Protocol of the Session on January 27, 2006

Ich sage das, damit das anschließend nicht infrage gestellt wird, weil vielleicht jemand die Botschaft nicht verstanden hat.

Es gibt seit über 25 Jahren eine erfolgreich bestehende Kooperation der Wattenmeeranrainerstaaten Deutschland, Dänemark und Niederlande zum Schutz und zur Entwicklung des Wattenmeeres.

(Anne Lütkes [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Können Sie etwas leiser reden?)

- Dann muss jemand das Mikro ein bisschen leiser stellen; ich drehe es auch gern ein Stück weg.

Das beruht natürlich vor allem auf der Erkenntnis, dass das Wattenmeer ein einzigartiger schützenswerter Lebensraum ist, dass wir das Ganze als grenzüberschreitende, auch ökologische Einheit erkennen müssen und dass es natürlich nach wie vor ein Wirtschaftsraum, ein Verkehrsraum ist, der uns alle gemeinsam angeht.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Im dem vorliegenden Bericht über die trilaterale Wattenmeerzusammenarbeit, der auf Antrag des SSW erstellt wurde, sind Ziele, Struktur und Inhalte der Regierungskooperation zusammengefasst. Die Ergebnisse der 10. Trilateralen Regierungskonferenz sind ebenso enthalten wie wichtige Projekte der Kooperation.

Zur Verdeutlichung möchte ich die Hierarchien und die Bereiche der Arbeit kurz darstellen. Die trilaterale Wattenmeerzusammenarbeit ist zunächst eine Kooperation auf Regierungsebene. Federführend für die Bundesrepublik ist das Bundesumweltministerium. Wir Schleswig-Holsteiner sind - genau wie Hamburg und Niedersachsen - Teil der deutschen Delegation. Ich will das nur deutlich machen, weil Schleswig-Holstein und die Bundesebene in dem Antrag des SSW ein bisschen durcheinander geraten sind.

Wir stimmen uns selbstverständlich mit den Kreisen an der Westküste, Dithmarschen und Nordfriesland, ab, dabei natürlich besonders mit dem Nationalparkkuratorium.

Die Landkreise sind wiederum als Gebietskörperschaften nicht Mitglied dieser Regierungsdelegationen. Aber sie arbeiten über das Wattenmeerforum natürlich mit. Dort wird eine Zuarbeit geleistet. Dort werden die Interessen der Regionen und zahlreicher anderer organisierter Gremien vertreten.

Deutschland - das ist ab diesem Jahr das Besondere - wird nun für vier Jahre den Vorsitz der trilateralen Wattenmeerkooperation übernehmen und gleichzeitig - auch da stimmt dann die Klammer wieder wird der Landrat des Kreises Dithmarschen, Herr Dr. Klimant, den Vorsitz im Wattenmeerforum übernehmen. Das ist für uns im Norden eine große Chance. Das ist für uns eine große Chance, unsere Ideen und Interessen einzubringen und die Wattenmeerpolitik in Zukunft vernünftig zu gestalten.

(Beifall des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

Was sind die Schwerpunkte der deutschen Politik? Zunächst einmal unterhalten wir uns - vor allem Deutschland mit den Niederlanden - über die Vorbereitung einer Ausweisung des Wattenmeers als Weltnaturerbe. Sie wissen, dass es eine enge Zusammenarbeit mit kommunalen und regionalen Behörden und Interessenvertretern gibt. Ziel ist es dabei, bis Ende 2007 einen offiziellen Antrag auf Anerkennung wesentlicher Teile des Wattenmeers als Welterbe an die UNESCO zu stellen und somit eine Benennung bis zur nächsten Regierungskonferenz Anfang 2010 zu erreichen. Wir sagen allerdings auch ganz deutlich, dass wir dafür die Unterstützung aus den verschiedenen Regionen, vor allem von den Menschen vor Ort, benötigen.

In Schleswig-Holstein hat der Kreis Dithmarschen bereits entschieden, sich an diesem Verfahren zu beteiligen. Im Kreis Nordfriesland ist noch keine abschließende Entscheidung getroffen worden. Noch einmal: Wichtig an der Stelle ist uns, die Menschen vor Ort auf diesem Weg mitzunehmen. Das haben wir im Koalitionsvertrag miteinander verabredet.

