30.000 €, rund 18 % der Gelder bekamen, während 65 % der Betriebe jeweils bis zu 10.000 €, also rund 15 % der Gelder, erhielten. Diese durchaus ungleiche Verteilung der Mittel hat dazu geführt, dass eine Debatte über mehr Transparenz bei Agrarsubventionen in Europa losgetreten wurde, der sich letztendlich die CDU - Entschuldigung, die EU; aber die CDU selbstverständlich auch - nicht verschließen konnte.
In vielen EU-Staaten ist unklar, wofür welche landwirtschaftlichen Betriebe sowie vor- und nachgelagerte Unternehmen Agrarsubventionen erhalten. Die Handhabung in Bezug auf die Förderung und die Vergabe von EU-Subventionen verläuft bisher wenig bis gar nicht transparent. Dies hat dazu geführt, dass auf europäischer Ebene eine Initiative ins Leben gerufen wurde, die sich für die Transparenz bei EU-Agrarsubventionen einsetzt. Mittlerweile gehören dieser Initiative 27 NGO an.
Aber auch die europäische Kommission hat erkannt, dass Transparenz bei der Verwendung von Steuermitteln notwendig ist. Mit der verabschiedeten Haushaltsordnung vom Dezember letzten Jahres hat sich die EU daher zur vollständigen Transparenz in Bezug auf die Empfänger von Geldern aus dem EU-Haushalt verpflichtet, und zwar aller Empfänger aus dem EU-Haushalt. Diesen Schritt halte ich für mehr als überfällig, damit die europäischen Bürger endlich erfahren können, welche Unternehmen und Konzerne mit ihren Steuern finanziert werden und wofür diese Mittel genau verwendet werden.
Diese Transparenz ist aber nichts Neues in Europa, denn es gibt Länder, wie zum Beispiel Großbritannien, Niederlande, Estland oder Dänemark, die diesen transparenten Umgang mit Steuermitteln bereits umsetzen. Dort können die Bürgerinnen und Bürger die Empfänger von EU-Geldern nachschlagen und erfahren, wie viel Euro sie bekommen. Das gilt auch, aber nicht nur, für Agrarsubventionen.
Die Gegner dieser Veröffentlichungen führen nun immer wieder die Befürchtung an, dass es zu Investitionshemmnissen bei den Unternehmen kommen wird, wenn Subventionszahlungen bekannt gegeben werden, oder dass es Neiddiskussionen geben wird. Die Erfahrungen in den genannten Ländern machen aber deutlich, dass der transparente Umgang mit EU-Subventionen keinen Investitionsrückgang mit sich geführt hat und es auch keine Neiddebatten gegeben hat. Es hat aber Diskussionen darüber gegeben, ob Subventionen für Großfarmen und Lebensmittelfabriken sinnvoll sind. Das ist eine andere Diskussion, nämlich eine, die auf die Sinnhaftigkeit von bestimmten Subventionen zielt.
Auch das Argument, dass die Informationspflicht zu einem enormen Bürokratieaufwand führt, ist haltlos, denn den Behörden liegen die Zahlen vor und es ist kein großer Aufwand, diese öffentlich zugänglich zu machen.
Hierbei möchte ich kurz auf die Erfahrungen mit dem Informationsfreiheitsgesetz in SchleswigHolstein hinweisen. Diese belegen deutlich, dass Bürger ihr Recht nutzen, die Verwaltungen schnell und zuvorkommend reagieren und dass die Verwaltungen eben nicht zum Erliegen kommen und die Kosten nicht ausufern.
Der Sinn von Informationsfreiheit und Transparenz ist, dass der Staat den Bürgern gegenüber deutlich macht, welche Aufgaben er für sie erledigt und welche Maßnahmen er fördert - und in diesem Kontext ist die Transparenzinitiative der EU zu sehen. Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht zu erfahren, welche Politik mit den Subventionen verfolgt wird. Nur wenn Verwaltung transparent ist, ist der Verbleib von Steuergeldern nachvollziehbar. Nur so kann Politik offen und zusammenhängend an die Öffentlichkeit gebracht werden. Und nur so wird der Bürger auch die entsprechenden Subventionen verstehen und gutheißen. Das muss unser aller Interesse sein.
