Protocol of the Session on February 22, 2007

sprungsentwurf zu einem Informationsfreiheitsgesetz erweckte vielmehr den Eindruck, dass man sich auf staatlicher Ebene durch den Bürger nicht mehr in die Karten schauen lassen wollte.

Die auch hier im Anhörungsverfahren mehrfach vorgebrachte Kritik gegen diese Regelungen wird schließlich dazu geführt haben, dass sich die Vertreter der Großen Koalition letztendlich dazu entschlossen haben, eine Änderung des Gesetzentwurfs der Landesregierung vorzunehmen. Im Januar dieses Jahres bekamen wir einen Änderungsantrag von CDU und SPD zum Gesetzentwurf der Landesregierung, der sämtliche Änderungen des Informationsfreiheitsgesetzes strich. Anstelle des Informationsfreiheitsgesetzes trat nun ein eigenes Umweltinformationsgesetz, welches die zwingenden Vorgaben der EU-Umweltinformationsrichtlinie umsetzen soll. Der Vorteil gegenüber dem ursprünglichen Gesetzentwurf liegt darin, dass nunmehr die bereits heute gültigen Regelungen des Informationsfreiheitsgesetzes weiter bestehen bleiben und nicht, wie geplant, eingeschränkt werden. Herr Kollege Nabel, an die SPD-Fraktion hierzu aus meiner Sicht einen herzlichen Dank.

(Beifall beim SSW)

Es bleibt also weiterhin möglich, auch Auskünfte über das privatrechtliche Handeln von Behörden zu erlangen, und das ist gut so. Der Gesetzentwurf für ein Umweltinformationsgesetz, welches unter anderem heute beschlossen werden soll, um die Umsetzungsfristen der EU zu wahren, ist aber ebenfalls nicht ausreichend gelungen. Das Unabhängige Landeszentrum für den Datenschutz hat hierzu eine mehrseitige Stellungnahme mit einzelnen Kritikpunkten verfasst, die leider nicht in das Gesetz eingearbeitet wurden. So kann beispielsweise eine Behörde ein Auskunftsverlangen von Umweltinformationen verweigern, wenn der Antrag offensichtlich missbräuchlich gestellt wurde. Zunächst einmal muss üblicherweise kein Antragsteller seine Motive für die Antragstellung offenlegen. Der Anspruch auf Informationszugang ist voraussetzungslos. Dann zwingt die Richtlinie der EU auch nicht zur Umsetzung dieser Ablehnungsvorschrift, sondern stellt sie ins Benehmen der Mitgliedstaaten. Wir sollten eine solch unbestimmte Regelung, die auch zu Rechtsstreitigkeiten führen wird, nicht übernehmen, denn es ist in das Ermessen der Behörde gestellt zu erklären, wann ein Antrag missbräuchlich gestellt worden ist und wann nicht.

Außerdem werden durch den nun separaten Regelungsgegenstand des Umweltinformationsgesetzes die Behörden beim Eingang eines Antrages verpflichtet, zunächst zu prüfen, ob sich der Antrag auf

(Thomas Rother)

eine Umweltinformation oder auf sonstiges behördliches Handeln richtet. Das schafft zusätzlichen bürokratischen Aufwand, wo er nach unserer Auffassung nicht nötig wäre.

Wir werden also der Beschlussempfehlung nicht zustimmen, weil der Gesetzentwurf des SSW besser ist und wir dem zustimmen, wir werden aber auch nicht dagegen stimmen, weil die Umweltinformationsrichtlinie der EU der Umsetzung bedarf.

Ein Wort des Dankes noch für die Initiative des SSW, der in Zusammenarbeit mit dem Unabhängigen Landeszentrum für den Datenschutz den wesentlich besseren Gesetzentwurf vorgelegt hat. Eigentlich ist es aus unserer Sicht nur schwer begreifbar, warum dieser Gesetzentwurf keine Zustimmung erhält, denn mit ihm werden viele Probleme, die mit der Schaffung eines eigenen Umweltinformationsgesetzes entstehen, besser gelöst. Wie gesagt, unser Abstimmungsverhalten habe ich erklärt. Vielen Dank an den SSW!

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich danke Herrn Abgeordneten Kubicki. - Für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat nun der Vorsitzende der Fraktion, Karl-Martin Hentschel, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Schleswig-Holstein hat ein Informationsfreiheitsgesetz, das wegweisend ist. Es war das zweite Gesetz dieser Art, das in Deutschland überhaupt erlassen wurde. Es gilt in Fachkreisen immer noch als vorbildlich. Im April letzten Jahres legte die Landesregierung nun einen Entwurf zur Novellierung dieses Gesetzes vor. Als Begründung wurde die überfällige Umsetzung der EU-Umweltinformationsrichtlinie angeführt.

