Protocol of the Session on November 30, 2006

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Matthiessen, wenn der Antrag so banal ist und, lieber Kollege Dr. Garg, wenn in dem Antrag so viel fehlt, warum haben Sie dann keinen ergänzenden Antrag vorgelegt? Da wäre vielleicht noch eine ganze Menge möglich gewesen.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD - Dr. Heiner Garg [FDP]: Wir hatten die Erleuchtung erst vor kurzem!)

Ich habe ausdrücklich gesagt, wir wollen das eine tun, ohne das andere zu lassen. Aber wir wollen Schwerpunkte setzen. Ich bin der festen Überzeugung, dass Städtetourismus und Zielgruppenorientierung kein Widerspruch sind. Nicht zuletzt heißt eines der Leitprojekte: Wir kennen unsere Zielgruppe. - Das muss also kein Widerspruch sein. Es geht darum, das Angebot an den Gästewünschen zu orientieren und auf sie auszurichten und nicht umgekehrt, dass man alle zwingt, Rad zu fahren, unabhängig davon, ob sie Rad fahren wollen oder nicht.

(Beifall bei SPD und CDU)

Auch zum Thema Fahrrad fahren habe ich eine Menge gesagt.

Dann zu der Frage, ob wir das nicht doch noch einmal in den Ausschuss überweisen sollten! Die Ausschüsse haben, soweit ich weiß, ein Selbstbefassungsrecht. Wir können das jederzeit dort miteinander besprechen. Ich finde es aber auch richtig, dass sich der Landtag eine Woche nach dem Tourismustag hier und heute eine Meinung bildet. Deswegen bitte ich um Abstimmung in der Sache.

(Minister Dietrich Austermann)

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Präsidium bedankt sich für den Hinweis. Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Doch!)

- Herr Dr. Garg, wie konnten wir Sie übersehen? Ich erteile Ihnen hiermit das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zwei Dinge veranlassen mich, doch noch einmal nach vorn zu kommen. Frau Kollegin Poersch, ich bin ausgesprochen froh, dass Sie niemanden zum Fahrradfahren zwingen wollen. Wir können ja einmal zusammen Tandem durch Schleswig-Holstein fahren; das macht ja auch Spaß. Das finde ich wunderbar.

Zweitens habe ich eine Frage an den Tourismusminister. Wenn er sagt, er wirbelt nicht nur Staub auf, sondern macht ihn auch weg, dann stellt sich die Frage, wo der Staub letztlich herunterkommt, den er wegmacht, es sei denn, er ist ein Staubsauger.

Die dritte Bemerkung bezieht sich auf das Abstimmungsverhalten meiner Fraktion. Wir werden, wenn in der Sache abgestimmt werden soll - ich bedauere noch einmal, dass wir keine Ausschussüberweisung hinbekommen haben -, diesem Antrag zustimmen; denn wir halten grundsätzlich eine Neuausrichtung in diesem für Schleswig-Holstein ausgesprochen wichtigen Segment selbstverständlich für richtig. Ich hätte es trotzdem besser gefunden, wir hätten das noch einmal zusammentragen können

(Jürgen Feddersen [CDU]: Haben wir!)

- nein, haben wir nicht, Kollege Feddersen - und die Anregung der Opposition wäre aufgegriffen worden. Aber wir werden diesem Antrag in der Sache selbstverständlich zustimmen, um ein Signal für die diejenigen zu geben, die vor Ort mit der Umsetzung dessen befasst sind, was wir uns hier unter anderem mit ausgedacht haben.

(Beifall bei FDP und SSW)

Es liegt mir eine weitere Wortmeldung nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung vor. Ich erteile Herrn Abgeordneten Detlef Matthiesen das Wort.

Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Wir werden uns so verhalten wie die FDP. Wir stimmen dem Antrag zu. Ich habe nicht gesagt, dass da Verkehrtes drinsteht, sondern ich habe gesagt, er ist recht blutleer und werde bereits umgesetzt. Das wollte ich zur Klärung noch einmal sagen.

