Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube, dass es nicht gut ist, mit einem Mangel zu leben. Der Mangel an Transparenz in Gesetzen, im materiellem Recht, ist etwas, was die Gesellschaft so stark belastet, dass wir uns alle - auch die steuerberatenden Berufe - darauf freuen, dass es irgendwann zu den grundlegenden Steuerrechtsvereinfachungen kommt, die wir alle auch in der täglichen Arbeit als Steuerbürger und Steuerberater spüren, Herr Kubicki. Dann wird der Kollege Neugebauer sicherlich nicht mehr im Parlament sein und ich glaube auch, dass unsere jungen Abgeordneten dann nicht mehr im Parlament sein werden.
Meine Damen und Herren, ich schließe mich dem Dank des Oppositionsführers und auch seiner Bewertung an, was die Qualität und Aussagekraft des Berichtes und die Antwort auf die Große Anfrage angeht. Ich möchte die positive Anmerkung machen, dass er sehr umfangreich ist und dass er nicht so umfangreich ist wie der Bericht zur Messung der Bürokratiekosten, den wir unlängst einmal bekommen haben. Der hatte einen Umfang, dass er die sonntägliche Nachmittagslektüre doch zu einer ziemlichen Tortur gemacht hat. Herzlichen Dank also für den sehr umfangreichen und aussagefähigen Bericht. Ich möchte mich in der Kürze der Zeit auf drei Feststellungen beschränken.
Erstens. Im Hinblick auf die Maßnahmen zur Strukturreform der Finanzämter kann der positiven Bewertung der Regierung zugestimmt werden. Sowohl die Zusammenlegung der Finanzämter als auch das Lösen der Raumbedarfe, die außerhalb der Strukturreform noch bestanden haben, sind erfolgreich absolviert worden. Dies geschah auch unter Einbeziehung notwendiger Veränderungen, die die CDU-Fraktion immer gefordert hat und die dankenswerterweise vom Finanzminister und seinem Haus auch umgesetzt worden sind.
Zweitens. Da komme ich auf den Schwerpunkt, den auch der Herr Oppositionsführer gewählt hatte: Die Personalplanung erfolgt langfristig und auf fundierter Grundlage. Hierbei sind Altersstruktur, Veränderungen im materiellen Steuer- und Verfahrensrecht sowie in den Bereichen Organisation und technische Fortentwicklung wesentliche Faktoren.
Es ist erkannt worden, dass nur stetige, kontinuierliche und vor allem auch eigenbedarfsorientierte Ausbildung des eigenen Nachwuchses die Zukunft der Behörde und die Qualität der Arbeit in Zukunft sicherstellen kann. Ohne eine durchgreifende Vereinfachung des Steuerrechts, für die es im Moment sehr wenige Anzeichen gibt, werden wir allerdings den Personalbedarf kaum wesentlich nach unten verändern können. Deshalb bleibt die Vereinfachung des Steuerrechts weiterhin vorrangiges politisches Ziel. Die Umsetzung ist allerdings so langfristig ausgerichtet, dass der eine oder andere von uns damit noch seinen politischen Alltag verbringen wird.
Drittens. Die Personalbewirtschaftung ist effizient und zeigt die Nutzung vielfältiger stiller Einsparpotenziale, die auch Herr Kollege Kubicki schon sehr eindrucksvoll aufgezeigt hat. Ich habe da einen etwas konstruktiveren Ansatz. Allein die Tatsache, dass über 1.200 Beamtinnen und Beamte auf Dienstposten arbeiten, die höher bewertet sind, als es die aktuelle Besoldung widerspiegelt, macht
deutlich, dass der Einsatz von Beamten gegenüber Angestellten erhebliche Kostenvorteile beinhalten kann. Diese Schere geht immer weiter auseinander. Das wissen wir alle, meine Damen und Herren, und müssen dies allerdings auch dann berücksichtigen, wenn wir die Verwaltungstätigkeit zu bewerten haben und wenn wir auch zu bewerten haben, in welcher Weise sich die Verwaltungen zukünftig personell zusammenzusetzen haben.
