Die Große Koalition hat ein Jahr und acht Monate gebraucht, um sich unserer Forderung nach der rauchfreien Gaststätte anzuschließen. Nun sollten wir im Ausschuss zügig beraten, damit wir nicht das letzte Bundesland sind, das beschließt.
Ich danke der Frau Abgeordneten Monika Heinold. - Das Wort für den SSW im Landtag hat nun der Herr Abgeordnete Lars Harms.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Hamburger machen es vor: Bei ihnen wird zum Jahresende der Glimmstängel aus dem öffentlichen Raum verbannt. Das ist beschlossene Sache. Natürlich haben sich trotzdem gleich wieder Kritiker zu Wort gemeldet.
So manch einer hat angekündigt, aufgrund des Rauchverbots seine Hamburger Kneipe zu schließen, möglicherweise sogar nach Schleswig-Holstein umzuziehen. Ich bin mir sicher, dass wir es hier mit allerletzten Abwehrgefechten zu tun haben, genau im Übrigen wie hier bei uns. Die Stimmung im Land ist eindeutig pro Rauchverbot:
bei Ärzten und Gesundheitsexperten sowieso, und, lieber Kollege Arp, auch bei vielen Rauchern ist die Stimmung danach. Mit dem vorliegenden Gesetz
Die Regelung, zu der sich die Landesregierung mit dem vorliegenden Entwurf durchgerungen hat, ist genau das, was auch der SSW immer gefordert hat. Sie ist klar und eindeutig. Eine lautstarke Lobby innerhalb der Gastronomie konnte sich in puncto Eckkneipen nicht durchsetzen, und das begrüße ich ausdrücklich. Damit setzt sich in Deutschland wider Erwarten doch ein recht scharfes Rauchverbot für die Gastronomie durch. Das ist gut so und wird vom SSW nachdrücklich unterstützt.
Darum lehnt der SSW den Änderungsantrag der FDP ab, lieber Kollege Garg. Je klarer wir den Nichtraucherschutz formulieren, desto besser.
Der Wunsch der Grünen, die Sonderregelung für Nebenräume in gastronomischen Betrieben zu streichen, entspricht nicht unseren Vorstellungen. Unser Ziel ist es, Nichtraucher davor zu schützen, dass sie ungewollt mitrauchen müssen. Unser Ziel ist es nicht, alle Raucher einer Umerziehung zu unterziehen und das Rauchen auf Umwegen gänzlich zu verbieten. Deshalb halten wir den Kompromiss, in komplett abgeschlossenen zusätzlichen Räumen das Rauchen weiterhin zuzulassen, für sinnvoll. Dies unterstützt im Übrigen auch die Gastronomie im ländlichen Raum, die auf jeden einzelnen Gast angewiesen ist und wo es keine Ausweichmöglichkeiten wie in großen Städten gibt, weil oft nur ein gastronomischer Betrieb vor Ort vorhanden ist.
Viele fürchteten einen Flickenteppich aus unterschiedlichsten Regelungen. Dazu kommt es glücklicherweise bei uns nicht. Das wird im Übrigen nicht nur die Bewohner des Hamburger Umlandes freuen, weil sie sich eben nicht darum kümmern müssen, wo genau jetzt die Kneipe liegt, denn bekanntlich sind in Ammersbek, Norderstedt oder anderen Hamburg-nahen Gemeinden die Grenzen zwischen Schleswig-Holstein und Hamburg völlig verwischt.
Ein Verbot kann allerdings nur so stark sein wie die Sanktionsmöglichkeiten, die damit verbunden sind. Die Höhe der Geldstrafe von 4.000 € halte ich für absolut angemessen. Nur eine empfindliche Strafe kann langfristig das Rauchverbot durchsetzen. Wer lediglich eine mindere Strafe zu erwarten hat, wird das einkalkulieren und einfach wie bisher weitermachen.
Eine effektive Durchsetzung des Gesetzes bedarf darüber hinaus aber auch einer lückenlosen Kontrolle. Gastwirte, die aufgrund einer geringen Kontrolldichte keine Angst davor haben, zur Rechenschaft gezogen zu werden, werden weitermachen wie bisher und damit ihre eigene Gesundheit und die ihres Personals aufs Spiel setzen. Der florierende Verkauf von Spirituosen an Jugendliche, der wegen der geringen Kontrolldichte an vielen Kiosken und Supermärkten immer noch üblich ist, ist ein Beispiel aus dem Drogenbereich, das uns alle aufhorchen lassen sollte.
