Damit ist die Berührungsfläche zwischen der Politik und den Bürgern deutlich vergrößert worden. Vor allem haben diese neuen Angebote eine niedrigere Schwelle als der klassische Petitionsausschuss. Dies kommt besonders in den lokalen Sprechstunden der Bürgerbeauftragten zum Ausdruck. Aber auch die beiden anderen Beauftragten sind regelmäßig in der Fläche präsent.
Die FDP schlägt uns jetzt vor, das Petitionswesen in Schleswig-Holstein umzugestalten und sich dabei an das rheinland-pfälzische Bürgerbeauftragtenmodell anzulehnen. Ein solches Ansinnen können wir nicht von vornherein ablehnen, denn der SSW hat in der Vergangenheit selbst beantragt, dieses Modell aus dem Süden hierzulande zu übernehmen. Allerdings ging es dabei um das reine Petitionswesen und nicht um die Rolle der sozialen Beauftragten. Um es gleich klar zu sagen: Die verschiedenen Landesbeauftragten, die Schleswig-Holstein in den letzten Jahrzehnten gehabt hat, waren ein Glücksfall für das Land.
Ebenso wie ihre Vorgänger machen die Bürgerbeauftragte Birgit Wille-Handels, der Behindertenbeauftragte Dr. Ulrich Hase und der Flüchtlingsbeauf
tragte Wulf Jöhnk einen hervorragenden Job. Den sollen sie auch weiterhin machen und den sollen ihre Nachfolger auch noch machen können.
Schleswig-Holstein hat mittlerweile eine eigenes Modell mit einem eigenen Wert entwickelt. Deshalb kann es hier nicht darum gehen, diese Strukturen zu zerschlagen. Vielmehr kann es allenfalls um eine Optimierung gehen. Angesichts der Arbeitsbereiche der Beauftragten ist für die Bürger vielleicht nicht immer erkennbar, wer für was zuständig ist. Deshalb ist es legitim, die Frage zu stellen, ob das Petitionswesen besser geordnet werden kann. Wir müssen uns fragen, wie wir das Ombudswesen so einfach wie möglich gestalten, damit die Bürger ohne große Schwelle um Unterstützung bitten können, wenn sie Fragen haben oder sich ungerecht behandelt fühlen. Dabei muss es zuerst um eine bessere Verschränkung von Bürgerbeauftragter und Petitionsausschuss gehen, denn hier sind die doppelten Strukturen und Zuständigkeiten besonders ausgeprägt.
Deshalb setzt sich der SSW seit langem dafür ein, die Bürgerbeauftragte und den Petitionsausschuss so zu verschmelzen, dass die Bürgerinnen und Bürger ein einziges Portal haben, durch das sie gehen müssen, um Hilfe zu bekommen. Ich kann nicht verhehlen, dass für den SSW dabei die Sicherung der Arbeit der Bürgerbeauftragten erste Priorität hat. Der Petitionsausschuss ist in der Landesverfassung festgeschrieben und muss seine Arbeit leisten. Ohne den Einsatz der Kollegen in unserem Eingabenausschuss schmälern zu wollen, ist für uns klar: Die Arbeit der Bürgerbeauftragten ist bürgernäher, niedrigschwelliger und umfassender. Deshalb muss eine Konstruktion gefunden werden, durch die die Vorteile der Bürgerbeauftragten erhalten bleiben. Hierfür macht der Gesetzentwurf der FDP einen bedenkenswerten Vorschlag.
Der SSW meint, dass die Bürgerbeauftragte die Anlaufstelle für alle sozialrechtlichen Probleme sein muss. Ihr Büro soll vorrangig die individuelle Beratung für alle Bürger anbieten, auch wenn es um die Probleme von Migranten oder von Menschen mit Behinderung geht.
Die Aufgaben der beiden anderen Landesbeauftragten reichen aber weit über diese individuelle Beratung und die Ombudsfunktion hinaus. Sie machen eigentlich keine individuelle Beratung.
Der Beauftragte für Menschen mit Behinderung und der Flüchtlingsbeauftragte sind Ansprechpartner für Verbände, Vereine und Einrichtungen. Sie sind bei den Betroffenen vor Ort präsent. Sie beraten Kommunalpolitiker, wenn es darum geht, die Belange von Flüchtlingen oder von Menschen mit Behinderung auch vor Ort zu berücksichtigen. Sie weisen auf strukturelle Probleme hin und können so - wenn sie von der Politik ernst genommen werden - dazu beitragen, den Behörden- und Regelungsdschungel etwas zu lichten.
