Protocol of the Session on November 21, 2007

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Verbraucherschutz auch im Non-Food-Bereich erhält durch die nicht enden wollenden Rückrufaktionen von Spielzeugherstellern in den vergangenen Monaten aktuelle Brisanz und wirft ein düsteres Licht auf die Spielzeugbranche und das Risikomanagement auch der Bundesre

gierung. Rund 80 % des Spielzeugs auf deutschen Märkten wird in China produziert. Anfang August nahm Mattel rund 1,5 Millionen Spielzeuge wegen Sicherheitsmängeln vom Markt. In einer zweiten Rückrufwelle wurden noch einmal über 18 Millionen Spielzeuge wegen möglicher Gesundheitsgefahren zurückgerufen. Die Waren sind teilweise seit Jahren verkauft worden und viele Kinder spielen noch damit.

Es geht hier keineswegs um Lappalien. Die bisher gefundenen Spielzeuge sind aus verschiedenen Gründen sehr gefährlich. Die betroffenen Figuren und Spielsets enthielten kleine, aber starke Magneten, die von Kleinkindern verschluckt werden können, so der Hersteller. In drei Fällen sollen Kinder in den USA deswegen bereits operiert worden sein. Bleihaltige Farben, Weichmacher und viele giftige Stoffe, die bei uns längst verboten sind, führen zu chronischen Belastungen. Spielzeugtelefone, die bei Kindern Gehörschäden hervorrufen können, und unsichere Schwimmhilfen, die vor dem Ertrinken nicht schützen, sind weitere erschreckende Beispiele für die sich häufende Nachlässigkeit auf dem Spielzeugmarkt.

Aber auch andere Produkte wurden auffällig: leicht entflammbare Babykleidung, melaninbelastetes Tierfutter, Zahnpasta mit Glykol und problematische Farbstoffe in Fruchtsäften aus chinesischer Produktion. Dies alles verlangt nach umfangreichen Sonderprüfungen durch Marktüberwachung, Zoll und Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die Licht in das Dunkel bringen sollen.

Vor dem Angebot im Regal im Kaufhaus müssen allerdings die Prüfung und Zulassung stehen, zum Beispiel durch die Erlangung eines CE-Zeichens bei elektrischen Geräten und so weiter. Wir haben ja die Sicherungssysteme für unsere Produkte und sollten sie auch bei Importprodukten tatsächlich anwenden.

Die Zahlen der im europäischen Schnellwarnsystem RAPEX beanstandeten Produkte sind seit Langem alarmierend. Bund und Länder müssen endlich aktiv werden und sofort mehr Anstrengungen unternehmen, damit keine gefährlichen Produkte mehr auf den Markt kommen. Sie dürfen sich nicht länger auf freiwillige Rückrufaktionen der Hersteller verlassen.

Das Bundesministerium für Verbraucherschutz hat es bislang versäumt, unabhängige Informationen mit Hersteller- und Produktnamen zur Klärung der Situation auf seine Internetseite einzustellen. Verunsicherte Verbraucherinnen und Verbraucher wer

(Günther Hildebrand)

den insofern bisher völlig alleingelassen. Die mangelhafte Amtsführung von Minister Seehofer trägt zu einem Vertrauensverlust für die Spielzeugbranche bei. Die englischsprachige Internetseite mit überaus kleinen Produktfotos ohne wirklich erschöpfende Produktinformationen ist nicht das, was wir uns als Verbraucher unter Aufklärung vorstellen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gehört zu den staatlichen Verbraucherschutzaufgaben, für eine ausreichende Produktsicherheit und Produktinformation zu sorgen.

Auch wenn Unternehmen und Behörden offenbar Hand in Hand arbeiten, gilt: Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Frau Ministerin, Sie haben ausgeführt, die Verbraucher sollten doch darauf gucken, aus welchen Ländern die jeweiligen Produkte kommen. Das hat mich etwas erschüttert. Sie als Verbraucherministerin delegieren damit an den Verbraucher eine Aufgabe. Billigprodukte werden hauptsächlich von Leuten nachgefragt, die im Zweifel nicht in der Lage sind, sich zu informieren, eine Herstellerangabe zuzuordnen und sie mit einer Gefahr in Verbindung zu bringen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sich darauf verlassen können, dass gefährliche Produkte nicht ins Regal gelangen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Frau Ministerin, das ist eine klassische öffentliche Aufgabe. Die Verantwortung, die Sie in dieser Hinsicht haben, dürfen Sie auch nicht andeutungsweise auf die Verbraucherinnen und Verbraucher verschieben.

