Die Frage ist aber schon, ob Sie wollten, wenn Sie könnten, und wenn Sie denn wollten, was Sie denn wollten. Wollten Sie vielleicht mit einer Klage erreichen, dass wir doch wieder die Verfassungsmäßigkeit in das Haushaltsgesetz hineinschreiben? Oder was soll mit einer solchen Klage erreicht werden? Ich habe das nicht verstanden, es wäre vielleicht hilfreich, Sie würden das noch klarstellen.
Es sei denn, Sie wollten etwas erreichen, was über die Feststellung der Verfassungswidrigkeit hinausgeht, nämlich, dass Sie sagen: „Wir möchten die Nichtigkeit des Haushalts erreichen.“ Da warne ich Neugierige. Ich habe bei unserer Verfassungsklage im Jahr 2004 gegen den Haushalt 2003 auch ausdrücklich immer Wert darauf gelegt, dass wir lediglich gegen die Tatsache klagen, dass der Haushalt nicht verfassungsgemäß ist. Wir haben nicht auf Nichtigkeit geklagt, weil wir nicht die Absicht hatten, ein Land handlungsunfähig zu machen. Ich wäre Ihnen schon sehr dankbar, wenn Sie das noch einmal aufklären würden.
Das Ziel der Landesregierung ist und bleibt die Halbierung der Nettoneuverschuldung bis zum Jahr 2010 und die schnellstmögliche Rückkehr zu verfassungskonformen Haushalten. Das werden wir durch Maßnahmen erreichen, die wir Ihnen dargestellt haben, die Ihnen im Haushalt vorliegen und die hier diskutiert worden sind.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu diesem Haushalt und bedanke mich bei dieser Gelegenheit ausdrücklich bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, bei dem Ausschuss, bei den Fraktionen und insbesondere - wenn Sie mir diesen kleinen besonderen Ausflug gestatten - bei meinem Abteilungsleiter Haushalt, Ministerialdirigent Uwe Pelny. Es ist mein erster Haushalt, aber es ist sein letzter. Das Zweite bedaure ich außerordentlich. Ich habe wirklich versucht, mich mit ihm darauf zu verständigen, dass er über die Altersgrenze hinaus weitermachen
kann. Leider hindern uns formale Gründe, diese Zusammenarbeit fortzusetzen. Lieber Herr Pelny, ich danke Ihnen ganz herzlich.
Meine Damen und Herren, ein letzter Satz. Eine gewaltige Aufgabe liegt vor uns. Es ist gut, wenn wir nicht versuchen, das mit kleinkarierten Spielchen zu übertünchen. Ich glaube aber, sie ist lösbar, auch wenn sie sehr groß ist. Sie ist lösbar, wenn wir gemeinsam daran arbeiten, den Dreiklang von Sparen, Reformieren und Investieren zu erreichen. Der Haushalt 2006 ist nicht die Lösung des Problems, er ist ein Übergang zur Lösung des Problems. Ich bitte Sie um Unterstützung für diesen Haushalt.
Auf der Tribüne begrüße ich den Ver.di-Regionalseniorenausschuss aus Flensburg, die Junge Union aus Lübeck und den ehemaligen Kollegen Herrn Matthiessen. - Herzlich willkommen!
Im Rahmen der vereinbarten Redezeit erteile ich das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN dem Kollegen Klaus Müller. Die verbleibende Redezeit beträgt drei Minuten.
Sehr geehrter Herr Präsident! Wenn ein Ministerpräsident derart plump auf einer Opposition herumhackt, muss es ihn hart getroffen haben. Herr Wiegard, so schlecht ist unser Gedächtnis nicht, vor allem unser Archiv ist gut. Ich habe hier Drucksache 15/3099 vom 9. Dezember 2003, von Ihnen unterschrieben, die Anträge der CDU. Wenn Sie versuchen, hier so viel Ehrlichkeit anzumahnen, hätte ich mir ein Bekenntnis dazu gewünscht, dass sich die CDU in vielen ihrer Anträge, die denen der FDP in den vergangenen Jahren gar nicht so unähnlich waren, schlicht getäuscht hat.