Allerdings gehört auch zur politischen Wahrheit, dass die Funktionsüberhänge, auch die Fehlbedarfsstellen, auch die Wartezeiten bei den Beförderungen aufgrund der Haushaltslage nicht abgebaut werden können. Das führt zu Problemen, die wir auch im Rahmen der Föderalismusreform haben werden. Wir werden ein Gefälle in der Besoldung der Beamten bekommen. Das kann bei Wettbewerbssituationen der Bundesländer untereinander zu unseren Lasten gehen, meine Damen und Herren. Deswegen müssen wir motivierende Elemente herausarbeiten. Auch das geht aus dem Bericht hervor. Motivierende Elemente können Aufstiegssituationen sein, die angeboten werden. Wenn es eine Verwaltung schafft, deutlich zu machen, dass der Berufseinsteiger oder die Berufseinsteigerin den Marschallstab sozusagen im Tornister hat und laufbahnübergreifende Aufstiegsmöglichkeiten in größerem Stil vorhanden sind, so kann auch dies ein Markenzeichen prägen.
Wir sollten aus der Schwäche unsere Chancen suchen. Weiter gehende und tiefer gehende Debatten werden wir sicherlich im Finanzausschuss führen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage bietet eine Fülle von Zahlen und Informationen. Vielen Dank auch von meiner Seite an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Ministerium für diese Fleißarbeit, die uns sicherlich im Ausschuss noch eingehend beschäftigen wird.
Nicht alle Fragen der FDP waren neu und überraschend und ebenso verhält es sich mit manchen Antworten. Dass die Personalstärke in der Steuerverwaltung geringer ist, als wir alle uns das wünschen, ist keine wirkliche Neuigkeit. Die Zahlen sind genannt worden. Ich muss sie hier nicht wie
derholen. Sie sind ja auch nachzulesen und nicht zu bestreiten. Realisten wissen aber, dass ein vollständiger Abbau dieser Differenz zwischen Bedarfsplanung und Ist angesichts der Haushaltslage unseres Landes nicht möglich sein wird. Zu den Realisten zähle ich auch die Oppositionsfraktionen. Jedenfalls habe ich keine Haushaltsanträge 2006 gefunden, die etwa gefordert hätten, für personelle Verbesserungen in der Steuerverwaltung Geld in die Hand zu nehmen. - Woher auch nehmen? - Die Laufbahnprüfungen im August werden etwas Entspannung bringen. Danach können insgesamt 120 Nachwuchskräfte eingestellt werden und die eine oder andere akute Lücke füllen.
Zu begrüßen ist auch die Absicht, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Personalüberhängen im übrigen nachgeordneten Bereich des Ministeriums in den Finanzämtern einzusetzen, und es ist erfreulich zu lesen, dass die durch die Strukturreform der Finanzämter eingesparten vier Stellen des gehobenen Dienstes nun - im wahrsten Sinne des Wortes - „gewinnbringend“ in der Betriebsprüfung eingesetzt werden.
Auch der Vergleich mit den übrigen Bundesländern ist positiv. Mit 1,27 Mitarbeitern in der Steuerverwaltung pro 1.000 Einwohnern liegt SchleswigHolstein an sechster Stelle, also im vorderen Mittelfeld.
Schleswig-Holstein hat im Gegensatz zu manch anderem Bundesland - dies ist schon angemerkt worden - ein modernes Personalentwicklungskonzept, das nicht nur den Abgang von Bediensteten, sondern auch technische Entwicklungen, Änderungen des Steuerrechts und so weiter berücksichtigt. Liebe Kolleginnen und Kollegen, aufgrund dieses Personalkonzepts werden dem Landtag bedarfsgerecht die Quoten für die Einstellung von Anwärtern vorgeschlagen. Bedauerlicherweise ist die so ermittelte Zahl der Ausbildungsplätze in der Steuerverwaltung ab 2006 deutlich niedriger als in den Vorjahren. 45 Einstellungen im gehobenen Dienst und 50 Einstellungen im mittleren Dienst sind für 2006 eingeplant.
