Protocol of the Session on May 11, 2007

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Übermäßiger Lärm ist gesundheitsschädlich und macht krank. Das ist keine neue Erkenntnis über Lärm. Dessen Ursachen und Auswirkungen liegen bereits seit Langem vor und es wird stetig weiter in diesem Bereich geforscht. Das stetige Rauschen vorbeifahrender Autos, dröhnende Motorräder, rumpelnde Güterwagen und Flugzeuge, die über unsere Köpfe ziehen, dies alles hat in den

letzten Jahren erheblich zugenommen. Somit ist der Verkehrslärm zur Lärmquelle Nr. 1 geworden. Aber auch Freizeitlärm und Gewerbelärm haben sich insbesondere in den Ballungsgebieten zu einer Lärmbelästigungsquelle entwickelt.

Es bleibt also die Frage, was wir gegen diese unterschiedlichsten Lärmquellen tun können. Durch die EU-Umgebungslärmrichtlinie sollen Menschen nun besser vor Lärm in ihrer Umgebung geschützt werden. Umgebungslärm wird als unerwünschte oder gesundheitsschädliche Geräusche im Freien definiert - was auch immer das ist -, die durch Aktivitäten von Menschen verursacht werden. Eingeschlossen wird dabei auch Lärm, der von Verkehrsmitteln sowie Industriegeländen ausgeht. In einem ersten Schritt sollen bis Juni 2007 Lärmkarten erstellt werden, aus denen bis Juli 2008 dann Aktionspläne abgeleitet werden sollen. Diese Maßnahmen beziehen sich jedoch nur auf Ballungsräume und Hauptverkehrswege. Alles andere bleibt draußen vor. Diese Aktionspläne sollen von den Kommunen erarbeitet werden. Es soll dargelegt werden, wie Lärm verringert und die Ruhe in leisen Gegenden gesichert werden kann. Im Prinzip ist dieser Ansatz durchaus sinnvoll und gut. Aber leider fehlen die Grenzwerte, wann was gemacht werden muss. Weder in der Richtlinie noch im deutschen Gesetz steht, ab wie viel Dezibel Maßnahmen in diesem Bereich ergriffen werden müssen.

Die EU-Richtlinie trat bereits im Juli 2002 in Kraft und sollte dann in nationales Recht umgesetzt werden. Nachdem Bundestag und Bundesrat letztendlich zu einer Einigung gekommen waren, konnte die EU-Umgebungslärmrichtlinie 2005 endlich in nationales Recht umgesetzt werden. Angesichts der durch die Richtlinie vorgegebenen zeitlichen Fristen ist es bedauerlich, dass man erst so spät eine Einigung erzielen konnte. Ebenso bedauerlich ist die zeitliche Verzögerung der Verkehrszähldaten 2005, die für die Lärmkarten notwendig sind. Diese Verzögerungen gehen zulasten der Gemeinden, die nun mal eben zwischendurch die Karten erstellen müssen. Das ist sicherlich nicht gut für die Qualität dieser Karten.

Hier wäre interessant gewesen zu erfahren, wie viele Gemeinden betroffen sind und wie derzeit der Umsetzungsstand in diesen Gemeinden ist. Wir können doch nicht abwarten und hoffen, dass die betroffenen Gemeinden zum Stichtag ihre Lärmkarten fertigstellen. Wir müssen vor allem auch wissen, welche Probleme diese Gemeinden in der Umsetzung haben, damit wir möglicherweise reagieren können.

(Detlef Matthiessen)

Auf welchen Grundlagen die Lärmkarten und insbesondere die daraus resultierenden Aktionspläne erstellt werden sollen, lässt der Bericht leider offen. Zwar geben die Lärmkarten Auskunft darüber, was an Lärmbelastung berechnet ist und was zu erwarten ist, aber es gibt keine Grenzwerte, ab wann Lärm zu bekämpfen ist. Wenn nun keine Grenzwerte vorliegen, so kann man sich doch die Frage stellen, warum die Gemeinden überhaupt derartige Karten aufstellen sollen. Hier sehe ich noch Verbesserungsbedarf. Dass der sogenannte „Managementansatz“ der Richtlinie in Bezug auf die Notwendigkeit und Machbarkeit von Maßnahmen zum Tragen kommt, wie es im Bericht genannt wird, kann uns doch nicht wirklich zufriedenstellen. Kommunale Selbstbestimmung gut und richtig. Aber auch die Kommunen brauchen hier doch klare und verbindliche Richtwerte, nach denen sie entscheiden. Wie sollen die Gemeinden sonst verbindlich planen können?

