Protocol of the Session on March 21, 2007

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Lars Harms [SSW])

Das Land werde keine kommunale Gebietsreform erzwingen, Veränderungen werde es nur auf freiwilliger Basis geben, wurde gesagt. Jetzt will die Landesregierung die Kreisgebietsreform befehlen.

Das Land saniere seinen Haushalt nicht auf Kosten der Kommunen, hieß es. Aber jetzt streicht die Landesregierung aus dem kommunalen Finanzausgleich 120 Millionen jährlich, mindestens bis 2009, also insgesamt 480 Millionen €.

(Demonstrativer Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Meine Damen und Herren, die CDU hatte wenigstens noch Teile ihrer landespolitischen Seele in den Koalitionsvertrag gerettet, aber seitdem bietet sie sie schamlos am Kabinettstisch feil.

(Demonstrativer Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Die CDU hörte einmal auf ihre Basis - in Form von Landesparteitagen - und versprach Entscheidungen der Landesregierung und des Landtages, die es den Kommunen ermöglichen sollten, den Griff des Landes in die Kassen der Kommunen vollständig auszugleichen. Es ist bezeichnend für die CDU, dass hierzu der SPD-Innenminister berichtet, der mit ehrlichen Rechnungen bekanntlich auf Kriegsfuß steht.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Dies zeigen die Fusion der Universitätsklinika, der desolate Haushalt am Ende seiner Amtszeit als Finanzminister und seine jüngsten Hochrechnungen zu angeblichen Einsparungen durch größere Kreise.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Aber die Formel ist gut!)

Das ist der Innenminister, den seine Kabinettskollegen Minister von Boetticher und Wiegard kürzlich als Insolvenzverschlepper, finanzpolitisch Unfähigen und Bremser bei der Verwaltungsstrukturreform bezeichneten - wie ich meine, zum Teil zu Recht.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Das alles zeigt, dass es der Innenminister mit den Zahlen nicht so genau nimmt, besonders dann nicht, wenn es ihm nicht in seinen politischen Kram passt. Reine Vorsicht gebietet es folglich, seine Kompensationsrechnung sehr genau zu prüfen. Und siehe da: Schon wieder rechnet Herr Dr. Stegner nach dem Pippi-Langstrumpf-Prinzip: Er rechnet sich die Welt so, wie es ihm gefällt.

Zunächst versucht er, mit der zuletzt erfreulichen Entwicklung der kommunalen Einnahmen zu begründen, dass die Kommunen nicht mehr so viel Geld aus dem Finanzausgleich bräuchten. Schließlich würde die gute Konjunktur die Kürzungen sogar überkompensieren - gerade hat er das wiederholt.

Übertragen wir diese Unlogik auf das Land, so bedeutete das: Weil die gute Konjunktur die Steuereinnahmen aller Länder erhöht, beansprucht der Bund jetzt Geld aus dem Länderfinanzausgleich für sich, um seine Neuverschuldung zu senken.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist ein Beispiel, das man ohne Weiteres übertragen könnte. Würden der Innenminister und der Finanzminister dies vorschlagen oder gar für unumgänglich erklären, am lautesten würden sich der Innenminister und der Finanzminister empören.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Den finanzpolitischen Robin Hood spielen bringt den Herren offensichtlich nur Spaß, wenn sie angeblich reichen Kommunen Geld für das arme Land wegnehmen können. Sobald aber das Land zu den Geschröpften zählen könnte, hat der Spaß ein Ende. Beim eigenen Geld hört die Freundschaft bekanntlich auf.

Meine Damen und Herren, nun zur Kompensationsliste in Anlage 4 zum Bericht. Herr Dr. Stegner hat hin- und hergerechnet und schließlich so viele finanzwirksame Entscheidungen des Bundes als Kompensation zusammengewürfelt, dass er 2007

(Günther Hildebrand)

auf 122,3 Millionen € und 2008 auf 110,5 Millionen € kommt. Diese Zahlen reichen ihm. Ob seine Rechnung richtig ist, steht bei ihm bekanntlich nie zur Debatte. Herr Dr. Stegner, dreist zitieren Sie hier im Hause Mark Twain: Man solle die Fakten kennen, bevor man sie verdreht. - Wenn Sie sich doch selbst einmal daran hielten!