Es gibt viele Gründe dafür, die Landesbeauftragten nicht nur als Petitionswesen zu sehen. Deshalb lehnt der SSW den Gesetzentwurf der FDP in der vorliegenden Form ab. Sicherlich könnte man erwägen, wie man besser mit den Überschneidungen der drei Beauftragten umgehen und die Zusammenarbeit optimieren kann. Ich denke, das ist das, was von allen gesagt worden ist. Ich glaube, ein erster wichtiger Schritt wäre schon getan, wenn die drei Beauftragten unter einem Dach zusammengefasst sprich beim Landtag angegliedert - werden.
Auch in diesem Punkt geben wir der FDP recht, zumal es eine Reihe weiterer guter Gründe dafür gibt. Sowohl bei der Ombudsfunktion als auch beim Beauftragtenwesen geht es darum, zwischen den Bürgern und dem Staat - beziehungsweise zwischen bestimmten Gruppen und dem Staat - zu vermitteln. Hierzu braucht ein Beauftragter eine Armlänge Abstand zur Regierung und eine kritische Solidarität mit der Verwaltung. Dass dieses nicht gewährleistet ist, wenn der Beauftragte in der Hierarchie der Landesregierung verhaftet ist, liegt auf der Hand. Wie es schief gehen kann, zeigt das Beispiel des Naturschutzbeauftragten Roger Asmussen, der - eigentlich in vorbildlicher Weise - die Fachlichkeit höher wertete als sein CDU-Parteibuch.
Wenn der SSW diesen Gesetzentwurf der FDP begrüßt, dann ist das mehr als eine Höflichkeitsfloskel, auch wenn wir ihm in der vorliegenden Form nicht zustimmen können. Der Gesetzentwurf gibt uns die Möglichkeit, in den Ausschüssen über eine Reihe von Verbesserungen zu diskutieren. Ich denke, das ist angesagt. Ich will mir die kleine Spitze verkneifen, dass sich die FDP in der Vergangenheit doch eher dafür stark gemacht hat, die Beauftragtenstellen abzuschaffen.
- Der Kollege Garg hat dies niemals getan. Ich denke aber an verschiedene Haushaltsberatungen. Wie gesagt, das war nur eine kleine Spitze, die ich mir jetzt verkniffen habe.
Ich danke Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk. Für die Landesregierung hat jetzt der Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein, Peter Harry Carstensen, das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich will es gleich zu Beginn sagen: Ich halte diese Debatte über die Beziehungen von Bürgerinnen und Bürgern zu staatlichen Behörden und vermittelnden Instanzen wie dem Petitionsausschuss und den Beauftragten deshalb für sinnvoll, weil der Antrag der FDP ein erneutes Nachdenken darüber anstößt, wie die Menschen im Land zu ihrem Recht kommen können.
Grundsätzlich bin ich der festen Überzeugung: In erster Linie sind wir, die Abgeordneten, die Beauftragten der Bürgerinnen und Bürger. Hier in diesem Raum sitzen 69 Beauftragte. Im Petitionsausschuss oder auch anderenorts ist es unsere ureigenste Aufgabe, den Menschen zuzuhören und immer zwei offene Ohren für ihre Probleme und für ihre Sorgen zu haben.
Wir hören häufig die Sprecher organisierter Interessen. Genauso müssen wir den Leuten zuhören, deren Interessen nicht durch andere artikuliert werden. Dafür brauchen wir das Gespräch mit den Menschen auf der Straße, bei der Arbeit oder auf den Marktplätzen unseres Landes. Ich habe dazu eine ganz klare Einstellung.
Jeder, der mich wegen dieser Belange anschreibt, bekommt auch eine Antwort. Häufig rufe ich am Wochenende diejenigen zurück, die mich im Laufe der Woche zu Hause angerufen haben. Liebe Frau Kollegin Heinold, mein Vorvorgänger war Hermann Glüsing aus Dithmarschen. Hermann Glüsing hat ein Buch geschrieben, dessen Titel seine Einstellung zeigt. Das ist auch immer meine Einstellung gewesen. Das Buch heißt: „Dor warr ik mi um kümmern.“ Liebe Frau Heinold, weil ich mich als Beauftragter fühle, ist - so glaube ich - das Haus B auch richtig bei uns aufgehoben.
In Skandinavien gibt es die Stelle des Ombudsmannes. Sie bietet eine Kontaktadresse, an die sich alle Bürgerinnen und Bürger mit ihren Beschwerden und Hilfeersuchen wenden können. Der Ombudsmann hat die Rolle des unparteiischen Schiedsrichters. Auch ich persönlich kann der Einrichtung eines Ombudsmanns eine ganze Menge abgewinnen, vor allem, um sozial schwachen Gruppen eine Stütze zu geben.
In Schweden wird eine unabhängige Vertrauensperson vom Parlament ernannt, die sich der Beschwerden der Bürgerinnen und Bürger gegenüber der Verwaltung annimmt. Das System funktioniert. Mir ist es durchaus sympathisch, dass dort mit dem Ombudsmann Streitfälle in den verschiedensten Bereichen ohne großen bürokratischen Aufwand geschlichtet werden können.
