Protocol of the Session on September 13, 2007

dem Parlament vorgelegte Gesetzentwurf die Zustimmung nicht nur der SPD finden wird, sondern auch der CDU. Das ist nicht ganz klar geworden.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber wir haben noch Gelegenheit, bei Ihnen nähere Informationen einzuholen.

Meine Damen und Herren, es ist in der Tat schon gesagt worden, dass wir uns heute mit der ersten Lesung des Ausführungsgesetzes zum Lotteriestaatsvertrag dem Ende einer achtzehnmonatigen Diskussion nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 28. März letzten Jahres nähern. Dennoch bin ich sicher, die Auseinandersetzungen werden weitergehen. Das ist eben auch im Beitrag des Kollegen Arp deutlich geworden.

Ich finde, hierfür gibt es zwei Gründe über das hinaus, was der Kollege Arp gesagt hat. Einer davon ist das Moratorium oder besser gesagt die Befristung auf vier Jahre, wodurch Zeit und Erfahrungen gewonnen werden sollen.

Ein weiterer Grund ist der Widerstand der kommerziellen Anbieter, die auch aus Schleswig-Holstein kommen. Aus den vielen Briefen, die wir bekommen haben, ist erkennbar, dass es den vielen privaten Wettanbietern um viel Geld geht. Das ist nicht verboten, das ist legitim. Dennoch muss man registrieren, dass sie in den zurückliegenden Monaten Millionen Euro für ihren Widerstand gegen das staatliche Lotteriemonopol ausgegeben haben. Der Herr Innenminister hat schon auf das relativ unübliche Verfahren hingewiesen, in einer ganzseitigen und zu bezahlenden Anzeige in den „Kieler Nachrichten“ zu versuchen, auf das Parlament einzuwirken.

Die Aggressivität des Vorgehens - nicht nur von einer in Schleswig-Holstein ansässigen Firma, sondern von vielen anderen in diesem Bereich - lässt ebenso wie die darüber hinaus zu registrierenden Materialschlachten erkennen, worauf wir uns einstellen müssten, wenn Deutschland in doppelter Hinsicht zur Spielwiese der gesammelten Mannschaft europäischer privater Wettanbieter werden würde, folgte man dem Vorschlag aus bestimmten Kreisen, Kollege Arp. Nicht die mögliche Spielsuchtgefährdung der Nutzer, sondern die Gewinnsucht der Anbieter würde im Vordergrund stehen.

(Lachen des Abgeordneten Hans-Jörn Arp [CDU])

- Kollege Arp, dem hat der uns vom Kabinett vorgelegte Gesetzentwurf für einen Staatsvertrag erfreulicherweise einen Riegel vorgeschoben. Das be

(Hans-Jörn Arp)

grüßen wir Sozialdemokraten. Damit haben sich die Vorstellungen der SPD durchgesetzt. Ich glaube, ich kann auch sagen, damit haben zumindest Ihre Kabinettsmitglieder den Anschluss an die Diskussion in den CDU/CSU-geführten Bundesländern gefunden. Nie waren wir Sozialdemokraten uns so einig mit Herrn Stoiber.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Darüber würde ich mal nachdenken!)

Die jüngste Umfrage von forsa, die Ihnen bekannt sein müsste, zeigt, dass 76 % der repräsentativ befragten Bürgerinnen und Bürger unseres Landes an dem bewährten staatlichen Monopol festhalten wollen. Kollege Kubicki, nur 10 % der Befragten wollen eine größere Liberalisierung erreichen. Das deckt sich in etwa mit den jüngsten Umfrageergebnissen für die FDP.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Es wundert mich nicht, dass Sie bei 25 % liegen!)

- Wir haben 76 % auf unserer Seite. Unser Bestreben ist, dass es täglich mehr werden!

Lassen Sie mich stichwortartig noch einmal die Gründe benennen, die aus unserer Sicht für die Erhaltung des staatlichen Monopols sprechen. Zu nennen sind hier die Spielsuchtprävention, die Kanalisierung des Spielbetriebs, die Abwehr von Begleitkriminalität und die Vermeidung eines ungehemmten Wettbewerbs auf diesem Markt mit Spielsucht fördernden Angeboten.