Ich komme zum Schluss. Ich glaube, es ist noch sehr viel zu tun. Das gilt insbesondere im Hinblick auf vorsorgende Qualitätssicherung für ausländische Produkte. Wir Grünen sagen immer: In internationalen Abkommen müssen Sozialstandards und Ökostandards definiert werden. Mir scheint, das ist aktueller denn je.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für den SSW dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Verbraucherschutz zählt zu den wich

tigsten Aufgaben der EU. Wir haben hohe Standards für Gesundheit und Sicherheit der Verbraucher. Um diese Sicherheit auch bestmöglich gewährleisten zu können, gibt es sektorale Rechtsvorschriften. Dort werden die Grenzwerte für Produkte festgeschrieben. Damit diese Grenzwerte auch eingehalten werden, bedarf es leider immer wieder der Kontrollen. Eines dieser Kontrollsysteme ist RAPEX. Über die Kontrollfunktion hinaus kommt RAPEX insbesondere die Aufgabe der Verbraucherinformation zu.

Aus dem Bericht der Landesregierung geht hervor, dass RAPEX ein europaweit einheitlich betriebenes Informationssystem ist, das die Aufgabe hat, für einen schnellen Informationsaustausch zwischen den zuständigen Behörden in allen Mitgliedstaaten zu sorgen. Hierbei geht es darum, dass vor gefährlichen Produkten gewarnt wird, damit diese entsprechend vom Markt genommen werden. Es gilt mit Ausnahme von Lebensmitteln und Medikamenten - für alle Konsumgüter. Der Bericht macht deutlich, dass im Jahr 2006 insgesamt 1.051 Meldungen gemacht wurden, die sich auf Spielwaren, Elektrogeräte, Kraftfahrzeuge, Beleuchtungsgeräte und Kosmetika bezogen. Auffallend und problematisch ist hierbei, dass nahezu die Hälfte der aufgelisteten Produkte aus China stammen und dass fast 20 % der Produkte aus einem unbekannten Herkunftsland kommen.

Dass immer mehr gefährliche Produkte aus Fernost kommen, ist angesichts des zunehmenden Imports aus Fernost nicht verwunderlich. Europa ist einer der größten Handelspartner der Volksrepublik China. Dort scheint man sich der Problematik jedoch langsam bewusst zu werden, denn erst im September wurde eine Roadmap for safer Toys zwischen China und der EU vereinbart, bei der es darum geht, die Qualitätskontrollen schon bei der Spielzeugproduktion zu verbessern. Seitdem schicken europäische Behörden und Unternehmen Experten nach Fernost, um in den Fabriken westliche Standards zu installieren und um bei Herstellern mehr Qualitätsbewusstsein zu wecken. Ich denke, dieser Ansatz ist gut und richtig. Es bleibt aber abzuwarten, wann sich diese Entwicklung auch in der Zahl der gefährlichen Produkte niederschlägt. Grundsätzlich sollte aber gelten, dass alles, was auf den Markt kommt, erst auf seine Produktsicherheit hin getestet werden muss.

Ein weitaus größeres Problem, auf das der Bericht aufmerksam macht, ist die Tatsache, dass der Informationsaustausch doch nicht so schnell verläuft, wie es gewünscht wird. Durch die aufwendi

(Detlef Matthiessen)

gen Verwaltungs- und Prüfverfahren verrinnt wichtige Zeit, sodass gesicherte Erkenntnisse über gefährliche Produkte häufig erst dann zur Verfügung stehen, wenn diese bereits verkauft und somit nicht mehr auffindbar sind. Auch Rückrufaktionen haben bisher keinen Erfolg gezeigt. Was einmal vom Markt ist, ist scheinbar nicht mehr auffindbar. Das kann uns alle nicht zufriedenstellen.

