Protocol of the Session on January 26, 2007

Von dieser Regelung ausdrücklich ausgenommen sind Personen, die die Ausländerbehörde vorsätzlich über aufenthaltsrechtlich relevante Umstände getäuscht haben, die behördliche Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung vorsätzlich hinausgezögert oder behindert haben, die wegen einer im Bundesgebiet begangenen vorsätzlichen Straftat verurteilt wurden, die Bezüge zum Extremismus oder Terrorismus haben und jene, bei denen weitere Ausweisungsgründe vorliegen, die sie selbst zu verantworten haben.

Ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Regelung kann bis zum 18. Mai 2007 gestellt werden. Die möglichen Begünstigten dieser Regelung erhalten zunächst eine Duldung bis zum 30. September 2007, um ihnen die Arbeitsplatzsuche zu ermöglichen. Wenn sie ein verbindliches Arbeitsangebot nachweisen, das den Lebensunterhalt der Familie ohne Inanspruchnahme von Sozialleistungen sichert, und zu erwarten ist, dass dies auch in Zukunft gesichert ist, erhalten sie eine auf maximal zwei Jahre befristete Aufenthaltserlaubnis. Die

(Karl-Martin Hentschel)

Verlängerung erfolgt, sofern die für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind.

Durch die Einführung klarer Voraussetzungen einer Bleiberechtsreglung für begründete Ausnahmefälle wird sichergestellt, dass es zu keiner unkontrollierten Zuwanderung in die sozialen Sicherungssysteme kommt. Für humanitär begründete Ausnahmen bleibt weiterhin die Härtefallkommission zuständig.

Der Aufenthalt von Ausländern, die nach dieser Regelung keine Aufenthaltserlaubnis erhalten können, muss konsequent beendet werden. Die Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern soll durch geeignete Maßnahmen verbessert werden, und praktische Hindernisse der Abschiebung, insbesondere von Straftätern, sollen, soweit möglich, beseitigt werden. Die Innenminister und Senatoren sind sich auch darüber einig geworden, dass den nicht unter die Bleiberechtsregelung fallenden, nicht integrierten Ausreisepflichtigen, keinerlei Anreize für den weiteren Verbleib in Deutschland aus der Nutzung der Leistungssysteme gegeben werden dürfen. Daher wird der Bundesgesetzgeber gebeten, entsprechende Veränderungen im Leistungsrecht zu prüfen.

Der Beschluss der Innenministerkonferenz in Nürnberg stellt eine konsequente Weiterentwicklung des im Januar 2005 in Kraft getretenen neuen Zuwanderungsgesetzes dar. Der dazu erzielte Kompromiss beinhaltet ausdrücklich die Steuerung und Begrenzung der Zuwanderung unter Berücksichtigung der Aufnahme- und Integrationsfähigkeit sowie die wirtschaftlichen und arbeitsmarktpolitischen Interessen Deutschlands. Daneben regelt das Gesetz die Erfüllung unserer humanitären Verpflichtungen und, erstmals unmittelbar im ausländerrechtlichen Kontext, integrationsfördernde Maßnahmen. Neuzuwanderer haben dadurch Anspruch auf Integrationskurse, sind aber, wenn sie sich nicht auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen können, auch zum Besuch dieser Kurse verpflichtet. Verletzen sie diese Pflicht, so ist dies bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen.

Im Rahmen des Zuwanderungsgesetzes wurde außerdem vereinbart, dass es Verbesserungen im Rechtsstatus vor allem der geduldeten Ausländer geben sollte, die im besonderen Maße schutzwürdig sind, und vermutlich auf längere Zeit oder auf Dauer nicht in ihre Heimat zurückkehren können, die diesen Zustand aber nicht selbst zu vertreten haben. Personen, die die Behörden über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit täuschen oder gegen Mitwir

kungspflichten verstoßen, um einen im Gesetz nicht vorgesehenen Daueraufenthalt zu erzwingen, sollten dagegen grundsätzlich nicht in den Genuss weiterer Vergünstigungen kommen. Diese Anforderungen werden durch den vorliegenden Beschluss der IMK umfassend erfüllt.

Durch das neue Zuwanderungsgesetz hat es zahlreiche Verbesserungen für die Betroffenen gegeben, andererseits führt das Gesetz bewusst zu keiner unkontrollierten Statusverbesserung. Dies gilt insbesondere für Geduldete, die aufgrund erfolgloser Asylverfahren nicht selten bereits seit Jahren zur Ausreise verpflichtet sind, aber bisher nicht abgeschoben werden konnten.

Das Zuwanderungsgesetz legt hier für eine Legalisierung des Aufenthalts einen sehr strengen Maßstab an. Die Neuregelung stellt darauf ab, ob jemand aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unverschuldet an der freiwilligen Ausreise gehindert ist. Die lange Aufenthaltsdauer ist in vielen Fällen die Folge von Verfahrensverschleppungen, missbräuchlichen Antragstellungen und fehlender Mitwirkungsbereitschaft. Auf die inhaltlichen Einzelheiten dieser Feststellung wird im Bericht des Innenministers wiederholt hingewiesen.

