Was die Bürgernähe und den Punkt „weite Wege“ anbelangt, so werden wir auch in Zukunft bürgernahe Amtsgerichte von überschaubarer Größe haben. Dies gilt auch für andere Gerichte: Wir haben vier Arbeitsgerichte und fünf Sozialgerichte im Land Diese werden von mindestens ebenso vielen betroffenen Bürgerinnen und Bürgern aufgesucht. Ich habe nicht gehört, dass das eine unzumutbare Belastung für Richterinnen und Richter, für Anwälte sowie für Bürgerinnen und Bürger ist. Dort funktioniert es auch. Aber nun soll die Anzahl der Gerichte, die übrig sind, völlig unzumutbar sein. Diesen Vorwurf kann ich nicht akzeptieren.
Ich bin neulich durch Bad Bramstedt gefahren. Wenn man aus Neumünster kommt, dann sieht man auf einmal das alte Amtsgerichtsgebäude. Ich kann mich noch daran erinnern, wie hoch damals die Wogen geschlagen sind und dass die Welt zusammenbrechen sollte. Daran erinnert sich heute niemand mehr und mir sind auch keine Klagen bekannt, dass dies zu unzumutbaren Zuständen geführt hat.
Meine Damen und Herren, ich danke den Mitarbeitern im meinem Ministerium, die in diesen schwierigen Zeiten sehr gute Arbeit geleistet haben, und ich bitte die betroffenen Mitarbeiter an den Gerichtsstandorten um Verständnis. Sie hätten es naturgemäß gern anders gesehen. Ich sichere zu, wir werden alles tun, dass bei der Umsetzung auf die persönlichen Belange Rücksicht genommen wird. Ich denke, wir werden auch zukünftig eine funktionierende Amtsgerichtsstruktur in diesem Land haben. Es wird ein Schritt sein auf dem Wege, dieses künftig noch professioneller auf den Weg zu bringen, als es jetzt schon der Fall ist. Die Bürgernähe wird darunter nicht leiden.
Ich danke Herrn Minister Döring. - Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich schließe damit die Beratungen.
Wir starten mit der Abstimmung zu a). Der Ausschuss empfiehlt die unveränderte Annahme des Gesetzentwurfs der Landesregierung. Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. Gegenstimmen! - Enthaltungen? - Damit ist der Gesetzentwurf Drucksache 16/769 mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD gegen die Stimmen der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und des SSW bei Enthaltung des Abgeordneten Hamerich so angenommen.
- Entschuldigen Sie bitte. - Gegen die Stimmen der FDP. Ich bitte, das im Protokoll zu vervollständigen.
Wir kommen zur Abstimmung zu Punkt b). Der Ausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrages Drucksache 16/461 (neu). Wer so beschließen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! Enthaltungen? - Damit ist der Antrag mit den Stimmen der Fraktionen von CDU und SPD sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP und des SSW abgelehnt.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache und erteile dem Herrn Abgeordneten Geerdts das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Prinzip des Förderns und des Forderns wird bei der Betreuung der Hartz-IV-Empfänger nur funktionieren, wenn sich die kommunalen Arbeitsgemeinschaften und unsere Optionskommunen auf den Bund verlassen können. Es darf zu keiner Schlechterstellung der schleswig-holsteinischen Kommunen bei Hartz IV kommen. Die Fraktionen von CDU und SPD erwarten, dass sich sowohl der Ministerpräsident als auch der Arbeitsminister in den anstehenden Verhandlungen auf Bundesebene für die Interessen der Kommunen stark machen.
Insgesamt geht es in dieser Frage um ein Finanzvolumen von bundesweit 5,7 Milliarden €. Bei der Festlegung der Bundesbeteiligung an den Kosten der Unterkunft handelt es sich um ein zustimmungspflichtiges Bundesgesetz. Wir fordern die Landesregierung auf, sich in den Verhandlungen über die ab 2007 geltende Höhe der Bundesbeteiligung an den kommunalen Kosten der Unterkunft für SGB-II-Leistungsberechtigte für einen Ausgleich in Höhe von 29,1 % einzusetzen. Der Bund ist gesetzlich verpflichtet, genau wie in den Jahren 2005 und 2006, den bisherigen prozentualen Anteil der Kosten der Unterkunft zu zahlen. Der Bund muss hier Wort halten.
Die Landesregierung soll sich mit einer möglichst breiten Unterstützung des Schleswig-Holsteinischen Landtages entsprechend in die Berliner Diskussion einbringen, aber auch in die Diskussion der Ministerpräsidenten. Die Verhandlungen darüber auf der Ebene der Ministerpräsidenten laufen seit dem 13. September 2006.
Von den insgesamt 5,7 Milliarden € werden 3,2 Milliarden € zur Mitfinanzierung der kommunalen Kosten der Unterkunft aufgewandt. Der Anteil der schleswig-holsteinischen Kreise und kreisfreien Städte lag bei rund 130 Millionen € im Jahr 2005. Durch den hohen Anstieg der Bedarfsgemeinschaften - auch darüber haben wir mehrfach debattiert liegt der Anteil der KdU-Bundesmittel für das Jahr 2006 noch deutlich höher.