(Beifall bei der FDP)

Denn die Liste ist bei Weitem keine vollständige Kompensation für den Griff des Landes in die Kassen der Kommunen. Gerade die größten Einzelposten für die Jahre 2007 und 2008 sind falsch. Die Hälfte der Einsparungen ist keine Kompensation, sondern Geldschneiderei des Landes bei den Kommunen.

In Punkt 2 werden für die Senkung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung jährlich 9,2 Millionen € als Kompensation angesetzt. Dabei sollen mit dieser Maßnahme bundesweit die Lohnnebenkosten gesenkt werden, um Erwerbsarbeit preiswerter zu machen. So sollten Arbeitgeber mehr Spielräume bekommen, um Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten oder neue zu schaffen. Wenn Sie den Kommunen diese Kostensenkung über eine Streichung in der Finanzausgleichsmasse gleich wieder wegnehmen, rauben Sie den Kommunen diese Spielräume. Das ist Unsinn und nicht beabsichtigt.

In den Punkten 16 und 17 geht es um die Kosten der Unterkunft für Empfängerinnen und Empfänger des Arbeitslosengeldes II nach dem SGB II, 21 Millionen € jährlich. Da erinnern wir uns: Dieses Geld zahlt der Bund den Kommunen, weil ihnen durch das Arbeitslosengeld II entsprechende Ausgaben aufgebürdet wurden. Es wurde hart um diese Beträge gerungen. Aber niemals ging es darum, die Länder zu entlasten, denn die müssen für die Kosten der Unterkunft nicht aufkommen. Die Finanzminister Schleswig-Holsteins - erst Sie, Herr Dr. Stegner, und dann Ihr Kabinettskollege Rainer Wiegard - haben stets betont, das Land würde diese Zuweisungen vollständig an die Kommunen weiterleiten und sich nicht daran bereichern. Und nun stellen Sie den Kommunen dieses Geld als Ausgleich für die Streichung im Finanzausgleich in Rechnung. Im Klartext: Sie nehmen den Kommunen die Zuweisungen des Bundes für die Kosten der Unterkunft weg.

Der größte und unsinnigste Posten steht in Punkt 50: das Vorziehen der Abrechnung des Finanzausgleichs. Hierdurch würden die Kommunen 2007 um 35 Millionen € und 2008 um 15 Millionen € entlastet. Diese 50 Millionen € sind gesetzlich verbriefte Ansprüche der Kommunen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der Finanzminister hat das Vorziehen der Auszahlung stets damit begründet, dass es nur recht und billig sei, die Kommunen schon jetzt an den konjunkturbedingten zusätzlichen Steuereinnahmen zu beteiligen. Rechnet man sie jetzt allerdings gegen die Streichung im Finanzausgleich auf, nimmt das Land den Kommunen die Steuermehreinnahmen weg. Die Kommunen werden um die Früchte der guten Konjunktur betrogen. Das Vorziehen ist eine freiwillige Leistung des Landes. Das einzige, was man den Kommunen hierfür anrechnen könnte, wären die eingesparten Schuldzinsen während der Zeit zwischen dem vorgezogenen und dem vorgeschriebenen Abrechnungstermin. Dieser Betrag ließe sich sachlich rechtfertigen, aber kein Cent mehr.

Ziehen wir diese Geldbeträge von der Entlastung ab, bleiben für das Jahr 2007 noch 55,1 Millionen € und 2008 63,25 Millionen € nach, im Mittel also noch nicht einmal die Hälfte dessen, was das Land den Kommunen wegnimmt.

Der Innenminister kann das vor seiner Partei vertreten, denn die SPD hat ja nur eine teilweise Kompensation versprochen. Die Schäbigkeit des finanzpolitischen Vorgehens der Landesregierung schmälert das allerdings nicht.

(Beifall bei der FDP)

Am Schluss hat der Innenminister noch einige Punkte aufgezählt, die die Kommunen mittelfristig angeblich entlasten sollen: die Verwaltungsstrukturreform, die Kreisgebietsreform, der Bürokratieabbau, die neuen Schulstrukturen und die Entnahme von 67 Millionen € aus dem Kommunalen Investitionsfonds. Gerade Letzteres ist in Schleswig-Holstein üblich, aber trotzdem falsch. Der KIF gehört nämlich den Kommunen. Wenn man dort Mittel entnimmt, nimmt man sie den Kommunen. Das Land verwaltet ihn. Wenn die Landesregierung Geld aus dem KIF entnimmt, veruntreut sie kommunales Vermögen.

