Protocol of the Session on July 11, 2007

Weiter wurden verfassungsrechtliche Bedenken erhoben. Die Rechtsprechung der vergangenen Jahre hatte schon deutlich gemacht, dass Tariftreue ein rechtskonformes Instrument ist. Nun hat es das Bundesverfassungsgericht noch einmal endgültig deutlich gemacht: Die Tariftreuegesetze auf Landesebene sind nicht nur verfassungsgemäß, sondern sie entsprechen auch ausdrücklich den politischen Vorgaben auf europäischer Ebene.

Hierbei kann ich mir nicht verkneifen, einmal deutlich zu sagen, dass die EU-Gesetzgebung häufig sozialer und nachhaltiger angelegt ist als die bundesdeutsche Rechtsordnung.

Kostensteigerungen in markantem Ausmaß hat es ebenfalls nicht gegeben, im Gegenteil: Bei den richtig großen Maßnahmen hat es sich sogar erwiesen, dass trotz der Tariftreue preiswertere und qualitativ hochwertigere Leistungen erbracht wurden als bisher. Gleichzeitig haben steuerzahlende Unternehmen und Beschäftigte auch eine Chance erhalten, am Wettbewerb teilzunehmen und diesen zu gewinnen.

Auch zu einem höheren bürokratischen Aufwand ist es in der Vergangenheit nicht gekommen, wie uns im Übrigen auch vonseiten des Ministeriums schriftlich versichert wurde. Die Ausschreibung und das Bieten für einen Auftrag sind so komplex, dass die Einforderung der Tariftreue da wirklich nicht ins Gewicht fällt.

Alles in allem hätten wir uns natürlich lieber ein noch umfassenderes Tariftreuegesetz gewünscht, das auch die Anregung der Grünen zur Schiffsbereederung mit aufgenommen hätte. Ich sehe allerdings auch, dass das, was uns heute vorliegt, das Maximum dessen war, was unter den derzeitigen Umständen erreichbar war.

Wir freuen uns, dass die eben angesprochenen unklaren Fragestellungen jetzt endgültig geklärt sind, und sind froh, dass das Gesetz, wie von uns gefordert, jetzt auch den ÖPNV umfasst und zumindest bis zum 31. Dezember 2010 verlängert worden ist.

Hierfür möchte ich mich nochmals bei den beteiligten Kolleginnen und Kollegen bedanken, denn ich weiß schon, dass es in einer solchen Frage nicht selbstverständlich ist, eine Initiative der Opposition aufzugreifen und zumindest teilweise umzusetzen. Noch einmal vielen Dank dafür. Ich freue mich schon auf die nächsten Beratungen zum Tariftreuegesetz in der kommenden Wahlperiode.

(Beifall bei SSW, SPD und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, begrüßen Sie mit mir gemeinsam Mitglieder der Senioren-Union Reinbek aus dem Kreis Stormarn. - Seien Sie uns herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die Landesregierung hat Herr Minister Dietrich Austermann.

(Lars Harms)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bei aller Euphorie ist es notwendig festzustellen, dass die Vereinbarung von tariflichen Regelungen und entsprechend die Durchhaltung der Kontrolle tariflicher Regelungen Sache der Tarifparteien ist und nicht so sehr Sache des Staates.

(Beifall der Abgeordneten Martin Kayenburg [CDU] und Dr. Heiner Garg [FDP])

Insofern ist dem, was der Abgeordnete Garg zum ordnungspolitischen Teil gesagt hat, nichts hinzuzufügen.

Hier haben wir allerdings einen Sachverhalt, der von den Koalitionsfraktionen und vom SSW mit Recht aufgegriffen worden ist, weil es vor einigen Monaten Vorkommnisse gegeben hat, die uns alle zum Nachdenken gebracht haben. Es geht um die Frage, inwieweit die öffentliche Hand dort, wo sie selber Auftraggeber ist, möglicherweise andere Bedingungen anwenden kann und muss, als das bisher der Fall gewesen ist. Da geht es insbesondere um die Frage, ob im Bereich des öffentlichen Personennahverkehrs, beim Busverkehr, der Staat mehr darauf achten muss, dass tarifliche Regelungen eingehalten werden.

Es liegen heute mehrere Gesetzentwürfe zur Entscheidung vor. Der eine Gesetzentwurf, der die Schiffsbereederung betrifft, ist im Ausschuss zu Recht abgelehnt worden. Schon deshalb, weil er nur neun Personen betrifft, die - glaube ich - nach der Regelung, die in der Praxis üblich ist, nicht damit rechnen müssen, dass sie schlechter behandelt werden.

Der Gesetzentwurf des SSW ist von den Koalitionsfraktionen richtigerweise verändert worden, als man zum einen etwas zur Geltungsdauer gesagt und zum anderen zur Anwendung durch die Kommunen auf die Freiwilligkeit abgestellt hat.

