Protocol of the Session on December 15, 2005

(Beifall bei der FDP)

Wir meinen, bei solchen Geschäften erzielt hohe Renditen, der den Trend setzt, nicht wer ihm hinterherläuft. Denn je niedriger die angebotene Menge, desto höher der Preis und umgekehrt. Noch stehen nur wenige Landesbankanteile zum Verkauf, aber je länger wir warten, desto mehr werden es. Deshalb wollen wir jetzt verkaufen, Herr Kollege Wiegard, im Zweifel erst einmal an die Beteiligungsgesellschaft des Landes und zu einem späteren Zeitpunkt, auch im Interesse der Bank, an mögliche weitere Käufer. Es gibt vielfältige Modelle, bereits beschrieben, auch auf Bundesebene. Ich erinnere nur an den Verkauf der Telekom-Anteile an die KfW, um sie dann marktgerecht zu platzieren.

Ganz zum Schluss, liebe Kolleginnen und Kollegen, möchte ich auf eine letzte Frage eingehen. Uns liegt der erste eigenständige Haushaltsentwurf der großen Koalition vor. Der Finanzminister, der Kollege Rainer Wiegard, war einst der größte Kritiker der verschwenderischen und unverantwortlichen Finanzpolitik von Rot-Grün und er hatte Recht damit. Die Union hatte sich eine verantwortungsvolle Haushaltspolitik als eine Bedingung „sine qua non“ auf ihre Fahnen geschrieben. Was ist daraus geworden? Ein jämmerlicher Verfassungsbruch mit Ansagen und sinkenden Investitionen. So ist sie und so wird sie bleiben, die große Koalition: Anspruch CDU, Wirklichkeit SPD. Das mag die einen erschrecken, die anderen erfreuen. Ich kann im Hinblick auf das Weihnachtsfest 2005 nur sagen: Liebes Schleswig-Holstein, da hast du sie nun, die schöne Bescherung.

(Beifall bei der FDP)

Ich danke dem Herrn Oppositionsführer und nehme die Korrektur eingangs seiner Rede zur Kenntnis.

Bevor ich das Wort an den Fraktionsvorsitzenden der SPD erteile, begrüße ich sehr herzlich auf der Tribüne Schülerinnen und Schüler des Klaus

Groth-Gymnasiums Neumünster sowie Schülerinnen und Schüler der Beruflichen Schulen am Schützenpark, Kiel, und der Humboldtschule Kiel mit ihren begleitenden Lehrkräften. - Herzlich willkommen!

(Beifall)

Ich erteile jetzt dem Fraktionsvorsitzenden der SPD-Fraktion, Lothar Hay, das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mein Respekt vor der Funktion des Oppositionsführers hat mich dazu bewegt, zunächst dem Kollegen Kubicki das Wort zu geben, damit vielleicht auch etwas mehr Lebendigkeit in die Debatte kommt.

(Martin Kayenburg [CDU]: War wohl nichts!)

Ich bin dazu auch gern in der Zukunft bereit. Wenn ich allerdings Ihre Rede noch einmal kurz Revue passieren lasse, stelle ich fest: Ich habe das alljährlich wiederkehrende Déjà-vu-Erlebnis seit 1992 mit einem Unterschied: Für früher Simonis stand jetzt Carstensen, für früher Möller und Stegner stand jetzt Wiegard, sonst gab es nichts Neues in ihrer Rede. Sie sind zumindest den Anspruch, Opposition sollte Alternativen darstellen, wie in der Vergangenheit schuldig geblieben. Deshalb bin ich gern bereit, ihnen weitere 100 Tage Übungszeit als Oppositionsführer zu geben.

(Beifall bei SPD und CDU)

Sie haben die Ehrlichkeit des Finanzministers Wiegard kritisiert. Ich habe schon an dieser Stelle im September deutlich dazu gesagt, dass ich es angesichts der strukturellen Situation des Landeshaushalts für richtig halte zu sagen, was man in den nächsten Jahren machen kann und was nicht. Wir als Sozialdemokraten bleiben dabei. Wir werden es in den nächsten Jahren selbst bei bestem Willem bei steigenden Steuereinnahmen nicht erreichen können, hier einen verfassungsgemäßen Haushalt zu verabschieden. Das muss man einfach deutlich sagen.

