Protocol of the Session on July 11, 2007

Der dänischen Regierung ist diese Gefahr zumindest bewusst. Sie hat daher beschlossen, eine Infrastrukturkommission einzusetzen, die untersuchen soll, welche Verkehrsprojekte westlich des Großen Belts in die Wege geleitet werden müssen, damit es in wirtschaftlicher Hinsicht nicht dazu kommt, dass Jylland und Fyn abgekoppelt werden.

Da der Ministerpräsident in seiner Regierungserklärung zu Recht auf die Bedeutung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit eingeht, fordern wir die Landesregierung auf, sich über die Arbeit dieser Infrastrukturkommission auf dem Laufenden zu

halten. Oder anders formuliert: Wir brauchen für den Landesteil Schleswig und für die Westküste ein eigenes Infrastrukturkonzept, das auch eine grenzüberschreitende Dimension beinhaltet.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Denn die Befürchtung, dass die feste FehmarnbeltQuerung wichtige Verkehrsprojekte im Land abwürgt, bleibt aus Sicht des SSW bestehen, trotz der beschwichtigenden Worte des Ministerpräsidenten.

Auch damit stehen wir nicht allein. Transportunternehmen im Norden, die IHK zu Flensburg oder auch die WIREG Flensburg/Schleswig äußern die gleichen Bedenken. Hier besteht also echter Handlungsbedarf, zumal auch die von der Landesregierung beschlossenen Leuchtturmprojekte für das Grenzland nur einen Effekt haben werden, wenn sie durch eine moderne Verkehrsinfrastruktur unterstützt werden. Soll heißen: Was bringt uns ein deutsch-dänisches Logistikzentrum, wenn die A 7 nur bis Bordesholm ausgebaut werden soll? Oder was geschieht bei uns, wenn in Süddänemark beschlossen wird, die Bahnstrecke bis zur Grenze zu modernisieren?

Mit anderen Worten: Es ist zwar gut, es reicht aber nicht aus, wenn Minister Austermann in einem Interview davon spricht, dass die Landesregierung daran denkt, die Infrastruktur im nördlichen Landesteil auszubauen und damit den sechsspurigen Ausbau der A 7 bis Bordesholm oder den Ausbau der B 5 Richtung Niebüll/Esbjerg meint. Hier ist unsere Liste der notwendigen Verkehrsprojekte um einiges länger.

Für den SSW ist klar, dass die Nord-Süd-Verbindung, sprich die A 7, für den Güterverkehr weiter ausgebaut werden muss. Der sechsstreifige Ausbau der A 7 von Bordesholm bis Hamburg reicht eben nicht aus - zumal es in Dänemark Überlegungen gibt, die Jylland-Autobahn auszubauen. Daher muss der sechsstreifige Ausbau der A 7 bis zur Landesgrenze nach Dänemark durchgeführt werden. Unser wichtigstes Autobahnprojekt bleibt aber weiterhin die A 20 mit einer westlichen Elbquerung. Ich denke, ich brauche hier nicht darauf hinzuweisen, dass es noch ganz viele Hausaufgaben zu bewältigen gibt, wenn dieses Projekt gelingen soll.

Für den Schienengüterverkehr in Nord-Süd-Richtung gilt das Gleiche. Auch hier muss es zügig Verbesserungen geben - auch hier gibt es noch viele Hausaufgaben. Die geplante Instandsetzung der Eisenbahnhochbrücken in Rendsburg und Hochdonn sind hiervon nur der Anfang.

(Anke Spoorendonk)

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Mit der Sanierung der Rendsburger Hochbrücke, die bis 2013 abgeschlossen sein soll, erhalten wir aber gerade mal den Status quo, denn damit wird der Engpass über den Nord-Ostsee-Kanal nicht beseitigt. Wir brauchen eine Lösung, die den Verkehr reibungslos fließen lässt.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Gleiche gilt übrigens auch für den Schienenengpass Pinneberg-Elmshorn. Darüber hinaus benötigen wir - wie gesagt - einen Ausbau des grenzüberschreitenden Schienenverkehrs und eine schnelle Umsetzung der Zweigleisigkeit an der Westküste.

(Beifall beim SSW)

All das lässt sich aber kaum finanzieren, wenn die Hinterlandanbindung für die eigentlich entbehrliche Fehmarnbelt-Querung finanziert werden muss.

