Wir wollen, dass in Zukunft mehr Einnahmen nach Schleswig-Holstein fließen, indem die Wirtschaft wächst, das heißt investieren. Investieren können und wollen wir nicht nur in Infrastruktur, sondern auch in die Köpfe und in die Weiterentwicklung unserer Gesellschaft. Wir gehen also über den herkömmlichen Investitionsbegriff hinaus, wenn wir gezielt Mittel für Bildung oder für innere Sicherheit ausgeben. Ich weiß, dass dieser erweiterte Investitionsbegriff nicht auf die Verfassungsgemäßheit des Haushaltes anwendbar ist. Wir haben das bereits in der alten Koalition diskutiert. Investitionen in Bildung sind für mich die richtigen Investitionen. Ich bin nicht bereit zu akzeptieren, dass hier mit verschiedenem Maß gemessen wird.
Um auch diese Investitionen bürgernah, zielgenau und so unbürokratisch wie möglich tätigen zu können, haben wir mit dem Koalitionsvertrag unter anderem den Schleswig-Holstein-Fonds eingerichtet. Eine Schwächung des Schleswig-Holstein-Fonds, wie ihn FDP und Grüne beantragt haben, würde zu einer Schwächung unserer Investitionen in wichtige Politikbereiche führen. Das wollen wir nicht.
Für das Jahr 2006 sind im Schleswig-HolsteinFonds allein 80 Millionen € an Landesmitteln vorgesehen, die Investitionen in erheblicher Höhe auslösen werden. Insgesamt werden im Zeitraum 2005 bis 2009 415 Millionen € an Landesmitteln bereitgestellt, die Investitionen von mehr als 1,6 Milliarden € auslösen sollen. Das ist die richtige Antwort, um die Wirtschaft zu beleben, Arbeitsplätze zu sichern und mehr Steuereinnahmen des Landes zu bekommen. Deshalb kann man für den SchleswigHolstein-Fonds keinerlei Kürzungen zulassen.
Die Absage der Berliner Koalition an weitere Steuersenkungen ist ein richtiger Schritt. Die Bürgerin
nen und Bürger haben nichts davon, wenn einige von ihnen weniger Steuern zahlen, der Staat aber viele Aufgaben nicht mehr wahrnehmen kann. Das gilt gerade für diejenigen, die ohnehin nicht auf der Sonnenseite unserer Gesellschaft leben.
2006 wird Schleswig-Holstein voraussichtlich mehr Steuern einnehmen als 2005, und zwar insgesamt etwa 5,2 Milliarden €. Hätte es in den letzten Jahren keine Steuersenkungen, sondern eine stetige Weiterentwicklung bei gleich bleibenden Steuersätzen gegeben, so wären es 6,2 Milliarden € gewesen. Die massiven Steuersenkungen der letzten Jahre haben, das müssen wir leider konstatieren, nicht den gewünschten Effekt gehabt, den Konsum anzukurbeln und die Investitionen zu stärken. Die Unternehmen haben die Steuersenkungen vielmehr mitgenommen, weiter rationalisiert und Arbeitsplätze abgebaut. Aus meiner Sicht ist das der falsche Weg gewesen. Deshalb stehe ich Steuersenkungen grundsätzlich sehr kritisch gegenüber. Die jetzige Steuerquote ist nicht weiter absenkbar, weil dies im staatlichen Haushalt zu weiteren Verlusten führen würde.
Der folgende Punkt ist nicht nur ein Spezialthema, das für den Europaausschuss von Bedeutung ist, sondern es ist für uns alle von Bedeutung. Das ist die Frage, wie es mit der europäischen Strukturförderung weitergeht. Die mehrdimensionale Betrachtungsweise, bestehend aus regionalen, politischen und finanziellen Gesichtspunkten, hat dazu geführt, dass Schleswig-Holstein in der Förderperiode 2000 bis 2006 in den Genuss hoher Förderbeträge kam. Das weiß auch der Kollege Baasch zum Stichwort ASH 2000. Allein für die Ziel-2-Gebiete sind in dieser Zeit 258 Millionen € geflossen, die Projekte von über 830 Millionen € ermöglicht haben. Darin enthalten sind 300 Millionen € an privaten Investitionen. Daran kann man sehen, wie wichtig und gut Geld aus Brüssel hier in Schleswig-Holstein eingesetzt worden ist und noch eingesetzt wird.
