Protocol of the Session on October 10, 2007

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jedes entbehrliche Gesetz, das wir außer Kraft setzen, ist ein Gewinn.

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Deshalb ist es vernünftig, das Sammlungsgesetz aufzuheben. Einer besonderen Aufsicht des Staates über das normale Spendensammeln bedarf es nicht. Die Bürger sind selbst in der Lage, ihre Rechte wahrzunehmen und zu entscheiden. Im Übrigen sind viele Spendensammler und Institutionen vor

Ort bekannt. Ich glaube, von daher ist dies eine wichtige und gute Entwicklung hin zur Entbürokratisierung, zur Verwaltungsentlastung. Dies wird durchaus mancherorts eine Entlastungswirkung bei den zuständigen Behörden haben.

Vielleicht wird von dem einen oder anderen gesagt, das Spendenaufkommen könnte dadurch geringer werden, weil es keine Legitimation mehr gibt. Der Kollege Niclas Herbst hat hierzu vom Landesjugendring einen Hinweis bekommen. Vielleicht sollten wir noch einmal darüber sprechen, ob wir durch ein Empfehlungsschreiben oder auf andere Art und Weise - aber dazu brauchen wir kein Gesetz - hier Abhilfe schaffen können. Darüber können wir im Ausschuss noch einmal sprechen.

Im Übrigen handelt es sich um eine Entwicklung, die in den Ländern Brandenburg, Berlin, Bremen, Hamburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt bereits in die Wege geleitet worden ist. Auch dort hat man das Gesetz aufgehoben. Hessen wird diesem Beispiel folgen. Auch überall dort hat man das Vertrauen in die eigene Urteilsfähigkeit der Bürgerinnen und Bürger.

Weniger Staat, wo dies möglich ist - ein Weg, den wir weiter mutig gehen sollten.

Es gibt Kritik, dass manches bei der Verwaltungsvereinfachung und Entbürokratisierung im Land nicht schnell genug umgesetzt wird. Es liegen viele Vorschläge auf dem Tisch, einiges ist auf den Weg gebracht, es könnte mehr sein. Wir sollten uns in der zweiten Halbzeit der Wahlperiode vornehmen, mehr zu konkreten Ergebnissen zu kommen.

Wir haben im Land Schleswig-Holstein rund 370 Gesetze und rund 1.100 Verordnungen, es gibt rund 2.100 Gesetze auf Bundesebene. Wir alle sind eingeladen - übrigens auch die Opposition, die ja auch sonst Gesetzentwürfe vorlegt -, hierzu konkrete parlamentarische Initiativen zu ergreifen. Alles Weitere hat der Herr Minister gesagt. Deshalb werde ich zeitsparend meine Rede beenden.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und SPD)

Das Plenum dankt Ihnen, das müssen Sie nicht selber tun. - Für die Fraktion der SPD erteile ich Herrn Abgeordneten Peter Eichstädt das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auf den ersten Blick haben diese drei Gesetze, über die wir hier reden, nicht viel gemeinsam. Die Gemeinsamkeit besteht eben darin, dass mit ihrer vor

(Minister Dr. Ralf Stegner)

gesehenen Streichung ein Beitrag zum Bürokratieabbau in Schleswig-Holstein geleistet werden soll. Dies war ein erklärtes Ziel der Großen Koalition und wird mit diesem Gesetz einmal mehr umgesetzt.

(Beifall bei der SPD)

Schleswig-Holstein hat seit 1970 ein Sammlungsgesetz. Damals hatte die Straßensammlung als Form der Spende und Unterstützung von sozialen Aktivitäten noch wesentlich größere Bedeutung als heute. Die in dem Gesetz geregelten Formen der Haus- und Straßensammlungen gibt es zwar noch, sie sind in der Zwischenzeit aber stark durch andere Sammlungen verdrängt worden, die über das Fernsehen, das Internet oder - auch nicht immer erfreulich - über Telefonmarketing laufen.

Nach dem Sammlungsgesetz muss für eine Hausund Straßensammlung eine Erlaubnis beantragt und sie muss überwacht werden. Der Veranstalter muss über das Sammlungsergebnis Rechenschaft und Beleg führen. All diese Auflagen entfallen zukünftig.

