Protocol of the Session on March 22, 2007

Der Gesetzentwurf gibt uns darüber hinaus Gelegenheit, das Thema Kur- und Fremdenverkehrsabgabe einmal ganzheitlich anzugehen. So wäre es aus meiner Sicht wünschenswert, weitere Freiräume schaffen zu können und zum Beispiel die Kurabgabe und die Fremdenverkehrsabgabe zu einer kommunalen Tourismusabgabe zusammenzufassen. Diese Tourismusabgabe könnte von den Vermietern und von der sonstigen vom Tourismus profitierenden Wirtschaft aufgebracht werden. Beim Gast findet das bestimmt Zustimmung. Es ist immer wieder zu hören, dass der Verwaltungsaufwand für die Erhebung der Kurabgabe unverhältnismäßig groß sei. Das gelte sowohl für die Festsetzung als auch für die Erhebung. Unverständnis herrscht nicht selten nicht nur bei den Vermietern, sondern auch beim Gast von außerhalb. Es herrscht auch bei Schleswig-Holsteinern und SchleswigHolsteinerinnen, die an einen Strand möchten. Es wäre doch schön, wenn wir den Gast von der Last der Kurabgabe befreien könnten und wenn die Betriebe hier einspringen würden.

Eines steht für mich fest: Die Tourismuskommunen sind auf verlässliche und planbare Einnahmen aus Kur- und Fremdenverkehrsabgaben angewiesen, um ihre touristische Infrastruktur in Schuss halten zu können. Ziel der Landespolitik muss es sein, den Aufwand für Kalkulation, Festsetzung und Erhebung der Abgabe so unkompliziert wie möglich zu gestalten. Das, was hier eingespart werden kann, ist mehr als genug Kompensation für mögliche Mindereinnahmen an den Strandhäuschen, an denen die Kurtaxe kontrolliert wird.

Mit Abgaben - allzumal mit der Fremdenverkehrsabgabe - macht man sich wahrlich keine Freunde. Trotzdem: Wer davon profitiert, dass eine Stadt

oder eine Gemeinde Urlauber, Tagesgäste, Kongressbesucherinnen und Kongressbesucher und Erholung suchende in die Stadt lockt; wer davon profitiert, dass ein Strand frisch und sauber ist und bleibt, dass Touristinformationen und touristische Attraktionen durch eine Kommune vorgehalten werden und dass ein Tourist am Geldautomat Geld abhebt, ein Restaurant besucht oder im Urlaub ein lange gesuchtes Paar Schuhe ersteht, der soll seiner Stadt mit der Fremdenverkehrsabgabe ein klein wenig zurückgeben. Das muss auch ohne eine gesetzlich vorgeschriebene Pflichtmitgliedschaft von Unternehmen in einem Tourismusverband nach österreichischem Vorbild möglich sein, wie wir es am Tirolstand auf der ITB erfahren haben.

Ich kenne die Sorge, dass die Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe zu Wettbewerbsnachteilen und zu Verdrängung und Abwanderung von Betrieben führen könnte. Ich kann den betroffenen Kommunen nur empfehlen, sich in der Region untereinander abzustimmen und zu einer einheitlichen Abgabenerhebung zu kommen, denn dann hat sich das Thema Abwanderung erledigt. Mein Kollege Feddersen hat auf ein Beispiel hingewiesen, nämlich auf die Kommunen in der Schlei-Region, die dies gern gemeinsam einheitlich regeln möchten.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Gedanken machen sollten wir uns - wenn wir schon bei dem Thema sind - über den Begriff Fremdenverkehrsabgabe. Aus meiner Sicht ist es höchste Zeit, den Begriff Fremdenverkehr aus der Fremdenverkehrsabgabe zu verbannen. Unsere Touristen sind unsere Gäste und keine Fremden!

(Beifall der Abgeordneten Lothar Hay [SPD] und Jürgen Feddersen [CDU])

Eine weitere Frage, der wir uns in der Ausschussberatung widmen sollten, ist die Frage nach der Notwendigkeit der Anerkennung als Kur- oder Erholungsort. Ich frage mich, ob wir hierauf verzichten können. Tourismus ist da, wo Gäste sind. Es ist ganz einfach. Lassen wir das doch die Kommunen entscheiden.