Was die Geltungsdauer betrifft, möchte ich auch hier meine Auffassung unterstreichen, die auch in der Willensbekundung des Ausschusses und nachher des Landtages zum Ausdruck kommt, dass die Befristung bedeutet, dass nach einer bestimmten Zeit eine Überprüfung stattfinden soll, um zu sehen, ob die Notwendigkeit besteht, bei der Regelung zu bleiben, oder ob es nicht in der Tat richtiger ist, andere Regelungen zu treffen. Wir beobachten im Moment eine große Regelung im Bereich des Arbeitsmarktes, was Arbeitsbedingungen betrifft. Wenn man heute eine Durchschnittsbilanz der Tarifverträge zieht, die in diesem Jahr abgeschlossen

worden sind, mit einer Steigerung von 3,7 %, muss man sagen: Im Interesse der Arbeitnehmer ist ein guter Weg eingeschlagen worden, der nach den Reallohnverzichten in der Vergangenheit sicher auch notwendig war.

Trotzdem glaube ich, dass Tariftreueregelungen in absehbarer Zeit Auslaufmodelle sind. Nicht alles, was rechtlich möglich ist, was das Verfassungsgericht zulässt, was unsere Gerichte zulassen, muss auch ökonomisch und politisch sinnvoll sein.

Hier wird das Tariftreuegesetz um den ÖPNV-Bereich erweitert. Die Geltungsdauer wird bis 2010 verlängert. Für die Kommunen ist das Ganze fakultativ.

Wir sollten die Zeit nutzen, bis die Regelung ausläuft, um zu überprüfen, ob die Praxis, wie sie jetzt weitergeführt wird und wie sie für den Busverkehr neu eingeführt wird, wirklich Vorteile bringt, ob sie das einzige und effektivste Mittel ist, Lohndumping zu verhindern. Es geht doch allen, die an dem Beschluss im Wirtschaftsausschuss beteiligt waren, darum, Lohndumping zu verhindern. Wenn es andere Möglichkeiten gibt, sollte man darüber nachdenken.

Es ist sicher auch festzustellen, dass die Regelung natürlich Steuergeld kostet, denn die Tariftreue wird nicht zu einem unerheblichen Teil aus Regionalisierungsmitteln bezahlt. Was wir dort sicherstellen und durchsetzen, fehlt uns möglicherweise an Spielraum an anderen Stellen.

Schließlich ist von mehreren Rednern mit Recht darauf hingewiesen worden, dass es in NordrheinWestfalen zu einer Abschaffung gekommen ist, unter anderem auch deshalb, weil die Wirtschaft nur noch zu 3 % der Auffassung war, das Ganze weiterzuführen. - Alles Probleme, die uns in SchleswigHolstein bekannt sind und die auch in Zukunft bedacht werden sollten.

Die grundsätzlichen Bedenken mögen bestehen bleiben, aber es ist richtig, dass wir das Ganze nach den Erfahrungen machen, die wir im letzten Jahr gemacht haben. Die positiven Effekte der Tariftreueregelung müssen allerdings auch die höheren Kosten aufwiegen. Das heißt, es muss einen generellen Einfluss auf das Lohnniveau der Branche geben. Wenn wir auf der einen Seite Busunternehmer mit einem öffentlichen Auftrag und auf der anderen Seite Busunternehmer mit einem privaten Auftrag haben, könnte die Tariftreueregelung dazu führen, dass es innerhalb der Branche zu einer großen Lohnschere kommt: Wer für die öffentliche Hand arbeitet, ist besser dran als der, der privat wirtschaftet und möglicherweise Dumpinglöhne zu ris

kieren hat. Dann ist eine Tariftreueregelung nicht effektiv. Dann handelt es sich nur um eine Subventionierung klug kalkulierender Unternehmer. Eine solche vom Staat geschaffene Lohnschere ist unter Gerechtigkeitsaspekten gegenüber denjenigen Arbeitnehmern, die davon nicht begünstigt sind, die nicht für einen öffentlichen Arbeitgeber arbeiten, nur schwer zu vertreten. Letztlich wollen wir mit dem Tariftreuegesetz vor allem mehr Verteilungsgerechtigkeit erreichen und nicht weniger.

Schließlich dürfen wir auch den bürokratischen Aufwand nicht vergessen, mit dem wir die Unternehmen und die öffentliche Verwaltung belasten. Wenn es bei der Bahn nicht zu Abschlüssen gekommen wäre wie in der Vergangenheit und man tatsächlich die Tariftreue hätte prüfen müssen, fiele es einem wahrscheinlich schwer festzustellen, welcher Tarifvertrag mit welchem Tarifpartner hier eigentlich gilt. Ich brauche bloß an die gegenwärtigen Diskussionen um die Lokführer und die DB mit ihren Arbeitnehmern zu erinnern.

Meine Damen und Herren, für mich steht das Tariftreuegesetz nach wie vor auf dem Prüfstand. Es ist gut, dass heute ein Abschluss gefunden wird. Es ist richtig, dass wir, wie auch Herr Harms gesagt hat, die Debatte weiterführen müssen, um auf dem richtigen Weg zu vernünftigen Arbeitsbedingungen ohne Lohndumping zu kommen. Hierfür unternehmen wir heute gemeinsam einen wichtigen Schritt.