Herr Minister, ich bin in einem Verein zur Rettung der deutschen Sprache - oder wie das heißt -, in einem Verein, der es sich zum Ziel gesetzt hat, das sogenannte Denglisch aus dem normalen Sprachgebrauch zurückzudrängen. Ich habe das nur nebenbei erwähnt und Sie haben es auch nur nebenbei getan. Aber wir sollten uns gerade als Politiker bemühen, in unseren Schriftsätzen englische Ausdrücke zu vermeiden. Lesen Sie einmal die Anleitung der Landtagsverwaltung zum Umgang mit unseren neuen Telefonen! Gerade wenn wir von Best Agern oder Leuten reden, deren Alter noch darüber hinaus geht, sollten wir nicht aus dem Blick verlieren, dass der Einzug des Englischen oder Denglischen in den allgemeinen Sprachgebrauch zur Folge hat, dass Leute, die das nicht beherrschen, ausgeschlossen werden. Diesen Gesichtspunkt sollte man nicht vernachlässigen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD und Beifall des Abgeordneten Karl-Martin Hentschel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dann ist es einfach so, dass ich die deutsche Sprache sehr liebe. Manchmal steht man - wie wir beide - vor so einem Wort wie Best Ager und es fällt einem noch nicht mal ein,

(Ursula Sassen [CDU]: Dass man selber ei- ner ist! - Heiterkeit)

welches deutsche Wort dafür angemessen ist. Insofern möchte ich noch einmal dafür plädieren, dass wir uns auch in dieser Richtung durchaus einmal einen Gedanken mehr machen sollten, wenn wir mit solchen Denglisch-Gebilden in der guten, schönen deutschen Sprache konfrontiert sind.

(Frank Sauter [CDU]: Ich fand den Beitrag okay!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es liegt mir jetzt wirklich keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe damit die Beratung. Es ist beantragt worden, über den Antrag in der Sache abzustimmen. Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Ich stelle fest, damit ist der Antrag 16/1081 mit den Stimmen

(Regina Poersch)

von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, CDU, FDP und SSW so angenommen. - Herzlichen Glückwunsch!

Erlauben Sie mir eine geschäftsleitende Bemerkung. Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Fraktionen haben sich darauf geeinigt, die Tagesordnungspunkte 35 und 36 auf die Dezember-Tagung zu verschieben. - Tiefes Bedauern macht sich breit.

Ich rufe dann Tagesordnungspunkt 29 auf:

Auskunftsrechte von Bürgerinnen und Bürgern

Antrag der Fraktionen von FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/1083

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat der Herr Abgeordnete Wolfgang Kubicki.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir leben in einer Zeit, in der die Bürgerinnen und Bürger über sich immer mehr Informationen den staatlichen Sicherheitsbehörden preisgeben müssen, teilweise ohne dass sie dies willentlich, geschweige denn wissentlich tun. Wir leben in einer Zeit, in der ebenso immer mehr Daten von immer mehr Personen von Sicherheitsbehörden erfasst, gespeichert und weitergegeben oder sonstwie verarbeitet werden. In dieser Zeit ist es für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Sicherheitsbehörden von großer Bedeutung, dass sie die Möglichkeit haben zu erfahren, ob, in welcher Form und warum sie in einer Datenbank, beispielsweise des Landeskriminalamtes, gelandet sind. Darauf haben sie auch einen Anspruch. § 198 des Landesverwaltungsgesetzes erkennt den Bürgerinnen und Bürgern ein umfangreiches Auskunftsrecht über die Speicherung der persönlichen Daten in einer polizeilichen Datei zu.

Die Auskunft kann und darf nur dann verweigert werden, wenn dem Wohl des Bundes oder des Landes ein Nachteil entstünde, wenn hierdurch die Erfüllung polizeilicher Aufgaben erheblich erschwert würde oder wenn berechtigte Interessen Dritter gegen eine Auskunftserteilung vorliegen.

Leider haben die Polizeibehörden in der Vergangenheit diesen rechtlichen Vorschriften nicht oder so sage ich einmal - nicht immer genügend Rechnung getragen. So gab es beim Unabhängigen

Landeszentrum für den Datenschutz mehrfach Beschwerden von Bürgern, deren Auskunftsanspruch von den Landesbehörden nicht vollumfänglich sichergestellt wurde, die also bei Nachfrage keine oder nur unzureichende Auskünfte darüber erhielten, welche Auskünfte bei den Polizeibehörden gespeichert wurden.