Mich beschleichen Zweifel, ob die Kontrolle wirklich in dem geforderten Maße kommt, wie wir uns das alle wünschen. Dass die Frau Ministerin die gesellschaftliche Akzeptanz des Rauchverbotes ausdrücklich als Entlastungsfaktor für die Ordnungsbehörden anführt, halte ich für problematisch. So wird unter Punkt D im Vorblatt des Gesetzentwurfs unter „Direkte Kosten“ die soziale Kontrolle angeführt, die angeblich den Vollzugsaufwand verringert. Ich möchte aber gerade nicht, dass die Nichtraucher selbst für Rauchfreiheit Sorge tragen müssen und demzufolge dann zu Buhmännern werden.
Der SSW fordert deshalb, dass die Ordnungsbehörden vor allem in den ersten Monaten gezielt Gaststätten und Restaurants kontrollieren. Zeigt die öffentliche Hand, dass es ihr Ernst ist mit einem Schutz vor Passivrauchen, wird sich das Verbot des Rauchens im öffentlichen Raum umso schneller umsetzen lassen. Genau das wollen wir doch alle: Rauchfreiheit für alle, die es wollen. Die Raucher, die gern in der Öffentlichkeit weiter rauchen wollen, können das zukünftig in Raucherräumen tun. Deren eindeutige Kennzeichnung überlässt es jedermann, frei zu entscheiden, ob er oder sie sich den Gefahren des Passivrauchens aussetzen möchte. Dass Raucherräume aber keine Hintertür darstellen dürfen, mit denen dann doch das Servicepersonal dem Rauch ausgesetzt wird, sollte für uns alle, auch für die Betreiber gastronomischer Betriebe, selbstverständlich sein. Wir müssen hier genau schauen, wie sich die Situation vor Ort entwickelt, auch um unserer Verantwortung gegenüber den Kolleginnen und Kollegen in der Gastronomie gerecht zu werden.
Auf jeden Fall können wir vom SSW sagen, dass der Gesetzentwurf, der uns von der Landesregierung vorgelegt worden ist, ein Gesetzentwurf ist, mit dem man gut weiterarbeiten kann und der genau die richtigen Punkte gesetzt hat.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.
Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1435 sowie die Änderungsanträge Drucksachen 16/1504 und 16/1508 dem Sozialausschuss zu überweisen
und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss. Noch weitere Wünsche? - Gut. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Dann ist das so beschlossen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Grundsatzberatung und erteile das Wort der Ministerin für Soziales, Gesundheit, Familie, Jugend und Senioren, Frau Dr. Gitta Trauernicht.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Maßregelvollzug ist wegen seiner Komplexität und vermutlich auch wegen des ungewohnten Begriffes kein Thema, das die breite Öffentlichkeit beschäftigt. Allenfalls Aspekte der Sicherheit und Ereignisse wie Entweichungen lösen stärkere Nachfragen aus. Dabei lohnt es sich, sich vertieft mit diesem Thema zu befassen. Ich zitiere sinngemäß aus § 2 des Gesetzes: Der Vollzug der Maßregeln ist darauf auszurichten, die untergebrachten Menschen durch ärztliche, psychotherapeutische und sonstige geeignete Maßnahmen zu behandeln sowie sie auf eine selbstständige Lebensführung außerhalb einer Einrichtung vorzubereiten. Er dient zugleich dem Schutz der Allgemeinheit.
In diesen Formulierungen, liebe Kolleginnen und Kollegen, wird das Spannungsverhältnis zwischen sicherer Unterbringung und Schutz der Bevölkerung einerseits und Behandlung mit Wiedereingliederung andererseits deutlich.
aufgegriffen, um den gesetzlichen Rahmen für diese komplexe Zielerreichung weiter zu verbessern. Dafür sind Änderungen in drei Bereichen vorgesehen.
Erstens - das stelle ich ganz bewusst an den Anfang -: Jeder untergebrachte Mensch mit seinen verfassungsrechtlich garantierten Rechten wird durch die Neuregelungen zur Informationsfreiheit, durch die Neuregelungen zum persönlichen Besitz sowie zur Religionsausübung in seinen Rechten gestärkt und in seinen Fähigkeiten gefördert, um ein in die Gemeinschaft eingegliedertes Leben zu führen, wie es im geänderten § 2 heißt.