(Beifall des Abgeordneten Detlef Matthies- sen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Deshalb bitte auch ich darum, diesen Gesetzentwurf federführend an den Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend an den Wirtschaftsausschuss zu überweisen, in dessen Bereich der Tourismus angesiedelt ist.

(Beifall bei SPD, CDU und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

(Regina Poersch)

Ich danke Frau Abgeordneter Regina Poersch und habe Verständnis dafür, dass der PGF der SPD bei diesem Thema vom Urlaub träumt. - Für die FDPFraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nach dieser Rede kann ich nicht mehr verstehen, dass der PGF der SPD vom Urlaub träumt. Die Union klatscht hier auch noch Beifall! Sie wollen ein Gesetz beschließen, nach dem Menschen, die im Urlaub Schuhe kaufen und im Urlaub an den Bankautomat gehen, dafür noch einmal durch eine Fremdenverkehrsabgabe zahlen müssen. Wo ist die Union eigentlich hingekommen? Eigentlich wollte ich auf das Geld ohne Zinsen und auf die Wirtschaft ohne Wachstum aus und nicht auf Ostholstein zurückkommen, aber dieser Beitrag reiht sich wirklich nahtlos ein.

Lieber Herr Innenminister, ich mache Ihnen einen Vorschlag: Nennen Sie das Gesetz doch einfach Gesetz zur Freiheit der Kommunen. Hätten Sie nicht die Freiheit besessen, den Kommunen 120 Millionen € wegzunehmen, dann bräuchten wir heute überhaupt nicht über dieses Gesetz zu diskutieren. Meine Güte!

(Beifall bei der FDP - Zurufe)

Wir sind nicht in Ostfriesland hinter dem Deich. Das Land sollte Aufgaben streichen, Standards herabsetzen und damit den Kommunen die Möglichkeit geben, Ausgaben, die sie heute zwingend tätigen müssen, zu sparen. Diese Landesregierung geht einen ganz anderen Weg. Statt den Aufgabenaufwand auf kommunaler Ebene konsequent zu senken, eröffnet sie den Kommunen mit neuer Freiheit die Freiheit zum Abkassieren von Bürgern und Gästen. Nichts anderes wird mit diesem Gesetz verfolgt. Gut, wenn die Union das so will, dann nehme ich das so zur Kenntnis.

Worum handelt es sich bei der Kur- und Fremdenverkehrsabgabe eigentlich? Die Kurabgabe richtet sich an Ortsfremde, die dafür eine Abgabe zahlen, dass sie die im Erhebungsgebiet vorgehaltenen Kur- und Erholungseinrichtungen oder Veranstaltungen nutzen. Die Fremdenverkehrsabgabe richtet sich hingegen sowohl an Ortsfremde als auch an die Einheimischen, die durch die geschäftliche Teilnahme am Fremdenverkehr besondere wirtschaftliche Vorteile generieren. In der Lesart der Kollegin Poersch sind das also Menschen, die an einen Bankautomat gehen oder Schuhe kaufen. Ortsfrem

de, die sich zu einem Urlaub in einem Kurort aufhalten, dort zugleich aber auch geschäftlich tätig sind, weil sie beispielsweise selbst Ferienwohnungen vermieten, werden doppelt belastet.

Formal besteht nach dem Kommunalabgabenrecht keine Pflicht zur Erhebung der Kur- oder Fremdenverkehrsabgabe, sondern nur ein Recht, dies zu tun. Es gibt aber nach § 76 der Gemeindeordnung sehr wohl die Verpflichtung der Gemeinden, dass sie die zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlichen Einnahmen auch aus Entgelten für ihre Leistungen zu beschaffen haben, bevor sie einen Kredit aufnehmen dürfen. Tatsächlich heißt das bei der Finanzlage der Kommunen, dass sie gezwungen sein werden, diese Abgaben zu erheben. Sie haben also keine Wahl. Das war es dann schon mit Ihrer schönen neuen Freiheit, lieber Herr Innenminister! Abhilfe könnte hier nur der Landesgesetzgeber schaffen.