Der Innenminister hat es ausgeführt: Letztlich geht es auch um die Sicherstellung eines verlässlichen Steueraufkommens zur Förderung des Gemeinwohls und des Sports. Darauf lege ich großen Wert. Ich stimme allen, auch Ihnen, Kollege Arp, zu, dass wir vermutlich nicht mehr mit den Umsätzen und damit auch nicht mehr mit der Höhe von Konzessionsabgaben und Lotteriesteuern rechnen müssen, wenn - was ich für richtig halte - auch unsere schleswig-holsteinischen Gesellschaften auf aggressive Werbung verzichten und sich auf Information beschränken müssen. Ich teile das, was Innenminister Dr. Stegner gesagt hat. Die Alternative wäre, dass wir mit noch weniger Konzessionsabgaben rechnen müssten, wenn diese Anbieter die Steuersätze in Steueroasen nutzen würden. Einige sind dort schon jetzt ansässig.

Nicht grundlos hat sich - wie Sie wissen - auch der Landessportverband für den Erhalt des Lotteriemonopols eingesetzt. Natürlich nehmen wir die Bedenken ernst. Dennoch glauben wir, dass der vorliegende Gesetzentwurf EU-konform ist. Die Kommission hat nicht das Recht Deutschlands infrage

gestellt, Glücksspielaktivitäten aufgrund des Allgemeinwohls - wie zugunsten des Verbraucherschutzes, des Jugendschutzes und der Bekämpfung von Spielsucht - zu beschränken.

Lieber Herr Abgeordneter, auch die Zusatzzeit ist jetzt abgelaufen.

Gut, dann will ich nur noch darauf hinweisen, dass wir nicht das teilen, was ursprünglich einmal der Vorschlag der CDU-Fraktion gewesen ist, nämlich die Trennung von Lottogesetz und privaten Anbietern im Sportwettenbereich. Das wäre das Einfallstor, um auch vor dem Bundesverfassungsgericht das staatliche Lottomonopol zu bekämpfen.

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Schluss!

Ich komme zum Schluss, indem ich feststelle: Wir sind für eine zügige Ausschussberatung, um die Unterschrift des Ministerpräsidenten unter dem Staatsvertrag nicht zu gefährden. Ich freue mich, dass wir im Finanzausschuss Einvernehmen über das Verfahren erzielt haben. Leider fehlt mir die Zeit für weitere wichtige Ausführungen.

(Beifall bei der SPD)

Für die FDP-Fraktion erhält der Fraktionsvorsitzende Wolfgang Kubicki das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe gestern bereits darauf hingewiesen, dass ich den Vergleich, den der Fraktionsvorsitzende der CDU zwischen Herrn Dr. Stegner und Herrn Gysi und Herrn Lafontaine gewählt hat, für unzutreffend und für untauglich gehalten habe. Es stimmt zwar, dass auch Herr Dr. Stegner meistens zur Demagogie greift, allerdings schlechter als die beiden vorher genannten Lafontaine und Gysi. Herr Innenminister, ich glaube nicht, dass die Kraft Ihrer Argumente dadurch gewinnt, dass Sie versuchen, in einer - wie ich finde - unerhörten Art und Weise ein seriöses Unternehmen in Schleswig-Holstein zu beschimpfen.

(Beifall bei FDP und CDU)

(Günter Neugebauer)

Das ist so. Die Behauptungen, diese Unternehmen würden ihre möglichen Gewinne in Steueroasen versteuern wollen, ist nicht nur rechtlicher Unsinn. Lassen Sie sich das von anderen Landesministern erklären. Die Unternehmen haben in der Vergangenheit gezeigt, dass sie das gar nicht wollen. Sie wollten und sie wollen in Schleswig-Holstein tätig sein und hier ihren Beitrag leisten.

Mit dem Glücksspielstaatsvertrag wollen die Landesregierungen den Wettbewerb im Lotteriewesen beschränken. Damit bezwecken sie angeblich, der Spiel- und Wettsucht vorbeugen zu wollen. Tatsächlich wollen sie den staatlichen deutschen Lottoblock von der Konkurrenz abschotten. So wird das Gute, nämlich die Suchtvorbeugung, vorgeschoben, um etwas Rechtswidriges zu erreichen, nämlich eine vierjährige Gnadenfrist für das Kartell der staatlichen Lottogesellschaften.

Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass ein staatliches Glückspielmonopol bei Sportwetten zulässig sein könne, wenn es sein einziger Zweck sei, der Spiel- und Wettsucht vorzubeugen oder sie einzudämmen - ich betone: ihr einziger Zweck! Damit ist selbstverständlich verbunden, dass ein staatliches Monopol auch geeignet sein muss, diesen Zweck zu verwirklichen. Das geht bei der Eindämmung von Sucht nur, wenn es sie auch gibt. Bei Sportwetten ist dies unumstritten. Der Innenminister schreibt in seiner Gesetzesbegründung, dass zur Rechtfertigung des Staatsmonopols im Lotteriewesen der gleiche verfassungsrechtliche Maßstab anzulegen sei, den das Bundesverfassungsgericht für Sportwetten aufgestellt hat. Ich sage, recht hat er! Deshalb ist dieser Vertragsentwurf verfassungswidrig, denn ein staatliches Lotteriemonopol wäre nur dann zulässig, wenn damit Lotteriesucht wirksam eingedämmt werden könnte. Dies setzt aber schon denklogisch voraus, dass es die Lotteriesucht überhaupt gibt; und daran hapert es.

Niemand hat bisher ein nennenswertes Suchtpotenzial des Samstagslottos, des Mittwochslottos oder der Glücksspirale entdeckt oder Anzeichen dafür, dass ein Aufwuchs bevorstünde. Im Gegenteil, im § 25 Abs. 6 Nr. 3 des Staatsvertrags räumen die Landesregierungen selbst ein, dass von Lotterien mit nicht mehr als zwei Gewinnausspielungen pro Woche regelmäßig keine besonderen Suchtanreize ausgehen, weshalb sie den Internetvertrieb bei Lotto noch bis Ende 2008 erlauben wollen. Warum gehen erst nach 2008 besondere oder andere Suchtanreize von Lottospielen aus? Die Landesregierung bleibt den Beweis hierfür schuldig. Der Kollege Arp hat darauf hingewiesen. Wir werden das definitiv nachfragen, weil ich glaube, dass die Debatten

in den Parlamenten für Rechtsstreitigkeiten durchaus Bedeutung gewinnen werden.

(Beifall bei FDP und CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, an diesem Beispiel sehen wir, wie wenig die Möglichkeiten der Wissensgesellschaft in den Köpfen der Landesregierung präsent sind. Ein Verbot deutscher Lottoangebote im Internet treibt die Menschen nur zu ausländischen Anbietern, auf die wir keinen Einfluss haben und die hier auch keine Abgaben zahlen. Oder glaubt jemand ernsthaft, dass wir Angebote im Internet verhindern? Schalten wir das morgen ab oder richtet Herr Dr. Stegner jetzt eine Internetpolizei ein und versucht die Verfolgung in Russland, in den USA, in China oder anderswo?

Der Vertragsentwurf widerspricht auch dem Europarecht, weil durch das Staatsmonopol automatisch ausländische Anbieter ausgeschlossen werden, ohne dass ihnen die Möglichkeit eingeräumt wird nachzuweisen, dass sie mögliche Suchtgefahren entsprechend den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts - eindämmen und bekämpfen können.

Dies verletzt die Grundfreiheit, Dienstleistungen im europäischen Binnenmarkt anbieten zu dürfen. Für den Fall, dass der Glücksspielstaatsvertrag in Kraft tritt, hat die Europäische Kommission bereits ein Vertragsverletzungsverfahren angekündigt. Herr Minister, ich sehe immer wieder mit großer Genugtuung, dass Sie Rechtsstreitigkeiten gelassen entgegensehen, weil Sie bei Niederlagen keine persönlichen Konsequenzen tragen müssen. Wenn Sie erklären, dass Sie zurücktreten für den Fall, dass sich Ihre Auffassung nicht durchsetzen sollte, wäre das ja einmal eine Tat. Aber so mutig sind Sie nicht.

(Beifall bei der FDP)

Ich habe früher schon erklärt, dass Rechtstreue bei Ihnen mit Sicherheit nicht angenommen werden kann.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Landesregierungen nehmen in Kauf, dass die Einnahmen aus den Zweckabgaben der Lotterien dramatisch einbrechen werden, weil die Menschen weniger Lotto spielen werden, dass es deswegen viel weniger Geld für die Sportförderung als bisher geben wird, wodurch die suchtvorbeugende Wirkung des Breitensports empfindlich getroffen werden wird, und dass mehrere zehntausend Arbeitsplätze in Deutschland in Gefahr geraten, weil private Spielevermittler ins Ausland oder in die Pleite getrieben werden. Alles das nur, um das behördenähnliche Lotteriekartell der Länder für weitere vier Jahre vor Wettbewerb zu schützen.

