Protocol of the Session on March 24, 2006

Auch wenn der SSW Punkt eins und einige der in den Punkten zwei und drei angesprochenen Dinge unterstützen könnte, werden wir den Antrag ablehnen. Wir sind aber natürlich gern bereit, uns weiter im Ausschuss darüber zu unterhalten.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Für die Landesregierung erteile ich Herrn Innenminister Dr. Ralf Stegner das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Lieber Herr Kollege Hentschel, das, was ich da gehört habe, passte so gar nicht zu dem gestrigen Debattenbeitrag zum Polizeirecht. Da sprach die Kollegin Lütkes von Allmachtsphantasien des Staates, was Sie nicht wollen.

(Zuruf der Abgeordneten Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Sie haben das Wort nicht benutzt, aber Sie haben es inhaltlich so dargestellt, als ob das der Punkt wäre. Nun höre ich von einem Plan, mit dem wir auf zentralistische Vertretungsorgane setzen sollten, und alles dieses völlig über die Köpfe der Regione hinweg. Davon halte ich überhaupt nichts. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Norddeutsche Zusammenarbeit heißt, dass man zum Beispiel für die Bürger, die in Schleswig-Holstein leben und in Hamburg arbeiten, Behinderungen abbaut, dass man die Zusammenarbeit verbessert, dass man all diese Dinge, die wir gemeinsam tun, ausdehnt. Ich bin dem Herrn Fraktionsvorsitzenden Hay außerordentlich dankbar, dass er darauf hingewiesen hat, dass wir das in dieser Broschüre auch dargestellt haben. Da finden Sie eigentlich alles, was wir an Zusammenarbeit machen. Dann muss man auch noch das berücksichtigen, was der Präsident des Landesrechnungshofs eingebracht hat, nämlich dass man die Effizienz dieser Dinge untersucht.

Ich habe eher einen ganz anderen Eindruck, wenn darüber diskutiert wird, aber um Himmels willen, die Hamburger sind ja gar keine Altruisten. Nein, das sind die wirklich nicht. Aber wer hat das denn

(Anke Spoorendonk)

erwartet? Wo ist eigentlich die selbstbewusste Position, nicht nur zu sagen, was gut für Hamburg ist, ist auch gut für Schleswig-Holstein, sondern auch umgekehrt? Hamburg hat auch Probleme. Die haben zum Beispiel nicht den Raum, den wir haben. Sie haben zum Teil mehr Geld. Wo ist das Selbstbewusstsein? Dieses Selbstbewusstsein ist nicht vorhanden, wenn man beklagt, wir werden da untergebuttert, wenn nur zwei von der Landesregierung dabei sind. Ich fühle mich überhaupt nicht untergebuttert. Das halte ich alles für Quatsch, um ehrlich zu sein. - Entschuldigung, das war unparlamentarisch. Das halte ich für nicht hinreichend durchdacht, was der Kollege vorgetragen hat.

Ich bin in der Tat der Meinung, dass die Metropolregion Wachstumschancen hat. Die dürfen wir nicht bremsen, sondern wir müssen sie stärken. Aber in anderen Regionen des Landes, zum Beispiel in der Region, die die grenzübergreifende Zusammenarbeit mit Dänemark zu organisieren hat, bei K.E.R.N., wo wir jetzt einen jungen, dynamischen neuen Vorsitzenden haben, damit Musik ins Geschäft kommt, muss man sich Gedanken darüber machen. In Lübeck muss man sich Gedanken darüber machen, wie man auch in Richtung Mecklenburg-Vorpommern guckt. Das sind alles vernünftige Dinge. Man kann nicht erwarten, dass nur deshalb, weil man zu Reisen des Hamburger Bürgermeisters eingeladen wird, die Welt automatisch schön wird. Wir sollten auch - ich bin mit einer Geografin verheiratet - nicht so tun, als ob die Metropolregion Hamburg beliebig geografisch ausdehnbar wäre. Es ist doch Unfug, einfach andere da hinein zu nehmen, so als könnte man die Landkarte verändern.

