Protocol of the Session on September 13, 2007

Sie haben aber eine Verabredung getroffen, die klar zulasten Dritter, nämlich zulasten der Eltern geht. Dass sich die Eltern darüber aufregen und Bürgerinitiativen gründen, ist doch klar. Schauen Sie einmal ins Internet. Da finden Sie selbst bei CDU-naher Klientel eine bemerkenswerte Ablehnung der Beschlüsse der Landesregierung. Insofern brauchen Sie sich nicht zu wundern. Es ist lediglich der Ausdruck eines autonomen Bürgerwillens.

Jetzt sage ich Ihnen noch etwas zum Thema Gerechtigkeit gegenüber Kindern. Wir haben eine sehr differenzierte Verkehrsregelung und Beförderungspreisgestaltung im Land. So kann es sein, dass in manchen Orten im Hamburger Rand die Beteiligung für die Eltern eine Kleinigkeit ist. Aber schon in Dithmarschen, in Ostholstein oder in Steinburg kann bei weiten Entfernungen ein Riesenbatzen zusammenkommen. Leute aus Horst haben uns vorgerechnet, dass sie über 1.000 € im Jahr bezahlen müssten.

(Detlef Buder)

(Zurufe von der CDU)

Das können Sie auf einen Monat herunterrechnen. Das ist ein beträchtlicher Betrag.

Jetzt kommt noch ein Knaller obendrauf und hier spreche ich insbesondere den Innenminister an, der offensichtlich bereits das Weite gesucht hat. Einige Kommunen haben bereits damit angefangen, sogar von Hartz-IV-Empfängern diese Summen im Voraus zu verlangen. Hinterher kriegen sie es wieder erstattet.

(Zurufe von der CDU - Claus Ehlers [CDU]: Sie haben keine Ahnung! Sie müssen sich einmal erkundigen!)

- Sagen Sie das einmal dem Landrat von Steinburg. Der Landrat von Steinburg - das habe ich schriftlich - verlangt von diesen Leuten, die kein Bargeld haben, diese Summe zu verauslagen. Sie kriegen allerdings den netten Hinweis, dass sie das Geld hinterher wiederbekommen. Ich frage Sie: Wie soll jemand, der von 347 € als Haushaltsvorstand lebt, bis zu 1.000 € Jahresbeitrag verauslagen? - Das ist doch unmöglich.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP - Zurufe von der CDU)

- Haben Sie zugehört? - Nein. Sie haben nicht zugehört. Denn ich habe gesagt: Der Landrat sagt, dass es im Voraus verauslagt werden muss, aber hinterher kriegen sie es wieder.

(Birgit Herdejürgen [SPD]: Das hat nichts mit dem Schulgesetz zu tun!)

- Doch, das hat etwas mit diesem Schulgesetz zu tun, weil das Schulgesetz diese Auslegung nicht ausdrücklich verbietet. Es ist zwar so, dass sich jeder an den Kopf greift, wie man eine Regelung so umsetzen kann, aber das ist vom Innenminister offensichtlich noch nicht gerügt worden. Deswegen nehme ich ihn hier in die Verantwortung. Wenn er auf Ihrem Parteitag gegen diese Regelung wettert, dann hoffe ich, dass er hier zumindest kommunalaufsichtlich tätig wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und FDP)

Für den SSW im Landtag hat nun Frau Abgeordnete Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Beginn des neuen Schuljahres ist der Öf

fentlichkeit der Umfang der zusätzlichen finanziellen Belastung durch die Erhöhung des Elternanteils an den Schülerbeförderungskosten erst so richtig bewusst geworden.

Bewusst geworden ist der Öffentlichkeit auch, dass wir es hier nicht nur mit einer Finanzdebatte zu tun haben, sondern auch mit einer symbolhaltigen Debatte darüber, wie die Chancengleichheit in unserer Gesellschaft aussieht. Obwohl einige Kreise vernünftige Sozialstaffeln eingeführt haben, ist es eine Tatsache, dass dieser Beschluss von CDU und SPD so gar nicht zu den politischen Sonntagsreden über eine kinderfreundliche Gesellschaft und bessere Rahmenbedingungen für Familien mit Kindern passt.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Aus Sicht des SSW ist die Einführung eines 30-prozentigen Elternanteils an den Schülerbeförderungskosten eine klare Benachteiligung der Familien im ländlichen Raum.

Die Empörung darüber ist vor Ort in den Kreisen und Kommunen weiterhin so groß, dass keiner den ersten Stein geworfen haben will. Die CDU-Landespolitiker verweisen darauf, dass die Kommunalpolitiker die Erhöhung als Kompensation für den Eingriff in die kommunalen Finanzen gefordert haben, während die CDU-Kommunalpolitiker entrüstet den Schwarzen Peter zurück nach Kiel schicken. Das Verhalten der SPD in dieser Frage ist völlig undurchschaubar.