Der bisherige gesetzlich erforderliche Sammlungsplan, der durch das Land in Abstimmung mit den gemeinnützigen Organisationen erstellt werden musste, um sicherzustellen, dass landesweit nur eine Sammlung zur gleichen Zeit durchgeführt wird, wird ebenfalls entfallen. Die Frage, wann, wo und wie gesammelt werden soll, sollen die Organisationen untereinander auf freiwilliger Basis regeln.

Es gibt auch Bedenken gegen das Gesetz, vor allen Dingen von den großen etablierten Organisationen. Sie formulieren die Besorgnis, dass Betrügereien die Folge des Wegfalls der Genehmigungspflicht sein könnten. Die traditionellen Sammler befürchten zudem - vielleicht auch nicht ganz ohne Grund -, dass durch die Entbürokratisierung eine größere Zahl von Organisationen zu Sammlungen aufrufen wird und die einzelnen Tortenstücke dadurch kleiner werden könnten. Im Übrigen bleibt Spendenbetrug aber natürlich auch nach Abschaffung dieses Gesetzes Spendenbetrug und wird entsprechend geahndet.

Ich möchte noch auf einen anderen Aspekt eingehen, der bisher nicht angesprochen worden ist. Das ist nicht ganz einfach, man neigt bei so einfachen Sachverhalten dazu, doch das zu sagen, was bereits erwähnt worden ist. Ich denke, es ist richtig festzustellen, dass es gut ist, wenn der Staat nicht mehr darüber entscheidet, zu welchem Zweck Sammlungen möglich sind. In dieser Frage sollte er sich an strikte Neutralität halten. Diese wird durch den vorliegenden Gesetzesentwurf auch gefördert. Um kenntlich zu machen, dass es sich um eine seriöse

Sammlung handelt, sind die Spenden sammelnden Organisationen - wenn sie es denn wünschen - auch in der Lage, das anders zu regeln, beispielsweise über eine Zertifizierung über den Spendenrat.

Zur Aufhebung - damit komme ich zu den anderen beiden Gesetzen, die betroffen sind - des Lebenspartnerschaftsausführungsgesetzes und der Landesverordnung über die Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz gibt es eigentlich nicht viel zu sagen.

(Zuruf des Abgeordneten Lothar Hay [SPD])

Durch das am 1. Januar 2009 in Kraft tretende Personenstandsrechtsreformgesetz kann hier eine Rechtsbereinigung vorgenommen werden.

(Zurufe von der SPD)

Dies bedeutet, dass die personenstandsrechtlichen Vorschriften auch auf Lebenspartnerschaften anzuwenden sind. Das Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz ist daher entbehrlich, genauso wie die Landesverordnung über die zuständige Behörde zur Entgegennahme namensrechtlicher Erklärungen nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz. Dies alles der Kollege Hay hat es eben schon durch seinen Zwischenruf angedeutet - sind nur unglaubliche Formulierungen für einen eigentlich einfachen Vorgang.

(Beifall bei der SPD)

Inzwischen sind dies so selbstverständliche Regeln, dass die Aufregung, die noch vor wenigen Jahren auch hier im Landtag herrschte, als wir das Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz beschlossen, heute nicht mehr zu verstehen ist.

Insofern bedeutet ganz nebenbei die Abschaffung dieser beiden unaussprechlichen Gesetze, dass Schwule und Lesben, die eine Lebenspartnerschaft eingehen, sich auf die gleichen personenstandsrechtlichen Vorschriften berufen können wie heterosexuelle Partnerinnen und Partner, die heiraten wollen. Also: Wunderbar normal und dies ist einmal mehr gut so.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für die Fraktion der FDP erteile ich Herrn Abgeordneten Hildebrand das Wort.

(Peter Eichstädt)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Ziel dieses Gesetzentwurfes ist klar. Durch die Deregulierung des Sammlungswesens soll überflüssige Bürokratie abgebaut werden. In diesem konkreten Fall ist das ein richtiger Schritt. Gleichzeitig ergeben sich durch die Regelungen auf der Bundesebene weitreichende Änderungen im Personenstandswesen, sodass künftig spezielle Regelungen zum Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz ebenfalls überflüssig werden. Grund genug also, um in beiden Rechtsbereichen überflüssige Regelungen abzuschaffen.