Gerade in diesen Fällen war und ist eine Statusverbesserung nach den Intentionen des Gesetzgebers nicht gewollt.

Wir können es uns auch nicht mehr leisten, arbeitsfähige und arbeitswillige Menschen, die gut in unserer Gesellschaft integriert sind, dauerhaft in die Sozialhilfe zu zwingen.

Lassen Sie mich zum Abschluss feststellen, dass das neue Zuwanderungsgesetz in den ersten beiden Jahren seiner Anwendung die Bewährungsprobe weitgehend bestanden hat. Allerdings werden uns die weiteren Umsetzungsvorgaben diverser europäischer Rechtsakte zu weiterem Handeln zwingen. Dabei sollten wir die im Koalitionsvertrag vereinbarte Evaluation des Zuwanderungsgesetzes abwarten, um seriös beurteilen zu können, ob alle Sicherheitsfragen und humanitären Probleme - wie beabsichtigt - gelöst sind und ob durch geeignete Maßnahmen die Rückführung von ausreisepflichtigen Ausländern verbessert werden kann und praktische Hindernisse der Abschiebung insbesondere von Straftätern - soweit möglich - beseitigt werden können.

Hervorzuheben sind allerdings an dieser Stelle auch die deutlichen Verbesserungen im humanitären Bereich, die mit dem neuen Zuwanderungsrecht geschaffen wurden. Wir sollten den vorgelegten

(Peter Lehnert)

Bericht zur abschließenden Beratung an den zuständigen Innen- und Rechtssausschuss überweisen.

(Beifall bei der CDU)

Ich danke Herrn Abgeordneten Lehnert. - Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abgeordneten Klaus-Peter Puls das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt mit der Innenministerkonferenz des Bundes und der Länder vom 17. November 2006, dass - ich zitiere

„der Bundesinnenminister und die Koalitionsfraktionen der CDU/CSU und der SPD im Deutschen Bundestag im Rahmen der Novellierung des Aufenthaltsgesetzes sich auch des Themas Bleiberecht für ausländische Staatsangehörige, die faktisch und wirtschaftlich im Bundesgebiet integriert sind, angenommen haben.“

Die SPD-Landtagsfraktion teilt allerdings nicht die Zuversicht der Innenministerkonferenz - ich zitiere noch einmal -, dass

„im Rahmen des angestrebten Gesetzgebungsverfahrens Lösungen gefunden werden, die es erlauben, dem betroffenen Personenkreis oder zumindest einem Großteil davon ein gesichertes Aufenthaltsrecht auch tatsächlich gewährleisten zu können, die Zuwanderung in die Sozialsysteme zu vermeiden und nachhaltige Bemühungen der Betroffenen um ihre Integration in die deutsche Gesellschaft zu fördern.“

Die parteipolitische Ausgangslage in Großen Koalitionen ist zu unterschiedlich für eine begründete Hoffnung auf eine substanziell verbesserte Situation geduldeter ausländischer Menschen in Deutschland. Dabei zeigen Antwort und Bericht der Landesregierung auf die Anfragen der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, dass auch in Schleswig-Holstein die vorhandene Furcht mancher CDUKollegen und -Kolleginnen vor übermäßiger Zuwanderung und unzumutbarer Belastung unserer Sozialsysteme abwegig ist.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und FDP - Wolfgang Kubicki [FDP]: Da ist was dran!)

Als SPD-Landtagsfraktion werden wir deshalb weiterhin inner- und außerparlamentarisch unsere eige

nen Positionen deutlich machen. Wir unterstützen uneingeschränkt die Forderung nach einer unbürokratischen und großzügigen Bleiberechtsregelung und einer gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe für langjährig geduldete Flüchtlinge und wir hoffen, dass das Aufenthaltsgesetz des Bundes in absehbarer Zeit zumindest einige Verbesserungen bringt. Es ist nicht einzusehen, warum Menschen ausländischer Herkunft, die seit Jahren bei uns leben und längst integriert sind, kein gesichertes Aufenthaltsrecht erhalten sollten.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Die im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung Schleswig-Holsteins verschwindend geringe Zahl von rund 3.000 geduldeten Personen lässt sicherlich soziale Verwerfungen auch nicht ansatzweise befürchten. Wir appellieren deshalb an den Bundesgesetzgeber, insbesondere im Bereich des Arbeitsmarktes Zugangserleichterungen zu schaffen. Angesichts allgemein anhaltender Arbeitslosigkeit und des Vorrangs deutscher und europäischer Arbeitsuchender bei der Arbeitsvermittlung grenzt es an Verhöhnung - ich habe es an anderer Stelle auch schon gesagt -, von Nichteuropäern, die faktisch einem Arbeitsverbot unterliegen, als Voraussetzung für ein Bleiberecht den Nachweis gesicherter Erwerbstätigkeit zu verlangen.

