Protocol of the Session on November 29, 2006

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Danke schön. - Das Wort für BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat Herr Abgeordneter Detlef Matthiessen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Grundgedanke des Gesetzes über die Errichtung eines Sondervermögens ist der Erhalt der Waldfläche im öffentlichen Besitz. Sie mindern mit dem Verkauf diese Waldflächen und reden das hier schön.

(Minister Dr. Christian von Boetticher: Wie mein Vorgänger!)

Das Geld wird dem Haushalt zugeführt, nicht dem Wald. Der Wald Christianslust wird nicht verkauft, er wird verschleudert. Dem werden wir nicht zustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Der Minister und das ganze Kabinett haben beschlossen, den Landeswald nicht zu verkaufen. Sie haben aber 400 ha als Streu- und Splitterbesitz, als Flächen von geringer Bedeutung betrachtet. Das ist selbstverständlich Verkauf des Landeswaldes durch die Hintertür!

(Günther Hildebrand)

Herr Minister, Sie haben festgestellt, dass der Verkauf des Landeswaldes unwirtschaftlich ist, weil der Holzpreis steigt. Dies gilt in gleicher Weise auch für die Fläche in Christianslust. Wo ist der Unterschied? - Erklären Sie das bitte.

Zuerst wollten Sie Christianslust verkaufen. Das ging aber nicht, als die Gebote nicht den Erwartungen entsprachen. Dann ließen Sie ein neues Wertgutachten von Externen schreiben.

Unseren Antrag auf Befassung im Ausschuss bügelte Ihr Parteifreund und Ausschussvorsitzender einfach ab. Das stinkt doch zum Himmel. Sie verkaufen ohne Not und unter Wert!

Unser Landeswald, meine Damen und Herren, ist kein Unternehmen zum Zwecke der Gewinnmaximierung. Unser Landeswald dient der Gesundheit der Menschen, der Erholung und dem ökologischen Gleichgewicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Und wenn wir gerade hier in Schleswig-Holstein ökonomisch argumentieren wollen, dann müssen wir den Tourismus erwähnen. Der Landeswald dient dem Gemeinwohl. Es ist nicht ausgeschlossen, dass private Eigentümer das Gemeinwohl im Sinne haben, aber darauf verlassen können wir uns nicht.

Ich zitiere aus dem Schreiben des Ministers vom 7. November zur Kritik an dem Schreiben der Initiative „Baum sucht Pate“:

„Die Ausführungen verkennen, dass durch die Veräußerung des Geheges Christianslust ein dauerhafter Beitrag zur Senkung des Defizits der Landesforsten geleistet werden kann.“

Nein, Herr Minister, niemand verkennt Ihre Absichten, aber vielleicht verkennen Sie, dass hier eine Milchmädchenrechnung aufgemacht wird: Die Personalkosten bleiben. Die Erträgnisse aus der Bewirtschaftung werden steigen und selbst der Verkehrswert des bestellten Gutachtens wird unterschritten. Das hat mit nachhaltiger Finanzpolitik nichts zu tun und es ist nicht die Aufgabe des Landeswaldes, solche Beiträge zu leisten.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich zitiere aus einer Urteilsbegründung des Bundesverfassungsgerichts von 1990:

„Die Bewirtschaftung des Körperschafts- und Staatswaldes dient der Umwelt- und Erholungsfunktion des Waldes, nicht der Siche

rung von Absatz und Verwertung forstwirtschaftlicher Erzeugnisse. Die staatliche Forstpolitik fördert im Gegensatz zur Landwirtschaftspolitik weniger die Betriebe und die Absetzbarkeit ihrer Produkte als vielmehr die Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts.“

(Martin Kayenburg [CDU]: Was sagt uns das? Was wollen Sie damit sagen?)

Unser Wald in Schleswig-Holstein und insbesondere in Dithmarschen ist wertvoll und kostbar. Nach Schleswig-Holstein fließen in diesem Jahr - das haben wir alle froh zur Kenntnis genommen - Steuereinnahmen in erheblichem Umfang. Es gibt also keinen Grund, ausgerechnet auf dem Rücken des Landeswaldes Haushaltsprobleme zum jetzigen Zeitpunkt zu lösen.

Sie ignorieren den Vorschlag des Kreises Dithmarschen und beantworten nicht einmal sein Schreiben. Warum fehlt Ihnen die Phantasie, etwa über die Gründung eines Westküstenforstamtes, das den Landeswald und den kommunalen Waldbesitz gemeinsam bewirtschaftet, nachzudenken und solche Optionen ernsthaft zu prüfen?

Den gesamten Wald zu privatisieren, wagt der Ministerpräsident nun nicht mehr, nachdem sich über 30 Organisationen zum Bündnis Wald zusammengeschlossen haben, um dagegen zu protestieren, und nachdem eine Volksinitiative eingeleitet wurde. Gemeinden und Kreise haben auf den wichtigen Stellenwert des Waldes für den Tourismus aufmerksam gemacht. Der Landessportbund hat die wichtige Funktion für Erholung der Menschen herausgestellt.