Ab 2007 ist sogar eine weitere Senkung auf 35 beziehungsweise 40 Anwärter vorgesehen. Das ist wenig.
basieren, derzeit fortgeschrieben wird und Ergebnisse einer Aufgabenkritik im Kernbereich Steuerverwaltung noch abzuwarten sind, bevor belastbare Aussagen über den künftigen Personalbedarf möglich werden. Wir werden also die für die Zukunft vorgeschlagenen Ausbildungszahlen, die, wie wir festgestellt haben, sehr niedrig sind, im Rahmen der Haushaltsplanberatungen noch einmal kritisch hinterfragen, noch einmal nach dem Ergebnis der Anpassung des Personalentwicklungskonzeptes fragen. Ich denke, unsere Devise muss lauten: Im Zweifel für den Ausbildungsplatz.
Das Land muss angesichts der problematischen Lage auf dem Ausbildungsmarkt jede Möglichkeit nutzen, eigene Ausbildungsplätze zur Verfügung zu stellen. Wie wir heute auch schon festgestellt haben, kann dies auf jeden Fall auch positive Auswirkungen auf die Steuereinnahmen haben.
Und nicht zu vergessen und wie ebenfalls bereits gesagt wurde: Die Steuerverwaltung ist und bleibt gerade auch für Realschulabsolventen eine Chance, einen qualifizierten und anspruchsvollen Beruf zu erlernen und auf Dauer auszuüben.
Eine Überraschung hat mir die Antwort der Landesregierung allerdings beschert: Seit dem Jahr 2000 haben lediglich 19 Beamtinnen und Beamte die Steuerverwaltung verlassen, um zu den steuerberatenden Berufen zu wechseln.
- Auch das war zu viel, aber ich hatte mit mehr gerechnet, ich hatte mehr befürchtet, gerade angesichts der hohen Arbeitsbelastung, gerade angesichts des enormen Beförderungsstaus, von dem in dem Bericht - das ist auch schon gesagt worden leider auch die Rede ist. Mit diesen Aussagen müssen wir uns sicherlich im Ausschuss noch befassen.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Steuerverwaltung ein Dankeschön für ihre engagierte und konstruktive Arbeit zu sagen, die sie trotz oftmals schwieriger Bedingungen und trotz mancher Zumutung Tag für Tag leisten. Die nächste Herausforderung, die Einführung des IT-Systems EOSS, wirft schon ihre Schatten voraus und wird weitere Belastungen bringen.
Herr Präsident, ich beantrage die Überweisung der Drucksache an den Finanzausschuss zur weiteren Beratung.
Dem Herrn Oppositionsführer erteile ich für die FDP nicht mehr das Wort. Er hat mit der Begründung seinen Beitrag geleistet. - Nunmehr erteile ich für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN der Abgeordneten Monika Heinold das Wort.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage ist eine gute Grundlage für die Ausschussberatung. Sie ist eine gute Grundlage für die Einschätzung, ob unsere Steuerverwaltung gut ausgestattet ist.
Wichtig für die Haushalts- und Finanzpolitik des Landes ist, dass wir eine Steuerverwaltung haben, die genug Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat. Es ist wichtig, dass es Beförderungsmöglichkeiten gibt. Dies wird auch im Personalentwicklungskonzept des Landes aufgezeigt. Wichtig ist, dass wir die Motivation der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen erhalten, auch damit sie uns nicht abwandern, nachdem wir sie hoch qualifiziert haben.
Die Antwort macht auch deutlich, dass die Steuerverwaltung viele Ausbildungsplätze schafft: circa 75. Dies sind Ausbildungsplätze mit der Chance auf eine Übernahme. Von 100 % ist die Rede. Dies ist in heutigen Zeiten nicht hoch genug einzuschätzen. Ich denke, das Land kann stolz darauf sein, an dieser Stelle derart viele Ausbildungsplätze zu haben.