Dänemark will sich an diesem Prozess zunächst noch nicht beteiligen. Das zeigt, dass es an der Stelle noch kein einheitliches Vorgehen gibt. Das ist aber auch nicht so schlimm; denn gemäß den UNESCO-Richtlinien ist auch eine nachträgliche Erweiterung des Welterbegebietes sowohl während als auch nach Abschluss des offiziellen Nominierungsverfahrens möglich. Das heißt, es ist auch ein gestaffeltes Vorgehen bei der Anmeldung möglich. Uns ist wichtig, dass die Menschen vor Ort in die Diskussion und auch in die Entscheidungsfindung eingebunden werden.

(Beifall bei CDU und SSW)

Ein sehr wichtiges Thema ist dabei auch die Fortsetzung des Wattenmeerforums. Neben dem Schutz des Wattenmeers hat in den letzten Jahren insbesondere der Aspekt der nachhaltigen Entwicklung und des Wirtschaftens eine wichtige Rolle gespielt. Es wird derzeit in verschiedenen Themenfeldern gearbeitet: Landwirtschaft, Fischerei, Energie, Industrie- und Hafenentwicklung, Politik und Management. All das gehört zu einer solchen integrativen Politik dazu. Wir als Land Schleswig-Holstein wollen an dieser Stelle unseren Beitrag leisten.

Einen Punkt möchte ich noch nennen. Das ist die Fortführung der internationalen Wattenmeerschule. Kern des Projektes ist vor allem ein Austausch von Schülerinnen und Schülern aus Deutschland, Dänemark und den Niederlanden, die auf Klassenfahrten die unterschiedlichen Lebensräume

und vor allem den Lebensraum Wattenmeer kennen lernen sollen.

Zum Schluss noch einmal: Für uns ist wichtig, dass wir gemeinsam europäische Meerespolitik umsetzen, dass wir europäisches Recht - auch das ist beschlossen - eins zu eins umsetzen und anwenden und dass wir in dieser erfolgreichen Kooperation auch in den nächsten Jahren fortgesetzt handeln. Wir als Schleswig-Holsteiner wollen unseren Anteil in der nationalen Delegationen leisten.

(Beifall bei CDU, SPD, SSW und des Abge- ordneten Günther Hildebrand [FDP])

Ich eröffne die Aussprache und erteile für die antragstellenden Abgeordneten dem Herrn Abgeordneten Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir diskutieren in diesem Haus sehr oft und sehr intensiv die grenzüberschreitende Zusammenarbeit; das haben wir heute auch schon getan. Dabei hat man nicht sehr oft die Nordseekooperation und damit auch die trilaterale Wattenmeerkooperation im Auge. Diese Kooperation gibt es auf nationaler Ebene seit 1978. Aus dieser Kooperation haben sich die regionale Zusammenarbeit der drei Staaten und auch die grenzüberschreitende kommunale Zusammenarbeit herausgebildet. Diese Zusammenarbeit ist ein klassisches Beispiel dafür, wie sich der SSW grenzüberschreitende Zusammenarbeit vorstellt.

Die Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Dänemark und den Niederlanden ist auf allen Ebenen institutionell verankert. Doch werden immer alle Ebenen an den Entscheidungs- und Umsetzungsprozessen beteiligt. Das hat zu einer hohen Akzeptanz der Zusammenarbeit im Nordseeraum geführt und bildet inzwischen die Grundlage für ökologische, kulturelle und auch wirtschaftliche Aktivitäten, die der ganzen Region zugute kommen und die in der Vergangenheit auch Arbeitsplätze und Einkommen in der Region geschaffen haben.

In der trilateralen Zusammenarbeit wird das verwirklicht, was wir uns in anderen Zusammenhängen in anderen grenzüberschreitenden Aktivitäten noch wünschen. Deshalb ist es gerade auch für das Land Schleswig-Holstein so wichtig, sich in den Feldern, die diese Zusammenarbeit berühren, eindeutig zu positionieren.

(Minister Dr. Christian von Boetticher)

Hier hat es in der Vergangenheit gerade durch das Land Schleswig-Holstein wichtige Impulse gegeben, wie zum Beispiel bei der Erstellung des Trilateralen Wattenmeerplanes 1997, der nicht nur ökologische Maßnahmen und Ziele formulierte, sondern auch Aussagen zur sozioökonomischen und kulturellen Entwicklung der Wattenmeerregion machte. 2001 war unser Land einer der Vorreiter, als es um die Ausweisung des Wattenmeers als besonders empfindliches Meeresgebiet ging.