Die Grenzwerte müssen nach unserer Auffassung bundeseinheitlich geregelt werden. Ansonsten hätten wir bundesweit unterschiedliche Handhabungen - je nachdem, ob sich eine Kommune Lärmschutz leisten kann oder nicht, leisten will oder nicht.

Nun sollten wir allerdings erst einmal abwarten, wie sich die Umsetzung der EU-Umgebungslärmrichtlinie entwickelt. Es fängt jetzt erst an. Wenn wir politisch entscheiden wollen, müssen wir sehen, wie sich die Umsetzung entwickelt. Unsere Erwartungen sollten nicht zu hoch sein.

Auch wir stimmen der Kenntnisnahme zu.

(Beifall bei SSW, SPD und FDP)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Lars Harms. Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe damit die Beratung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, da kein Antrag gestellt worden ist, nimmt das Präsidium an, dass der Bericht zur Kenntnis genommen wurde und der Tagesordnungspunkt damit erledigt ist.

(Konrad Nabel [SPD]: So ist es!)

- Ich sehe keinen Widerspruch.

(Konrad Nabel [SPD]: Endlich ist mal was abgehakt!)

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 41 auf:

Umweltbildung in Schleswig-Holstein

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1354

Ich erteile dem Minister für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Herrn Dr. Christian von Boetticher, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Bildung ist gerade in Deutschland vielleicht die wichtigste Investition in die Zukunft. Insbesondere die Umweltbildung ist davon geprägt, dass sie der weltweiten Entwicklung Globalisierung als Grundlage auch für neues Wissen, für neue Fähigkeiten Rechnung trägt. Das gilt es, im Blick zu haben. Hierzu zeigt der vorliegende Bericht zur Umweltbildung, Bildung, für nachhaltige Entwicklung die Vielfalt der Aktivitäten im Land auf. Dabei ist Umweltbildung, wie wir alle wissen, eine Säule der nachhaltigen Entwicklung, aber auch die Säule, die aufgrund der aktuellen Debatten um den Klimawandel im Moment in aller Munde ist.

Wir müssen uns klarmachen, welche Konsequenzen durch den sorglosen und nachlässigen Umgang mit Umwelt drohen und welche Beiträge vor allen Dingen jeder Einzelne für eine nachhaltige Entwicklung leisten kann. Dafür ist umfangreiches Wissen notwendig. Ich erinnere nur an die komplizierten Zusammenhänge zwischen CO2-Ausstoß und Klimaveränderung. All das ist ein Wissen, das vermittelt werden muss. Diesen Ansatz verfolgte auch der erste Aktionstag zur UN-Dekade „Bildung für nachhaltige Entwicklung“, der am 26. April 2007 unter dem Motto „Lernen - Gestalten - ‚wir machen Zukunft’“ stattgefunden hat. Denn eines ist klar: Nur, was man kennt, kann man lieben, und nur, was man liebt, kann man am Ende auch wirkungsvoll schützen und Einsatz dafür zeigen.

Darum ist es für uns besonders wichtig, dass wir gerade Kinder und Jugendliche an Umweltbildung, an den Umgang und die Liebe zur Natur heranführen und ihnen zeigen, wie wichtig der sorgfältige Umgang mit Ressourcen ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

- Da kann man durchaus klatschen. Es freut mich, dass das auch von den Grünen kommt.

(Beifall bei der CDU)

Das Entdecken der Natur und gerade die persönliche Beziehung ist wichtig. Ich habe gerade wieder erfahren, dass ein Kind beim Melken einer Kuh auf dem Bauernhof gesagt hat: „Das ist doch furchtbar

(Lars Harms)

kompliziert. Es ist doch viel einfacher, die Milch bei Aldi zu kaufen.“

Es soll auch eine Ministerin gegeben haben, die einmal vorgeschlagen hat, die Kühe nur noch alle zwei Jahre kalben zu lassen, ohne den Zusammenhang zwischen dem Kalben und der Milchproduktion zu erkennen.

Sie sehen, wir haben hier eine ganze Menge im Bereich von Bildung, was Natur angeht, zu tun.

Wir müssen den Kontext sicher herausbilden, den Bildung für nachhaltige Entwicklung haben will, das heißt Umwelt, Wirtschaft und Soziales im Gleichgewicht zu sehen. Aber dieser Bericht beschäftigt sich im Schwerpunkt mit der Umweltbildung. Darum gilt es, in diesem Sinne zu handeln.