Wie ich schon sagte, es weiß niemand, wie die Förderung ab 2007 im Detail aussehen wird. Nach den Beschlüssen des EU-Gipfels in Lissabon im Jahre 2000 sollen auch die Strukturfonds dazu dienen, die EU bis zum Jahr 2010 zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten Wirtschaftsraum der Welt zu machen, wobei das Ziel Nachhaltigkeit ist. Wir
können davon ausgehen, dass die bisherigen Ziel-2und Ziel-3-Gebiete zu einem einheitlichen Ziel2-Gebiet zusammengelegt werden. Die Förderung für besonders strukturschwache Gebiete wird in der Bundesrepublik nur noch die neuen Bundesländer betreffen. Im europäischen Gesamtkontext werden in erster Linie die neuen Mitgliedstaaten betroffen sein. In diesem Sinne wird die Strukturpolitik künftig stärker auf die Zukunftsfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Europäischen Union und weniger auf den reinen Nachteilsausgleich ausgerichtet sein. Dies kommt einem Paradigmenwechsel gleich. Ich glaube, wir alle haben noch nicht ganz verinnerlicht, was auf uns zukommen wird.
Ich bin allerdings erfreut darüber, dass die bisherige INTERREG-Förderung unter dem Gesichtspunkt der europäischen territorialen Zusammenarbeit vermutlich erhalten bleibt. Sie hat in Schleswig-Holstein drei verschiedene Gebietskulissen. Die kommunale Ebene beschäftigt sich schon intensiv damit. Wie ich gerade in dieser Woche feststellte, beschäftigen sich auch unsere dänischen Partner damit. Hier müssen wir zu Strukturen kommen, die für einen effektiven Mitteleinsatz unumgänglich sind.
Kritisch benennen müssen wir einen Punkt, der im Berliner Koalitionsvertrag steht. Sollte es - wie im Berliner Koalitionsvertrag vorgesehen - zu einer Begrenzung der Weiterführung der europäischen Strukturförderung auf die neuen Länder und die Grenzregionen zu den neuen europäischen Mitgliedstaaten kommen, so würden wir in SchleswigHolstein erhebliche Einschnitte haben. Das betrifft das Regionalprogramm 2000 und weitere Programme, die wir dann nicht mehr in dem Maße wie bisher finanzieren können. Hier werden wir schon für den Doppelhaushalt 2007/2008 im Lichte der Brüsseler Entscheidungen die ersten Entscheidungen treffen müssen.
Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, in Brüssel weiterhin deutlich zu machen, aus welchen Gründen diese Gelder für Schleswig-Holstein und seine weitere wirtschaftliche Entwicklung unverzichtbar sind. Wir müssen in Berlin auch deutlich machen, dass es keine Beschränkungen auf die Oder-Grenze oder den Bayerischen Wald geben kann. Dieses Gebiet war vorher enthalten und bleibt enthalten, weil Tschechien ein neues Mitgliedsland ist. Ich hoffe, dass wir hier an einem Strang ziehen können.
Zur Verwaltungsstrukturreform haben wir bereits gestern eine Debatte gehabt. Diese Verwaltungsstrukturreform ist aus Sicht der Sozialdemokraten auf einem guten Weg. In wenigen Wochen wird Herr Staatssekretär Schlie seine umfassenden Ergebnisse vorlegen. Ich gehe davon aus, dass wir hier im Landtag im Januar darüber diskutieren werden. Herr Stegner hat bereits durch das gestern vorgelegte Gesetz die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen abgesichert. Nach den bisherigen Erkenntnissen ist davon auszugehen, dass die Bereitschaft auf der Amtsebene, zu freiwilligen Zusammenschlüssen zu kommen, größer ist, als wir alle es erwartet haben.
Ich mag mir nicht vorstellen, wie die Entwicklung gewesen wäre, wenn von vornherein Adventstürchen für besondere Einzelfälle aufgemacht worden wären. Ich glaube, wir wären mit Einzelfällen überhäuft worden. Insofern bin ich dankbar dafür, dass die Regierung bei dem Vorschlag geblieben ist, dass mindestens 8.000 Einwohner erreicht werden müssen. Damit sind wir - was die Verwaltungsstrukturreform betrifft - auf dem richtigen Weg.
Die schon in der Zeit der rot-grünen Regierung in Schleswig-Holstein intensivierte Zusammenarbeit mit Hamburg ist auch in diesem Jahr ein gutes Stück vorangekommen. Es gibt weitere gemeinsame Vertretungen im Ostseeraum. Es ist gemeinsam mit Niedersachsen und Hamburg eine Geschäftsstelle für die Metropolregion geschaffen worden. Für mich steht allerdings fest: Ich bin für so viel Zusammenarbeit und Kooperation wie möglich, allerdings bin ich nicht bereit, einen Nordstaat zu akzeptieren. Meine persönliche Meinung ist: Ich lehne es für die Menschen in unserem Land ab, sich für vermeintliche oder tatsächliche Synergieeffekte die Identität nehmen zu lassen. Wir sind SchleswigHolsteinerinnen und Schleswig-Holsteiner. Ich möchte das auch gern bleiben.