Das bisherige Konzept zu überarbeiten und mittels Bündelung der Fachkompetenz eine Herbeiführung von Synergieeffekten zu ermöglichen, scheint aus meiner Sicht auch ein guter Lösungsansatz zu sein. Ebenso sehen wir in der Bildung von Netzwerken von entsprechenden Institutionen eine Möglichkeit, den Informationsfluss zu verbessern, denn darum muss es gehen. Der Verbraucher muss sich beim Kauf von Produkten sicher sein, dass er nichts mit nach Hause nimmt, was seine Gesundheit oder Sicherheit beeinträchtigt. Inwieweit das neue Konzept greifen wird, wird sich allerdings noch herausstellen. Ich glaube aber nicht, dass es einfach wird. Wenn wir bedenken, wie viele Produkte gerade im Niedrigpreisbereich tagtäglich auf den Markt geworfen werden, dann wird es mit der Überwachung schwer werden. Natürlich sind Umstrukturierungen und Netzwerke durchaus Instrumente, die ihre Berechtigung haben und Verbesserungen herbeiführen können, aber letztendlich sind es Menschen, die die Produkte auf Qualität und Sicherheit prüfen müssen.

Dass es für den Verbraucher von behördlicher Seite aus keine hundertprozentige Sicherheit geben kann, ist klar. Auf der anderen Seite hat der Verbraucher auch die Pflicht, Produkte, die er erwirbt, zu hinterfragen. Wir wissen jedoch, dass dies nicht immer einfach ist, hängt es doch unter anderem auch vom Geldbeutel ab. Häufig fehlen hier entsprechende Qualitätsmerkmale auf den Produkten und auch Gütesiegel, die dem Verbraucher bei seiner Wahl helfen. Sich im Dschungel der Qualitäts- und Gütesiegel zurechtzufinden, ist nicht immer ganz einfach. Hier sollte es eine Vereinfachung geben. Das wäre eine europäische Aufgabe, denn nur dann, wenn der Kunde selbst durch seinen Kauf oder durch seinen Nichtkauf steuert, hat Qualität eine Chance. Voraussetzung ist und bleibt allerdings eine deutliche und verständliche Kennzeichnung. Wir sollten es auf europäischer Ebene hinkriegen, dass wir eine einheitliche Kennzeichnungspflicht haben, der sich auch die Hersteller ausländischer Produkte anschließen müssen. Ich glaube, dann schaffen wir die größte Sicherheit. Kontrolle ist gut, aber Vorarbeit ist noch besser.

(Beifall beim SSW - Unruhe)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. Bevor ich das Wort für einen Dreiminutenbeitrag erteile, bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, Dialoge nach draußen zu verlegen.

Vorher begrüßen Sie jedoch mit dem Präsidium auf der Besuchertribüne Mitglieder des CDU-Kreisverbandes Dithmarschen sehr herzlich!

(Beifall)

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordneten Manfred Ritzek zu einem Dreiminutenbeitrag das Wort.

Frau Präsidentin! Mein Damen und Herren! Der Antrag wird ja noch an den Ausschuss überwiesen. Ich bitte darum, folgende Thematik im Ausschuss noch intensiver zu behandeln: Von den Kollegen Matthiessen und Harms wurde die Kennzeichnung der Produkte mit Prüfsiegeln genannt. Im Bericht wird dies nicht erwähnt, was ich eigentlich schade fand. Wir kennen heute zwei Kennzeichen, nämlich das sogenannte CE-Kennzeichen und das GSKennzeichen. Das CE-Kennzeichen heißt „Communauté Européenne“. Es sagt etwas über die Einhaltung europäischer Richtlinien zur Produktsicherheit aus. Weiter kennen wir das GS-Zeichen, das geprüfte Sicherheit bedeutet. Beim CE-Zeichen gibt es eine Abstufung. Es gibt die Selbsteinschätzung eines Unternehmens über die Anwendung europäischer Maßstäbe bei der Produktion von Produkten. Das ist eine reine Selbsteinschätzung. Kein anderer prüft diese. Man kann dieses CE-Zeichen an dem Produkt anbringen und kein Mensch weiß, ob es sicher ist. Es gibt noch eine höherwertige CEKennzeichnung, bei der ein unabhängiger Sachverständiger oder eine unabhängige Drittstelle eingesetzt werden müssen. Auch diese überprüfen nur die europäischen Maßstäbe im Produktionsprozess. Das ist zum Beispiel bei Fahrstühlen, bei Sturzhelmen oder bei Bohrmaschinen der Fall. Hier kann man schon erwarten, dass das Produkt sicher ist. Man kann es erwarten, aber sicher ist es nicht.