Allerdings ist die Verknüpfung der beiden Rechtsbereiche aus meiner Sicht unglücklich.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Das Zusammenwürfeln vollständig verschiedener Regelungen unter der großen Klammer „Bürokratieabbau und Deregulierung“ wird den verschiedenen Anliegen nicht gerecht. Mit der Deregulierung des Sammlungswesens soll Bürokratie abgebaut werden. Mit der Abschaffung von Sonderregelungen beim Lebenspartnerschaftsausführungsgesetz und deren Rechtsverordnung über die zuständige Behörde zum Entgegennehmen namensrechtlicher Erklärungen geschieht weit mehr als nur eine bloße Deregulierung.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese ist nur ein angenehmer Nebeneffekt. Viel wichtiger ist, dass durch die Neuregelung des Personenstandswesens auf Bundesebene ein Schritt zu mehr Normalität erfolgt, denn das Rechtsinstitut der eingetragenen Lebenspartnerschaft ist künftig kein Sonderrecht mehr.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es ist vielmehr ein weiterer Schritt auf dem Weg dahin, dass gleichgeschlechtliche Partnerschaften mittlerweile in Deutschland sehr viel selbstverständlicher akzeptiert werden. Das ist ein wichtiges Zeichen, insbesondere dann, wenn wir uns die Diskussionen in Erinnerung rufen, die anlässlich der Einführung des Lebenspartnerschaftsgesetzes auf Bundesebene geführt worden sind. Schade, dass hier die Chance nicht genutzt worden ist, das noch mehr herauszustellen.

(Beifall der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es wäre jedenfalls ein wesentlich deutlicheres Signal gewesen, wenn diese Aufhebung in einem separaten Gesetzentwurf erfolgt wäre.

Es gibt aber auch einen noch gewichtigeren Grund, warum die Abschaffung beider Rechtskreise getrennt betrachtet werden sollte. Ab dem 1. Januar 2009 wird das Personenstandsrechtreformgesetz in Kraft treten. Erst dann können landesrechtliche Regelungen zum Lebenspartnerschaftsgesetz außer Kraft treten. Warum aber das Sammlungsgesetz ebenfalls erst im Jahre 2009 außer Kraft treten soll, ist unverständlich. Schließlich wird doch Bürokratieabbau gewollt.

Die haarsträubende Begründung lautet, dass damit den Trägern von Sammlungen ausreichend Zeit gegeben werde, sich auf den Wegfall der Erlaubnispflicht einzustellen. Glaubt die Landesregierung etwa, dass sich die Betroffenen mittlerweile so sehr auf diesen auch für sie bürokratischen Mehraufwand eingestellt haben, dass man es ihnen womöglich nicht zumuten kann, darauf so schnell zu verzichten?

(Beifall bei der FDP)

In sieben Bundländern - sie sind vorhin aufgezählt worden - ist das Sammlungsgesetz bereits aufgehoben worden. Ich frage mich daher, warum es nicht auch in Schleswig-Holstein schneller gehen sollte.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es wäre doch ein Leichtes, das Gesetz zum 1. Januar 2008 außer Kraft zu setzen. Ich frage mich also, warum es dieser langen Übergangszeit bedarf.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Meine Damen und Herren, wir reden hier von Bürokratieabbau. Bei realistischer Betrachtung handelt es sich hierbei um eine Einsparung von 0,2 Stellen beziehungsweise 16.000 € im Jahr; so steht es in der Begründung. Getreu dem Motto: „Auch Kleinvieh macht Mist“, kann diese Deregulierung nur ein weiterer Schritt zu noch mehr Bürokratieabbau sein.

Übrigens, der Wert 0,2 scheint für die Landesregierung das Maß aller Dinge zu sein. Zusammen mit den Einsparungen von zweimal 0,2 Stellen durch das Erste Verwaltungsmodernisierungsgesetz wird damit immerhin mehr als eine halbe Stelle eingespart.