Ich bin tolerant genug, um in dieser Frage auch andere Meinungen zuzulassen. Ich weiß, dass in diesem Fall zumindest Frau Kollegin Spoorendonk fest an meiner Seite und auch hinter mir steht.
Man konnte es ahnen und in den letzten Tagen lesen: Beim Thema Bildung findet sich immer wieder die eine oder andere kleinere oder größere Schwierigkeit, mit der man in einer großen Koalition umgehen muss. Das war in der anderen Koaliti
on ähnlich. Wir müssen allerdings mit völlig aus der Luft gegriffenen Interpretationen von klar formulierten Positionen vorsichtig sein. Im Bildungsbereich haben wir wirklich klar formuliert, weil wir wussten, was auf uns zukommt. Die Bildungsministerin wird im nächsten Jahr einen Entwurf für die Novellierung des Schulgesetzes auf den Tisch legen, der viele Punkte aus dem Koalitionsvertrag beinhaltet. Wir werden sicher über Nuancen und Ausrichtungen diskutieren wollen und diskutieren müssen, aber auch in der großen Koalition sollte niemand daran gehindert werden dazuzulernen. Dafür muss es natürlich eine entsprechende Offenheit geben. Wir im Parlament sind aber zukunftsfähig. Deshalb gehe ich davon aus, dass es hier in allen Reihen nur zukunftsfähige und offene Menschen geben wird.
Wichtige Punkte im Bildungsbereich sind für die nächsten Monate der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten, die Frage der offenen und gebundenen Ganztagsschule, das Thema des Wiederholens von Schuljahren, die Veränderungen der Oberstufe und das Abitur nach zwölf Jahren mit Einschränkungen, denn Bayern hat hier Erfahrungen gemacht, die wir berücksichtigen müssen. Weitere offene Fragen sind das dreigliedrige Schulsystem und die Gemeinschaftsschule. Ich bin dankbar für die klare Interpretation, die Sie, Herr Ministerpräsident Carstensen, in der vergangenen Woche gegeben haben. Dafür sage ich Ihnen aus Sicht der SPD-Fraktion meinen vorweihnachtlichen Dank.
Im Übrigen möchte ich auf das Folgende Wert legen: Die von Frau Erdsiek-Rave vorgelegten Papiere enthalten mitnichten nur diejenigen Positionen aus dem Koalitionsvertrag, für die Sozialdemokraten stehen. Auch die von den Christdemokraten durchgesetzten Punkte finden sich dort entsprechend wieder. Das ist der Koalitionsvertrag, den wir so bei der Novellierung des Schulgesetzes umsetzen werden.
Lassen Sie mich noch kurz einige Bemerkungen zum Hochschulgesetz machen. Ich habe es an anderer Stelle schon deutlich gemacht, dass hier viele Punkte enthalten sind, die wir Sozialdemokraten mittragen. Ich denke dabei daran, dass Handwerksmeister mit einer abgeschlossenen Meisterprüfung den Zugang zu Hochschulen bekommen sollen. Das ist ein ganz wichtiger Punkt, um für ein Studium durch Menschen aus der Praxis neue Ressourcen zu erschließen. Man mag es mir nachsehen, dass ich dies sage: Mein Vater hatte einen entsprechenden Beruf. Ich fühle mich dem Handwerk immer noch
Es gibt die Überlegungen des Wissenschafts- und Wirtschaftsministers zum Thema Studiengebühren. Hier gibt es eine klare Festlegung im Koalitionsvertrag. Daran werden wir uns halten. Was die Mitbestimmungsmöglichkeiten betrifft, so ist aus Sicht der Sozialdemokraten die bisherige Mitbestimmung gut gelaufen. Wir können uns nicht vorstellen, dass die Beteiligung des nicht wissenschaftlichen Personals durch demokratisch in keiner Weise legitimierte Beratergremien oder solche, die sich dafür halten oder zu solchen ernannt werden, abgeschafft wird. Das ist nicht der richtige Weg. Wir sollten an dieser verantwortlichen Position im Hochschulbereich festhalten.