Sehr geehrter Herr Kubicki, wenn ich richtig informiert bin, ist Ihre Partei an den Regierungen von Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen beteiligt. Beiden Regierungen, beiden Landtagen ist es nicht möglich gewesen, auch aufgrund der dort vorhandenen Strukturschwäche, einen verfassungsgemäßen Haushalt vorzulegen. Da kann ich mit einem alten deutschen Philosophen, den Sie ja genauso gut

(Wolfgang Kubicki)

kennen wie ich, nur sagen: Das Sein bestimmt das Bewusstsein. - Das gilt im Übrigen auch für meine Parteikollegen in Hessen, die dort den Haushalt beklagt haben. Gerichte zu bemühen, um politische Entscheidungen zu korrigieren, sollte man sich sehr, sehr sorgfältig überlegen. Insofern sind wir sicherlich in einer bundesweiten Situation.

Deshalb ist dem Thema Föderalismusreform große Beachtung zu schenken. Ich gehe einmal davon aus, Herr Kollege Wadephul, dass wir im Januar noch einmal die Gelegenheit nutzen sollten, uns insgesamt mit dem Thema Föderalismusreform hier im Landtag zu beschäftigen und mit den Auswirkungen auf das Land Schleswig-Holstein. Ich glaube, dieses Thema ist wirklich wichtig.

(Beifall bei SPD und CDU)

Für die Landeshaus-Journalisten muss doch der so genannte Schulkrach in der großen Koalition wie ein vorweihnachtliches Geschenk in Sachen Themenfindung gewirkt haben. Darüber freue ich mich natürlich sehr und hoffe, dass damit sichergestellt ist, dass die schreibende Zunft wegen des nun fehlenden Drucks entspannt in die Weihnachtstage gehen kann.

Aber im Ernst: Für mich war nach der Erklärung von Gerhard Schröder in Sachen Bundestagsneuwahlen klar, dass Normalität in die große Koalition bei uns im Land erst nach der Bundestagswahl einkehren würde.

Nach Abschluss der Verhandlungen kennen wir den groben Rahmen der Vorhaben der großen Koalition in Berlin und können unsere Politik nun auch darauf ausrichten. Es ist so: Auch wir haben im Land jetzt die Mühen der Umsetzungsebenen erreicht. Ob Hochschulgesetz oder Schulgesetz - es wird in den nächsten Monaten sicher weitere Punkte geben, mit denen wir uns in der Koalition auseinander setzen müssen. Wichtig ist jedoch: Der Koalitionsvertrag gilt. Dort, wo es nichts zu interpretieren gibt, gibt es auch nichts zu interpretieren.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Und an anderen Stellen?)

Die Koalitionspartner tauschen sich regelmäßig aus. - Frau Heinold, warten Sie den Rest meiner Rede ab; dann werde ich Ihnen das auch beantworten. - Dort, wo die Kommunikation untereinander verbessert werden muss, werden wir daran arbeiten. Mir persönlich ist wichtig, dass die Funktionsfähigkeit einer großen Koalition nicht nur an der wortgetreuen Umsetzung eines Koalitionsvertrages hängt, sondern auch an der beiderseitigen Bereitschaft,

sich über darüber hinausgehende Punkte inhaltlich auszutauschen und gegebenenfalls auch eine Position zu verändern. Ein Koalitionsvertrag ist zum Zeitpunkt X eine Momentaufnahme. Politik ist nicht etwas Statisches. Sie entwickelt sich. Eine große Koalition muss auch in der Lage sein - das sind wir auch –, neue Dinge aufzugreifen, gemeinsame Positionen zu finden und hier im Landtag umzusetzen. Daran werden wir als Sozialdemokraten auch aktiv mitarbeiten.

(Beifall bei SPD und CDU)

Der Berliner Koalitionsvertrag hat in verschiedenen Punkten erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung und politischen Gestaltungsmöglichkeiten in unserem Land. Wir sind als Koalition nicht so vermessen, dass wir glauben, in vielen Punkten eine Veränderung der Berliner Position zu erreichen. Gleichwohl werden wir unsere Kritik da, wo es für unser Land wichtig ist, deutlich machen müssen. Das sind wir auch der Aufgabe als Landtagsabgeordnete, als Landtag schuldig.

