Protocol of the Session on October 10, 2007

Übrigens, der Wert 0,2 scheint für die Landesregierung das Maß aller Dinge zu sein. Zusammen mit den Einsparungen von zweimal 0,2 Stellen durch das Erste Verwaltungsmodernisierungsgesetz wird damit immerhin mehr als eine halbe Stelle eingespart.

(Heiterkeit bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wenn wir so weitermachen und 0,2 Stellen pro Jahr abschaffen, dann schaffen wir es ganz gewiss noch in dieser Legislaturperiode, auf eine ganze Stelle zu kommen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Und die kriegt die Caroline Schwarz!)

Damit läge die Landesregierung dann genau im Zeitplan. Übrigens: Mit der Abschaffung des Bürokratieabbaustaatssekretärs aufgrund des bisher Erreichten hätten wir mit einem Schlag wesentlich mehr erreicht.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich nun Frau Abgeordneter Angelika Birk das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Hildebrand, das war ein sehr schöner und treffender Beitrag zu diesem Thema und ich muss sagen, dass es auch mich sehr verwundert hat, zu welch merkwürdigem Konstrukt wir hier in dieser Drucksache gekommen sind und warum wir uns zu diesem doch sehr wichtigen Zeitpunkt im Parlament über einen Abbau von 0,2 Stellen unterhalten. Es scheint offensichtlich doch so zu sein, dass die Landesregierung nicht mehr zu bieten hat. Es bedurfte dazu auch des Anstoßes durch den Bund. Denn von sich aus hätte die Landesregierung diesen Vorschlag - anders als andere Bundesländer - nicht gemacht.

Wir möchten noch einmal auf das positive Signal dieses Gesetzes hinsichtlich der Lebenspartnerschaften eingehen. Wir sind ohne Wenn und Aber auch zukünftig für das Jawort auf dem Standesamt. Hieran darf es keinen Zweifel geben. Selbst die Bundesregierung war bis vor Kurzem noch dazu bereit, ist aber aufgrund des Widerspruches einiger Bundesländer eingeknickt. Jetzt kann jedes Bundesland handeln, wie es will. Dies muss man leider als Wasser in den Wein schütten: Bayern lässt die Liebespaare nicht ins Standesamt, sondern schickt sie zum Notar. Und in Rheinland-Pfalz gibt es das Jawort irgendwo im Kreisamt - nicht selten Tür an Tür zur Kfz-Zulassungsstelle. Genau solchen Ländern erlaubt die Bundesregierung mit dem vorliegenden Gesetz auch weiterhin diese Ausnahmen.

Schleswig-Holstein hat in diesem Bereich wesentlich andere Pioniertaten geleistet. Wir haben bereits in den 90er-Jahren die ersten Schritte nach vorne gemacht und wir haben die bundespolitische Debatte angestoßen.

Umso befremdlicher ist für mich, Herr Stegner, dass in einer Drucksache der Landesregierung Lebenspartnerschaften und damit zusammenhängende Namensänderungen als Beiwerk auftauchen, in der es um die Aufhebung behördlicher Genehmigungszwänge gemeinnütziger Sammlungen geht.

Herr Hildebrand hat auf die Unterschiede zwischen Bürokratieabbau, Demokratiestärkung und Gleichstellung hingewiesen und diese Unterschiede kann man nicht klar genug unterstreichen. Denn nach wie vor ist es häufig auch in diesem Haus so, dass Bürokratieabbau, Standardsenkung und Demokratieaushöhlung miteinander verwechselt werden. Ich darf darauf verweisen, dass wir bis vor Kurzem die Debatte führten, dass eine Senkung der Standards der Kindertagesstätten mit einem Bürokratieabbau verbunden sei. In Wahrheit handelte es sich aber um eine Einladung zu Sparmaßnahmen auf kommunaler Ebene.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Also, hier müssen wir sehr klar unterscheiden, worüber wir sprechen.