Nun gibt es ein Thema, das zumindest in zwei, vielleicht in zweieinhalb Regionen des Landes zu großer emotionaler Aufgeregtheit geführt hat. Es ist das Thema Landesuniversität. Es bedarf sicherlich noch vieler ausführlicher Diskussionen, die allerdings nicht unendlich lange dauern dürfen. Irgendwann muss eine Entscheidung getroffen werden. Sollte die Durchsetzung einer Landesuniversität zu wirtschaftlichen Nachteilen beispielsweise in Lübeck mit einem erheblichen Verlust an Forschungsbeziehungsweise Drittmitteln führen, so darf eine solche Entscheidung aus meiner Sicht natürlich nicht getroffen werden; das können wir uns nicht leisten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, was die größeren Projekte in Schleswig-Holstein angeht wie Science-Center, Flughafen Holtenau, Hafen Husum, so müssen wir sehr genau darauf achten, dass überall Sinnvolles getan und Unsinniges verhindert wird. Auch wenn Gelder in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen sollten, muss man sich hüten, Geld in Projekte zu stecken, deren Folgekosten so hoch sind, dass anschließend die Frage gestellt werden muss: Liebes Land, kannst du uns bitte bei den Folgekosten unterstützen? Das können wir uns einfach nicht leisten. Da muss man den Mut haben, auf Geld aus Brüssel zu verzichten.
Gerade im Bereich der Wirtschaftspolitik gibt es ein Themenfeld, das wir noch stärker - da vertraue ich auf den Kollegen Europaminister Döring - in den Vordergrund schieben müssen. Das ist das Thema „Zukunft Meer“. Wir können nicht in alle möglichen x-beliebigen Projekte investieren, sondern wir sollten uns auf wenige, umsetzungsfähige Dinge beschränken. Dabei sollten wir aber der
Phantasie und der Kreativität der Menschen in diesem Bereich genügend Nahrung geben, um neue, zukunftsweisende Ansätze auf den Weg zu bringen. Wenn diese realisierbar erscheinen, können sie trotz geringer Mittel mit einer Förderung versehen werden, weil ich mir davon verspreche, dass es noch mehr Arbeitsplätze für Schleswig-Holstein in einer noch zukunftsfähigeren Wirtschaft gibt.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der Tourismus spielt in Schleswig-Holstein eine immer wichtiger werdende Rolle, obwohl er in den letzten Monaten schwierige Situationen zu überstehen hatte. Die Stagnation ist nicht zu übersehen. Die Konkurrenz mit Mecklenburg-Vorpommern ist da. Die fertig gestellte A 20 - ein wesentlicher Punkt, der von der rot-grünen Regierung ja auch immer vorangetrieben wurde, und zwar trotz der kleinen Schwierigkeiten, die es darum schon einmal gab führt dazu, dass die pommersche Ostseeküste in erreichbarer Entfernung ist. Sie kann sehr kurzfristig erreicht werden. Dazu gibt es ein Preis-LeistungsVerhältnis, das im Gegensatz zu dem unsrigen steht. Wenn man Berliner Urlauberinnen und Urlauber, also diejenigen aus der großen Metropole, binden will, dann muss man vor Ort ein akzeptables Angebot haben.
Die Frau Präsidentin und ich haben im hohen Norden ein wunderbares Hotel, dessen Namen ich hier aus bestimmten Gründen natürlich nicht nennen darf, wo jemand bereit ist, zusätzliches Geld aufzubringen, ohne dass das Land Fördergeld zur Verfügung stellen muss. Hier wird nämlich gesagt: In diesem Segment gibt es noch ein Potenzial zum weiteren Ausbau. Solche unternehmerische Initiative müssen wir von Landesseite aus unterstützen, wie wir beide es im Interesse unseres Wahlkreises gemacht haben.
Es gibt noch einen weiteren Punkt. Er betrifft die Sparkassen. Wir haben ab 1. Januar einen neuen Präsidenten des Sparkassen- und Giroverbandes. Auch bei den Kreditinstituten muss stärker eine Bereitschaft vorhanden sein, im touristischen Bereich Investitionen mit Krediten zu unterstützen. Investitionen in den Tourismus sind keine verlorenen Investitionen, sondern sie machen dieses Land wettbewerbsfähiger. Daran sollten wir alle gemeinsam arbeiten.
Lassen Sie mich wenige Bemerkungen zu einigen politischen Themenfeldern machen, die wir bisher nur kurz gestreift haben.
Zunächst zum Thema Ausbildung. Wir müssen es in den nächsten Jahren trotz der bekannten Haushaltssituation erreichen, beim Land auf Ausbildungszahlen zu kommen, die denen der Vergangenheit entsprechen. Das bedeutet eine Kraftanstrengung. Dabei wissen wir, dass eigentlich nur da ausgebildet werden sollte, wo es auch eine Möglichkeit außerhalb des Landesdienstes gibt, anschließend in dem Ausbildungsberuf zu bleiben.
Wir können von Handwerksmeistern nicht verlangen, weit über ihren eigenen Bedarf auszubilden, wenn wir selber nicht mit einem guten Beispiel vorangehen.