(Beifall bei CDU, SPD, FDP und SSW)

Ich danke Herrn Minister Austermann. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratung und komme zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, Drucksache 16/115. Der Ausschuss empfiehlt, den Gesetzentwurf Drucksache 16/115 abzulehnen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf mit den Stimmen der Fraktionen von CDU, SPD und FDP gegen die Stimmen der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW abgelehnt.

Ich komme nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf der Abgeordneten des SSW, Drucksache 16/604. Ich lasse über den Gesetzentwurf der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/604 in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung abstimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf in der vom Ausschuss empfohlenen Fassung Drucksache 16/1488 mit den Stimmen der

Fraktionen von CDU, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW bei Enthaltung der Fraktion der FDP angenommen worden.

Ich rufe nun Tagesordnungspunkt 31 auf:

Erhalt der deutsch-dänischen Arbeitsvermittlung GRAMARK

Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1478

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Ich sehe, das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache und erteile Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In den letzten Jahren hat im deutsch-dänischen Grenzland eine beachtliche Entwicklung stattgefunden. Vor ein paar Jahren waren Grenzpendler, die in Deutschland wohnen und in Dänemark arbeiten, noch Exoten. Wenn deutsche Arbeitnehmer nach Dänemark zogen, dann gehörten sie häufig zu exklusiven Berufsgruppen, an denen in Dänemark Mangel herrschte, zum Beispiel Ärzten. Diese Situation hat sich heute grundlegend geändert. Für viele Arbeitsuchende im Norden des Landes ist es alltäglich geworden, auch Jobangebote in Dänemark zu beachten.

Diese Entwicklung hin zu einem grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt ist maßgeblich Projekten wie EURES oder GRAMARK geschuldet, die sich darauf spezialisiert haben, Arbeitskräfte über die Grenze hinweg zu vermitteln und entsprechend zu beraten. Obwohl dänische Unternehmen mittlerweile auch direkt in Tageszeitungen südlich der Grenze inserieren, würden viele deutsche Arbeitnehmer aus freien Stücken wohl kaum den Sprung wagen, der mit einem Berufseinstieg in einem anderen sprachlichen, kulturellen und ausbildungsmäßigen Kontext verbunden ist. Dazu brauchen sie Unterstützung - durch Organisationen wie GRAMARK.

Umso problematischer ist es, dass die Landesregierung nach mehrfacher Ankündigung nun zum Jahresende GRAMARK den Geldhahn abdrehen will. Mit dieser zielgerichteten und individuellen Vermittlung von Arbeitslosen nach Dänemark hat der Unternehmerverband Unterelbe-Westküste in Zusammenarbeit mit der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein einen maßgeblichen Beitrag zum Ausbau des deutsch-dänischen Arbeitsmarkts geleistet. Dieses Projekt darf nicht wegfallen, weil die

(Minister Dietrich Austermann)

ASH 2000-Förderung zum 31. Dezember 2007 ausläuft.

Im Gegensatz zum Unternehmensverband sehen wir nicht, dass der deutsch-dänische Arbeitsmarkt von allein läuft und dass die bei der Arbeitsagentur in Flensburg und dem Sozialzentrum in Leck angegliederten GRAMARK-Stellen durch private Jobvermittler ersetzt werden können.

Gänzlich unpassend finde ich die Äußerung, dass, wenn es Unternehmen auf dem freien Markt gibt, nicht einzusehen ist, dass der Verband mit öffentlichen Geldern das Gleiche macht.

Arbeitsvermittlung ist immer noch eine öffentliche Aufgabe und nur eine öffentlich geförderte Arbeitsvermittlung, die ihre Vermittlung nicht nach unternehmerischen Prinzipien ausrichtet, sichert die Chancengleichheit der arbeitslosen Menschen.

Wenn der Unternehmensverband aus den genannten Gründen nicht die Fortführung von GRAMARK unterstützen will, dann muss es die Landesregierung in einem anderen Rahmen gewährleisten. Denn wir können nicht damit leben, dass eine so wichtige Stelle wegfällt, weil sie als Projekt angelegt wurde. Dadurch würde nicht nur die grenzüberschreitende Zusammenarbeit zurückgeworfen. Durch den Wegfall von GRAMARK würde auch die positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im Norden Schleswig-Holsteins wieder gebremst. Angesichts der großen Bedeutung des dänischen Arbeitsmarkts für Schleswig-Holstein brauchen wir heute mehr denn je eine kompetente deutsch-dänische Vermittlung und Beratung von Arbeitslosen. Deshalb fordern wir die Landesregierung auf dafür zu sorgen, dass die Kompetenz der GRAMARKMitarbeiter den Jobsuchenden im Norden weiterhin zur Verfügung steht, und bitten die Fraktionen um Unterstützung.

(Beifall)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Niclas Herbst das Wort.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Sag doch einfach: Ich stimme der Ausschussüberweisung zu!)

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Oppositionsführer, ich stimme der Ausschussüberweisung natürlich zu. Es wundert Sie möglicherweise, dass ein Abgeordneter aus dem Südosten des Landes zu diesem Thema spricht, aber es ist ein landesweit wichtiges Thema