Protocol of the Session on March 21, 2007

Damit will ich sagen: Das Petitionsrecht des Bürgers oder der Bürgerin wird mitnichten eingeschränkt; denn dann hätten wir gegen die Verfassung verstoßen. Genau dies wollten wir ausschließen.

Ich würde Ihnen dringend empfehlen, nicht nur den Abschnitt 1 unseres Gesetzentwurfs zu lesen, sondern auch Artikel 1, der sich mit den entsprechenden Rechtsstellungen in der Landesverfassung befasst. Das ist nämlich Artikel 19 der Landesverfassung, wo dieses uneingeschränkte Petitionsrecht noch einmal festgeschrieben wird, weil es festgeschrieben werden muss; sonst hätten wir einen verfassungsbedenklichen Gesetzentwurf vorgelegt. Genau dies wollten wir nicht, lieber Kollege Buder.

Dann komme ich zu der Adresse an den Herrn Kollegen Hildebrand. Wenn sich eine Bürgerin oder ein Bürger schriftlich an ihn wendet oder sich eine Bürgerin oder ein Bürger an irgendjemand von uns 69 wendet - im Prinzip hat das Ministerpräsident schon sehr charmant aus dem Weg geräumt -, dann bitte ich Sie, mir die Bestimmung zu zeigen, wonach er das in Zukunft nicht mehr darf und dass Herr Kollege Hildebrand dann schreiben sollte, er dürfe sich damit nicht mehr befassen. Wenn wir uns auf einer solchen Ebene auseinandersetzen, dann kommt mit Sicherheit nichts Ordentliches für die Bürgerinnen und Bürger dabei heraus.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle 69, Sie und wir - also auch ich -, sind auch in Zukunft frei, jeder Bürgerin und jedem Bürger zu jeder Tages- und Nachtzeit mit offenen Augen und offenen Ohren nicht nur zuzuhören und zuzusehen, sondern auch zu helfen. Das sollten wir auch in Zukunft tun.

Jetzt freue ich mich auf die Beratung.

(Beifall bei der FDP)

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist beantragt worden, den Gesetzentwurf Drucksache 16/1289 zur Federführung dem Innen- und Rechtsausschuss und zur Mitberatung dem Petitionsausschuss und dem Sozialausschuss zu überweisen. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Das ist einstimmig so beschlossen.

Bevor wir in der Tagesordnung fortfahren, weise ich auf Folgendes hin. Der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls hat darum gebeten, eine persönliche Erklärung gemäß § 55 der Geschäftsordnung abgeben zu können. Da Tagesordnungspunkt 10 Änderung der Landesverfassung - abgeschlossen ist, mache ich von § 55 Abs. 2 der Geschäftsordnung Gebrauch, nachdem mir die persönliche Erklärung schriftlich mitgeteilt wurde. Der Herr Abgeordnete Klaus-Peter Puls hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Mein Wortbeitrag zur Verfassungsdebatte von heute Morgen hat zu Diskussionen und persönlichen Reaktionen in den Koalitionsfraktionen geführt. Ich habe in meinem Wortbeitrag den Kollegen Wadephul und den Ministerpräsidenten direkt angesprochen. Sollte ich den Kollegen Wadephul oder den Ministerpräsidenten an irgendeiner Stelle meines Redebeitrags persönlich verletzt oder gar beleidigt haben, so bedauere ich das und entschuldige mich dafür. Ich bedauere auch, dass das eigentliche Thema, der Schutz und die Förderung der Kinder und Jugendlichen, durch die Form meiner Äußerungen möglicherweise in der öffentlichen Berichterstattung und Kommentierung in den Hintergrund treten könnte. Sie alle kennen mich schon ein paar Jahre: Ich bitte um Nachsicht, dass die Pferde mit mir durchgegangen sind.

(Beifall)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls, fahre in der Tagesordnung fort und rufe Tagesordnungspunkt 33 auf:

Kompensation der Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs

Bericht der Landesregierung Drucksache 16/1286

(Dr. Heiner Garg)

Ich erteile dem Innenminister, Herrn Dr. Ralf Stegner, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Ihnen liegt der Bericht der Landesregierung über die Kompensation der Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs vor, der die Übersicht über die Entlastungsund Abfederungsmaßnahmen, die dem Finanzausschuss im November 2006 zugeleitet worden war, aktualisiert und ergänzt. Lassen Sie mich kurz rekapitulieren, wie es überhaupt zu dieser Liste gekommen ist.

Die Mehrheit des Schleswig-Holsteinischen Landtages hatte den Willen zur Konsolidierung des öffentlichen Haushalts konkretisiert und unter anderem beschlossen, die im Vergleich zu Land finanziell besserstehenden Kommunen mit 120 Millionen € an den Einsparbemühungen des Landeshaushaltes zu beteiligen.

