Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe noch einmal das Wort ergriffen, weil der Herr Innenminister eine recht interessante Rech
nung aufstellte. Er sagte - das ist ja kein neues Argument; das haben wir schon vor einigen Jahren gehört, als es zu dem vorhin bereits genannten Eingriff von 35 Milliarden € in den Finanzausgleich kam -, den Kommunen gehe es im Bundesvergleich besser als dem Land. Ich hoffe, dass ich das so richtig vernommen habe. Dann sagte er weiter: Also kürzen wir bei den Kommunen. Die Schlussfolgerung muss ja dann lauten: Dann geht es sowohl dem Land als auch den Kommunen im Bundesdurchschnitt gleich schlecht.
- Ich fand das recht interessant. Denn der Innenminister sagte auch, wir müssten die Einnahmesituation des Landes verbessern. Da frage ich mich natürlich, wie das möglich sein soll, wenn das Land und die Kommunen gleich schlecht dastehen. Denn wir wissen ja - auch das ist mehrfach gesagt worden -, dass die Kommunen immer sehr viele Investitionen getätigt haben. Das fällt nun weg. Das heißt: Die Attraktivität unseres Landes wird durch diesen Eingriff wahrlich nicht gestärkt und die Einnahmesituation auch nicht.
Ich bin aber dem Innenminister dankbar dafür, dass er nicht nur diese Logik für Perlhühner aufgestellt, sondern auch deutlich gemacht hat, dass es letztlich darauf ankommt, die Einnahmesituation dieses Landes zu verbessern. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist in der jetzigen Debatte und in den vorhergehenden Debatten völlig hinten heruntergefallen. Wir diskutieren nur Kürzungen und Kürzungen werden als Politikersatz betrieben. Wir tragen dieses Thema vor uns her wie einen Heiligenschrein, führen aber keine Diskussion darüber, wie wir eigentlich die Einnahmesituation verbessern und wie wir das Land insgesamt weiterentwickeln wollen, wie wir den öffentlichen Dienst weiterentwickeln wollen, wie wir die Aufgaben, die zu einem modernen öffentlichen Dienst gehören, weiterentwickeln wollen. Wir sagen nur: Das können wir uns nicht leisten; das muss weg. Wir können uns nichts leisten. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist eine sehr deprimierende Debatte und ist eine sehr deprimierende Einstellung diesem Thema gegenüber.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einige wenige Anmerkungen. Zunächst eine Frage an die Landesregierung. Wir haben ja beim letzten Mal geklärt, dass die Landesregierung eine Frage nach unserer Geschäftsordnung auch direkt beantworten muss. Die Frage lautet: Stimmt unsere Information, dass der Investitionsfonds nicht liquide ist, dass er schon jetzt zum Teil schuldenfinanziert ist? Das heißt: Ist es richtig, dass, würden wir den Investitionsfonds nehmen, um den Sparbeitrag zu erbringen, dies eine zusätzliche Kreditaufnahme wäre? Das ist eine Frage. Sie haben die Chance zu antworten.
Zweitens. Zum Schleswig-Holstein-Fonds! Ich glaube, es war Herr Wadephul, der noch einmal deutlich gemacht hat, dass das Geld des SchleswigHolstein-Fonds genommen wird, um es überwiegend den Kommunen in Form von Investitionen wieder zukommen zu lassen.
Da sage ich Ihnen, Herr Wadephul: Wenn es der Plan ist, den Kommunen erst das Geld wegzunehmen, um es ihnen dann wiederzugeben, dann allerdings in der inhaltlichen Bestimmung des Landes, dann ist dies eine absolute Bevormundung der Kommunen.
Ich sage Ihnen: Halbieren Sie den Schleswig-Holstein-Fonds und Sie können den Sparbeitrag der Kommunen auch fast halbieren! Dies wäre kommunalfreundlich und dies würde der kommunalen Familie helfen, selbstbestimmt Politik zu machen.
