zierung: Der Bund hält sich fein raus. Es gibt keinen Pfennig aus Berlin. Die Verkehrsabteilung im Bundesverkehrsministerium hat das Projekt schon immer für hoch riskant gehalten. Die notwendigen Staatsgarantien gibt allein der dänische Staat. Dort hat die Bauindustrie, die sehr eng mit der VenstrePartei verbunden ist, was wir kennen, seit Jahren versucht, für dieses Projekt Lobby-Arbeit zu machen. Darauf komme ich noch.
Herr Mehdorn von der DB AG hat unmissverständlich deutlich gemacht, dass er kein Interesse an diesem Projekt hat und dass er keinen Pfennig dazubezahlen wird. Wer also zahlt die Hinterlandanbindung? Gebraucht werden mindestens 840 Millionen € für Schiene und Autobahn. Das Geld soll Schleswig-Holstein ganz allein und ausschließlich bezahlen. Es soll ausschließlich aus den Mitteln kommen, die Schleswig-Holstein jährlich aus dem Bundesverkehrswegeplan vom Bund bekommt.
Das sind die Mittel, die Schleswig-Holstein für den Autobahnbau und für den Schienenausbau in Schleswig-Holstein bekommt. Das sind jährlich 200 Millionen €. Die Mittel sollen allein aus diesem Topf bezahlt werden. Das bedeutet konkret, in Schleswig-Holstein gehen die gesamten Infrastrukturmittel von fünf Jahren in dieses Projekt. Das ist Fakt. Der Minister hat ausgerechnet, dass das nicht ausreicht. Es fehlen 60 Millionen €. Daher werden zusätzlich 60 Millionen € aus dem Landeshaushalt genommen. Dabei ist die neue FehmarnsundBrücke noch gar nicht eingeschlossen. Jeder aber weiß: Wenn wir dieses Projekt machen, dann brauchen wir auch eine neue Fehmarnsund-Brücke. Das bedeutet noch einmal Kosten in Höhe von 150 bis 200 Millionen €. Diese Mittel sind nicht im Bundesverkehrswegeplan. Sie werden von SchleswigHolstein ganz allein aus dem eigenen Etat bezahlt werden müssen. Das geht auf Kosten des Landeshaushalts.
Jeder, der den Landeshaushalt kennt, weiß, woher das Geld genommen wird. Es wird aus dem Bildungshaushalt und aus dem Haushalt für Kindergärten genommen.
Das, was wir prophezeit haben, haben Sie schon angefangen. Da können Sie sich noch so sehr aufregen.
Es gibt natürlich noch Hoffnung, denn die Brücke ist immer noch nicht finanziert. Voraussichtlich ist eine Anfinanzierung von knapp 1,5 Milliarden € nötig, damit die Mautgebühren überhaupt die Schuldenlast und die Tilgung tragen. Die Brückenbauer setzen dabei ihre Hoffnung auf das Sponsoring aus der EU-Kasse. Der Topf bei der EU wurde allerdings von 20 Milliarden € auf 8,2 Milliarden € gekürzt, und zwar auf Initiative von Frau Merkel.
Verschwiegen hat der Ministerpräsident, dass Bundesverkehrsminister Tiefensee bereits fünf EU-Projekte für diesen Topf angemeldet hat: die Eisenbahntunnelstrecke durch den Thüringer Wald, 250 km Tunnelstrecke von München nach Verona, den Transrapid in München und die viergleisige Rheinschiene. Das alles ist angemeldet und Tiefensee hat nicht gesagt, dass das Projekt „Fehmarnbelt“ Vorrang hat. Über diese Projekte müssen Sie einmal mit ihm reden. Alles soll aus diesem Topf bezahlt werden, für den es europaweit 30 Anmeldungen gibt. Wir werden sehen, ob die Hoffnungen auf den Brüsseler Dukatenesel zutreffen oder ob sie vage sind.
Interessant ist auch die Reaktion auf die Brückenentscheidung in Dänemark. „Die dummen Dänen zahlen“, schrieb ein wütender Leser in seinem Brief an Dänemarks größte Zeitung, „Jyllands-Posten“. Dänemark mache sich freiwillig zu einem verstopften Transitland für schwere Lkw, so wie Österreich, heißt es in weiteren Debattenbeiträgen. Scheinbar hat die Debatte in Dänemark schon wieder richtig begonnen.
Der dänische Verkehrsminister habe sich beeilt, dies richtigzustellen, heißt es, und so weiter und so fort. Es ist jedenfalls eine interessante Debatte und ich bin gespannt, was geschieht, wenn die Mittel der EU nicht kommen und der dänische Verkehrsminister vor das dänische Parlament tritt und über 1 Milliarde € haben will, um die Anschubfinanzierung zu gewährleisten. - Hierbei geht es um die Anschubfinanzierung auf dänischer Seite. Auf deutscher Seite zahlen wir ja schon. Das ist vereinbart.
Was auf dänischer Seite ist, das ist noch völlig ungeklärt. Der dänische Verkehrsminister hat versprochen: Es wird kein Pfennig dazubezahlt. Das ist eine andere Aussage als auf unserer Seite.
Dänische Verkehrsfachleute haben ihre Zweifel. Diese Brücke führe von Nichts nach Nirgendwo, sagt der bekannte Verkehrsforscher Uffe Jakobsen. Die fehlende deutsche Zahlungsbereitschaft wird von Finanzfachleuten als Alarmsignal gewertet. Nur aus Schweden kommen dankbare Kommentare.
Meine Damen und Herren, es ist eine Entscheidung über die Zukunft. Da stimme ich überein. Entweder wird das nächste Jahrzehnt für Schleswig-Holstein ein Jahrzehnt der Bildung, des Ausbaus der Hochschulen, der Förderung von neuen Technologien und erneuerbaren Energien sein oder Sie machen das kommende Jahrzehnt zum Jahrzehnt des Brückenbaus. Gehirn oder Beton - das ist die Entscheidung.