Tatsächlich enthielt diese Novelle, die uns vorgelegt wurde, aber eine drastische Verschlechterung der Informationsfreiheit. Die beiden zentralen Punkte sind bereits genannt worden. So sollten ganz normale Geschäftsvorgänge der Verwaltung, beispielsweise die Bestellung von Heizöl, nicht mehr der Informationsfreiheit unterliegen. Das bedeutet, dass gerade dieser Bereich, der besonders korruptionsanfällig ist, aus der Informationsfreiheit herausgenommen worden wäre. Weiterhin sollte auch die Verlagerung von Aufgaben des Staates auf Tochtergesellschaften oder auch Dritte, welche ja

ständig passiert, nicht mehr der Informationsfreiheit unterliegen. Wir wären damit in eine Situation gekommen, in der ganz wesentliche und entscheidende Bereiche nicht mehr der Informationsfreiheit unterlegen hätten. Das, was wir in Bezug auf den gläsernen Staat gesagt haben, wäre dann zu einer Farce geworden. Dieser Entwurf war Ausdruck einer Gesinnung, die den Bürgerinnen und Bürgern grundsätzlich misstraut.

Anders als beim Polizeirecht hat die SPD-Fraktion in diesem Fall aufgrund der massiven Kritik reagiert. Während der sozialdemokratische Innenminister die CDU rechts zu überholen versuchte, wurde er von seiner Fraktion gestoppt. Anerkennung! Jetzt hat man sich darauf geeinigt, dass das Informationsfreiheitsgesetz selbst unverändert bleibt. Man legt nun aber ein gesondertes Gesetz vor, ein Umweltinformationsgesetz, das die EU-Richtlinie umsetzt. Damit hat man zwei Gesetze. Das ist nicht besonders schlau, nicht besonders handhabbar und hat auch mit schmaler Verwaltung nichts zu tun. Das ist ein typischer Kompromiss. Wenn zwei sich nicht einigen können, macht man eben zwei Gesetze. Toll!

(Werner Kalinka [CDU]: Warum haben Sie dann zugestimmt?)

- So funktionieren große Koalitionen.

(Zuruf von der CDU: Und wie funktionieren Sie?)

Der Entwurf des SSW, der den hohen Informationsfreiheitsstandard der EU-Richtlinie auf die gesamte öffentliche Verwaltung übertragen hätte, wäre eindeutig die bessere Alternative gewesen. Auch inhaltlich ist das Umweltinformationsgesetz nicht der große Wurf. Es setzt die Richtlinie zwar um, geht aber nicht darüber hinaus.

Fazit: Es ist nichts Tolles, aber auch keine Verschlechterung des bisherigen Zustandes. Es ist eine leichte Verbesserung. Aus diesem Grunde werden wir zunächst dem SSW-Gesetzentwurf zustimmen. Wenn dieser Gesetzentwurf abgelehnt wird, werden wir dem Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen zustimmen, weil er eine leichte Verbesserung mit sich bringt. Er bedeutet immerhin keine Verschlechterung.

(Lachen bei der CDU)

- Sie brauchen nicht zu lachen. Herr Kubicki hat völlig recht: Sie haben eine Chance vertan. Wir könnten auch gegen den Entwurf stimmen. Da er aber eine leichte Verbesserung mit sich bringt, haben wir uns entschieden zu sagen: Okay, wir unterstützen ihn.

(Wolfgang Kubicki)

Ich danke Herrn Abgeordneten Hentschel. - Für den SSW im Landtag hat die Vorsitzende Anke Spoorendonk das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Anfang 2000 beschloss die Mehrheit des Schleswig-Holsteinischen Landtages ein Informationsfreiheitsgesetz, das landesweit Beachtung fand und auch als Vorbild für andere Bundesländer gelobt wurde. Schleswig-Holstein wurde damit zum Vorreiter der Informationsfreiheit in der Bundesrepublik. Allen Unkenrufen - insbesondere seitens der Kommunen und der Wirtschaft - zum Trotz wurde dieses Gesetz von den Bürgerinnen und Bürgern sehr gut angenommen. Das zeigt zum Beispiel eine Untersuchung, die der Landesdatenschutzbeauftragte vor einigen Jahren durchgeführt hat.