Eines noch zur Frage, ob wir sparen oder nicht. Der Ministerpräsident spricht immer vom größten Sparpaket des Landes. Dies ist falsch. Es ist der größte kommunale Raubzug, den CDU und SPD in der Geschichte des Landes vollziehen.
Frau Kollegin, ich darf darauf hinweisen, dass Fragen in der Fragestunde zu beantworten sind. Wir befinden uns in einer Aktuellen Stunde. Insoweit unterliegen Sie einem Irrtum.
Aber die Landesregierung hat sich bereit erklärt zu antworten. - Herr Innenminister, ich erteile Ihnen das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! So schrecklich ist die Opposition nicht, dass wir nicht jede Frage beantworten könnten, die uns hier gestellt wird. Insofern brauchen wir die Geschäftsordnung gar nicht zu bemühen.
Frau Kollegin Heinold, ich beantworte das außerordentlich gern. Die Frage, die Sie gestellt haben, enthielt eine Unterstellung, die falsch ist und sich nicht auf das bezogen hat, was ich ausgeführt habe. Ich habe hier ausgeführt, dass das Thema, inwiefern und in welcher Höhe eine Entnahme aus dem Kommunalen Investitionsfonds das Delta überbrücken kann, das bei dem Thema Entlastung der Kommunen fehlt, momentan Gesprächsgegenstand zwischen den Koalitionspartnern ist. Da werden im Augenblick keine Varianten diskutiert, die dazu führen würden, dass die Liquidität des Kommunalen Investitionsfonds gefährdet wäre.
Frau Kollegin Heinold, Sie haben weiter ausgeführt, es werde nicht gespart. Ich würde von Ihnen gern einmal wissen, ob Sie eine Vorstellung davon haben - Sie haben ja immerhin ein paar Jahre mitregiert -, woher die 80 Millionen € kommen, um die die Etats zusammengeschrumpft werden. Wenn wir sagen, bei der Verwaltungsreform kann eingespart und wie bei den Landesbehörden Personalkosten eingespart werden, kann man das doch nicht verschweigen.
Die Behauptung, die einen sparten gar nichts und nähmen es nur von den anderen, ist übrigens auch noch aus einem anderen Grund falsch. Ich möchte daran erinnern, dass die Steuerzahler, die Bürgerinnen und Bürger dieses Landes, alles bezahlen, worüber wir hier reden, egal auf welcher Ebene.
Es ist nicht so, dass das Geld nur dem einen oder dem anderen gehört. Es wäre schön, wenn auch die Volksvertreterinnen und Volksvertreter diesen Grundsatz gelegentlich in ihr Gedächtnis zurückholen würden, dass das für alle Ebenen gilt - Bund, Land und Kommunen.
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über 1.200 Jugendliche mehr als im vorigen Jahr kommen in Schleswig-Holstein aus den Schulen. Dazu kommen laut meiner Kleinen Anfrage Drucksache 16/325 weitere 500 Jugendliche aus dem Berufsgrundbildungsjahr, 1.800 Jugendliche aus dem Ausbildungsvorbereitenden Jahr und 1.000 aus den Arbeitslosenklassen, also insgesamt über 3.000 Jugendliche aus Warteschleifen.
Hatten wir noch vor zwei Jahren eine gerade ausreichende Zahl an Ausbildungsplätzen in SchleswigHolstein, so kommen jetzt auf 100 Bewerber nur noch 77 Plätze. Ein solches Drama hat es in Schleswig-Holstein noch nie gegeben. Das Bündnis für Ausbildung ist auf voller Linie gescheitert!
Minister Austermann - er ist leider nicht hier -, in der letzten Landtagstagung hatten Sie noch behauptet, das Wachstum der Wirtschaft um 1,3 % im vorigen Jahr sei ein Erfolg der CDU. Wenn das ernst zu nehmen war, dann erwarte ich, dass wir heute feststellen, dass auch der Mangel an Ausbildungsplätzen ein Ergebnis der CDU-Politik ist.