Insofern begrüße ich es ausdrücklich, dass es sich hierbei um einen Bürokratieabbau im Ordnungsrecht handelt. So etwas kommt nur sehr selten vor. Denn das Ordnungsrecht tendiert eher dazu, sich quasi krakenmäßig nach Möglichkeit auszudehnen und Personal zu binden. Also, wir begrüßen es zwar, fragen uns aber, Herr Stegner, warum es nicht schon 2008 passieren soll. Was steht dem entgegen? - Ich hoffe nicht, dass es die großen gemeinnützigen Organisationen wie beispielsweise das Rote Kreuz sind, die den Kleinen nicht über den Weg trauen und deshalb die CDU beschwatzt haben, es noch ein Jahr später zu machen. Ich glaube, dass sich jede Sammlungsorganisation innerhalb weniger Monate umstellen kann.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Noch einmal zurück zum Thema Gleichstellung: Ich möchte daran erinnern, dass wir ein wichtige Chance auf Bundesebene vertan haben und dass auch im Bundesrat nicht die notwendige Mehrheit dafür vorhanden war, endlich eine tatsächliche Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu erreichen. Es geht nämlich nicht nur um das Jawort auf

(Günther Hildebrand)

dem Standesamt, sondern auch um die Gleichstellung im Hinblick auf das Steuer- und Schenkungsrecht, die Sozialversicherung, das Ausbildungs- und Berufsrecht und nicht zuletzt auch das Beamtenrecht.

(Beifall beim SSW)

Die Große Koalition im Bund macht hier eine Rolle rückwärts und behandelt zukünftig Lebenspartnerinnen erbrechtlich fast wieder als Fremde. Wir als Grüne hatten bereits Ende letzten Jahres einen umfassenden Gesetzentwurf auf Bundesebene eingebracht, der auch dem entsprach, was als Konsens Rot-Grün kurz vor der Wahl verabredet hatte. Bedauerlicherweise wurde die entsprechende Gesetzgebung damals der Diskontinuität anheim gegeben und nunmehr hat die grüne Gesetzesinitiative leider keine Mehrheit gefunden. Ich befürchte, dass wir leider noch viel kämpfen müssen, um zu einer echten Gleichstellung von Lesben und Schwulen zu kommen. Ich hoffe, dass wenigstens in SchleswigHolstein das ganze Haus dahintersteht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Für die Gruppe des SSW erteile ich Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch aus Sicht des SSW taugen die im Gesetz genannten Rechtsnormen nicht dazu, den Ruhm der Landesregierung in Bezug auf Entbürokratisierung entscheidend zu mehren.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Dafür sind die Normen einfach nicht weitreichend genug.

Dennoch möchte ich ein paar Anmerkungen zum Sammlungsgesetz machen. Denn ich denke, dass vielleicht problematisch sein könnte, dieses Gesetz in Gänze abzuschaffen. Ich lasse mich im Ausschuss aber gerne eines Besseren belehren.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich bezweifle, ob es tatsächlich so ist, dass die Bürger die Rechtmäßigkeit einer Straßenspendenaktion beurteilen können. Die Anzahl betrügerischer Spendenaktionen will ich keineswegs überbewerten, jedoch erscheint es mir äußerst bedenkenswert, die im Sammlungsgesetz vorgesehene Überwachung

nach Abschluss der Spendenaktion beizubehalten. Ob es nun Bargeld oder gebrauchte Kleidung ist: Der Bürger denkt nicht lange darüber nach, ob der angegebene Spendenzweck auch mit der tatsächlichen Spendenverwendung übereinstimmt. Er oder sie kann sich auf eine Überprüfung seitens des Staates verlassen; das muss aus unserer Sicht gewährleistet sein.

Noch bietet das Sammlungsgesetz die - ich zitiere „Gewähr für die ordnungsgemäße Durchführung der Sammlung und für die entsprechende einwandfreie Verwendung des Sammlungsertrages“. Damit soll allerdings ab dem 1. Januar 2009 Schluss sein. Ich bezweifle, dass sich die Schleswig-Holsteiner über diese Änderung informieren werden. Sie gehen meiner Meinung nach weiterhin davon aus, dass in Sachen Spenden alles überprüft wird.

Diesbezüglich empfiehlt es sich unserer Meinung nach, einen Blick in die Nachbarschaft zu werfen. Denn offensichtlich - das ist bereits gesagt worden hat sich die Landesregierung bei der Abschaffung des Sammlungsgesetzes von den Hamburgern inspirieren lassen. Dort werden allerdings bei Straßensammlungen noch Einzelerlaubnisse durch die Bezirksämter vorgesehen. Unser Nachbar Mecklenburg-Vorpommern hat seit 1996 ein Sammlungsgesetz und Niedersachsen hat - das ist mir jedenfalls gesagt worden - bei seiner großen Aktion zur Verwaltungsvereinfachung, bei der im November 2004 die Bezirksregierungen aufgelöst wurden, das Sammlungsgesetz ausdrücklich an die neuen Gegebenheiten angepasst.