(Wolfgang Kubicki)

Kollege Arp, liebe Kolleginnen und Kollegen, es ehrt unseren Ministerpräsidenten, dass er diesem Unsinn bis zum 20. Juli 2007 widerstanden hat. Das sage ich ausdrücklich. Aber es ist eine Schande für den deutschen Rechtsstaat, dass die Landesregierungen es wagen, für diesen offensichtlich verfassungsrechtswidrigen Vertrag parlamentarische Ratifizierungen zu beantragen. Wir lehnen den Gesetzentwurf ab und wir werden das auch weiterhin deutlich machen.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki und erteile das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Frau Abgeordneten Monika Heinold.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hat sich entschieden. Am 10. Juli traten der Ministerpräsident Peter Harry Carstensen und Innenminister Dr. Ralf Stegner vor die Presse und erklärten, dass die Landesregierung dem Staatsvertrag zum Glückspiel zustimmen will. Auffällig bei der gemeinsamen Pressekonferenz waren die völlig konträren Auslegungen des Kabinettsbeschlusses. Während der Ministerpräsident vom kleinsten Fehler sprach und die Befristung des Staatsvertrages auf vier Jahre als Erfolg seines Engagements ansah, erklärte der Innenminister, dass alle Länder diese Befristung wollten und die Forderung der CDU-Fraktion nach Liberalisierung der Sportwetten rechtswidrig sei. Augenzeugen dieser Pressekonferenz berichten, dass die grimmige Miene des Ministerpräsidenten deutlich zeigte, dass er darüber not amused war.

Hinzu kommt, dass die angeblich so erfolgreiche Befristung des Staatsvertrages auf vier Jahre eine sehr wackelige Angelegenheit ist; denn der Staatsvertrag tritt mit Ablauf des vierten Jahres nur außer Kraft, wenn nicht die Ministerpräsidentenkonferenz mit mindestens 13 Stimmen das Fortgelten des Staatsvertrages beschließt. Das ist ein Freibrief für diejenigen Länder, die jetzt schon diesen Staatsvertrag wollen. Schleswig-Holstein wird sich später wohl kaum als gallisches Dorf und Eldorado der Sportwetten absondern können.

Die CDU-Fraktion hat hoch gepokert und alles verspielt, Herr Arp; das muss man ganz deutlich sagen. Noch im Mai hatten die Abgeordneten Arp und Stritzl in Berlin in der Schleswig-Holsteinischen Landesvertretung eine Veranstaltung zum Lotto

staatsvertrag durchgeführt, eine verfassungs- und europarechtskonforme Neuregelung des Glücksspielmarktes angemahnt und sprachen anschließend von landes- und parteiübergreifender Unterstützung für ihren Vorschlag eines liberalisierten Sportwettenmarktes. Was ist daraus geworden, meine Herren von der CDU?

Die Landesregierung stimmt nun dem Glücksspielmonopol der Staates zu. Der Ministerpräsident will den Staatsvertrag unterschreiben, den er eigentlich nicht wollte. Und, Herr Arp, Ihre mitfühlenden Worte vorhin gegenüber dem Ministerpräsidenten veranlassen mich zu der Aussage: Das Heulsusenimage hat der Bundesfinanzminister Peer Steinbrück eigentlich für die SPD vorgesehen.

Meine Fraktion hat mehrmals erklärt, dass sie das Glücksspielmonopol des Staates erhalten will. Der vorliegende Staatsvertrag sichert unsere Ziele ab, nämlich die Suchtbekämpfung und die Einnahmesicherung aus den Lotterien. Nach unserer Einschätzung ist das Festhalten am Staatsmonopol auch rechtlich zulässig.

Bedenken haben wir hingegen bei der Einschränkung der Regularien für den Vertrieb, zumal der Beschluss des Kartellamtes hierzu eindeutig war. Deshalb haben wir uns in unserem Landtagsantrag für eine Liberalisierung des Vertriebs der staatlichen Glückspiele ausgesprochen.