(Beifall der Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP] und Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Meine Damen und Herren, mein Fazit: Die Große Koalition kompensiert den Griff in die kommunalen Kassen nicht vollständig. Sie will den Landeshaushalt auf Kosten der Kommunen sanieren. Die Kommunen werden für viele Dienste weniger oder kein Geld mehr haben: für Kitas, Schulen, Büchereien, Schwimmbäder und Ähnliches, Dienste, die

(Günther Hildebrand)

die Menschen schätzen. Die Bürgerinnen und Bürger werden diese Streichung kompensieren, nämlich bei der nächsten Kommunalwahl.

(Beifall bei der FDP und der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Ich danke Herrn Abgeordneten Hildebrand. - Auf der Tribüne begrüße ich sehr herzlich Damen und Herren des Haus- und Grundeigentümervereins aus Elmshorn. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Das Wort für die CDU-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Frank Sauter.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Der Bericht der Landesregierung gibt ein detailliertes Bild über die aktuelle Entwicklung der Finanzsituation unserer Kommunen und kommt zu dem zutreffenden Ergebnis, dass trotz der erfolgten Kürzungen der Finanzausgleichsmasse und trotz bisher nicht erreichter vollständiger Kompensation dieses Eingriffs die Kommunen 2007 aus Steuern und aus Finanzausgleich mehr Einnahmen erzielen werden als im Haushaltsjahr 2006. Sie alle wissen ja noch, dass uns alle gerade das Haushaltsjahr 2006 mit seiner Einnahmeentwicklung sehr positiv überrascht hat, also eine außerordentlich hohe Bemessungsgrundlage für weitere Steigerungen im Jahr 2007 darstellt. Das ist eine außerordentlich positive Entwicklung.

2007 können die Kommunen nach der Steuerschätzung vom November 2006 unter Einbeziehung der Kürzungen der Finanzausgleichsmasse mit einem Zuwachs bei den Einnahmen aus Finanzausgleich und Steuern von rund 60 Millionen € gegenüber 2006 rechnen.

Berücksichtigt man, dass der Steuerschätzung 2006 nur eine Wachstumsprognose von 1,4 % zugrunde lag, und schaut man sich an, wie die Prognosen für 2007 heute aussehen, nämlich zwischen 2 und 3 % Wirtschaftswachstum mit einer deutlichen Tendenz in Richtung 3 %, dann kann man auch davon ausgehen, dass die Einnahmen noch über die Prognose, wie wir sie im Bericht vorfinden, hinaus ansteigen werden. Das Ganze, verehrter Herr Dr. Stegner, hat nicht nur mit Glück zu tun - Glück muss man immer haben, in der Politik wie überall -, sondern es hat natürlich ganz wesentlich damit zu tun, dass in Deutschland seit einiger Zeit eine sehr solide Wirt

schafts- und Standortpolitik gemacht wird, sowohl in Berlin als auch in Kiel,

(Beifall bei der CDU)

an der ja auch die sozialdemokratische Partei beteiligt ist,

(Beifall bei der SPD)

sodass es Ihnen mit Sicherheit nicht schwer fällt, das zuzugestehen.

Sie sagten, Sie sähen dunkle Wolken im Hinblick auf die Unternehmenssteuerreform. Sicherlich, wenn man das nach Haushaltsjahren sieht, werden wir gewiss mit Kürzungen der Einnahmen zu rechnen haben. Aber zum Glück wissen Sie auch, dass wir einen sehr vorsorgenden Finanzminister haben, der bereits eine globale Mindereinnahme in Höhe von 50 Millionen € in den Haushalt eingestellt hat. Ich kenne die Zahlen zwar noch nicht genau, aber ich glaube, dass wir damit relativ risikolos über die nächsten Haushaltsjahre hinwegkommen werden. Es handelt sich um eine Unternehmenssteuerreform, die gemacht wird, um auch Standortpolitik zu betreiben, um auch im Steuersystem wettbewerbsfähig zu unseren europäischen Nachbarländern zu sein. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass wir in der Zukunft weiterhin eine solche wirtschaftliche Entwicklung zu verzeichnen haben werden, wie wir sie in 2006 und in 2007 verzeichnen.

(Beifall bei der CDU)