Ich möchte hier noch einmal den Anlass für eine neue Initiative, Umweltbildung als Teil der Bildung für nachhaltige Entwicklung in allen Bildungsbereichen fest zu verankern, hervorkehren. Das fängt bei den Kindergärten an. Wir waren dort mit Modellprojekten und generellen Angeboten für die Fortbildung für Erzieherinnen tätig. Es mündet nachher im Ansatz für lebenslanges Lernen.

Die Umsetzung des Konzeptes beinhaltet, dass verstärkte Bildungsmultiplikatorinnen und -multiplikatoren in allen Bildungsbereichen geschult werden müssen. Nur wenn bei diesen das notwendige Wissen und das Bewusstsein vorhanden ist, können sie es an Lernende weitergeben. Die Einsicht, dass es auf jeden Einzelnen ankommt, wie er seinen Alltag mit seinen Bedürfnissen ausrichtet, müsste sich bei allen durchsetzen und sie zum umwelt- und sozialverträglichen Handeln motivieren.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Minister Dr. von Boetticher. - Ich eröffne die Aussprache und erteile der Frau Abgeordneten Herlich Marie Todsen-Reese das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Fischstäbchen schwimmen im Meer und Pommes wachsen am Strauch. - Das ist die Vorstellung vieler Kinder und Jugendlicher über die Herkunft ihres Lieblingsessens, so hat es der Leiter der Akademie für Natur- und Umweltschutz Baden-Württemberg, Herr Hutter, einmal dargestellt. Er formuliert weiter:

„Ja, die Situation ist in der Tat erschreckend. Wir haben es mit einer regelrechten Wissen

serosion zu tun, in Sachen Natur, in Sachen Landschaft, Landwirtschaft, aber auch, was die Ernährung und die Gesundheit anbelangt.“

Und noch einmal Hutter:

„Ich möchte nicht sagen, dass die Leute nichts … wissen, die wissen heute andere Dinge. Die kennen heute 20 Handyklingeltöne, aber vielleicht gerade noch zwei Vogelstimmen. Die kennen 20 Automarken, aber keine Wildblumen mehr.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen, vielleicht halten inzwischen einige das viel genannte CO2 für eine coole Droge und wissen nichts vom klimabelastenden Kohlendioxid.

Mit diesen wenigen Beispielen will ich darstellen, welche skurrilen Formen die Naturferne der Menschen, insbesondere die der jungen Generation, bereits erreicht hat. Wer natürliche Zusammenhänge im Kleinen nicht mehr kennt und begreift, der wird die globalen, komplexen Zusammenhänge um Klimawandel und Biodiversität, um Artensterben und Lebensraumverlust erst recht nicht verstehen.

(Beifall)

Er wird die Gefahren, die von diesen Entwicklungen ausgehen, nicht richtig einschätzen können und er wird die Notwendigkeit zum Gegensteuern und zum Handeln nicht erkennen. Umweltbildung tut also not, mehr denn je.

Bildung ist eine unerlässliche Voraussetzung für die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung und die Verbesserung der Fähigkeit der Menschen, sich mit Umwelt- und Entwicklungsfragen auseinanderzusetzen - so steht es in der Agenda 21, Kapitel 36. Umweltbildung sichert unsere Zukunft.

Diese Erkenntnis war bereits im Juli 2000 Hintergrund für die Große Anfrage der CDU-Landtagsfraktion „Umweltbildung in Schleswig-Holstein“. Wir haben die Antwort damals intensiv in diesem Hause diskutiert. Damit haben wir damals einen entscheidenden Anstoß für eine intensive Auseinandersetzung mit diesem Thema und die dann folgende Entwicklung gegeben.

Herr Minister, mit dem jetzt von Ihnen vorgelegten Bericht wird deutlich, dass in den vergangenen Jahren ein dichtes Netzwerk im Bereich der Umweltbildung, der Bildung für nachhaltige Entwicklung und der entwicklungspolitischen Bildung entstanden ist. Eine gute Bilanz in der vorschulischen und schulischen Bildung, in der beruflichen Bildung, in Hochschulen und Fachhochschulen, in Wissen

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

schaft und Forschung, in der Lehreraus- und -fortbildung und in der Weiter-, Fort-, Erwachsenenund außerschulischen Bildung, in Umweltbildungseinrichtungen von ehrenamtlichen Vereinen und Verbänden, der Kommunen und der Kirchen und durch Aktivitäten der Landesregierung und in ihren Einrichtungen. Herr Minister, an dieser Stelle möchte ich Ihnen und den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aller Ressorts für den vorgelegten Bericht danken.

(Vereinzelter Beifall)