Es wird niemanden von Ihnen überraschen, dass wir als schleswig-holsteinische Sozialdemokraten die Anhebung der Mehrwertsteuer für einen richtigen Schritt halten. Diese Position haben wir im Land seit Monaten vertreten, auch während des Bundestagswahlkampfes. Wir haben keinen Zweifel daran gelassen, dass wir die Erhöhung der Mehrwertsteuer zur Senkung der Lohnnebenkosten für einen richtigen Schritt halten. Wir legen allerdings Wert darauf, dass der allergrößte Teil eben auch für die Senkung der Lohnnebenkosten genommen wird, um die gewünschten Effekte zu erzielen. Eine Senkung der Lohnnebenkosten ist eine Voraussetzung dafür, dass neue Arbeitsplätze auch in Schleswig-Holstein entstehen. Neue Arbeitsplätze bedeuten zusätzliche Steuereinnahmen. Dadurch erreichen wir irgendwann einmal das Ziel, das wir erreichen wollen, nämlich hier im Landtag einen verfassungsmäßigen Haushalt zu verabschieden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Freude bei den Sozialdemokraten hat die Tatsache ausgelöst, dass es beim Konsens in Sachen Ausstieg aus der Kernenergie geblieben ist. Wir halten das für ein wichtiges und ein positives Ergebnis des Berliner Koalitionsvertrages.

(Beifall bei der SPD)

Natürlich fällt es uns schwer, der Reduzierung der Pendlerpauschale zuzustimmen, da Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Schleswig-Holstein, in einem Flächenland, in besonderem Maße davon be

(Lothar Hay)

troffen sind. Umso wichtiger ist es, dass wir bei dem Thema Regionalisierungsmittel aufpassen, damit es hier nicht auch noch zu einer Reduzierung des öffentlichen und schienengebundenen Personennahverkehrs in Schleswig-Holstein kommt. Das ist ein Thema, das wir im Januar im Zusammenhang mit der Föderalismusreform diskutieren sollten. Wir haben im Landtag in den nächsten Tagen noch Gelegenheit, die ersten Pflöcke dazu einzuschlagen.

Für wichtig - das hat der Kollege Wadephul auch schon gesagt - halte ich, dass es bei der Gemeinschaftsaufgabe „Küstenschutz“ geblieben ist. Küstenschutz ist keine Aufgabe der norddeutschen Bundesländer, sondern eine nationale Aufgabe. Es geht insgesamt um die Interessen der Bundesrepublik Deutschland.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die Einigung in der Frage Föderalismusreform wird - da mache ich einen kleinen Vorgriff - in Schleswig-Holstein in den einzelnen Punkten Nachteile mit sich bringen. Diejenigen Bundesländer, die sich für einen Wettbewerbsföderalismus ausgesprochen haben, haben sich an einigen Punkten durchgesetzt. Ich denke beispielsweise an die Übertragung der Organisations- und Personalhoheit im Beamtenrecht an die Länder. Hier werden wir vermutlich eine Tarifkonkurrenz der Länder untereinander erleben. Umso wichtiger ist es, zumindest im norddeutschen Bereich zu versuchen, eine solche Situation gar nicht erst entstehen zu lassen. Insofern bin ich mit dem Kollegen Wadephul ausdrücklich einer Meinung.

Der nächste Punkt ist der Wegfall der Gemeinschaftsaufgabe „Hochschulbau“, auch wenn 70 % der Mittel bis zum Jahr 2013 zweckgebunden gezahlt werden sollen. Hier müssen wir vorausschauend sehen, wie wir mit diesen Nachteilen für uns fertig werden sollen.