Mit dem am 29. Juni 2007 unterzeichneten deutschdänischen Vorvertrag ist die Frage nach der Finanzierung des Brückenprojekts geklärt - zumindest auf dem Papier. Dass das finanzielle Ungleichgewicht nördlich der Grenze nicht einmal bei eingefleischten Brückenbefürwortern Jubel ausgelöst hat, denke ich, ist verständlich und klar. Hinzu kommt, dass bisher niemand weiß, ob man mit der angepeilten Finanzierung wirklich auskommt. Bisher ist nämlich noch gar nicht untersucht worden, ob der Meeresboden im Fehmarnbelt für die geplante Schrägseilbrücke wirklich geeignet ist. Wenn nicht, bedeutet dies voraussichtlich Mehrkosten von bis zu 1 Milliarde € - nachzulesen in der Fachzeitschrift der dänischen Ingenieure.

Wer also glaubt, dass mit der Vereinbarung am 29. Juni 2007 alles in trockenen Tüchern ist, wird sich womöglich noch umsehen. Es könnte in Dänemark durchaus zu weiteren Diskussionen kommen über das Projekt an sich, aber auch über die Verteilung der Kosten -, die ganz einfach dazu führen könnten, dass es im Parlament keine Mehrheit für eine „deutsche Fielmann-Lösung“ geben wird. Ich möchte daran erinnern, dass die dänische Regierung eine Minderheitsregierung ist. Sie braucht also das Parlament. Das Parlament hat nördlich der Grenze das Sagen, nicht die Regierung.

Und auch was die Finanzierung der FehmarnBrücke aus europäischer Sicht angeht, deutet vieles darauf hin, dass eine 30-prozentige Förderung wohl eher einem Wunschdenken entspricht.

Über die TEN-Projekte werde ich jetzt nichts weiter sagen, dazu hat der Kollege Hentschel schon einiges gesagt.

Man könnte also den Eindruck gewinnen, dass die Bundesregierung darauf setzt, dass es vonseiten der EU keine Fördermittel geben wird. Damit wäre sie aus dem Schneider - etwa nach dem Motto: Alle haben ihren guten Willen gezeigt, aber letztlich scheitert das Projekt, weil die EU nicht die notwendigen Zuschüsse gibt. Damit hätten beide Seiten, Dänemark und Deutschland, das Gesicht gewahrt und beide könnten auf die EU zeigen, die den Traum einer festen Fehmarnbelt-Querung platzen ließ.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, hier ist also noch Stoff für ganz viele Landtagsdebatten.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich erteile dem Minister für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr, Herrn Dietrich Austermann, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe mich kurz noch einmal gemeldet, weil ich nicht zulassen kann, dass falsche Behauptungen, die hier von den letzten beiden Rednern aufgestellt worden sind, im Raum stehen bleiben.

(Beifall des Abgeordneten Günther Hilde- brand [FDP])

Das gilt für einen großen Teil dessen, was gesagt worden ist. Kurz gesagt, Herr Hentschel: Nicht ein einziger Fakt, den Sie eben erwähnt haben, hat gestimmt. Das gilt für all das, was den Bahnverkehr betrifft, was die Autostrecke betrifft und was den Fähranleger betrifft.

Es gibt die Anregung, den Wunsch von norwegischen Reedern, eine zweite Fährstrecke zu bauen offensichtlich weil sie davon ausgehen, dass der Verkehr dafür ausreicht. Wir haben gehört, dass die Erwerber von Scandlines gesagt haben, sie könnten damit leben, weil sie denken, dass sie auch in Zukunft eine Fährlinie aufrechterhalten können.

In Zukunft wird sicher eine Verkehrsverlagerung stattfinden, die zu einer völlig anderen Betrachtung führen wird. Wenn man heute mit der Bahn oder mit dem Lkw über den Großen Belt fährt, ist die Strecke 150 km länger. Es müsste doch auch jedem Grünen einleuchten, dass es vernünftig ist, 150 km

(Anke Spoorendonk)

Fahrstrecke zu sparen, indem man eine kürze Verbindung nutzt. Vom Nordkap bis nach Neapel gibt es eine ununterbrochene Autobahnstrecke, ausgenommen ist nur diese eine Stelle. Deshalb macht es unheimlich viel Sinn, so etwas zu bauen.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei SPD und FDP)

Frau Spoorendonk, auch wenn ich davon ausgehe, dass wir zurzeit eine erhebliche Belastung der Strecke Pinneberg-Elmshorn haben: Vor Kurzem, als es ein Unglück mit einem Güterzug gab, war deutlich zu spüren, was das bedeutet. Nun stellen Sie sich einmal vor, die Hälfte der Güterzüge fährt künftig über die Fehmarnbelt-Querung östlich um Hamburg herum, nicht durch den Hamburger Hauptbahnhof, nicht über die Strecke PinnebergElmshorn. Das heißt, es würde auch bei uns das eine oder andere Problem lösen, wenn man eine vernünftige Verkehrsführung macht. In diesem Fall ist das ganz klar.