Ich will auch ehrlich sagen, liebe Frau Kollegin Spoorendonk: Wir brauchen nun weiß Gott nicht schon wieder Expertenkommissionen. Das ist eine Angelegenheit der politischen Willensbildung auch hier in diesem Parlament, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei SPD und CDU)

Herr Kollege Wadephul, wir haben ja gelegentlich Unterschiede, aber ich stimme Ihnen ausdrücklich an der Stelle zu, wo Sie etwas zum Selbstbewusstsein und zur Identität der Menschen gesagt haben. Die wollen nicht die abstrakten Debatten von IHKGeschäftsführern oder von anderen in der Frage, was wir hier eigentlich erzeugen wollen,

(Beifall bei SPD und FDP)

sondern sie wollen, dass wir praktische Politik machen. Die Identität von Menschen, die übrigens sowohl in kleinen Orten vorhanden ist als auch im

ganzen Land, soll man nicht beliebig opfern, sondern wir sollten selbstbewusst die Position dieses Landes vertreten. Das sagt Ihnen jemand, der gebürtiger Pfälzer ist, aber dessen drei Söhne alle in Schleswig-Holstein geboren sind und der sich in diesem Land außerordentlich wohl fühlt.

Selbstbewusstsein dieses Landes heißt nicht, die Zusammenarbeit mit Hamburg auf unrealistische Beine zu stellen, sondern mit Hamburg so zu verhandeln, dass am Ende etwas herauskommt, was uns beiden nutzt. Das kann man, wenn man Konzepte hat. Deswegen halte ich von der NordstaatDebatte überhaupt nichts.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Man muss sie auch nicht ausschließen. Wenn die Menschen das irgendwann wollen, dann sollen sie es aber bitte demokratisch entscheiden. Aber ich habe gar nicht den Eindruck, dass sie es wollen.

Deswegen, Frau Kollegin Heinold, hat mich Ihr Zwischenruf vorhin auch ein bisschen irritiert, dieser begeisterte Ausruf, dass nun endlich andere sagen, sie schließen das nicht für die nächsten hundert Jahre aus. Wo liegt eigentlich der große Vorteil, dass man das Land Schleswig-Holstein preisgibt? Das vermag ich nicht zu erkennen, wenn man die Verwaltungsstrukturen verändert, und das müssen wir in der Tat tun.

(Beifall bei SPD, FDP und SSW)

Also, lieber Herr Kollege Hentschel, wir brauchen keinen Desasterplan, sondern wir brauchen gute Zusammenarbeit. Die wollen wir weiter ausdehnen, selbstbewusst als Schleswig-Holstein, gemeinsam mit Hamburg zum Nutzen der Menschen, die in diesem Land leben, anderswo arbeiten, in Regionen denken, in einem immer größer werdenden Europa, wo wir uns nicht im Kirchturmsdenken verhalten sollten, wo wir nicht theoretische Debatten führen sollten, die dem Bürger überhaupt nichts bringen. Schade, dass niemand auf der Tribüne ist. Aber vielleicht erfahren die Menschen es ja trotzdem.

(Beifall bei SPD, CDU, FDP und SSW)

Ich eröffne die Runde der Kurzbeiträge und erteile das Wort zu einem Dreiminutenbeitrag dem Herrn Abgeordneten Karl-Martin Hentschel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich freue mich darüber, dass wir den Antrag im Aus

(Minister Dr. Ralf Stegner)

schuss diskutieren können. Ich fand es ein bisschen schade, Herr Minister, dass Sie auf die konkreten Punkte nicht eingegangen sind, sondern versucht haben, das im Allgemeinen abzutun. Die anderen Kollegen sind detaillierter an die Sachen herangegangen. Ich finde es auch wichtig, sich damit auseinander zu setzen.