Die geplante Übertragung der Kompetenz für den Strafvollzug auf die Länder sehe ich ebenfalls kritisch. Die Europäische Union drängt zurzeit auf eine Vereinheitlichung. Sie ist in Deutschland von der sozial-liberalen Koalition 1977 schon hergestellt worden. Es erscheint mir völlig widersinnig, im Strafvollzug nun einen Weg in Richtung Kleinstaaterei zu gehen. Auch hier müssen wir uns über die Konsequenzen im Klaren sein.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wir werden die Politik der großen Koalition im Bundesrat unterstützen. Ein Aufbruch wird uns aber

nur dann gelingen, wenn wir gemeinsam versuchen, die positiven Aspekte nach vorn zu tragen und die Initiativen, die auf Arbeit und wirtschaftliches Wachstum gerichtet sind, zu unterstützen.

Deshalb freut es mich auch, dass der neue Sozialund Arbeitsminister Müntefering nicht den Kurs seines Vorgängers fortführt und den Kommunen nach schwierigen Revisionsverhandlungen zum Thema Hartz IV 3,55 Milliarden € zugesagt hat. Damit wird in den Kommunen eine akzeptable Nettoentlastung erreicht werden. Es bedarf nur noch der Zustimmung des Bundesrates am 21. Dezember. Die Bundesregierung täte gut daran, nicht zu versuchen, den schwarzen Peter in Richtung Länder zu schieben. Der entscheidende Fehler ist im Jahr 2004 gemacht worden, weil aufgrund nicht verlässlichen Datenmaterials ein Zustand eingetreten ist, für den die Kommunen nun wirklich nichts können. Das ist ein Fehler der alten Bundesregierung gewesen. Ich bin durchaus bereit, das hier sehr kritisch zu sagen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Zum Haushalt des Landes für 2006! Von den Nettoausgaben des Haushaltes von 8,2 Milliarden € geben wir 9 % - das sind rund 738 Millionen € - für Investitionen aus. Vergleicht man das mit anderen Bundesländern, stellt man fest: Wir befinden uns im guten Mittelfeld.

38 % unserer Ausgaben sind Personalausgaben. Wir sind uns in der großen Koalition einig, dass Personal gespart werden muss. Dafür gibt es ein Personaleinsparkonzept, das auch umgesetzt wird. Aber man muss realistisch bleiben. In diesem Personalanteil sind beispielsweise die Lehrerinnen und Lehrer enthalten, an denen wir nicht sparen werden, und die gesamte Polizei, die mit ihrer Beteiligung an den Gesundheitskosten schon einen entscheidenden Beitrag für den Einzelplan 04 geleistet hat. Da muss man wirklich sagen: Das ist der richtige Weg.

Ein steigender Posten sind die Versorgungsbezüge für Beamtinnen und Beamte im Ruhestand. Da greift natürlich kein Personaleinsparkonzept mehr. Dennoch geht kein Weg daran vorbei: Wir müssen die Personalkostenquote sukzessive senken. Dazu werden auch die Funktionalreform und die Verwaltungsstrukturreform beitragen, über die wir im Januar sicherlich erneut diskutieren werden.

Der Haushalt ist von einem Spagat zwischen zwei Zielen geprägt, die einerseits unvereinbar scheinen, auf der anderen Seite untrennbar miteinander verbunden sind: Wir wollen den Haushalt konsolidieren, das heißt, dass wir unsere Ausgaben nicht be

(Lothar Hay)

liebig erhöhen können, sondern weiter kürzen müssen. Es wird sich auch im Doppelhaushalt 2007/ 2008 nicht vermeiden lassen. Sonst kriegen wir das Ziel der Konsolidierung nicht hin. Darauf muss man sich in Vereinen und Verbänden schon jetzt einstellen. Es wird weitere Kürzungen geben müssen.

Wir wollen, dass in Zukunft mehr Einnahmen nach Schleswig-Holstein fließen, indem die Wirtschaft wächst, das heißt investieren. Investieren können und wollen wir nicht nur in Infrastruktur, sondern auch in die Köpfe und in die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Wir gehen also über den herkömmlichen Investitionsbegriff hinaus, wenn wir gezielt Mittel für Bildung oder für innere Sicherheit ausgeben. Ich weiß, dass dieser erweiterte Investitionsbegriff nicht auf die Verfassungsgemäßheit des Haushaltes anwendbar ist. Wir haben das bereits in der alten Koalition diskutiert. Investitionen in Bildung sind für mich die richtigen Investitionen. Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass hier mit verschiedenem Maß gemessen wird.