Für eine Demokratie bleibt es das A und O, dass das Verwaltungshandeln sowohl für die Öffentlichkeit wie auch für den einzelnen Bürger transparent und nachvollziehbar ist. In diesem Sinne legte der SSW bereits Ende 2004 einen Entwurf zur Änderung des Gesetzes über die Freiheit des Zugangs zu Informationen vor, der die Umsetzung der EUUmweltrichtlinie über einen erweiterten Zugang zu öffentlichen Informationen beinhaltete. Unser Entwurf sah vor, dass diese weiter gehenden Bestimmungen nicht nur für Umweltinformationen gelten, sondern auf alle Informationen der öffentlichen Verwaltung angewandt werden sollten. Zum einen wäre dies in der Verwaltungsrealität sehr viel praktikabler, weil man in vielen Fällen nur schwer bestimmen kann, was denn nun Umweltinformationen sind und was nicht. Zum anderen ist nicht einzusehen, warum diese besonderen und progressiven Informationsfreiheitsrechte nur für Umweltinformationen und nicht für alle Informationen gelten sollten, wenn es sich um öffentliche Aufgaben handelt.

(Beifall beim SSW)

Wir hatten also einen in sich stimmigen Gesetzentwurf vorgelegt. Das wurde uns auch von vielen Seiten bestätigt.

Unser Gesetzentwurf fiel mit der Landtagswahl 2005 leider der Diskontinuität anheim. Nach der Wahl haben wir ihn daher gleich wieder eingebracht. Die Landesregierung war etwas zögerlicher und hat erst im letzten Jahr einen eigenen Entwurf zur Änderung des Informationsfreiheitszugangs vorgelegt. In diesem Zusammenhang war peinlich, dass die EU schon vor über drei Jahren eine sehr fortschrittliche Umweltinformationsrichtlinie be

schlossen hatte, die zum Beispiel ein erweitertes Informationsfreiheitsrecht auch bei Privatisierung von öffentlichen Aufgaben umfasst. Diese Richtlinie hätte der Schleswig-Holsteinische Landtag schon Anfang 2005 umsetzen müssen. Da dies nicht nur in Schleswig-Holstein nicht geschehen ist, hat die EU gegen die Bundesrepublik Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Es ist also dringend notwendig, dass wir diese Umweltinformationsrichtlinie endlich umsetzen.

Insgesamt war der Gesetzentwurf der Landesregierung für uns eine große Enttäuschung, weil er inhaltlich dazu geführt hätte, dass Schleswig-Holstein seine Vorreiterrolle in diesem wichtigen Politikfeld ohne Not verloren hätte. Der Gesetzentwurf der Landesregierung wurde in der Anhörung des Innenund Rechtsausschusses ja auch ziemlich deutlich kritisiert. Von wenigen Ausnahmen abgesehen waren sich die Experten in der Ablehnung des Gesetzentwurfs einig. Die Befürchtungen der Anzuhörenden gingen vor allem in die Richtung, dass die Landesregierung bei der Umweltinformation zwar die weiter gehende EU-Richtlinie umgesetzt hätte, aber für die übrigen öffentlichen Informationen die seit 2000 geltende Informationsfreiheit in SchleswigHolstein nicht erweitern, sondern eher wieder einschränken wollte.

Das sah zum Beispiel auch der Deutsche Journalistenverband so. Er sah die Gefahr, dass das Handeln der öffentlichen Verwaltung durch den Gesetzentwurf der Landesregierung weniger transparent wird und die Bürger weniger Gelegenheit bekommen, die Aktivitäten der öffentlichen Hand kritisch zu begleiten. Auch die Journalistenorganisation „Netzwerk Recherche“ und die Korruptionsbekämpfungsorganisation „Transparency International“ unterstrichen den Vorbildcharakter des bisherigen Informationsfreiheitsgesetzes. In der Novelle der Landesregierung sahen sie allesamt einen großen Rückschritt für die Informationsfreiheit in Schleswig-Holstein. Der BUND Schleswig-Holstein und der Landesnaturschutzverband waren neben dem Unabhängigen Landesdatenschutzzentrum weitere Kritiker des ursprünglichen Entwurfs. SchleswigHolstein war also wirklich in Gefahr, beim Bürgerrecht auf Information nicht mehr wie bisher ein Leuchtturm zu sein, sondern drohte zum bundesweiten Schlusslicht zu werden.

Der SSW begrüßt es daher, dass diese massive Kritik von der Landesregierung und den die Regierung tragenden Fraktionen ernst genommen wurde und dass man daher heute nur den Teil des ursprünglichen Gesetzentwurfs beschließen will, der die Umsetzung der Umweltinformationsrichtlinie der EU

beinhaltet, deren Inhalt auch wir befürworten. Der SSW hält natürlich an seinem ursprünglichen Gesetzentwurf fest.