Die derzeitige Ausrichtung der Agrarsubventionen macht deutlich, dass die großen Agrarindustrien am stärksten von den Subventionen profitieren. Im nächsten Jahr stehen Neuverhandlungen des EUHaushalts und der Agrarsubventionen an. Insofern halte ich es für angebracht, dass die Bürgerinnen und Bürger erfahren können, wo ihre Steuergelder abbleiben und was damit gefördert wird. Dann kann man über die Agrarsubventionen auf einer inhaltlichen Basis diskutieren. Es geht nicht darum, Landwirte vorzuführen, sondern es geht darum, zu überprüfen und transparent zu machen, ob die Subventionen, die man politisch gewollt hat, richtig eingesetzt werden oder ob man das System ändern muss.
Ich danke Herrn Abgeordneten Lars Harms. - Für die Landesregierung erteile ich Herrn Minister Dr. Christian von Boetticher das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ein Zitat vorweg: Die Datensammlungssucht ist eine ernste Bedrohung für die Bürgerrechte. - Das stammt aus dem Wahlprogramm von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zur letzten Bundestagswahl.
Sehr geehrter Herr Matthiessen, Ihnen kann doch nicht ernsthaft entgangen sein, dass wir in Schleswig-Holstein diese Agrarindustrie, von der Sie reden - auch der Abgeordnete Lars Harms hat dieses Wort in den Mund genommen -, gar nicht haben. In Schleswig-Holstein haben wir eine - der Abgeordnete Ehlers hat darauf hingewiesen - bäuerlich strukturierte Landwirtschaft. Häufig sind es Ein-, Anderthalb- oder Zweipersonenbetriebe. Das heißt, der Schutz des Betriebsgeheimnisses und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung liegen hier ganz dicht beieinander.
Ich erinnere daran, dass Ihre Partei hier in Deutschland sehr leidenschaftlich für ein hohes Datenschutzrecht gestritten hat. Nun wagen Sie es darauf hinzuweisen, dass man diese Daten, die man in England, in den Niederlanden, in Schweden sammeln kann, in Deutschland nicht sammeln kann. Dies bezeichnen Sie nun als ein Defizit. Sie selber waren als Teil Ihrer Parteigeschichte dafür verantwortlich, dass wir in Deutschland ein solch hohes Datenschutzrecht haben.
(Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir reden nicht über die Partei- geschichte, sondern über das europäische Recht und über mehr Transparenz!)
Herr Hentschel, Ihnen kann Folgendes doch nicht entgangen sein: Wenn man Betriebsdaten veröffentlichen will, dann braucht man dafür eine Rechtsgrundlage. Diese Rechtsgrundlage können wir infolge einer Rechtsverordnung der Europäischen Union für die erste Säule bekommen. Das würde dann ab 2009 gelten. Aber diese Rechtsverordnung gibt es noch nicht.
- Nein, das können wir nicht so machen. Ich meine, der Datenschutzbeauftragte hat in der Anhörung deutlich herausgestellt, was machbar beziehungsweise was nicht machbar ist. Sie sollten sich die entsprechenden Erklärungen vielleicht noch einmal
durchlesen. Wir hören von Ihnen an der Stelle immer wieder das Wort Transparenz; das ist schön. Immer wenn ein Eingriff vorgenommen werden soll, dann dient dieser Ihrer Meinung nach nicht einem Interesse, sondern der Transparenz. Sie sagen, dass Sie allgemein Transparenz wollen; das klingt immer gut. Sie wollten einmal gegen den gläsernen Bürger streiten. Ich frage Sie, ob der Landwirt oder der Biolandwirt in Schleswig-Holstein für Sie keine Bürger sind.
- Nein, Herr Hentschel, das ist überhaupt nicht abgedreht. Vielmehr ist Ihr Antrag abgedreht. Das versuche ich Ihnen gerade deutlich zu machen.
Die entscheidende Frage lautet: Wo liegt der Vorteil? - Um es klar zu sagen: Ich halte auch die Initiative der Europäischen Union, für die Offenlegung all dieser Daten zu kämpfen, für falsch. Ich sage Ihnen: Ich habe im Europäischen Parlament für Transparenz in der Kommission gekämpft, dafür, dass die Kommission interne Entscheidungsprozesse offenlegt.