Es ist unstrittig, dass es den schleswig-holsteinischen Kommunen finanziell besser geht als dem Land. Ebenso unstrittig ist aber, dass die Steuereinbrüche der letzten Jahre auch an den kommunalen Haushalten nicht spurlos vorübergegangen sind, und es ist sicherlich auch nicht streitig, dass die Bedeutung der öffentlichen Nachfrage für die örtliche Wirtschaft und für die soziale Infrastruktur von großer Wichtigkeit ist und wir deswegen finanziell handlungsfähige Kommunen benötigen. In diesem Zusammenhang möchte ich nur an die Kinderbetreuung erinnern, von der heute in anderem Zusammenhang schon die Rede war.

Deswegen habe ich als Kommunalminister immer betont, dass wir Vorschläge machen werden, die den Kommunen helfen, diesen finanziellen Einsparbetrag auch leisten zu können. Das Innenministerium hat mit großem Engagement an einer Liste von Maßnahmen gearbeitet, die es ermöglichen, diesen Eingriff so weit wie möglich zu kompensieren oder zumindest abzufedern.

Lassen Sie mich Ihnen sagen, dass ich sehr erfreut bin, wie gut dies gelungen ist. Ich wünschte, wir könnten den Beschäftigten eine ähnliche Kompensation bieten.

Wie sieht also der aktuelle Stand aus? Ich habe Ihnen immer gesagt, dass die Kommunen in diesem Jahr mehr in den Kassen haben werden als 2006. Nicht zuletzt dank der erfreulichen konjunkturellen Entwicklung werden die Kommunen in diesem Jahr trotz des Eingriffs über 60 Millionen € Mehreinnahmen für ihre kommunalen Aufgaben zur

Verfügung haben. Die jüngsten Erhebungen lassen sogar noch deutlich positivere Zahlen erwarten. Eine Mai-Steuerschätzung wie die kommende hätten sich Claus Möller und ich uns vor einigen Jahren gewünscht. Das Glück hatten wir nicht. Es wäre manches einfacher gewesen, wäre es so gekommen.

(Zurufe der Abgeordneten Günter Neugebau- er [SPD], Frank Sauter [CDU] und Günther Hildebrand [FDP])

- Der Herr Abgeordnete Neugebauer, der die Beratungen hier im Hause schon seit vielen Jahren verfolgt, hat wie immer recht. - Doch diese Mehreinnahmen sind nicht der Schwerpunkt des Berichts. Vielmehr geht es in dieser Liste um die Abfederung von Kompensationsmaßnahmen.

Vorweg möchte ich erwähnen, dass es Teil der Fragen zu dem Bericht war, dass die Maßnahmen überwiegend dauerhafter Natur sind und sie zudem eine einigermaßen ausgeglichene interkommunale Wirkung haben sollten. Dennoch halte ich angesichts der sehr unterschiedlichen Finanzsituation im Land mittel- und langfristig eine Überarbeitung des interkommunalen Finanzausgleichs für notwendig. Vielleicht könnte aber auch die konsequente Verwaltungsstrukturreform auf der Ebene von Kreisen und kreisfreien Städten einige Unwuchten beseitigen.

Sie können der Liste entnehmen, dass für 2007 bereits über 50 Millionen € an direkten bezifferbaren Entlastungen wirksam geworden sind. Weitere 6,4 Millionen € befinden sich in der Umsetzung. Zusätzlich haben wir 2 Millionen € Entlastungsvolumen im laufenden Verfahren. Darüber hinaus werden die Kommunen durch eine Vielzahl kleinerer Maßnahmen finanziell entlastet, die schwer zu beziffern sind, aber insgesamt zu Entlastungen führen. Einige der angeführten Maßnahmen entlasten die Kommunen unmittelbar, andere stellen ein Angebot dar, das die Kommunen wahrnehmen können, aber nicht müssen. Dies sind sozusagen Entlastungspotenziale.

Die Schlüsselzuweisungen der Kommunen werden außerdem 2007 mit über 80 Millionen € verstärkt. Dazu zählen die vorgezogene FAG-Teilabrechnung, Umwidmungen im Schleswig-HolsteinFonds zugunsten des kommunalen Schul-, Wegeund Straßenbaus, aber auch die Bereitstellung von Mitteln aus dem Kommunalen Investitionsfonds. Das sind Maßnahmen, die den Eingriff nicht ungeschehen machen, seine Wirkung aber deutlich abmildern.

Die Entlastung der Kommunen durch Verwaltungsreform, Aufgabenübertragung, Aufgabenkritik und Bürokratieabbau bilden mit einem geschätz

(Vizepräsidentin Ingrid Franzen)

ten Volumen von 25 Millionen € einen dritten Block mit Entlastungspotenzialen. Die Chance, über die Zusammenlegung von Ämtern Kosten einzusparen, haben viele Kommunen im Land nach anfänglichem Zögern selbstbewusst genutzt. Sie werden die angesetzten 10 Millionen € weit übertreffen. Daran zeigt sich übrigens, dass sich Konsequenz und Berechenbarkeit lohnen, auch bei der Verwaltungsstrukturreform.

