Deshalb kann ich nur alle auffordern, sachlich an der Diskussion teilzunehmen. Gerade gestern fand die große Demonstration in Lübeck statt, an der 3.000 oder 4.000 Studenten, Angehörige und Mitarbeiter der Universität teilgenommen haben. Zunächst einmal möchte ich ein großes Lob an unseren Minister Dietrich Austermann dafür richten, dass er sich dieser Demonstration gestellt hat.
Das zeigt, dass er bereit ist, sich der Auseinandersetzung zu stellen. Das sollte selbstverständlich sein, aber es gibt genug Politiker in dieser Republik, die sich ihrer Verantwortung in dieser Form nicht stellen. Wir als Fraktion sind froh, dass wir einen mutigen Minister haben.
Wenn wir über das Erichsen-Gutachten sprechen - Sie haben dieses Thema mehrfach angeführt -, dann müssen wir feststellen, dass Sie dieses ErichsenGutachten offensichtlich nicht richtig gelesen haben. Auf jeden Fall frage ich mich, warum davon in den vergangenen Jahren so wenig umgesetzt wurde. Sie sagen, dass der Prozess noch nicht abgeschlossen sei. Sie können uns gern sagen, was davon aus Sicht des SSW noch umgesetzt werden sollte.
Schauen wir uns einmal an, was von den Vorschlägen aus dem Erichsen-Gutachten zumindest teilweise umgesetzt wurde. Ich nenne nur einmal die Baufachschule Eckernförde/Lübeck. Dort sind bei der Umsetzung große Probleme aufgetreten. Dabei wird deutlich, dass wir an der Struktur etwas ändern müssen. Wir sind bei der Ausgestaltung dieses Prozesses offen. Man kann sich das nicht so hindrehen, wie man es gerade will. Man muss auch einmal unbequeme Wege gehen.
Herr Hentschel, jetzt kommt etwas Englisches: „The Times Higher Education Supplement“, im aktuellen „Spiegel“ veröffentlicht, zeigt, warum wir etwas ändern müssen. Dort ist ein internationales Ranking von Hochschulen veröffentlicht. Die beste Universität aus Deutschland ist auf Platz 45 die Universität Heidelberg. Auch im Bereich Medizin - dieser Bereich wird ja immer hoch gelobt - erreicht die Universität Heidelberg nur Platz 16. Auch bei anderen internationalen Rankings befinden wir uns eher am Ende. Einzelne Bereiche, zum Beispiel in Lübeck, die einen hohen Stellenwert genießen, können nicht darüber
Deshalb müssen wir angemessen diskutieren. Als Fraktion sagen wir eindeutig: Wir diskutieren ergebnisoffen. Wir wollen diesem Papier den Wert einräumen, den diese wichtige Frage verdient hat. Ich möchte an dieser Stelle schon kritisieren, dass die Diskussion so geführt wurde, wie sie in den letzten Tagen geführt wurde. Es kann zum Beispiel nicht angehen, dass ein Pastor, wie ich heute gelesen habe - ich weiß nicht, welcher Religion dieser Mann angehört -, dazu auffordert: Geht alle auf die Straße! Kiel darf Lübeck nicht zerstören! - So dürfen wir Politik nicht machen.
Einige - nennen wir sie einmal wohlwollend - Arbeitnehmervertreter, die von Tausenden bis hin zu 5.000 Arbeitsplätzen reden, die dort vernichtet werden sollen, handeln auch nicht verantwortungsvoll.
Abschließend möchte ich sagen: So können wir Reformen nicht diskutieren, wie das in den letzten Tagen immer wieder geschehen ist: Wir sagen Nein zu Studiengebühren, Strukturveränderungen wollen wir am liebsten auch nicht. Wir schauen lieber, was wir in den letzten 40 Jahren gemacht haben, und zwar - wenn ich das einmal sagen darf - nicht besonders gut gemacht haben. Da müssen wir uns alle einmal an die eigene Nase fassen. Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass - dies ist in dieser Frage nicht möglich.
Deshalb will ich nur darauf hinweisen, dass wir einen hohen Regelungsbedarf haben. Es gibt viel zu regeln. Wir wollen das tun. Es gibt ein vernünftiges Verfahren. Die Vorschläge halte ich für einen vernünftigen Ansatz. In ihnen steckt viel, was diskutiert werden muss und leider in der Diskussion nicht angesprochen worden ist.