Über Sinn und Zweck dieser Abgaben kann man trefflich streiten, denn zum einen dienen sie dazu, dass die Kommunen die zumeist in kommunaler Hand befindlichen Erholungseinrichtungen finanzieren können. Zum anderen stellen sie aber auch eine Belastung der Urlaubsgäste und insbesondere der Ferienwohnungsanbieter dar, die diese Einrichtungen teilweise gar nicht in Anspruch nehmen, sich aber nicht gegen diese Abgabe wehren können.

Die Landesregierung will es künftig ermöglichen, die Fremdenverkehrsabgabe in der gesamten Ortschaft zu erheben, auch wenn nur ein Ortsteil die Voraussetzungen für einen Kur- oder Fremdenverkehrsort erfüllt. Das ist ein echter Systembruch, den wir - das sage ich ganz deutlich - nicht mittragen werden.

Ich wundere mich über den Applaus der Lübecker Kollegen auch aus der SPD-Fraktion. Ich will das Beispiel Lübeck nennen. Dort ist Travemünde als Seeheilbad anerkannt. Künftig soll die Fremdenverkehrsabgabe aber auch in allen anderen Stadtteilen von Lübeck erhoben werden können. Es wird also auch der Geschäftsreisende betroffen sein, der in einem Lübecker Vorort ein günstiges Zimmer gebucht hat, aber auch der Vermieter, der dieses Zimmer anbietet.

(Widerspruch bei der SPD)

- Aber selbstverständlich, ich empfehle Ihnen einfach einmal, die Auswirkungen dieses Gesetzes zu prüfen.

Nur noch einmal zur Erinnerung: Zwischen Lübeck Innenstadt und Travemünde liegen ungefähr 20 km. Wer also in Lübeck günstige Fremdenzimmer anbietet oder aber diese mietet, der will keinen Vorteil

durch die im 20 km entfernten Travemünde angebotenen Erholungseinrichtungen erlangen oder anbieten - jedenfalls in der Regel nicht.

Wenn man aber die Finanzsituation der Hansestadt Lübeck - die ja durch den Eingriff der Landesregierung in den kommunalen Finanzausgleich noch verschärft wird - sieht, dann wird Lübeck überhaupt keine andere Wahl haben, als die Kur- und Fremdenverkehrsabgabe im gesamten Stadtgebiet zu erheben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten endlich damit aufhören, immer neue Phantasien zu entwickeln, wie wir den Bürgerinnen und Bürgern das ohnehin schon immer weniger vorhandene Geld aus der Tasche ziehen können. Sinn macht es hingegen, endlich die kommunale Ebene von Aufgaben und gesetzlichen Standards zu entlasten. An dieser Stelle sage ich: Wir warten hierzu gespannt auf die konkreten - die konkreten! - Vorschläge aus dem Hause Schlie.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dr. Garg und erteile für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen das Wort.

Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die grüne Landtagsfraktion wird diesem Gesetz zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes zustimmen. Was soll erreicht werden? - Die Gemeinden haben zukünftig die Möglichkeit, den räumlichen Bereich der Fremdenverkehrsabgabe über den anerkannten Gemeindeteil hinaus zu erweitern. Den betroffenen Kommunen wird ein neues Entscheidungsrecht eingeräumt. Eine Ausweitung der Selbstbestimmungsrechte der Gemeinde wird von uns Grünen grundsätzlich unterstützt.

Wenn es dort Personen oder Personenvereinigungen gibt, die ebenfalls von dem Fremdenverkehr profitieren, dann ist es nur gerecht, dass diese auch in die Abgabenpflicht einbezogen werden.

Herr Garg, wenn Sie sich einmal in dem mir naheliegenden Eckernförde die Situation anschauen: Dort haben wir einen gut ausgebauten touristischen Bereich. Die Leute, die davon angezogen werden das ist manchmal die doppelte Zahl der Einwohner der Stadt - kaufen dann aber in der Peripherie bei famila ein. Das ist nicht untypisch.