Jeder ahnt also angesichts dieser Zahlen, was uns droht, wenn es bei diesem Haushaltstitel zu Einbrüchen käme.
Im Entwurf des Bundeshaushalts für 2007 stehen statt der erforderlichen 3,2 Milliarden € lediglich 2,05 Milliarden €. Die Auswirkungen auf die kom
munalen Haushalte wären also dramatisch. Aus diesem Grunde müssen die Länder auf der Einhaltung der bisherigen Regelungen bestehen.
Uns treibt zusätzlich die Sorge um, dass es bei der länderbezogenen Aufteilung der gesetzlich garantierten kommunalen Gesamtleistung von jährlich 2,5 Milliarden € durch Umschichtungen zu weiteren Einbußen für die schleswig-holsteinischen Kreise und kreisfreien Städte kommt. Wir müssen als schleswig-holsteinische Parlamentarier zur Kenntnis nehmen, dass es derzeit wohl eine knappe Ländermehrheit gibt, die das Ziel verfolgt, eine Umstellung der bisherigen quotalen Verteilung auf ein für Schleswig-Holstein deutlich nachteiliges Festbetragssystem mit Mehrbedarfsausgleich zu kommen.
Im Interesse unserer Kommunen dürfen wir ihn nicht mittragen. Die Kommunen - das will ich noch einmal unterstreichen - leisten in der Betreuung der Hartz-IV-Empfänger eine engagierte und sehr sachgerechte Arbeit. Sie haben es nicht verdient, jetzt vom Bund im Regen stehen gelassen zu werden.
Ich bitte um Zustimmung zum gemeinsamen Antrag der Fraktionen von CDU und SPD. Das schönste und wichtigste Zeichen könnte gesetzt werden, wenn wir dies wirklich einvernehmlich durchs Haus bekommen. Das wäre unser Wunsch. Darum bitten wir die anderen Fraktionen.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Torsten Geerdts und erteile für die SPD-Fraktion dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Position ist klar. Schleswig-Holstein gibt alle finanziellen Entlastungen der Kommunen aus der Arbeitsmarktreform an die Kommunen weiter. Das haben wir 2004 zugesagt und wir haben es eingehalten. 2006 standen hierfür 51,5 Millionen € zur Verfügung, die sich aus Einsparungen beim Wohngeld ergeben haben. Wir haben im Dezember 2005 das Finanzausgleichsgesetz entsprechend geändert.
Die „Gesetze für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ - Hartz I bis Hartz IV - haben die Arbeitsmarktpolitik in der Bundesrepublik vom Kopf
auf die Füße gestellt. Sie markieren die Umstellung von der aktiven zur aktivierenden Arbeitsmarktpolitik und sie änderten das Leistungssystem massiv: Die schon vorher steuerfinanzierte Arbeitslosenhilfe, deren Höhe sich bis 2004 am vorherigen Einkommen orientierte, wurde zum Arbeitslosengeld II, das seit 2005 in pauschaler Höhe von 345 € zuzüglich Unterkunftskosten unabhängig vom zuvor erzielten Einkommen gewährt wird.
Begleitet wird dieser grundlegende Wechsel von einem Ausbau der aktivierenden Elemente: Fördern und fordern wollten wir und das bleibt auch weiterhin unser Leitbild bei der Weiterführung der Reform. Wir haben alle arbeitsfähigen früheren Sozialhilfeberechtigten einbezogen, ebenso alle arbeitsfähigen erwachsenen Haushaltsmitglieder. Auch ihnen stehen jetzt alle Eingliederungsleistungen zur Verfügung. Wir haben damit die Kommunen von den Kosten der Sozialhilfe für diesen Personenkreis entlastet, weil der Bund nun Leistungsträger war. Im Gegenzug sollten sie die Kosten der Unterkunft für alle Bezieherinnen und Bezieher der neuen zusammengefassten Leistung übernehmen. Auch die Länder wurden entlastet, weil das Wohngeld für viele Menschen durch die Übernahme der Unterkunftskosten entfiel.
Dass diese Rechnung zulasten der Kommunen gehen würde, war schnell klar. Deshalb hat die Bundesregierung nach einem festgelegten Schlüssel einen Anteil an den Unterkunftskosten übernommen. Wir erinnern uns, die Kommunen sollten insgesamt um 2,5 Milliarden € entlastet werden, zum Beispiel zum Ausbau der Kinderbetreuung. Schleswig-Holstein war wieder einmal vorneweg. Wir haben im Herbst 2004 beschlossen, unsere gesamten Netto-Wohngeldeinsparungen an die Kommunen weiterzugeben. Damit haben wir sichergestellt, dass wir uns an der Reform des Arbeitsmarktes nicht zulasten der Kommunen bereichern.