Wenn der Ministerpräsident dieses Landes, der immerhin Peter Harry Carstensen heißt,

(Zuruf von der CDU: Immerhin!)

im Oktober 2005 erklärt, dass er davon ausgeht, dass in zehn bis 15 Jahren ein Nordstaat zu schaffen sei, dann handelt es sich nicht um eine abstrakte theoretische Debatte, sondern um eine relativ konkrete Debatte. Der Bürgermeister von Hamburg hat ja erklärt, dass er glaubt, dass man das schon in zehn Jahren schaffen kann. Ich meine, dass wir uns in einer Dynamik befinden. Immer mehr Verwaltungen und Institutionen werden zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein zusammengeführt. Ich finde es schon richtig, dass sich die politische Ebene damit beschäftigt, erstens wohin dieser Prozess führt und zweitens wie dieser Prozess gestaltet wird. Wenn die These richtig ist, die der Minister gerade vorgetragen hat, dass nämlich Hamburg knallhart verhandelt und seine eigenen Interessen vertritt, dann ist es ausgesprochen wichtig, dass Schleswig-Holstein in diesem Prozess auch seine eigenen Interessen, nämlich die schleswig-holsteinischen Interessen, deutlich macht und das gestaltet.

(Zurufe)

Genau das habe ich an dem Verwaltungsabkommen kritisiert, dass das nicht geschieht, dass man wesentliche Verhandlungsoptionen aus der Hand gibt.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Wo denn?)

- Ich kann Ihnen das gern schriftlich geben. Das habe ich alles aufgeschrieben. Das steht auch im Antrag.

Aber noch einmal zu den Punkten: Herr Wadephul, Sie haben das Gewicht der Abgeordneten im nördlichen Bundesland angesprochen, wie sich das in einem Nordstaat verteilt. Sie haben völlig richtig gesagt, dass wir dann eine regionale Verteilung haben, bei der die Hamburger Abgeordneten mit dabei sind. Das ist aber gut, wenn das so ist, denn dann muss die gemeinsame Landesregierung auch in Flensburg und Husum bei ihren Entscheidungen denken, weil sie auch dort gewählt wird. Der Hamburger Senat denkt heute nicht an Flensburg und Husum. Der Hamburger Senat gestaltet die Ent

scheidungen in seinem Interesse. Aber über die Konstruktion der Metropolregion werden heute ganz wesentliche Entscheidungen zum Metropolraum getroffen, ohne dass Schleswig-Holstein beteiligt ist. Das ist der Grundfehler.

Zweitens: Die Identifikation in der Region. Ich denke, die Menschen sind gar nicht so dumm. Die Umfragen, die bisher gemacht worden sind, haben interessanterweise ergeben, dass es durchaus eine Mehrheit für den Nordstaat gibt.

Herr Kollege Hentschel, die Zeit für einen Kurzbeitrag ist abgelaufen.

Ja, leider. - Im nördlichen Landesteil -

Ihre Redezeit ist abgelaufen!

Ich komme zum Schluss, Herr Präsident. - Dies gilt für die nördlichen Landesteile umso mehr. Ich glaube also, dass wir uns in einer ausgesprochen dringenden Diskussion befinden, und ich freue mich auf die Aussprache im Ausschuss. Ich denke auch, dass die Situation wesentlich schwieriger und ernster ist, als sie zurzeit wahrgenommen wird.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung.

Es ist Ausschussüberweisung beantragt worden. Ich schlage vor, den Antrag Drucksache 16/653 federführend dem Innen- und Rechtsausschuss und mitberatend dem Wirtschaftsausschuss und dem Europaausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Stimmenthaltungen? - Das ist einstimmig so beschlossen.

Nunmehr kommen wir zu den Tagesordnungspunkten, für die keine Aussprache vorgesehen ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Zweite Lesung des Entwurfs eines Gesetzes zum Staatsvertrag zwischen der Freien und Hanse

(Karl-Martin Hentschel)

stadt Hamburg, Niedersachsen und SchleswigHolstein über die Finanzierung der Zusammenarbeit in der Metropolregion Hamburg und die Fortführung der in den Jahren 1960 beziehungsweise 1962 eingerichteten Förderfonds

Gesetzentwurf der Landesregierung Drucksache 16/435 (neu)