Ein konkreter Beispielsfall: Eine Petentin hatte beim Landeskriminalamt Auskunft darüber verlangt, ob ihr Telefonanschluss überwacht worden sei. Das LKA hingegen verweigerte sowohl der Bürgerin als auch den Vertretern des Datenschutzzentrums mit dem Hinweis die Auskunft, dass das Landeskriminalamt weder einem anfragenden Bürger noch dem ULD mitteile, ob ein bestimmter Telefonanschluss überwacht werde. In einem weiteren Zusatz fügte das LKA an:

„Sollte entgegen meiner Aussage aufgrund der Rechtslage die Landespolizei zu einer Aussage verpflichtet sein, teilen Sie mir das bitte mit.“

(Zuruf des Abgeordneten Konrad Nabel [SPD])

- Das ist schon ein starkes Stück, Kollege Nabel. Ein Landeskriminalamt, das den Datenschützer quasi um einen rechtlichen Hinweis darüber bittet, ob es zur Auskunft verpflichtet sei, dokumentiert damit, dass es eine entsprechende Prüfung selbst überhaupt nicht vorgenommen hat. Nach meiner Auffassung geht das so nicht.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiterer Fall: Das Landeskriminalamt hatte auf Antrag eines Betroffenen Auskunft über seine personengespeicherten Daten erteilt, die anlässlich einer Demonstration gegen die Hartz-IV-Gesetze von ihm erhoben und gespeichert worden waren. Nach einer Nachprüfung durch das ULD stellte sich heraus, dass diese Auskunft in einigen Punkten fehlerhaft war. Das Landeskriminalamt zeigte sich nicht bereit, dem Betroffenen die zwischenzeitlich gelöschten Informationen über die Teilnahme des Bürgers an dieser Demonstration mitzuteilen. Korrekt wäre es hingegen gewesen, im Rahmen einer Auskunft mitzuteilen, dass er wegen seiner Teilnahme an einer Demonstration gespeichert war, dass diese Daten aber noch gelöscht werden würden, weil sie für die Aufgabenerfüllung des LKA nicht mehr erforderlich waren.

Dieser Fall führte - wie auch der vorangegangene zu einem intensiven Schriftverkehr des Landesdatenschützers mit dem Innenministerium darüber, ob

(Vizepräsidentin Frauke Tengler)

die Vorgehensweise des LKA dem Auskunftsanspruch des Bürgers genügt hat oder nicht. Nachdem unser heutiger Antrag von FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW mit der Aufforderung, die Mängel in der Auskunftserteilung abzustellen, dem Landtag zugeleitet wurde, ließ das Innenministerium dem Innen- und Rechtsausschuss eine Stellungnahme zukommen. Diese hatte sinngemäß zum Inhalt, dass die Anregungen des Landesdatenschützers übernommen worden seien und dass sich damit der Antrag hier im Landtag quasi erledigt habe.

Dem widerspricht allerdings der Landesdatenschützer in seiner Replik vom 23. November. Insbesondere die Gründe für die Verweigerung der Auskunftserteilung werden seitens des Innenministeriums immer noch zu weit ausgelegt, was weiter dazu führen wird, dass Bürgerinnen und Bürger ohne rechtlichen Grund Auskünfte über die von ihnen gespeicherten Daten verweigert werden.

Für uns gilt nach wie vor, dass dies abzustellen ist. Die Frage, ob Bürgerinnen und Bürger in unserem Bundesland ausreichend darüber informiert werden und zu welchem Zweck ihre Daten bei der Polizei gespeichert sind, ist keine Petitesse. Es ist eine Frage des Vertrauens der Bürgerinnen und Bürger in das ordnungsgemäße Handeln staatlicher Institutionen. Ich weise ausdrücklich darauf hin, dass es eine Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts zur Rechtmäßigkeit entsprechender Maßnahmen ist, die betroffenen Bürger anschließend in ausreichender Weise zu informieren, um auch nachträglichen Rechtsschutz gegen solche Maßnahmen zu ermöglichen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Ich bitte darum, dass dieser Antrag an den Innenund Rechtsausschuss überwiesen wird, damit wir die Sache intensiv und möglicherweise in vertraulicher Sitzung weiter beraten können.