Es gibt drei große Bereiche, in denen sich das Land Schleswig-Holstein auch in Zukunft positionieren muss und sollte. Der wichtigste und emotionalste Bereich ist dabei sicherlich die Ausweisung des Wattenmeeres als Welterbegebiet. Beschlusslage bei uns ist, dass nur das ganze Wattenmeergebiet ausgewiesen werden sollte und das auch nur, wenn die breite Unterstützung der Region vorhanden ist. Bisher gibt es diese nicht und deshalb müssten wir eigentlich das Ansinnen ablehnen, nur Teile des Wattenmeeres als Welterbegebiet auszuweisen.

Ich glaube allerdings, lieber Kollege Hentschel, dass wir eher einen Prozess brauchen, der der Aufklärung der Bevölkerung dient und der dann zu einer breiten Zustimmung führen kann.

(Beifall beim SSW)

Die Vorteile liegen auf der Hand. Eine Ausweisung als Welterbe bringt natürlich touristische Chancen. Nach meiner Auffassung sollte es dabei nicht nur um ein Weltnaturerbe, sondern auch um ein Weltkulturerbe gehen. Dies wäre einmalig und auch berechtigt, weil das Wattenmeer eben eine Natur- und Kulturlandschaft ist. Herr Minister, das teilt uns: Das, was im Nationalpark Wattenmeer als Welterbe ausgewiesen würde, könnte man an Land - ohne dortige Ausweisung - exemplarisch darstellen und touristisch vermarkten. Deiche, Warften, Natur, Kultur, Geschichte, Sprachenvielfalt - da gibt es viele Ansätze, die wir nutzen könnten.

Ein zweiter Punkt ist das Gebiet des Küstenschutzes. Der Bericht macht deutlich, dass sich dieses Thema durch viele der Initiativen in der trilateralen Zusammenarbeit zieht. Auch hier gibt es einen Teilbereich des Küstenschutzes, der weder in den Niederlanden noch in Deutschland oder Dänemark umfassend und abschließend bearbeitet worden ist, Sie ahnen es: der der alternativen Küstenschutzmethoden.

Der Bericht stellt auf Seite 15 fest, dass eine Arbeitsgruppe neue Küstenschutzmaßnahmen, die sowohl technisch sinnvoll sind als auch minimale ökologische Auswirkungen haben, nicht ermittelt hat. Das heißt, hier gibt es noch viel zu tun, zumal

sowohl an den norddeutschen Universitäten in diesem Bereich geforscht wurde und wird und es auch in anderen Ländern durchaus gute Erfahrungen mit alternativen Küstenschutzmaßnahmen gibt. Ich verweise hier nur

(Rolf Fischer [SPD]: Dänemark!)

- richtig, Herr Kollege Fischer! - auf unsere Ausschussreise nach Dänemark, auf der wir uns von der Wirkungsweise von Drainagesystemen als Ersatz oder Ergänzung von Sandvorspülungen überzeugen konnten.

Der dritte Punkt ist die Kultur und die touristische Entwicklung. Der Nordseeraum ist ein kulturell vielfältiger Raum, in dessen Einzelregionen viele Sprachen gesprochen werden und in denen es viele verschiedene kulturelle Highlights gibt. Durch das Projekt „Lancewad“ hat man seinerzeit das kulturgeschichtliche und landschaftliche Erbe der Region quasi katalogisiert, und man will nun - das ist das Wichtige der letzten Konferenz - einen „Lancewadplan“ aufstellen, der konkrete Strategien in Bezug auf den Schutz und die Förderung der kulturellen Vielfalt in der Region beinhalten soll. Schon im Trilateralen Wattenmeerplan von 1997 sind Ansätze hierzu vorhanden. Hier steckt jede Menge Potenzial zur Entwicklung der Westküste mit ihrer sprachlich-kulturellen Vielfalt. Wenn nicht das Land Schleswig-Holstein, wer dann, sollte hier eine Vorreiterrolle einnehmen, zumal hierin auch große Chancen für den Tourismus liegen.

Die Arbeit, die in der trilateralen Zusammenarbeit geleistet wurde, bietet eine hervorragende Grundlage, um hier einen Schwerpunkt der Landespolitik zu setzen. Die Nordseekooperation ist genauso eine Chance für das Land wie die Ostseekooperation. In diesen Zweig der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit muss die Landesregierung in Zukunft einen ihrer Schwerpunkte legen und konkrete Maßnahmen entwickeln. Deshalb haben wir diesen Bericht eingefordert.

