild davon machen? Warum diese Hast? Die Entschuldigung können wir zur Kenntnis nehmen. Wir könnten sie natürlich gelassener zur Kenntnis nehmen, wenn wir nicht beobachten müssten, dass dies keineswegs ein Ausnahmeverhalten ist, sondern dass dies immer mehr zur Regel zu werden scheint.

Warum wurde unserem Antrag auf Vertagung nicht entsprochen? Die Große Koalition, die sonst keine Gelegenheit zum internen Streit auslässt, war sich diesmal sehr einig. Die Opposition soll aus der Beratung der Gesetze faktisch ausgeschlossen werden. Das ist ein zutiefst undemokratisches Verhalten.

Aber noch nicht genug. Eine Abkehr vom Grundsatz der Einbeziehung der Opposition in politische Mitgestaltung zeigt sich auch in der beabsichtigten Zusammensetzung des Verwaltungsrats der Landesforsten. Nur zwei Abgeordnete sollen ihm angehören. Das sind dann zwei Großkoalitionäre. Bisher sind vergleichbare Gremien mit Abgeordneten aller Fraktionen besetzt.

Meine Damen und Herren Großkoalitionäre, damit haben Sie der Demokratie in unserem Land keinen Dienst erwiesen!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Was ein Vertreter der Wirtschaft in diesem Gremium soll, während Vertreter des Naturschutzes vor der Tür bleiben, ist eine weitere Frage ohne vernünftige Antwort.

Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf legt Naturschutzverabschiedungsminister von Boetticher endgültig die Axt an die Wurzel unseres Landeswaldes.