Die Umsteuerung ist teuer. Das wussten wir vorher und uns war auch klar, dass die Reform einige Zeit brauchen würde, bis die neuen Instrumente greifen. Das gilt für alle Kostenträger. Die nun auf Bundesebene diskutierte Kürzung und Umverteilung der Zuschüsse bei den Unterkunftskosten geht in die falsche Richtung.
Sie benachteiligt finanzschwächere Bundesländer wie Schleswig-Holstein und sie stellt den breiten Konsens in Frage, den wir bei der Gesamtreform des Arbeitsmarktes erzielt haben.
Die Länder werden sich mit dem Bund einigen müssen. Zwar ist das Bundesgesetz zustimmungspflichtig, jedoch würde ohne eine Einigung ab 2007
überhaupt kein Bundeszuschuss mehr fließen. Dazu kommt, dass einige Länder ein neues Verteilungsmodell bevorzugen, das für die schleswig-holsteinischen Kommunen nachteilig wäre. Angesichts dieser Situation bleibt nur, jetzt gute Überzeugungsarbeit zu leisten.
Wir fordern die Landesregierung auf, sich für die schleswig-holsteinischen Kommunen in Berlin stark zu machen und einen vollständigen Ausgleich der nachweislichen Mehrkosten zu verlangen. Das ist ein Anliegen, das im Interesse unseres Landes ist und für das wir uns - Parlament und Regierung gemeinsam - auf allen politischen Entscheidungsebenen kraftvoll einsetzen sollten.
Die Kreise und kreisfreien Städte in SchleswigHolstein leisten bereits ihren Beitrag zum Gelingen der Arbeitsmarktreform. Sie tun dies auf vielfältige Weise. Eine zusätzliche Belastung wollen wir für sie nicht hinnehmen. Deshalb bitte ich Sie um Unterstützung für unseren Antrag.
Ich danke Herrn Abgeordneten Wolfgang Baasch und erteile für die FDP-Fraktion Herrn Abgeordneten Dr. Heiner Garg das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Von Anfang an wurde bei der Berechnung von Hartz IV vonseiten der Bundesregierung mit Zahlen gearbeitet, die überhaupt keinen realen Bezug haben. Ich möchte an das anschließen, was der Kollege Baasch gesagt hat. Das fördert natürlich nicht unbedingt das Vertrauen in eine Reform, die fast alle hier wollten. Ich würde sogar so weit gehen und teilweise von selektiver Wahrnehmung sprechen, wenn es darum geht, die unerwünscht hohen Kosten in bestimmten Bereichen der Arbeitsmarktreform zu kaschieren. Da hat sich der damalige Finanzminister der Vorgängerregierung, Hans Eichel, die Kosten für Hartz IV schlichtweg schön geredet und schön gerechnet. Ich glaube, das kann man schon feststellen. Er hat Berechnungen angestellt, die mit der Realität wenig zu tun haben.
Erstens wurden die Zahlen der Bedarfsgemeinschaften - wir erinnern uns - schlichtweg zu niedrig angesetzt. So wurde zweitens von vornherein angenommen, dass gut 23 % aller Antragsteller keinen Anspruch auf ALG II haben. Es waren dann aber nicht 23 %, es waren nur 9,3 %. Drittens entspra
chen die angenommen Kosten der Unterkunft bei Weitem nicht der Realität. Zuletzt sollte der Anteil des Bundes von 29,1 % rückwirkend für die Jahre 2005 und 2006 auf 0 % reduziert werden, schlicht um den Bundeshalt zu entlasten. Dass es nicht dazu kam, ist dem entsprechenden Druck der Länder zu verdanken.
Jetzt geht es darum, für 2007 eine Beteiligung des Bundes an den kommunalen Kosten für die Unterkunft der SGB-II-Berechtigten neu zu regeln. Und auch hier beginnt wieder das, was wir bereits kennen, nämlich das Schönreden und das Schönrechnen. Der Bund will seine Beteiligung an den Kosten der Unterkunft auf 2 Milliarden € begrenzen. Bundesfinanzminister Steinbrück hat einen entsprechenden Haushaltsentwurf bereits vorgelegt. Gleichzeitig spricht der zuständige Bundesarbeitsminister Müntefering davon, dass man sich zwar für Anfang 2006 verrechnet habe, da der Bundesanteil an den Kosten für die Unterkunft etwa 200 oder 300 Millionen € höher ausfalle als im Haushalt vorgesehen, doch das soll künftig nicht mehr maßgeblich sein. Denn durch das SGB-II-Fortentwicklungsgesetz und das SGB-II-Änderungsgesetz würden ja diese Mehrausgaben kompensiert - vermutlich rein virtuell. Er gibt aber unumwunden zu, dass sich an der Zahl der Bedarfsgemeinschaften und an den steigenden Wohnungskosten nichts geändert habe und er sich schlichtweg verschätzt habe. Also bleibt es bei der rein virtuellen Schönrechnerei. Dennoch findet er Worte, die gerade unseren Kommunalvertretern besonders tröstlich vorkommen werden. Ich zitiere:
„Wo ist das Drama? In einem flexibel atmenden Markt werden sich im Verlauf des Jahres die Dinge verändern.“