(Beifall bei CDU, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Sie stellen sich die Frage, wo das Geld herkommt. Die Bedingung des Bundes war immer zu sagen, dass das Land Schleswig-Holstein bei der A 20 oberste Priorität hat, dass der Bund uns im Bundesverkehrswegeplankonzept keinen einzigen Cent wegnehmen wird. Das heißt, das Geld, dass wir für den Ausbau der Gleise bekommen, das sind zunächst 220 Millionen € für das erste Gleis, bedeutet zusätzliches Geld, das wir für die Infrastruktur bekommen. Jeder kann sich denken, was es bedeutet, wenn die Strecke insgesamt von Lübeck bis nach Puttgarden elektrifiziert wird. Auch das bedeutet eine bessere Situation. Gegen die Elektrifizierung von Zügen sollten die Grünen eigentlich auch nichts haben.

Jetzt möchte ich noch etwas zum Thema TEN-Mittel sagen. In den Jahren von Rot-Grün in Berlin gab es wegen der Grünen kein einziges TEN-Projekt für die Bundesrepublik Deutschland, kein einziges Bahn-TEN-Projekt für die Bundesrepublik Deutschland. Wir haben einen ausgesprochenen Nachholbedarf bei den TEN-Mitteln. Sie haben immer Infrastruktur verhindert und auch dort Infrastruktur verhindert, wo Sie umweltfreundliche Verkehrssysteme fördern würden. Das gilt für die Strecke Thüringen, das gilt für Deutschland insgesamt.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich möchte auch noch etwas zum Tourismus sagen. Hans-Jörn Arp hat neulich das Beispiel gebracht: Wenn ich Gastwirt auf Fehmarn wäre, würde ich jetzt Pensionszimmer bauen und anmieten. Was bedeutet das denn? - Das bedeutet, dass in den sieben Jahren der Bauzeit der Brücke viele Menschen nach Fehmarn kommen werden, um dort auf der Brücke Geld zu verdienen. Möglicherweise wird der eine oder andere, wenn das Band durchgeschnitten wird, beklagen, dass er dieses Geld künftig nicht mehr hat. Ich gehe davon aus, dass sich die Zahl ausländischen Touristen, die heute nach Fehmarn kommen, durch die Brücke erhöhen wird. Die Zahl wird sich auch deshalb erhöhen, weil die Menschen dorthin kommen werden, um das Bauwerk zu betrachten.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Ich glaube, Sie sollten auch die Zugvögel nicht für so blöd halten, wie Sie das hier dargestellt haben.

(Heiterkeit bei der CDU - Beifall des Abge- ordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Da es ja die „Vogelfluglinie“ ist, fliegen die Vögel offensichtlich parallel zur Brücke und nicht alle dagegen.

(Heiterkeit und Beifall bei CDU und FDP)

Ja, sie bewegen sich auf dieser Strecke. Die Vögel sind so schlau, dass sie auch nicht in die OffshoreWindmühlen oder die anderen Windmühlen, die da stehen, reinfliegen.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Wie viele Vögel fliegen überhaupt nachts?)

Zum Thema Windenergie: Natürlich habe ich begrüßt, dass auf der Insel Fehmarn viele Windmühlen aufgestellt worden sind und dass man dort das Problem Kabel allein gelöst hat. Die Chance bestünde übrigens an anderer Stelle auch. Das heißt, das Engagement, das die Leute haben, hat dazu geführt, dass sie gesagt haben: Wir wollen hier durch Windenergie Geld verdienen und legen deshalb selber eine Trasse für das Kabel an. Das habe ich ausdrücklich begrüßt.

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weil die Gesetze zum Netzaus- bau dazu verpflichten!)

- Ja, Moment einmal, das ist doch schon vor einiger Zeit angefangen worden. Das Gesetz, das dort gemacht worden ist, ist mit Wirkung zum 1. Januar 2007 in Kraft getreten. Das galt damals noch gar nicht, als die Leute das Kabel verlegt haben. Sie können ihnen jetzt doch keinen Vorwurf daraus ma

(Minister Dietrich Austermann)

chen, dass sie sich praktisch und vernünftig verhalten und dazu beitragen, dass auf Fehmarn durch die Windenergie gewaltige Einnahmen durch die Gewerbesteuer hereinkommen.