Ich denke also, dass wir hier noch ein paar offene Fragen haben. Ich habe jedenfalls offene Fragen, die ich gern im Ausschuss geklärt haben möchte. Es wäre auch wünschenswert zu wissen, wie sich das in Niedersachsen konkret verhält.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Im Rahmen der eigentlich hingeschenkten, aber gleichwohl verbliebenen Redezeit erteile ich Herrn Abgeordneten Kalinka das Wort für drei Minuten und 20 Sekunden.

(Zurufe)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eines kann hier so nicht im Raum stehen bleiben, nämlich der Versuch, die Bemühungen der Landesregierung

(Angelika Birk)

ins Lächerliche zu ziehen und so zu tun, als würde nichts geschehen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Machen Sie es nicht noch peinlicher!)

- Warten Sie einmal ab! Sie mit Ihren zehn Oppositionsabgeordneten und drei Meinungen zu einem Thema sollten sich da erst einmal zurückhalten. Wir haben das eben mitgekriegt: Man fordert Entbürokratisierung, aber wird dies vorgeschlagen, wird sofort gesagt, dass man Bedenken dagegen hat. Das ist die wahre Situation.

(Vereinzelter Beifall bei CDU und FDP)

Das ist die wahre Situation bei jeder Debatte, die wir hier im Haus führen. Von Ihnen kommt nicht ein Vorschlag. Und wenn einer kommt, versuchen Sie mit ganz unterschiedlicher Diktion, es entweder lächerlich zu machen oder anders darzustellen.

Ich will Ihnen das einmal konkret sagen: 0,2 Stellen mögen im Lande nur reduziert werden. Das mag sein. Aber die tatsächliche Funktion liegt doch in den Kommunen, liegt doch in den Ämtern. Wenn Sie heute eine Sammlung für das Kindervogelschießen oder wofür auch immer machen, dann müssen Sie dieses genehmigen lassen, Sie müssen alle Listen vorlegen und alle Listen müssen überprüft werden. Es müssen auch alle Abrechnungen durchgegangen werden. Das ist ein ganz gewaltiger Aufwand, der dort betrieben werden muss. Hier so zu tun, als ob das Aussetzen dieser Geschichte nichts bewirken würde, ist schlichtweg falsch und praxisfremd.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das muss auch in diesem Haus einmal gesagt werden.

Die Regelungskomponente, die von den Kreisen ausgeht, ist die nächste auf der kommunalen Ebene, die entfällt. Sie können inhaltlich zu einem anderen Ergebnis kommen. Dann tragen Sie es vor und sagen, dass Sie gegen unseren Vorschlag stimmen. Wogegen ich mich aber aus Überzeugung wehre, ist, dass man in einer solchen Form jedes Bestreben einer Regierung versucht, ins Unbedeutsame oder Lächerliche zu ziehen. Das geht nicht.

Zweitens zur Frage des Zeitpunktes: Ich fand die Begründung, die von der Regierung vorgetragen wurde, nicht unschlüssig, die gesagt hat, sie macht das noch ein paar Monate, um das abzuwickeln. Wenn Sie zu einem anderen Ergebnis kommen, stellen Sie bitte einen Antrag im Ausschuss und wir stimmen darüber ab. Dann werden wir es noch einmal abwägen.

Aber Frau Spoorendonk hat eben schon gesagt, sie will dazu eine Anhörung machen. Wenn Sie eine Anhörung machen wollen, kriegen Sie das zum 1. Januar 2008 überhaupt nicht hin.

(Zuruf der Abgeordneten Anke Spoorendonk [SSW])

Das ist der nächste Punkt. Aber wie auch immer: Einigen Sie sich, bringen Sie Vorschläge ein! Wenn Sie zum Ergebnis kommen, es geht schneller, stellen Sie den Antrag zur Abstimmung und wir werden darüber beraten, wie wir das machen. Aber hören Sie auf damit, jeden Vorschlag dieser Regierung zu negieren!