Sie haben selber Kürzungen bei den Personalausgaben der Staatskanzlei angemahnt. Fakt ist aber: Sie erhöhen die Ausgaben, geparkt in Einzelplan 11. Fakt ist: Sie haben beantragt, die Öffentlichkeitsarbeit der Staatskanzlei von 150.000 auf 100.000 € zu reduzieren. Herr Ministerpräsident, in Ihrem Haus
Für die Zukunftsentwicklung des Landes wollte die CDU den Ansatz damals von 100.000 € auf null absenken. Fakt ist: Sie erhöhen die Mittel jetzt von 65.000 auf 90.000 €.
Herr Ministerpräsident, ja, die Staatskanzlei kürzt, das ist richtig, Ihr Verfügungsfonds sinkt um 55.000 €. Das haben Sie eben richtig ausgeführt. Aber genauso ist es Fakt, dass Ihre Repräsentationsausgaben von 310.000 auf 367.000 € ansteigen. Summa im Netto plus 40.000 €. Mit den Ausgaben für Öffentlichkeitsarbeit insgesamt 75.000 €. Ich habe das bei Ihrem Chef der Staatskanzlei zweimal nachgefragt. Sie können das im Schreiben vom 6. Dezember 2005 nachlesen, in dem uns das Herr Maurus beglaubigt noch einmal gegeben hat.
Sie führen Ausgaben für Ihre Kulturrepräsentation ein. Auf die konnte Frau Erdsiek-Rave bisher gar nicht zurückgreifen. Die führen Sie neu ein.
Das sind alles keine Mittel, die den Haushalt in irgendeiner Art und Weise Richtung Verfassungsgemäßheit bewegen; das sind - um mit den Worten eines ehemaligen Chefs der Deutschen Bank zu reden - „Peanuts“. Wenn Sie aber durch die Gegend laufen und die Opposition für Ihre Kritik so niedermachen, dann sage ich Ihnen: Sie predigen an dieser Stelle Wasser, aber trinken selber Wein.
Was Sie nicht ausgeführt haben, ist, dass Sie mehr Stellen schaffen und mehr Personalausgaben haben. Wozu Sie nichts sagen, ist die Schuldenfinanzierung des Schleswig-Holstein-Fonds. Wozu Sie nichts sagen, ist, dass die Steuermehreinnahmen, die Sie nach der letzten Steuerschätzung 2006 haben, von den Fraktionen - anders als im zweiten Nachtrag - nicht komplett zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung eingesetzt werden. Das sind alles Fakten, um die Sie nicht herumkommen.
Herr Ministerpräsident, ich hätte mir schon gewünscht, dass Sie auch etwas zur Perspektive sagen, wie Sie in den kommenden Jahren strukturell reformieren wollen. Sie haben jetzt vielleicht noch die Gelegenheit dazu.
Herr Wiegard, Sie haben gerade eben FDP und Grüne sozusagen vereinheitlicht. Ich sage deutlich: Wir halten an Ihren Kürzungen für das Unterhaltsvorschussgesetz fest. Die haben Sie wieder zurückgenommen. Wir bleiben dabei und beantragen das erneut. Das ist eine strukturelle Veränderung.
Wir haben deutlich gemacht, dass wir die Heilfürsorge für die Polizei und die Veränderung beim Landesblindengeld nicht schön finden - genauso wenig wie Sie –, wir stellen aber keine Anträge, das wieder zurückzunehmen. Ich lege Wert darauf, dass das etwas damit zu tun hat, dass wir bereit sind, wieder die Seite zu wechseln. Ich weiß nicht, wann das kommt, aber irgendwann wird es kommen.