(Jürgen Feddersen [CDU]: Die Bäume blei- ben stehen!)

Die Menschen in Schleswig-Holstein wollen Ihre Politik nicht. Sie wollen vielmehr ihren Wald in öffentlicher Hand behalten. Dem kann ich mich nur anschließen und danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Ich danke dem Herrn Abgeordneten Matthiessen und erteile dem Herrn Abgeordneten Lars Harms für den SSW das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Diskussionen rund um den Verkauf des Waldes Christianslust sind ein einziges Trauerspiel und

(Detlef Matthiessen)

können inzwischen als klassisches Beispiel dafür gelten, wie man Verdrossenheit produziert

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

und ehrenamtliches Engagement abwürgt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Genau so ist es!)

Da kommt die Landesregierung auf die Idee, den Landeswald zu verscherbeln. Sie kann gerade noch durch öffentlichen Druck davon abgehalten werden und schon brennt es wieder an einer anderen Stelle.

Nun wird der Landeswald nicht am Stück verscherbelt, sondern scheibchenweise.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Streichholzwei- se!)

Und das Ganze geschieht, ohne dass es wirklich notwendig wäre. Es gibt eigentlich nur einen Zwang - das wurde hier gerade gesagt -, den man ins Feld führen könnte, nämlich dass im Landeshaushalt Einnahmen aus dem Verkauf von Christianslust eingeplant sind und deshalb der Wald koste es, was es wolle - verkauft werden soll. Allerdings sieht niemand auf die Einnahmesituation, die wir jetzt haben. Vielleicht hat sich ja die finanzielle Lage in Bezug auf den Wald verbessert. Dann wäre ein Verkauf von Christianslust nicht notwendig.

Sehen wir uns die Lage doch einmal genauer an: Sieben Waldflächen wurden dieses Jahr schon für insgesamt rund 209.000 € verkauft. Hinzu kommen noch nicht forstlich genutzte Flächen, die rund 62.000 € erbrachten. Das Bissen-Gehege erbrachte 720.000 €. Bei den Holzverkäufen wurden 500.000 € Mehreinnahmen erzielt als im Haushalt veranschlagt. Die gleiche Summe, auch 500.000 €, wurde noch einmal durch höhere Erlöse aus Pachten, Nutzungen, Erbschaften und Ähnlichem erzielt. Alles in allem sind dies rund 2 Millionen € Mehreinnahmen. So schlecht lief es dieses Jahr offensichtlich nicht.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: So ist es!)

Einen Zwang zum Verkauf von Christianslust kann ich nicht erkennen, zumal sich die Zahlen, die ich eben genannt habe, vornehmlich nur auf ein Dreivierteljahr beziehen. Die 2-Millionen-€-Grenze werden wir wohl noch knacken können.

Wie sieht es nun mit dem Preis aus? - Vielleicht ist er ja so attraktiv, dass er einen Verkauf rechtfertigen könnte. Ein Gutachten vom April dieses Jahres schätzt den Verkehrswert von Christianslust auf 4,7 bis 4,85 Millionen €. Im August erhielten wir dann ein zweites Gutachten, das - oh Wunder - den

Wert des Waldes nahezu um die Hälfte senkte. Nun sollte der Wald nur noch 2,7 Millionen € wert sein.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Winterschlussver- kauf!)

Ich bezweifele diese Zahl. Aber selbst wenn sie stimmen sollte, möchte ich an ein Versprechen der geschätzten Kollegen Buder und Magnussen hinweisen. Sie haben auf einer öffentlichen Diskussion im Gehege Christianslust gesagt, dass Christianslust nicht unter Wert verkauft werden solle. Dann möchte ich doch einmal wissen, ob 2,5 Millionen € weniger als die 2,7 Millionen € Verkehrswert aus dem zweiten Gutachten sind. Vor dem Hintergrund des zweiten Gutachtens, das einen Wert von 4,7 Millionen € angibt, kann ich nichts anderes sagen, als dass der Wald hier unter Wert verscherbelt wird. Insofern rechtfertigt der Verkaufserlös in keiner Weise einen Verkauf.

In der Beschlussvorlage wird darauf verwiesen, dass die 50 km Entfernung zum Forstamt Rantzau ein Grund für den Verkauf sind. Die Entfernung sei eigentlich zu groß, um dieses Gelände adäquat zu verwalten. Eine Kreisreform mit riesigen Entfernungen wollen Sie durchdrücken, aber einen Wald soll man nicht in einem vergleichsweise kurz entfernten Forstamt verwalten können? - Das ist barer Unsinn.

(Beifall beim SSW)

Eine solche Argumentation öffnet Tür und Tor für weitere Verkäufe.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Das ist wohl auch Sinn und Zweck der Aktion. Hier wird der weitere Ausverkauf des Landeswaldes Stück für Stück vorbereitet.