Es gibt dann das sogenannte GS-Zeichen. Das ist die geprüfte Sicherheit. Bei Produkten mit dieser Kennzeichnung können Sie hundertprozentig davon ausgehen, dass dies ein sicheres Produkt ist, das man kaufen kann. Prüfer ist hier der TÜV oder der DEKRA. Solange der Kunde nicht weiß, was diese Zeichen bedeuten, kann er auch nicht kritisch prü

(Lars Harms)

fen, welches Produkt er in der Hand hat. Ich meine deshalb, es reicht nicht aus, Prüfungen von irgendwelchen Institutionen zu fordern. Wir müssen unsere Konsumenten auch auffordern, bei den Produkten kritisch zu sein.

Sie sagten vorhin, der Kunde solle gucken, woher das Produkt komme. Ich gucke sehr intensiv auf die Ramschware in den Läden, die in den Städten überall sind und Ein- oder Zwei-Euro-Produkte verkaufen. An diesen Produkten steht: Hergestellt für die Firma Hans Meier in Recklinghausen. Hier wird gar kein Ursprungsland genannt. Bei diesen Produkten empfehle ich allen Konsumenten, sehr kritisch zu sein. Daher lautet meine Bitte, dieses Thema noch einmal im Ausschuss zu behandeln.

(Beifall bei CDU und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, den Bericht der Landesregierung, Drucksache 16/1623, an den Sozialausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? Stimmenthaltungen? - Das ist so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 25 auf:

Transparenter und gerechter Zugang zu Organspenden

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/1696

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. In einem Absatz des Antrages wird ein mündlicher Bericht in dieser Tagung erbeten. Ich bitte deshalb zunächst um die Abstimmung über diesen Absatz. Wer aus diesem Hohen Haus heute den Bericht mündlich entgegennehmen möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Berichterstattung angenommen.

Für die Landesregierung erteile ich der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Schon wieder gibt es Schlagzeilen im Be

reich Organtransplantationen. Wieder sind es Negativmeldungen.

(Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bitte um etwas mehr Aufmerksamkeit.

Es wird vermutet, dass Privatpatienten in Deutschland bei der Vergabe von lebenswichtigen Organen bevorzugt werden. Dieser Vorwurf würde bedeuten, dass eindeutig gegen Regelungen des Transplantationsgesetzes, und zwar gegen die zur Organvermittlung, verstoßen wird.

Anlass für die Pressemitteilung war, dass der Bundestagsabgeordnete Wodarg der Frage nachgegangen ist, ob Privatpatienten bei der Organvergabe bevorzugt werden. Seine Aussagen basieren auf den Jahresberichten, die die Deutsche Stiftung Organtransplantation als Koordinierungsstelle nach § 11 des Transplantationsgesetzes zu veröffentlichen hat. Diese Jahresberichte stellen die Tätigkeit eines jeden Transplantationszentrums nach einheitlichen Vorgaben dar. Das Ergebnis seiner Analyse ist, dass Privatpatienten bevorzugt werden. Er hatte daraufhin einige schriftliche Fragen an das Bundesgesundheitsministerium gestellt.

Dieses hat dann unter anderem ausgeführt, dass mit dem Versichertenstatus „privat“ - hier zitiere ich jetzt aus der Antwort - von dem Transplantationszentren nicht nur PKV-Versicherte, sondern weitere Personen wie etwa Berufssoldaten, Beamte, Sozialhilfeempfänger oder auch solche Patienten gemeldet werden, die in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, aber eine private Zusatzversicherung abgeschlossen haben und deren Behandlung deshalb auch privat abgerechnet wird.

Mir als zuständiger Landesministerin reicht diese Erklärung allein nicht aus, um die Vorwürfe zu entkräften. Ich nehme die Vorwürfe im Hinblick auf die vielen schwerkranken Menschen, die dringend auf ein lebensrettendes Organ warten, sehr ernst. Aus diesem Grunde habe ich mich sofort nach Bekanntgabe der Vorwürfe erstens selbst mit dem Sachverhalt beschäftigt und zweitens auf dieser Basis Herrn Professor Raspe, einem über die Grenzen Schleswig-Holsteins hinaus bekannten und anerkannten Sozialmediziner, gebeten, in einer Studie der Frage nachzugehen, ob die vermutete soziale