Die Ergebnisse der erweiterten Aufgabenkritik sollen in Kürze vorliegen. Das Finanzministerium prüft erstens den Wegfall von Aufgaben, zweitens die Privatisierung von Aufgaben, drittens die Aufgabenübertragung auf Dritte und viertens die Aufgabenübertragung auf die kommunale Ebene. Naturgemäß können hierzu keine Angaben gemacht werden. Die Potenziale von Aufgabenabbau und -verlagerung wird Ihnen Herr Kollege Wiegard am 18. April vorstellen. Ich vermute, Sie sind hierauf genauso gespannt wie ich selbst.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die hier veranschlagten Einsparungen sind notwendig, um die nicht dauerhaften Entlastungen oder Abfederungsmaßnahmen zu ersetzen. Auch wenn einige Ämter jetzt schon Einsparungen realisiert haben, werden diese ihre volle Wirkung erst in den kommenden Jahren entfalten. Die Potenziale sinkender Kreisumlagen durch eine Kreisgebietsreform habe ich, angelehnt an Berechnungsmethoden des Landesrechnungshofs im Bereich der Ämter, in einer ersten überschlägigen Wirtschaftlichkeitsberechnung aufgezeigt. Wir werden sehen, was die Gutachter detaillierter, fundierter und vor allem umfangreicher ermitteln. Ich bin insoweit ebenso gelassen wie zuversichtlich, zumal ich entgegen mancher törichten Kritik der letzten Tage auch darauf hinweisen möchte, dass in den Ministerien sehr qualifizierte Menschen arbeiten und dass jene, die das, was der Landesrechnungshof vorgelegt hat, an anderer Stelle prima fänden und begrüßten, aber wenn es sie selbst betrifft, verteufeln, ein gewisses Glaubwürdigkeitsproblem in der Öffentlichkeit auszuräumen hätten.

(Beifall bei der SPD)

Ich war außerordentlich begeistert darüber, als festgestellt worden ist: Wir wollen als Grundlage Wirtschaftlichkeitsberechnungen haben. Da ich noch nie der Meinung war, Verwaltungsreform sei ein Selbstzweck - das macht man vielmehr nur, wenn es wirtschaftlich ist -, finden Sie mich vollständig auf Ihrer Seite. Allerdings füge ich hinzu: Man muss dann auch mit den Ergebnissen umgehen können und wollen. Diese Ergebnisoffenheit - ich liebe dieses Wort; ich wiederhole es noch einmal fürs

Protokoll: diese Ergebnisoffenheit - sollten wir uns erhalten, um auf der Basis der Ergebnisse vernünftig abzuwägen und zu urteilen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, über 50 Millionen € direkter Entlastung, 80 Millionen € Abfederung, über 60 Millionen € Mehreinnahmen ich finde, diese Zahlen zeigen, dass die schleswigholsteinischen Kommunen starke kommunale Akteure bleiben können, dass sie in Teilen sogar Handlungsspielräume zurückgewinnen. Sie zeigen aber natürlich auch, dass wir weiterhin alle Chancen nutzen sollten, um Einsparpotenziale zu verwirklichen, die unseren politischen Zielen nicht zuwiderzulaufen. Dies ist übrigens möglich, ohne Kita-Standards zu schleifen, ohne die Mitbestimmung auszuhöhlen, ohne die Gleichstellungspolitik zu ruinieren und ohne die Gewerbesteuer abzuschaffen.

(Beifall bei der SPD)

Auch wenn die steigenden Steuereinnahmen die finanzielle Lage etwas entspannen, müssen wir darauf achten, dass sie nicht durch drohende Mehrbelastungen aufgezehrt werden. Die Föderalismusreform II und auch die Unternehmensteuerreform sollten wir unter diesem Gesichtspunkt betrachten. Ich sehe, was die finanziellen Konsequenzen dieser Dinge angeht, dunkle Gewitterwolken, und ich finde, auch hier müssen die Interessen des Landes Schleswig-Holstein konsequent vertreten werden.

(Beifall bei SPD und SSW)

Die Entlastung der Kommunen wie auch die Konsolidierung des Landeshaushalts sind ein offener Prozess. Weitere Vorschläge sind willkommen. Diese werden sorgfältig geprüft.

Versprochen - gehalten. So kann man das zusammenfassen, was der Kommunalminister in diesem Zusammenhang getan hat.

(Beifall bei der SPD)

Ich danke Herrn Minister Dr. Stegner. - Ich eröffne die Aussprache. Für die FDP-Fraktion hat der Herr Abgeordnete Günther Hildebrand das Wort.

(Zuruf: Hat sich Ihre Fraktion aufgelöst? - Weitere Zurufe)

Nein, nein! Mein Kollege Garg ist hier. - Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Viele der großen Versprechen der CDU aus dem Land

(Minister Dr. Ralf Stegner)

tagswahlkampf entpuppten sich bald nach dem Regierungsantritt als heftige Versprecher.

(Lebhafter Beifall der Abgeordneten Dr. Hei- ner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Es funktioniert doch! Den Landesbediensteten sollten weitere Gehaltskürzungen erspart bleiben, aber dann strich die Landesregierung das Urlaubsgeld ganz und das Weihnachtsgeld zusammen. Das dreigliedrige Schulsystem sollte dort erhalten bleiben, wo die Schülerzahlen es erlaubten. Jetzt tut die Landesregierung alles, um das dreigliedrige Schulsystem so schnell wie möglich abzuwickeln.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Lars Harms [SSW])