Zweitens: Alle Eingriffsbefugnisse der Einrichtungen des Maßregelvollzuges wurden mit Blick auf den verfassungsrechtlich garantierten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit überprüft und den Erfordernissen des aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitenden Gesetzesvorbehalts durch eindeutige und abschließende Regelungen angepasst. Sie führen im Ergebnis zu mehr Rechtssicherheit sowohl für die im Maßregelvollzug tätigen Mitarbeiter als auch für die untergebrachten Menschen.
Drittens: Die Aufnahme des Probewohnens. Dem Probewohnen kommt als besondere therapeutische Erprobung zur Wiedereingliederungsmaßnahme eine zentrale Bedeutung für die Herstellung der Entlassungsreife zu. Kaum eine andere Maßnahme bereitet den untergebrachten Menschen besser auf ein eigenständiges Leben außerhalb des Maßregelvollzuges vor und reduziert die Rückfallgefahr. Vorbereitungsmaßnahmen wie das Probewohnen sind im Übrigen auch eine Erklärung dafür, dass nach Einschätzung von Expertinnen und Experten im Maßregelvollzug in Deutschland die Rückfallquote bei 15 bis 20 % liegt. Ich erinnere daran, dass sie im Strafvollzug hingegen bei 50 bis 60 % liegt.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor dem Hintergrund dieser Ziele von Schutz und Behandlung hat die Landesregierung 2004 ein Programm zur qualitativen Verbesserung des Maßregelvollzuges in Schleswig-Holstein auf den Weg gebracht. Wir alle erinnern uns an die lebhafte öffentliche Diskussion um die Situation im Maßregelvollzug. Wir haben seitdem mit diesem Handlungsprogramm für Gebäude der Forensik 8,25 Millionen € für Baumaßnahmen ausgegeben und wir haben inzwischen zur Qualitätssteigerung des Personals eine 10,6-prozentige Aufstockung des Personals um 35 Stellen erreicht. Außerdem ist zum 1. Oktober 2005 als Anliegenvertretung der Patientinnen und Patienten des Maßregelvollzuges eine Besuchskommission eingerichtet worden, die ihren ersten Bericht vor weni
gen Wochen auch dem Sozialausschuss vorgelegt hat. Auch die Kommission berichtet insgesamt zufrieden über die Entwicklung und äußert sich im Wesentlichen zustimmend zu dem vorgelegten Entwurf.
Der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf soll diese Entwicklung weiter verstärken. Ich freue mich auf die weitere Beratung in den Ausschüssen und hoffe auf eine grundsätzliche Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf, der zur Verbesserung des Maßregelvollzuges und damit der Situation der behandlungsbedürftigen Menschen in Schleswig-Holstein führen wird.
Ich danke Frau Minister Dr. Trauernicht. - Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun der Herr Abgeordnete Thomas Stritzl.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich dem Haus für den ausgewogenen Gesetzentwurf danken. Schließlich ist der Maßregelvollzug eine verfassungsrechtlich sensible Thematik. Auf der einen Seite geht es um die Gewährleistung der Sicherheit für die Bürgerinnen und Bürger. Allerdings geht es nicht nur um den Schutz der Allgemeinheit vor Personen, von denen Gefahren ausgehen können, sondern es geht auf der anderen Seite selbstverständlich auch um die Rechte dieser Personen selbst - wenngleich ich sagen muss, dass für die CDU natürlich immer ein besonderer Schwerpunkt darin liegt, die Allgemeinheit zu schützen. Aber, wie gesagt, verfassungsrechtlich garantierte Rechte der Untergebrachten selbst sind ebenso zu wahren.
Ziel der Unterbringung darf es deshalb nicht allein sein wegzuschließen, sondern muss vielmehr auch die erfolgreiche Therapie mit einer sich daran anschließenden Option auf die Wiedergewinnung der Freiheit sein. Deshalb wird dies zu Recht in den Mittelpunkt des Gesetzentwurfs gestellt.
Ich möchte hinzufügen: Ich finde es gut, die Mitwirkungspflicht des zu Therapierenden zu unterstreichen. Denn auch das gehört natürlich mit dazu. Ohne dessen Mitwirkung kann das nicht gelingen, was das Gesetz als seinen Schwerpunkt zu erkennen gibt.
Die Sicherheit wird unter anderem auch durch die umfangreichen bereits jetzt laufenden Bauprogramme gewährleistet. Zu nennen sind hier die Optimierung im Bereich der Kliniken Schleswig und Neu
stadt und auch die anvisierte Einrichtung von Therapieplätzen im Bereich der Jugendanstalt Schleswig. Dieses Thema wird auch aus Sicht des Justizministers noch zu erörtern sein.