- Ich gehe auf Ihre Zwischenrufe nicht ein, weil Sie gleich an der Reihe sind. Herr Hentschel, wenn Sie zugehört haben, dann wissen Sie, dass wir ergebnisoffen in die Gespräche gehen. Wir sind froh, dass diese wichtigen und mutigen Vorschläge auf dem Tisch liegen. Es ist offensichtlich etwas vorbereitet worden, was wir vernünftig verarbeiten müssen. Das ist gut, das ist mutig. Das findet auch die Zustimmung der Fraktion. Wir werden diesen Gesetzentwurf jetzt über ein Jahr lang begleiten und vernünftige Vorschläge machen.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange mit dem an, was auf der Tagesordnung steht, nämlich die Beratung des SSW-Antrages. Ich will zu Beginn deutlich sagen, dass wir zwar mit der Hochschulpolitik nicht neu anfangen, dass wir aber in der Tat einen neuen Diskussionsprozess über die Weiterentwicklung unserer Hochschulen haben. Dafür wollen wir ein tragfähiges Ergebnis nach einer Diskussion, die sicherlich an der einen oder anderen Stelle nicht einfach sein wird.
Was wir aber nicht wollen, liebe Kollegen vom SSW, ist, heute am Beginn dieser Debatte einen Vorratsbeschluss über das zu fassen, was vielleicht am Schluss der Debatte zur Entscheidung stehen kann.
Sie haben ein in der Tat sehr heiß diskutiertes und sehr aktuelles Thema aus den vielen Eckpunkten des Wissenschaftsministers herausgegriffen. Deswegen will ich dazu von unserer Seite gern ein paar Worte sagen. Wäre nach Auffassung der SPD das Thema Landesuniversität ein außerordentlich prioritäres Vorhaben, hätten wir das in unser Wahlprogramm aufgenommen. Sie werden wahrscheinlich wissen, dass es da nicht steht. Wären wir der Auffassung gewesen, dass es ein zeitlich schnell zu lösendes Problem gewesen wäre und akuter Handlungsbedarf bestanden hätte, dann hätten wir dazu etwas im Koalitionvertrag vereinbart. Sie werden auch gelesen haben, dass dazu im Koalitionsvertrag nichts steht.
Jetzt liegt immerhin ein Eckpunktepapier des Wissenschaftsministers auf dem Tisch, der genau diesen Weg beschreiten will. Man muss deutlich sagen: Ein solcher Vorschlag muss natürlich in aller Gründlichkeit und Sachlichkeit gewogen und geprüft werden; nicht mehr und nicht weniger. Nicht am Anfang, sondern am Ende der Diskussion steht eine Bewertung dieses Vorschlages.
Ein ganzer Fächer von Fragen muss geklärt werden: Was hätte eine solche Konstruktion für Auswirkungen auf Drittmitteleinwerbungen? Was hätte das für
Zum Thema Wissenschaftspolitik und Regionalpolitik könnte man länger reden; die Zeit habe ich jetzt nicht. Natürlich hat Wissenschaftspolitik immer regionale Konsequenzen und regionale Bezugspunkte, aber Wissenschaftspolitik als einen wichtigen Bestandteil von Regionalpolitik zu definieren, halte ich für eine falsche Zuspitzung. Das aber nur am Rande.
Wir müssen die Frage von doppelten Studienangeboten prüfen: Gibt es sie überhaupt, in welcher Form und haben wir überhaupt Optionen für Handlungsmöglichkeiten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jedermann ist klar: Wenn man etwas anpackt, was erhebliche Veränderungen im Bereich der Verwaltungsstrukturen der Hochschule bedeutet, wenn wissenschaftliche Organisationsfragen zur Disposition stehen und nicht zuletzt Fragen angesprochen werden, die eine hohe symbolische Bedeutung haben, muss man gute und starke Argumente haben.
Deshalb ist es sinnvoll, in eine Bewertung von möglichen Vor- und Nachteilen einer solchen Empfehlung einzutreten. Dazu braucht man natürlich - das weiß jeder und das hat der Minister bisher auch nicht anders verkündet - mehr als nur Eckpunkte. Man braucht belastbare Informationen über Details der Umsetzung eines solchen Vorhabens. Solche liegen in einer belastbaren, bewertbaren Form noch nicht vor. Die werden in die Diskussion der nächsten Wochen und Monate sicherlich eingeführt.
Deswegen will ich noch einmal darauf hinweisen, was auch Kollegin Spoorendonk vorhin deutlich gemacht hat: Wir fangen ja nicht bei null an, wir erfinden Hochschulpolitik nicht neu. Wir haben die Ergebnisse der Erichsen-Kommission. Sie hat ein paar Dinge vorgeschlagen, die sich in der Umsetzung befinden; sie hat übrigens auch ein paar Dinge explizit nicht vorgeschlagen. Wenn man das, was die Expertenkommission nicht vorgeschlagen hat, jetzt trotzdem will, muss man seine Pläne zumindest auf demselben qualitativen Niveau präsentieren. Es müssen die gleichen Maßstäbe gelten, wie wir sie an die Arbeit der Erichsen-Kommission angelegt haben.