Ein letzter Satz zur Verwaltungsstrukturreform. An einer Stelle verdreschen Sie uns, wir würden zu weit gehen, wären zu radikal, zum anderen wären wir zu mutlos. Das ist aus unserer Überzeugung der beste Weg, nachhaltig zur Sanierung der Kassen von Land und Kommunen beizutragen. Da müssen Sie sich schon entscheiden, entweder ist die grüne Opposition zu radikal oder zu mutlos. Beides als Kritik ist unglaubwürdig.
Im Rahmen der vereinbarten Redezeit erteile ich das Wort für die Fraktion der FDP dem Kollegen Dr. Heiner Garg. Die Redezeit beträgt neun Minuten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Vielleicht etwas weniger aufgeregt als gerade der Kollege Müller nach der aus meiner Sicht jedenfalls doch beachtlichen Rede des Finanzministers: Herr Wiegard, wir haben immerhin zwei Jahre zusammen im Finanzausschuss gesessen und wacker gegen vieles gekämpft, was Ihr Vorgänger, Herr Kollege Stegner, immer wieder begründet hat. Ich denke zum Beispiel an die Mehrwertsteuererhöhung, über die wir noch reden werden.
Ich stelle für meine Fraktion fest, dass wir sehr wohl Ihr Bemühen um eine solidere Finanzpolitik anerkennen, allerdings bleibt es eben bei diesem Haushaltsentwurf bei dem Bemühen. Insofern möchte ich bei dem Stil Ihrer Rede, bei dem ruhigen Stil, anknüpfen und alle Kolleginnen und Kollegen auf zwei Änderungsanträge, die in ähnlicher Form einmal von der FDP-Fraktion, aber auch von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt wurden, hinweisen und an der Stelle noch einmal darum bitten, nicht nur die Sozialpolitiker, aber ganz besonders die Sozialpolitiker, ob man nicht an diesen beiden Stellen vielleicht doch über seinen Schatten springen kann. Es betrifft einmal die Mittel für die AIDS-Hilfe und die Aufklärungs- und Präventionsarbeit. Wir stehen vor dem Hintergrund, dass die In
fektionsraten nicht irgendwo in Osteuropa steigen dort steigen sie auch dramatisch –, sie steigen in Deutschland und sie steigen in Schleswig-Holstein, weil eine Generation junger Menschen heranwächst, für die AIDS keine tödliche Krankheit mehr ist, für die in ihrem Bewusstsein AIDS keine tödliche Bedrohung mehr ist.
Daran hat die Politik Mitschuld, weil wir jahrelang die Mittel für Aufklärung und Prävention systematisch gekürzt haben, alle, egal, in welcher Konstellation, egal, in welchem Bundesland regiert wurde. Ich glaube, das war ein verheerender Fehler, und die steigenden Infektionsraten zeigen, dass es ein Fehler war. Ich möchte herzlich bitten, dass die minimalistischen Ansätze, die wir Ihnen als Änderungsantrag vorschlagen, dann eben doch Ihre Zustimmung in diesem Bereich bekommen.
Der zweite Punkt, den ich auch nicht nachvollziehen kann, betrifft die völlige Streichung der Mittel für die Arbeitslosenselbsthilfegruppen. Liebe Kolleginnen und Kollegen, niemand, weder eine schwarz-gelbe noch eine rot-grüne noch eine große Koalition hat – –
- Nein, lieber Kollege, das ist kein Populismus pur, ich nehme nämlich nicht an, dass Sie ein Patentrezept haben, fünf Millionen Arbeitslose von heute auf morgen in Arbeit zu bringen. Wenn Sie es hätten, wäre es schön, und dann kommen Sie hierher und erklären Sie das. Es ist der Arbeit dieser Menschen, die mit viel eigenem Engagement versuchen, Langzeitarbeitslose zu motivieren, ihnen Unterstützung zu geben, nicht angemessen, dass man die Arbeit dieser Selbsthilfegruppen so „honoriert“, dass man Ihnen wirklich die allerletzten Mittel entzieht. Deswegen bitte ich Sie herzlich: Springen Sie über Ihren Schatten und stellen Sie diese 150.000 € wieder in den Haushalt ein.