Ich freue mich, dass auch die CDU jetzt zur Umstrukturierung der Finanzämter steht. Ich erinnere mich an viele heftige Debatten hier im Landtag, in denen die CDU, Herr Wiegard voran, die Umstrukturierung der Finanzämter massiv kritisiert hat, wo sie vorgerechnet hat, dass das Ganze überhaupt keine Synergieeffekte ergebe. Der Abgeordnete Wiegard war sehr unzufrieden mit der Reform. Der Minister Wiegard ist jetzt zufrieden mit der Reform. Herr Wiegard, das machen Sie besser mit sich selbst ab. Ich freue mich auf jeden Fall über diesen Meinungswechsel.
Zur Kosten-Nutzen-Analyse ist zu sagen, dass das Ziel auf jeden Fall erfüllt ist: Jeder Mitarbeiter, jede
Mitarbeiterin, die wir beschäftigen, fährt ihren Lohn locker wieder ein und noch mehr. Es ist die Grundlage der Finanzierung unseres Haushalts. Natürlich müssen wir gucken, was wir an Personal bezahlen können; das ist richtig. Aber wenn wir die Steuerverwaltung nicht gut ausstatten, dann wird es dem Land finanziell noch schlechter gehen als bisher. Das heißt, wir können uns gerade hier eine Einschränkung oder einen Personalabbau in keinster Weise leisten.
Insofern hoffe ich auf eine interessante Ausschussberatung. Ich freue mich, Herr Minister Wiegard, dass meine damalige Pressemitteilung mit der schönen Überschrift „Wünsch dir was“ in Bezug auf die CDU inzwischen Eingang in Ihren Sprachgebrauch gefunden hat. Das zeigt doch, dass manches von dem, was wir hier produzieren, noch ein bisschen weiter trägt.
Für die Abgeordneten des SSW erteile ich das Wort der Vorsitzenden, der Frau Abgeordneten Anke Spoorendonk.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch ich möchte mich im Namen des SSW bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Ministeriums für diesen Bericht bedanken. Ansonsten erinnert mich die Diskussion über Steuervereinfachungen immer an das Theaterstück „Warten auf Godot“. Man wartet und wartet und wartet, aber nichts geschieht. Daher kann ich nur empfehlen, jetzt zu handeln und nicht darauf zu warten, dass es zu Steuervereinfachungen kommt. Anscheinend ist es ein Teil unserer Kultur, dass wir immer noch den größten Beitrag zum Steuerrecht leisten. Daher ist es umso wichtiger, eine Steuerverwaltung zu haben, die dem Ganzen gerecht wird.
Wir wissen, dass wir in einer komplexen Gesellschaft leben und dass unsere komplexe Gesellschaft mit ihren vielfältigen Waren- und Geldströmen ohne eine gut funktionierende Steuerverwaltung nicht auskommen kann. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen also vor großen Herausforderungen. Die öffentliche Hand ist schließlich darauf angewiesen, dass die Steuerverwaltung die Steuerschuld der Bürgerinnen und Bürger sowie der Unternehmen wirklich eintreiben kann. Darum muss es die vordringliche Aufgabe des Landes sein, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Steuerverwaltung vernünftige Arbeits- und Lohnbedingungen zu
bieten. Wir wissen, wie die Realität aussieht. Das haben wir in den bisherigen Redebeiträgen bereits gehört. Ich will das nicht alles wiederholen, sondern nur einige Anmerkungen machen; wir werden darüber im Ausschuss miteinander debattieren können.
Wenn die Landesregierung mit der Verlängerung der Arbeitszeit den Fehlbedarf in der Steuerverwaltung von 442 Stellen um 87 Stellen vermindert - die Deutsche Steuergewerkschaft bezweifelt allerdings, dass dies möglich sein wird -, so kommt hinzu, dass das Personal-Ist, also das für die Arbeitserledigung tatsächlich eingesetzte Personal, nur einen Stellenanteil von 3.648 ergibt. Es sagt sich von selbst, dass man bei der Höhe dieses Fehlbedarfs kaum von einer optimalen Arbeitssituation in der Steuerverwaltung sprechen kann.