Ich bitte, den Bericht in den Wirtschaftsausschuss und in den Umweltausschuss zur abschließenden Beratung zu überweisen.

(Beifall der Abgeordneten Anke Spooren- donk [SSW])

Für die Fraktion der CDU erteile ich das Wort dem Herrn Abgeordneten Axel Bernstein.

(Lars Harms)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist schön zu hören, wie groß die Einigkeit bei diesem Thema ist zwischen Regierung, dem Kollegen Lars Harms und auch meinem Beitrag sein wird. Ich habe die Vermutung, das wird auch so weitergehen. Ich bin fast froh, als Dritter dran zu sein. Der Vierte oder Fünfte wird es fast ein bisschen schwer haben, noch neue Aspekte lobend hervorzuheben.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] - Wolf- gang Kubicki [FDP]: Der Kollege Hentschel macht das schon!)

- Da könnte noch etwas Spannendes kommen, das ist wahr.

In seiner naturgeschichtlichen Entstehung hat das Wattenmeer wenig Rücksicht auf die europäische Landkarte des 20. und 21. Jahrhunderts genommen. So erstreckt sich heute ein bedeutsamer schützenswerter Lebensraum über das Gebiet dreier Nationalstaaten und zahlreicher binnenstaatlicher Strukturen. Die ähnliche Landschaft entlang der Küste hat mit ihren ähnlichen Nutzungsmöglichkeiten, aber auch ihren ähnlichen Bedrohungen für die Menschen eine Vielzahl kultureller Gemeinsamkeiten entlang des Wattenmeeres hervorgebracht. So war es auch nahe liegend, vergleichsweise früh in den 70er-Jahren eine grenzüberschreitende Zusammenarbeit zum Schutz und Erhalt des Wattenmeeres einzurichten.

Auf den Regierungskonferenzen der vergangenen Jahre sind wichtige Grundlagen für eine nachhaltige, effektive und schlanke Zusammenarbeit in der Wattenmeerregion gelegt worden. Die Partner von deutscher, dänischer und niederländischer Seite haben sich auf gemeinsame Leitprinzipien verständigt, die die natürlichen Prozesse im Ökosystem Wattenmeer schützen und schützen sollen. Gemeinsame Prinzipien zum Management und zur Nutzung des Gebietes wurden vereinbart. Ein gemeinsames Monitoring hat es ermöglicht, wertvolle Erfahrungen zu sammeln, die uns heute dabei helfen, aktuellen europaweiten Monitoring-Anforderungen gerecht zu werden.

Auf der letzten Ministerkonferenz wurde eine Erklärung verabschiedet, die die künftigen Arbeitsschwerpunkte festlegt. Auf die einzelnen Schwerpunkte brauche ich jetzt nicht näher einzugehen. Sie finden sie in dem sehr umfassenden und informativen Bericht des Ministeriums, für den ich mich an dieser Stelle sehr herzlich bedanken möchte.

Zwei Schwerpunkte möchte ich dennoch kurz aufgreifen, nämlich einmal die schon angesprochene vorgesehene Nominierung des Wattenmeeres als Weltnaturerbe, die wir ausdrücklich begrüßen.

Wenn wir in diesem Hause über Chancen und Perspektiven der Westküste diskutiert haben, zeichnet sich hier genau eine solche Chance ab. Mögliche touristische Impulse wurden bereits angesprochen. Besonders positiv hervorzuheben ist die ausdrückliche Beteiligung der kommunalen Ebene in diesem Nominierungsprozess.

Als Zweites möchte ich auf die zahlreichen Möglichkeiten hinweisen, die die Wattenmeerzusammenarbeit für die Bildung bietet. Die internationale Wattenmeerschule soll fortgeführt werden und die Ansätze für Bildung und nachhaltige Entwicklung, die sich in der Region geradezu aufdrängen, sollen weiterentwickelt werden. Deutschland wird bis 2010 den Vorsitz der trilateralen Wattenmeerkooperation übernehmen. Den Leitgedanken dieses Vorsitzes, das Erreichte zu konsolidieren und nicht mit zusätzlichen Zielsetzungen zu überfrachten, unterstützen wir ausdrücklich.