Darum sage ich noch einmal: Auf dem Landesparteitag der SPD im April sprach sich bekanntlich eine große Mehrheit der Delegierten einschließlich des Landesvorsitzenden Stegner gegen die Erhöhung des Elternanteils aus. Einige Tage später aber - es war Anfang Mai; wir wissen es noch alle - wies die SPD-Landtagsfraktion hier im Hohen Haus dieses Ansinnen entschieden zurück. Am letzten Wochenende haben wir dann wieder beobachten können, wie ein SPD-Parteitag die Rücknahme des neuen Elternanteils an den Schülerbeförderungskosten forderte. Heute - ich wage es so in den Raum zu stellen - wird die SPD-Landtagsfraktion wieder einen entsprechenden Gesetzentwurf ablehnen.

Daher sage ich: So kann man mit diesem sensiblen Thema wirklich nicht umgehen.

(Beifall bei der FDP)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, wie wollen Sie den Eltern eigentlich erklären, dass es nun doch bei der Erhöhung der Schülerbe

(Angelika Birk)

förderungskosten bleibt? Ich glaube, eine Argumentation frei nach dem Motto „wir möchten ja, aber der böse Koalitionspartner lässt uns nicht“, wird bei den betroffenen Familien auf wenig Verständnis stoßen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich stelle jedenfalls fest: Nach den öffentlichen Aussagen der Parteien zu urteilen, gibt es in Schleswig-Holstein eine klare Mehrheit gegen die Erhöhung des Elternanteils an den Schülerbeförderungskosten.

(Beifall bei SSW und FDP)

Deshalb appelliere ich noch einmal an die Abgeordneten von CDU und SPD: Hören Sie auf die Argumente Ihrer kommunalen Basis und machen Sie diese Fehlentscheidung - es ist eine Fehlentscheidung! - wieder rückgängig!

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die notwendige Haushaltskonsolidierung des Landes darf weder zulasten der Kommunen noch auf Kosten der Eltern im ländlichen Raum durchgeführt werden. Denn Einsparmaßnahmen, die letztlich nur auf die Bürger abgewälzt werden, sind ein Spiel von der linken in die rechte Tasche.

Hinzu kommt - das sagte der Kollege Klug schon -, dass der Schleswig-Holsteinische Gemeindetag richtigerweise anmerkt, dass bisher völlig ungeklärt ist, wie hoch der Verwaltungsaufwand sein wird.

Was bleibt, ist die Frustration der Menschen vor Ort und ist die Verdrossenheit, wenn Politiker versuchen, dies alles auch noch schönzureden.

Damit bin ich bei der Hilfskonstruktion, bei dem Zusatzargument, das heute auch in dem Redebeitrag des Kollegen Buder wieder eine Rolle gespielt hat, dass nämlich die erhöhte Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten letztlich ein Beitrag zur finanziellen Gleichstellung von Stadt und Land sei. Das muss man sich einmal auf der Zunge zergehen lassen. Denn es gibt auch andere Sichtweisen, die durchaus die Benachteiligung der Familien im ländlichen Raum zementieren, zum Beispiel wenn es darum geht, wie viele Kinder in den Städten und wie viel im ländlichen Raum das Abitur machen.

Von daher kann man sagen: Natürlich muss es den Familien im ländlichen Raum möglich gemacht werden, dass ihre Kinder leichter zu den weiterfüh

renden Schulen gehen können. Das ist der entscheidende Punkt.

Aber jetzt soll das Pferd von hinten aufgezäumt werden, indem man versucht, alles noch einmal richtig schönzureden. Ich denke, das ist nicht in Ordnung. Wir unterstützen das auch weiterhin nicht.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Es liegen Wortmeldungen zu Kurzbeiträgen vor. Als Erster erteile ich der Frau Abgeordneten Sylvia Eisenberg das Wort.

Frau Landtagspräsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Birk, Ihre Aussage kann ich schlicht und ergreifend hier nicht stehen lassen. Sie betreiben Panikmache, die nicht mehr verantwortbar ist.

(Beifall bei der CDU)

Ich melde mich zwar sehr wenig zu Kurzbeiträgen zu Wort, aber was Sie hier geäußert haben, ist unter aller Kritik.

Sie sprachen bezogen auf den Kreis Steinburg von 1.000 € im Jahr. Es sind aber nur 180 €. Mehr sind es nicht. Für das zweite Kind wird nichts gezahlt. Außerdem hat der Kreis Steinburg - ich habe mich soeben beim Kollegen Arp erkundigt - auch noch die Sozialklausel, das heißt Hartz-IV- und Sozialempfänger zahlen überhaupt nichts.

Was Sie in dieser Diskussion machen, ist eine Panikmache, die an Volksverdummung grenzt!

(Beifall bei CDU und SPD)

Da hört es bei mir auf; das will ich Ihnen ehrlich sagen.

Was mich weiterhin bewegt, Herr Dr. Klug, ist, dass Sie lediglich eine Stellungnahme diskutiert haben. Es ist die Stellungnahme des Gemeindetages. Außerdem ist eine Stellungnahme des Landkreistages eingegangen. Der Landkreistag hat gesagt: Wenn überhaupt, dann werden Verwaltungskosten nur einmal im Jahr gezahlt und dann auch nur für das erste Mal. Also ist auch das ein Argument, das überhaupt nicht zieht.

Sehr verehrte Frau Landtagspräsidentin, ich bedanke mich für die Worterteilung. Ich hoffe, dass Sie, Frau Birk, das nächste Mal mit gefestigten Zahlen argumentieren.

(Anke Spoorendonk)

(Beifall bei CDU und SPD)