Mit unserem Vorschlag für ein erweitertes Informationsrecht der Bürgerinnen und Bürger der öffentlichen Verwaltung gegenüber, das auch bei weitreichenden Privatisierungen gegolten und aus unserer Sicht auch das Problem des fiskalischen Handelns gelöst hätte, wäre Schleswig-Holstein zum europäischen Spitzenreiter bei der Informationsfreiheit geworden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, diese Chance ist nun vertan worden. Dabei wurde die negative Bewertung unseres Gesetzentwurfs zum Beispiel seitens der kommunalen Landesverbände eindrucksvoll von der Elmshorner Bürgermeisterin Frau Dr. Fronzek widerlegt. Sie sah eine erweiterte Informationsfreiheit, wie sie der SSW fordert, nicht als zusätzliche Bürokratie oder als zu teuer an, sondern fasste unseren Gesetzentwurf als einen wirklichen Fortschritt im Zusammenspiel zwischen Behörden und Bürgerinnen und Bürgern auf.

(Beifall beim SSW)

Leider konnten sich CDU und SPD nicht dazu durchringen, die Informationsfreiheit in Schleswig-Holstein noch weiter voranzubringen. Die Widerstände bei Teilen der kommunalen Verwaltungen und Teilen der Industrie waren zu groß. Das ist aus bürgerrechtlicher Sicht bedauerlich. Zumindest jedoch konnte mit dem Gesetzgebungsverfahren ein Rückschritt verhindert werden. Dafür danken wir insbesondere - dies will ich hier ausdrücklich sagen - dem Abgeordneten Thomas Rother, der sich sehr dafür eingesetzt hat. Dies haben andere ebenfalls getan, ihn jedoch will ich noch einmal hervorheben.

(Beifall bei SSW und SPD)

Wir werden unserem eigenen Gesetzentwurf natürlich zustimmen. Bei der Abstimmung über den geänderten Gesetzentwurf der Landesregierung werden wir uns der Stimme enthalten.

(Beifall bei SSW, SPD und FDP)

Ich danke der Frau Abgeordneten Spoorendonk. Nun erhält für die Landesregierung der Innenminister, Herr Dr. Ralf Stegner, das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Landtag wird heute über

ein Gesetzgebungsvorhaben beschließen, das einen längeren und inhaltlich besonders in der Frage des Anwendungsbereichs stark umstrittenen Vorlauf hatte; Sie haben die Entwicklung ja eben nachgezeichnet. Wir mussten zur Kenntnis nehmen, dass der ursprüngliche Gesetzentwurf nicht mehrheitsfähig ist. Das ist zu akzeptieren, wenngleich ich natürlich bedauere, dass sich Schleswig-Holstein der Chance begibt, zwei inhaltlich grundsätzlich zusammengehörende Rechtsbereiche wie aus einem Guss anwendungsfreundlich zu regeln. Wir wären damit bundesweit Vorreiter gewesen. Nunmehr steht die Klarstellung des Anwendungsbereichs im Hinblick auf allgemeine Verwaltungsinformationen weiterhin aus.

Gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Kalinka?

Sicher!

Herr Minister, habe ich mich bei der ersten Lesung verhört, dass Sie gesagt haben, beide Möglichkeiten kämen für Sie gleichermaßen in Betracht?

- Da haben Sie sich nicht verhört. Man kann trotzdem eine der beiden Lösungen besser finden. Nur das habe ich eben gesagt. Selbstverständlich kommen beide in Betracht. Das ist auch in Ordnung so.

Es ist, was die ursprünglichen Regelungen angeht, natürlich auch zu unterschiedlichen inhaltlichen Auffassungen gekommen. Der Kollege Kubicki hat heute einen richtig rabenschwarzen Tag. Sie müssen wohl etwas an Ihrer Informationsbeschaffung ändern. Sonst wüssten Sie nämlich, dass uns die Dinge mit den fiskalischen Regelungen, die Sie kritisiert haben, mitnichten auf den letzten Platz hätten bringen können; denn in der Hälfte der Länder gibt es solche Informationsfreiheitsgesetze gar nicht. Der Bund regelt das auch anders. Man kann das also inhaltlich unterschiedlich sehen. Die Sachinformationen, Herr Kollege Kubicki, stellen wir Ihnen gern zur Verfügung, falls Ihre Zuarbeiter das nicht so schnell schaffen.

Wir werden in Schleswig-Holstein künftig mit dem bisherigem Informationsfreiheitsgesetz und dem nun eigenständigen Umweltinformationsgesetz zwei inhaltlich und verfahrensmäßig unterschiedliche Gesetze haben. Es bleibt abzuwarten, welche Erfahrungen damit gesammelt werden. Wir sollten allerdings nicht das Ziel aus dem Auge verlieren,

(Anke Spoorendonk)