Mich interessiert allerdings, was diese Regierung tun will. Eine Analyse der Pressemitteilungen dieses Ministers ergibt, dass man Dutzende Pressemitteilungen zu Tourismus und Fahrradwegen, zur Beschimpfung der uneinsichtigen Hochschulen und Studenten -
Frau Kollegin, das ist nicht maßgeblich. Die Regierung ist vertreten. Ich erkenne zumindest den Herrn Finanzminister auf der Regierungsbank.
Die Präsenz ist schon bemerkenswert. Wir hatten im Ältestenrat gerade eine Aussprache darüber. Wir haben vereinbart, dass alle Fraktionen und die Regierung gewährleisten, dass mindestens 50 % der Mitglieder anwesend sind. Und in der ersten Landtagssitzung danach, auch noch morgens, zur besten Zeit, ist die Regierung nur mit einer Person anwesend. Ich finde das beschämend.
Eine Analyse der Pressemitteilungen dieses abwesenden Ministers ergibt: Man findet Dutzende von Pressemitteilungen zu Tourismus und Fahrradwegen, Beschimpfungen der uneinsichtigen Hochschulen und Studenten, über tolle Wirtschaftsprojekte, den Bau der Fehmarnbelt-Brücke und vieles mehr, aber zur Ausbildungskatastrophe in diesem Land findet man nichts, nur die gemeinsame Pressemitteilung vom 18. März, als das jährliche Bündnis für Ausbildung wieder einmal um ein Jahr verlängert wurde.
Wie lieblos das Ganze war, sieht man an dem so genannten „Aktionsprogramm Ausbildung“, auf das der zuständige CDU-Abgeordnete Callsen neulich in einer Pressemitteilung seine ganze Hoffnung setzte. Schaut man sich dieses Aktionsprogramm an, fällt merkwürdigerweise auf, dass es bis auf einen Punkt identisch ist mit einem Programm, das Minister Rohwer im Jahr 2004 aufgelegt hat. Damals hieß es „Sofortprogramm für mehr Ausbildung und Qualifizierung“. Es mag ja sein, dass das Programm sinnvoll war, schließlich ist es auch im letzten Bericht gelobt worden, aber dann zu verkünden, man hätte ein neues Programm gestartet, um die Ausbildungsmisere zu bekämpfen, ist schon etwas peinlich.
Auch der Antrag der Regierungsfraktionen, den Sie heute Morgen vorgelegt haben, bringt absolut nichts Neues, keine Analyse der Situation, keine neue Ideen, schlicht ein „Weiter so“. Alles, was sowieso gemacht wurde, soll weiter gemacht werden. Es ist in keiner Weise erkennbar, wie auf die Krise reagiert werden soll.
Noch toller allerdings - jetzt komme ich zum größeren Koalitionspartner, Herr Wadephul - ist Ihre CDU-Mittelstandsvereinigung. Sie behauptet am 10. Mai, schuld seien die Berufsschulen, und fordert konsequent, den zweiten Berufsschultag abzuschaffen. Insbesondere bräuchten die Auszubildenden nicht mehr Englisch zu lernen.
Meine Damen und Herren, wir leben in einer Wissensgesellschaft. In vielen modernen Technologiebranchen besteht das Kapital nicht mehr aus Grundstücken, sondern aus dem Wissen der Mitarbeiter. Dann wollen Sie den Unterricht der Berufsschule zusammenstreichen? - Ich kann Ihnen sagen, wem das nützt: Die Firmen, die die Auszubildenden als einfache Arbeitskräfte nutzen wollen, werden sich freuen. In solchen Firmen fällt allerdings schon heute ein Drittel der Auszubildenden durch. Aber die Industrie und die Firmen, die ein echtes Interesse an guter Ausbildung haben, werden dann endgültig aus der Ausbildung aussteigen, weil sie sich allein gelassen fühlen. Auch dem Handwerk würde man damit einen Bärendienst erweisen.