Deswegen ist es für den Diskussionsprozess nur begrenzt hilfreich und nur begrenzt intellektuell und wissenschaftspolitisch redlich, wenn auf der einen Seite diverse Vorschläge und Spekulationen ins Kraut schießen, was wohin wie verschoben werden kann, und auf der anderen Seite dramatische Übertreibungen als Reaktion auf den Vorschlag des Ministers
ins Kraut schießen. Beide Dinge haben mit einer an der Sache orientierten Diskussion nur sehr begrenzt zu tun, wenn sie auch politisch verständlich und nachvollziehbar sind.
Schreckensvorhersagen sind mindestens so spekulativ wie Nutzenvorhersagen, die noch des Beweises bedürfen.
Ich möchte zum Abschluss auf einen Punkt hinweisen, den man in der Diskussion nicht vernachlässigen darf. Das Thema Landesuniversität steht ja nicht für sich allein. Die Eckpunkte stehen in einem Gesamtzusammenhang vom Thema Studiengebühren über die Gremienstruktur bis hin zur äußeren Hochschulstruktur. Man muss das im Zusammenhang diskutieren und zur Kenntnis nehmen.
Wir sind sicher, dass darin genügend Stoff für eine außerordentlich lebhafte politische Debatte in den nächsten Monaten steckt. Wir haben deutlich gesagt, dass es ein paar Punkte gibt, die nicht unsere Auffassung darstellen: das Thema Studiengebühren, das Thema Gremienstrukturen. Dort wird es einen Diskussionsprozess geben, den wir offen führen werden.
Zum Schluss möchte ich noch einmal deutlich betonen, womit ich auch angefangen habe: Wir sollten den SSW-Antrag an den Ausschuss überweisen und ihn dann im Zusammenhang mit den Dingen beraten, die uns als Gesetzentwurf irgendwann einmal erreichen werden. Im Bildungsausschuss ist der Antrag gut aufgehoben.
Alles andere werden wir in Ruhe zu bewerten haben. Mehr kann man zum heutigen Zeitpunkt nicht sagen, sonst würden wir uns selbst an Spekulationen beteiligen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Vorstellung, mit einer fusionierten Landesuniversität Schleswig-Holstein könne man in die universitäre Oberliga aufrücken, ist schlicht weltfremd. Tatsächlich wäre eine auf drei Standorte verteilte SchleswigHolstein-Universität unbeweglicher und schwerfälliger. Allein der interne Koordinations- und Ab
stimmungsbedarf in Gremien und Kommissionen würde zwischen Kiel, Lübeck und Flensburg enorm viel Zeit und Kraft absorbieren. Schiere Größe, etwa eine Addition von Studentenzahlen, bedeutet im Hochschulbereich nicht Qualität oder Exzellenz. Schauen Sie sich eine der exzellentesten Universitäten der Welt an. Harvard hat gut die Hälfte der Studentenzahlen der Kieler Uni, aber eben ein zehnmal so hohes Budget.
Herr Austermann, das Budget würde ja bei Ihren Plänen nach dem Eckwertepapier nicht etwa erhöht, sondern - wenn man in Ihrem Papier etwas weiter liest - sogar verkleinert. Denn Sie wollen ja, dass die Landesuniversität Schleswig-Holstein in Zukunft auch die Mittel für Beihilfen und die Versorgungslasten aus ihrem Globalhaushalt finanziert. Die Botschaft lautet also: Abbau, Reduktion von tatsächlichen Angeboten. Wenn die Unis das aus dem Plafond, der jetzt da ist, aufbringen müssen, können sie das nur tun, wenn sie vorhandene Stellen, Hochschullehrerstellen und andere Mitarbeiterstellen reduzieren.
Meine Damen und Herren, es hatte schon gute Gründe, dass der Mainzer Landtag vor neun Jahren beschlossen hat, die bis dahin in der landesweiten Fachhochschule Rheinland-Pfalz zusammengefassten FHStandorte in sieben eigenständige regionale Fachhochschulen aufzuteilen. Die Argumente, die dafür im September 1995 in der ersten Lesung des Gesetzentwurfs zur Änderung des Fachhochschulgesetzes im Mainzer Landtag vorgebracht worden sind, sprechen Bände: kürzere Entscheidungswege, Optimierung von Entscheidungsprozessen, höheres Maß an Entscheidungs- und Handlungsfreiheit, stärkere Identifikation in der Region.
Es ist bemerkenswert, dass nicht nur die Regierungsfraktionen SPD und FDP das so gesehen haben, sondern dass auch die oppositionelle CDU-Landtagsfraktion diesem Gesetzentwurf dort ihre Zustimmung gegeben hat.