Wir haben den Haushalt der Europäischen Union über viele Jahre nicht genehmigt, weil uns die Transparenz in der Kommission fehlte. Dass nun die Europäische Kommission damit anfängt, beim Endempfänger Transparenz herstellen zu wollen, aber die eigenen Prozesse nicht transparent macht, ist eine andere Sache. Darüber könnten wir vielleicht einmal eine Debatte im Europaausschuss führen.
Ich sehe allerdings ein, dass die Bürgerinnen und Bürger ein Recht darauf haben, zu erfahren, wofür ihre Steuergelder - Sie haben im Übrigen in der Debatte immer von Steuergeldern und nicht von Subventionen gesprochen - letztlich verwendet werden. Steuergelder - und nicht Subventionen - betreffen alle Bereiche staatlicher Transferleistungen.
Als Nächstes hätten Sie dann eine Debatte über den Sozialhaushalt an der Backe. Dann möchte der Bürger wissen, wohin die Steuergelder im Bereich der Sozialhilfe gehen. Dann würden wir bestimmt auch eine Debatte über den gläsernen Abgeordneten führen. Nein, dann würden wir wieder eine ganz breite
Debatte über Steuergelder führen. Ich stimme mit Ihnen überein, dass wir bei den Subventionen Transparenz haben wollen, aber darum ging es in der Debatte nicht. Diesen Unterschied sollten wir schon beachten.
Ich möchte deutlich machen, dass die Europäische Union einem transparenten Prozess unterliegt. Wir haben mit dem Angleichprozess in den Prämien ab 2013 ganz einfache Rechenarten: Wer 100 ha hat, der bekommt das Doppelte von dem, was jemand mit 50 ha bekommt. Es sind relativ einfache Rechenexempel, die jeder durchrechnen kann.
Ich sage Ihnen noch eins: Sie plädieren immer für Verwaltungsabbau. Sie plädieren für den Abbau von Stellen und für schlankere Verwaltungsstrukturen; das haben Sie gerade eben in der Debatte deutlich gemacht. Hier wird die Frage, was es den Staat kostet, diese Daten für jeden Einzelnen aufzustellen und vorzuhalten, gar nicht gestellt.
Noch einmal: Die Verpflichtung zur Veröffentlichung unternehmens- beziehungsweise personenbezogener Daten wird EU-rechtlich vorgeschrieben werden. Die Veröffentlichungspflichten werden voraussichtlich für die erste Säule 2009 und für die zweite Säule 2008 gelten. Darum werden wir nicht herumkommen. Aber dies vorzuziehen, ist überhaupt nicht notwendig.
Ich danke dem Herrn Minister und erteile für einen Kurzbeitrag Herrn Abgeordneten Matthiessen das Wort.
Herr Minister, ich möchte kurz auf Ihre Erwiderungen und auf die Beiträge anderer Parteien hier eingehen.
Sie sagten, es sei ein unvertretbarer Aufwand. Die Daten liegen in Ihrem Haus vor. Wir verlangen lediglich, dass sie veröffentlicht werden.
Lägen diese Daten nicht in aufbereiteter Form vor, dann wäre dies ein ganz schönes Durcheinander in Ihrem Haus.
Nun möchte ich auf den hier vielfach bemühten Datenschutz eingehen. Natürlich gibt es im Sozialbereich einen Schutz. Hier handelt es sich aber nicht um Sozialdaten, sondern um Wirtschaftsdaten.
- Wir verlangen von einem Bauernhof doch nicht, dass er uns etwas zu seinen Entnahmen oder zu seiner Kreditsituation sagt. Es geht uns nicht darum, wie viel Fremdkapital er hat oder ob die Oma dort mitarbeitet. Wir möchten lediglich wissen, wie viele Subventionen er erhält; so steht es auch in unserem Antrag. Das Besondere dabei ist, dass es steuerfinanzierte Subventionen sind. Das macht es aus Sicht des Bürgers, der die Steuern aufzubringen hat, interessant.