Die Auswirkungen für die Kommunen sind klar. Entweder kommt es durch die Neuregelung zu einer Erhöhung der Einnahmen aus der Fremdenverkehrsabgabe, da die Erhebungsbasis vergrößert wird, oder aber es kommt zu einer finanziellen Entlastung der bisher allein zur Abgabe herangezogenen Personen beziehungsweise Personenvereinigungen, weil die gleichbleibende Abgabensumme auf mehr Zahler verteilt wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Neuregelung wird auch von den kommunalen Landesverbänden unterstützt. Ich finde, das ist ein wichtiger Aspekt in dieser Diskussion. Von der Neuregelung kann eine Kommune Gebrauch machen, sie muss es aber nicht. Ob es sinnvoll ist, davon Gebrauch zu machen, kann am besten vor Ort entschieden werden.

(Beifall des Abgeordneten Jürgen Feddersen [CDU])

Ich möchte aber trotzdem noch einmal den Aspekt ansprechen, den Herr Dr. Garg eben hinsichtlich der Prüfung, ob die Möglichkeiten der Erhebung von Eigenfinanzmitteln genügend ausgeschöpft sind, genannt hat. Das wird regelmäßig gemacht. In Osterby ist es uns zum Beispiel passiert, dass wir vom Kreis kritisiert wurden, weil wir zu niedrige Kita-Beiträge hatten. Wir mussten sie heraufsetzen, um weiter die Zuweisungen erhalten zu können. In diesem Fall sollte man unter Umständen darüber nachdenken, eine Freistellung der Prüfung der Eigenfinanzierungsausschöpfung einzuführen. Denn sonst greift die Logik, die Herr Dr. Garg hier eben entwickelt hat.

Meine Fraktion stimmt der Vorlage zu. Wir freuen uns auf die Diskussion im Ausschuss. Ich möchte noch einmal anregen, über die Begrifflichkeit Fremdenverkehrsabgabe nachzudenken. Das Wort Fremdenzimmer finden wir vielleicht noch in Erfde,

(Heiterkeit)

aber ansonsten muss man da lange suchen. Ich glaube, das Wort Fremdenverkehrsabgabe ist als Begrifflichkeit antiquiert. Lassen Sie uns nach einem neuen Begriff suchen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Detlef Matthiessen und erteile für den SSW Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk das Wort.

(Dr. Heiner Garg)

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie zeitgemäß eine Fremdenverkehrsabgabe heute in einer Zeit ist, in der unsere heimische Tourismuswirtschaft mit Destinationen in der Karibik und im Indischen Ozean - natürlich all inklusive - konkurriert, mag mit gutem Recht bezweifelt werden. Aber es gilt - das wissen wir auch - das eherne Gesetz, dass sich bei Abgaben und Steuern, wenn sie erst eingeführt sind, niemand findet, der den Mut aufbringt, sie wieder abzuschaffen. Das gilt offensichtlich auch für den Fall, dass sich der ursprüngliche Zweck und die Form längst überlebt haben.

Die Sektsteuer zur Finanzierung des wilhelminischen Flottenbaus ist hier ein oft und gern zitiertes Beispiel einer solchen Staatseinnahme. Ich möchte das jetzt nicht weiter vertiefen, denn es geht natürlich um das Kommunalabgabengesetz und die Ausweitung der Erhebung der Fremdenverkehrsabgabe.

Trotzdem möchte ich noch einmal etwas zur Form des Gesetzentwurfes sagen, weil mich das regelmäßig ärgert. Es hätte sich für eine ordentliche Vorlage gehört, dass die potenzielle Mehrbelastung für die lokale Wirtschaft von circa 500.000 € im Jahr in der Einleitung des Gesetzentwurfs unter Punkt D 3 - da steht ja: Auswirkungen auf die private Wirtschaft - zu finden gewesen wäre, spiegelbildlich natürlich auch die möglichen Mehreinnahmen für die betroffenen Kommunen in gleicher Höhe. Denn im Bericht der Landesregierung über die Kompensation der Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs rechnet man ja ab 2008 mit genau dieser Summe.

(Zurufe)