(Beifall bei SPD und SSW)

Zu diesem Punkt begnügen wir uns auch nicht mit der im Bericht des Innenministers ausgedrückten Hoffnung der Landesregierung auf die bundesgesetzliche Regelung und auf die Zusage - ich zitiere erneut -, dass „die weitere … Diskussion auf Bundesebene über die Implementierung einer Bleiberechtsregelung im Aufenthaltsgesetz durch Schleswig-Holstein weiterhin beobachtet werden“ soll.

„Beobachten“ genügt uns nicht. Wir erwarten und bitten die Landesregierung nachdrücklich um aktive Beförderung und Verankerung verbesserter Beschäftigungsmöglichkeiten der bereits langjährig bei uns lebenden ausländischen Menschen, die arbeiten wollen, es aber nicht dürfen.

(Beifall bei der SPD)

Wie kompliziert die Rechtslage ist und wie schwer verständlich es für die Adressaten des Aufenthaltsgesetzes ist, die das eigentlich verstehen sollen, weil es um ihre Rechte geht, zeigt die Antwort der Landesregierung zu den Arbeitsmöglichkeiten geduldeter Personen. Ich zitiere:

„Mit dem Zuwanderungsgesetz wurden Aufenthaltserlaubnis und Arbeitserlaubnis zusammengefasst. Anstelle der separat durch

(Peter Lehnert)

die Bundesagentur für Arbeit zu erteilende Arbeitsgenehmigung wird nun ein Zusatz im Aufenthaltstitel aufgenommen. Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 Aufenthaltsgesetz … muss jeder Aufenthaltstitel erkennen lassen, ob die Ausübung einer Erwerbstätigkeit erlaubt ist.

Personen, die nicht über einen Aufenthaltstitel verfügen, weil sie vollziehbar ausreisepflichtig sind, ist die Ausübung einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Duldung hat nur vorübergehende Natur. Eine Abschiebung ist noch immer das Ziel. Eine dauerhafte Integration in den Arbeitsmarkt stünde einer späteren Aufenthaltsbeendigung entgegen.

Wenn sich jedoch geduldete Ausländer bereits seit einem Jahr erlaubt oder geduldet im Bundesgebiet aufhalten, kann ihnen nach § 10 der Beschäftigungsverfahrensverordnung mit Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit die Ausübung einer Beschäftigung erlaubt werden.

Für geduldete Ausländer, die eingereist sind, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen, oder wenn bei diesen Ausländern aus von ihnen zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, gilt dies nicht. Ihnen darf die Ausübung einer Beschäftigung nicht erlaubt werden.

Damit Personen, die zwar vollziehbar ausreisepflichtig sind, deren Abschiebung jedoch derzeit ausgesetzt wurde, die Ausübung einer Beschäftigung von der Ausländerbehörde erlaubt werden kann, muss die zuständige Agentur für Arbeit der Ausübung der Beschäftigung zugestimmt haben. Die Arbeitsagentur hat bei ihrer Zustimmungsentscheidung die §§ 39 und 40 des Aufenthaltsgesetzes … zu berücksichtigen. Dies bedeutet, sie kann eine Zustimmung unter anderem nur erteilen, wenn keine deutschen Arbeitnehmer sowie Ausländer, die diesen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme rechtlich gleichgestellt sind oder die nach dem Recht der Europäischen Union einen Anspruch auf vorrangigen Arbeitsmarktzugang haben (bevorrechtigte Ar- beitnehmer), zur Verfügung stehen.“

(Detlef Matthiessen [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unzumutbarer Satz!)

Meine Damen und Herren, wir verlangen von unseren ausländischen Mitmenschen die Beherrschung der deutschen Sprache. Ich als der deutschen

Sprache durchaus mächtiger Mensch, der sogar ein Jurastudium absolviert hat, bin beim ersten Lesen nicht in der Lage gewesen, den Inhalt solcher Gesetzesvorschriften zu verstehen. Das kann man dann von Adressaten solcher Rechtsvorschriften auch nicht verlangen.

(Beifall)

Inhaltlich ist die darin enthaltene Aussage aber viel wesentlicher, dass nämlich der Vorrang der deutschen Menschen beim Arbeitsmarktzugang sowie dann der zweite Rang von Bürgern der Europäischen Union beim Zugang zum Arbeitsmarkt es im Grunde genommen letztlich verhindern, dass geduldete ausländische Menschen von außerhalb Europas in den Arbeitsmarkt hinein können.

(Anke Spoorendonk [SSW]: Genauso ist es!)

Hier ist eine Änderung notwendig, wenn wir nicht die Flucht in die Sozialhilfe und die Flucht in die Schwarzarbeit fördern wollen.

(Beifall bei SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, da nicht abzusehen ist, wann die angekündigten Änderungen im Aufenthaltsgesetz des Bundes erfolgen und in Kraft treten werden, gehen wir davon aus, dass landesseitig wenigstens die im Gesetz vorhandenen begrenzten Möglichkeiten zur Erteilung befristeter Aufenthaltserlaubnisse aus humanitären Gründen weiterhin nicht restriktiv, sondern ausländerfreundlich angewendet werden. Der Bericht der Landesregierung bestätigt, dass dies geschieht.