Es kann doch nicht sein, dass eine Sozialministerin, die das tut, was alle hier in diesem Landtag wollen, am Parlament komplett vorbei eben mal über 570.000 € entscheidet, und dass es auf der Gegenseite an 150.000 € für Arbeitslosenselbsthilfegruppen scheitert. Das kann und das will ich auch nicht verstehen. Deswegen meine Bitte: Geben Sie sich bei diesen beiden Punkten einen Ruck.
Im Rahmen der vereinbarten Redezeit erteile ich das Wort für die Abgeordneten des SSW der Vorsitzenden, Frau Abgeordneter Anke Spoorendonk. Die Redezeit beträgt sechseinhalb Minuten.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nur eine kurze Bemerkung. Ich fand auch, dass die Rede des Finanzministers beeindruckend war, dass seine Bestandsaufnahme wirklich sehr nüchtern ausfiel. Es ist wichtig, dass man sich dieser Bestandsaufnahme stellt. Sie ist auch nicht neu. Keiner hier in diesem Saal kann davon überrascht sein. Ich glaube aber trotzdem, dass etwas fehlt, denn wenn man die Situation auflistet, so wie Sie es getan haben, Herr Finanzminister, dann sollte man auch zumindest etwas sagen, wie die Hintergründe zu verstehen sind. Wir wissen alle, dass es Mechanismen im politischen System dieser Republik gibt, die dazu beigetragen haben, dass wir heute so eine verfahrene Haushaltssituation haben, wie es der Fall ist. Ich denke an alles das, was unter der Überschrift Föderalismusreform zu betrachten ist, ich denke daran, dass man immer noch eine andere Auffassung der Wirklichkeit hat, wenn man in der Opposition ist. Das galt auch für die Auffassung der CDU vor der Landtagswahl. Gerade vor diesem Hintergrund sollte man sagen, gut, es muss nicht so sein, dass man die Fehler nur bei den anderen sucht, sondern dass man vielleicht ein bisschen redlicher mit dem umgeht, was man selbst gebracht hat. Ich finde, das gilt.
Für die Föderalismusebene gilt auf jeden Fall die Frage, wie die deutsche Einheit finanziert wurde und wie im Bundesrat Sachen blockiert wurden.
Ganz zentral ist aber natürlich die Frage, ob die Systeme, die wir haben, wirklich noch den Anforderungen und Herausforderungen des 21. Jahrhunderts gerecht werden. Das ist eine Diskussion, die wir ansatzweise geführt haben. Ich habe noch einmal aus dem „Flensburger Tageblatt“ von heute einen Artikel herausgerissen und natürlich interessiert mich so ein Artikel, der die Überschrift trägt „Das deutsche Sozialsystem ist ein Auslaufmodell“. Dort wird gesagt, dass zum Beispiel Länder wie Dänemark und Schweden besser imstande sind, den
Das hat mit den Ländern an sich nichts zu tun, es hat etwas mit den Strukturen zu tun, für die man sich dort entschieden hat. Das heißt, wir müssen aufhören, Flickschusterei zu treiben, und müssen sagen - und da bin ich wieder bei der Erhöhung der Mehrwertsteuer –, wenn man mehr über Steuern finanzieren will, muss man es auch richtig machen und nicht so halbherzig, wie es jetzt geschehen wird. Wenn man sagt, wir haben nicht genügend Einnahmen, dann muss man sich darauf konzentrieren. Sparen ist wichtig, Konsolidierung ist wichtig, aber die Verbesserung der Einnahmensituation muss angepackt werden. Da bin ich dann auch wieder bei den Spitzensteuersätzen in dieser Republik und bei dem wachsenden Unterschied zwischen Arm und Reich. Das kann auch nicht hingenommen werden.