(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Wolfgang Kubicki [FDP]: Bei Ihnen ist bei- des offensichtlich nicht vorhanden!)
Unsere Brücken in die Zukunft sind die Hochschulen, die Schulen, die neuen Technologieunternehmen und die regenerativen Energien.
Wir werden deshalb - das sage ich heute, auch wenn die Entscheidung jetzt gefallen ist; das Geld ist ja noch nicht da - den Kampf fortsetzen, um diesen GRIAZ, den größten Irrsinn aller Zeiten, zu verhindern.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Seitdem die Große-Belt-Brücke und die ÖresundBrücke fertiggestellt sind, gibt es in Dänemark eine starke Lobby für eine feste Fehmarnbelt-Querung. Die Bauindustrie hat natürlich ein Interesse daran, ihr Know-how und ihre Ressourcen bei der nächsten Brücke in Beton zu gießen. Dänische Verkehrspolitiker sind angesichts der bisherigen Erfolge von einer regelrechten Brückeneuphorie ergriffen. Insgeheim mag so mancher Verkehrspolitiker auch den Wunsch hegen,
Trotz aller Verbundenheit mit Dänemark und gerade deswegen hält der SSW die deutsch-dänische Vereinbarung über eine feste Querung des Fehmarnbelts für einen großen Fehler.
Die Verkehrsprognosen versprechen, dass täglich 8.000 bis 10.000 Fahrzeuge die Brücke nutzen werden. Dies entspricht der Verkehrsmenge, die täglich über eine größere Ausfallstraße der Stadt Flensburg rollt. Eigentlich müsste es jedermann einleuchten, dass diese Verkehrsmenge in keinem Verhältnis zur Größe des Bauvorhabens steht. Anders gesagt: Es ist Irrsinn, 5,5 Milliarden € für eine Brücke auszugeben, über die später genauso viele Fahrzeuge fahren wie auf einer mittleren Ortsumgehung, und das nur, um gegenüber den Fähren eine knappe Stunde Fahrzeit einzusparen.
Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, es gibt durchaus Alternativen zur Fehmarnbelt-Brücke. Durch ein optimiertes Fährkonzept ließen sich mehr Fahrzeuge und Züge über den Fehmarnbelt transportieren. Der Rest des Verkehrs ließe sich durch einen ungleich günstigeren Ausbau der JütlandRoute bewältigen.
Hinzu kommt - das ist ein weiterer Kritikpunkt dänischer Verkehrsexperten -, dass die geplante Fehmarnbelt-Brücke keine Verlagerung des Verkehrs von der Straße auf die Schiene bringt. Auch der Einsatz von modernen Hochgeschwindigkeitszügen ist anscheinend nicht vorgesehen. Wenn also aus dem Vorvertrag hervorgeht, dass die Bahnstrecke nach Puttgarden erst zwischen 2018 und 2025 zweigleisig elektrifiziert wird, dann ist das, wie man sagt, wenig mehr als weiße Salbe. Dabei stellen Storestrømsbroen zwischen Lolland und Falster und die Fehmarnsund-Brücke gleichermaßen Flaschenhälse für die Modernisierung des Schienenverkehrs dar. Ich rufe in Erinnerung, dass man sowohl bei der Brücke über den Großen Belt wie auch bei der Öresund-Brücke ausdrücklich von einem Primat der Bahn ausgegangen ist.
Mit seiner Skepsis steht der SSW bei Weitem nicht allein. Dänische Verkehrsforscher teilen unsere Ansichten. Vor allem aber hat die Zurückhaltung der Bundesregierung gezeigt, dass man auf deutscher Seite nicht an das Projekt glaubt und vor allem den veröffentlichten Verkehrsprognosen nicht vertraut.
Das haben nicht zuletzt auch die Gespräche des Wirtschaftsausschusses mit Staatssekretär Hennerkes vom Bundesverkehrsministerium und Herrn Wiesheu von der Deutschen Bahn gezeigt. Der Staatssekretär gab zum Besten, dass er für diese Verkehrsmenge nicht einmal eine Umgehung von Bad Oldesloe finanzieren würde. Das hätte auch hierzulande zum Nachdenken anregen müssen.
Schleswig-Holstein hat aber ein großes Interesse an dieser Verbindung entwickelt, obwohl der eigentliche Nutznießer Hamburg wäre. Vor allem Wirtschaftsminister Austermann hat sich mächtig dafür ins Zeug gelegt, dass die Bundesregierung ihre Meinung ändert.
Ich glaube, man kann getrost feststellen, dass er mit diesen Bemühungen gescheitert ist, lieber Kollege Ehlers. Seine Rettung war aber, dass der dänische Verkehrsminister eine Brücke über den Fehmarnbelt so unbedingt will, dass er dafür nahezu jeden Preis zahlt.
Jetzt bekommt die Bundesrepublik sozusagen eine „Fielmann-Brücke“, eine Brücke, für die sie keinen Pfennig dazubezahlen muss. Da fällt es der Bundesregierung natürlich schwer, den Widerstand noch aufrechtzuerhalten.
Diese Haltung nach dem Motto: „Na, dann lass’ sie doch machen, wenn sie zahlen“, ist aber für Schleswig-Holstein fatal. Denn natürlich besteht ein großes Risiko, dass eine solche „Jütland-Umgehung“ Jütland von den Verkehren von und zu den Wirtschaftszentren Skandinaviens abschneidet. Ich brauche hoffentlich nicht daran zu erinnern, dass der größte Teil Schleswig-Holsteins zur Halbinsel Jütland gehört.