Wir haben in Schleswig-Holstein keinen Ombudsmann. Wir haben den Petitionsausschuss, und wir haben unsere Beauftragten: den Beauftragten für Menschen mit Behinderung, die Bürgerbeauftragte für soziale Angelegenheiten und den Beauftragten in Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen.
Allerdings müssen wir feststellen, dass unsere Beauftragten jeweils mit ganz unterschiedlichen Aufgaben betraut sind. Der Flüchtlingsbeauftragte etwa vermittelt Beratungsmöglichkeiten, gestaltet Aufklärungsund Öffentlichkeitsarbeit, bezieht Stellung zu politischen Konzepten und kooperiert mit den in seinen Bereichen tätigen Einrichtungen. Er ist auf vielen Feldern aktiv.
Aber eines tut er nicht: Er arbeitet nicht am Einzelfall des betroffenen Bürgers. Dafür haben wir Herr Garg, jetzt kommt die Bewegung - den Petitionsausschuss.
Es ist das gute Recht eines jeden, sich an den Petitionsausschuss zu wenden, wenn er sich durch eine Landesbehörde ungerecht behandelt fühlt. Die Eingaben werden hier ernst genommen. Denn der Petitionsausschuss ist eine überaus wichtige Instanz. Er hat Scharnierfunktion zwischen den Bürgerinnen und Bürgern auf der einen und den staatlichen Behörden auf der anderen Seite. Für viele ist er die Notrufsäule, wenn nichts mehr geht.
Der Petitionsausschuss prüft alle Eingaben und spricht Empfehlungen aus. Dafür hat er besondere Befugnisse, die ihm seine Arbeit ermöglichen. Der Petitionsausschuss prüft Entscheidungen der Behörden nicht nur auf ihre Rechtmäßigkeit, sondern
Wenn wir dem Gesetzentwurf der FDP folgten, würde die originäre Zuständigkeit des Petitionsausschusses auf die Prüfung von Gesetzespetitionen beschränkt. Hier müssen wir die Frage stellen, ob wir das wirklich wollen.
Ich meine, ein Vorteil des Petitionsausschusses liegt auch in seiner politischen Ausgewogenheit. Alle Fraktionen des Landtags sind in ihm vertreten. Er ist auf breiter Basis fest verankert. Die Abgeordneten sind Vertreterinnen und Vertreter der Bürgerinnen und Bürger. Sie werden direkt gewählt und haben das Mandat auf Zeit. Das ist der Kern unseres repräsentativen Systems.
Kann ein Bürgerbeauftragter eine solche Ausgewogenheit gewährleisten? Auch über diese Frage müssen wir uns Gedanken machen.
Der Antrag kommt aus den Reihen des Parlaments. Es ist die herausragende Aufgabe des Parlaments, über die Formen der Teilhabe der Bürgerinnen und Bürger zu entscheiden. Die Regierung sollte sich hier zurücknehmen. Das Parlament wird entscheiden und ich bin zuversichtlich, dass es eine gute Entscheidung für die Bürgerinnen und Bürger sein wird.
Mir liegt eine Wortmeldung zu einem Kurzbeitrag vor. - Das Wort hat Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir sind sicher, dass das Parlament im Sinne der Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner entscheiden wird. Als ich sagte, wir alle würden uns vermutlich kritisch-konstruktiv mit dem Gesetzentwurf befassen, wusste ich schon, dass das nicht auf ungeteilte Zustimmung stößt. Das macht aber überhaupt nichts. Was ich erwarte und von einem Abgeordneten, der sich damit auseinandersetzt, erwarten muss, ist, dass er diesen Gesetzentwurf richtig liest und ihn vor allem richtig wiedergibt.
Ich will zu einer Stelle, Herr Kollege Buder, etwas sagen, und zwar vielleicht etwas weniger verbissen als Sie. Wenn Sie hier so tun, als werde das Recht des Petitionsausschusses auch nur angetastet, dann ist das schlichtweg falsch. Ich habe vorhin ein anderes Wort verwendet. Man sollte dieses Wort nur
Ich zitiere aus § 1 - Petitionsrecht - den Absatz 1, damit Sie wissen, warum ich Ihnen den Vorwurf mache:
„Jeder hat das Recht, sich einzeln oder in Gemeinschaft mit anderen mit Vorschlägen, Bitten und Beschwerden schriftlich an den Landtag und an die oder den Bürgerbeauftragten zu wenden. Dies gilt uneingeschränkt auch für Angehörige des öffentlichen Dienstes.“
Damit will ich sagen: Das Petitionsrecht des Bürgers oder der Bürgerin wird mitnichten eingeschränkt; denn dann hätten wir gegen die Verfassung verstoßen. Genau dies wollten wir ausschließen.