- Ja, man kriegt sie nicht wieder und das Essen ist auch nicht billiger. Das ist schon sehr merkwürdig.
Ein Kinderbuch, das man ausmalt, wird mit 7 % belastet. Wenn dasselbe Kinderbuch so ausgelegt ist, dass man die Figuren ausschneiden kann, dann ist es Spielzeug und dann werden 16 % fällig. Das ist alles nicht so ganz einleuchtend. Auch die Frage, warum wir Milch, Brot und Butter und auch dieses wunderschöne und sehr nahrhafte Instrument
des Überraschungseis, warum wir pornographische Erzeugnisse mit einem ermäßigten Steuersatz von 7 % belasten belegen, erschließt sich mir nicht in voller Gänze.
Lieber Heiner Garg, dem Hinweis, dass man damit eine sozialpolitische Großtat vollbringe, kann ich mich wirklich nicht anschließen. Wir sollten die Diskussion dazu - darum würde ich bitten - losgelöst und zeitlich unabhängig von laufenden Koalitionsverhandlungen und Regierungsbildungen führen; deshalb brauchen wir auch einen zeitlichen Abstand. Wir sollten uns einmal grundsätzlich mit der Frage des ermäßigten Steuersatzes befassen.
Meine Damen und Herren, das war alles gut gemeint, ist aber heute nicht mehr gut, um die Ziele zu erreichen. Mit der Mehrwertsteuer macht man keine Sozialpolitik. Es macht - mit Verlaub - wenig Sinn zu sagen, wir wollten Menschen oder Familien mit niedrigem Einkommen verbilligte Nahrungsmittel zukommen lassen; das war eigentlich die Ursache für diese Diskussion.
In Wahrheit ist es doch so, dass auch ein gut verdienender Rechtsanwalt und Abgeordneter aus Strande die gleiche Vergünstigung bekommt.
Ich denke, meine Damen und Herren, wir reden über eine Steuervergünstigung in der Größenordnung von 17 Milliarden € bei einem ermäßigten Steuersatz von 16 %, von 20 Milliarden € bei 19 %, aber es kommt nicht zielgerichtet bei den Betroffenen an. Es kommt vielmehr bei uns allen an.
Lachs und Kaviar, lieber Heiner, sind genauso steuerbegünstigt wie das notwendige Brot, die Butter und die Milch für die Sozialrentnerin, die sich nicht mehr leisten kann. Deshalb sollten wir darüber nachdenken, ob wir wirklich 17 Milliarden € Steuervergünstigung gleichmäßig über das Land verstreuen, ohne dass es bei den Zielgruppen ankommt. Deshalb wäre ich wirklich dankbar, wenn wir mit zeitlichem Abstand eine grundsätzliche Debatte darüber führten.
Ich bin auch sehr froh darüber, dass die zu bildende Koalition nicht jetzt schon versucht hat, das hier schnell mit Schnittblumen oder anderem zu lösen. Es gelänge nicht in der kurzen Zeit, sich grundsätzlich mit dieser Frage auseinander zu setzen; dies muss vielmehr mit Abstand von Wahlterminen, mit Abstand von Koalitionsterminen geschehen. Wenn dazu beide Anträge geeignet sind, um dies zu tun und auf diese Weise in die Debatte einbringen zu können, dann bin ich dafür sehr dankbar.
Es ist beantragt worden, die Anträge Drucksachen 16/316 und 16/356 an den Finanzausschuss zu überweisen. Wer dem zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist einstimmig so beschlossen.
Herr Minister, gestatten Sie mir wegen einer entsprechenden Vereinbarung der Fraktionen, dass ich das Überraschungsei heute nicht als Demonstrationsobjekt, hingegen als Dokumentationsobjekt akzeptiere.
Erhalt der eigenständigen Universitäten in Schleswig-Holstein Antrag der Abgeordneten des SSW Drucksache 16/350
Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall und gibt mir Gelegenheit, auf der Tribüne Jurastudenten der Christian-Albrechts
Universität Kiel in der Schlüsselqualifikation Gesetzgebung ganz herzlich zu begrüßen. - Seien Sie uns willkommen!
Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frau Abgeordnete Spoorendonk für die antragstellenden Abgeordneten des SSW.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Als viel Lärm um nichts könnte man vielleicht in Anlehnung an Shakespeare die von Wirtschafts- und Wissenschaftsminister Austermann öffentlich gemachten Eckpunkte zu einem neuen Hochschulgesetz bezeichnen. Denn die angeblich geplante Fusion der drei Universitäten im Land und die Verankerung von Studiengebühren im Hochschulgesetz waren doch wieder einmal ein typischer Austermann.
Nach der Devise „Try and error“ prescht der Minister öffentlich vor und präsentiert große Pläne in den Medien, bevor er sie überhaupt mit dem Koalitionspartner oder den Betroffenen - in diesem Fall den Hochschulen - abgesprochen hat. Zum Glück ist dem umtriebigen Minister erst einmal eine Denkpause verordnet worden. Diese sollte jetzt auch genutzt werden, um im Parlament und mit den betroffenen Hochschulen eine offene politische Debatte über die Zukunft der Universitäten zu führen.
Persönlich bin ich froh darüber, dass die Pläne des Ministers auch bei den Hochschulen auf klare Ablehnung gestoßen sind. Verwundern darf dies aber niemanden. Denn das Land und die Hochschulen haben sich erst 2003 einem aufwendigen Verfahren unterzogen, um die Empfehlungen der ErichsenKommission umzusetzen.
Der Strukturwandel der Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein war also noch gar nicht abgeschlossen, als vom zuständigen Minister zum großen Rundumschlag ausgeholt wurde. So kann und so darf man nicht miteinander umgehen.
Es wird im Landtag niemanden überraschen, dass der SSW bei seiner Haltung bleibt und eine Fusion der Universitäten in Schleswig-Holstein weiterhin ablehnt. Denn eine Zentralisierung der drei schleswigholsteinischen Universitäten in Kiel würde zweifellos zu einer Benachteiligung der kleinen Standorte führen. Lübeck und Flensburg würden ihr eigenständiges Profil verlieren. Dazu kommt, dass die Regierung mit der Gründung einer Landesuniversität die un
bequeme Verantwortung für die künftige Entwicklung der Universitäten in eine neue Megahochschule schieben würde.
Wir befürchten also, dass die Interessen der kleinen Hochschulstandorte innerhalb einer großen Landesuniversität mit Sitz in Kiel untergehen würden, und zwar mit schwerwiegenden Konsequenzen nicht nur aus bildungs- und hochschulpolitischer, sondern auch aus regionalpolitischer Sicht. Und daher sage ich noch einmal ganz deutlich: Hochschul- und Forschungspolitik ist auch Regionalpolitik, was überhaupt nichts mit Kirchturmpolitik zu tun hat.
Wer sich einmal die Mühe macht, den Kopf zu bewegen, wird in Deutschland und Europa viele Beispiele dafür finden, dass das eine wirklich mit dem anderen zusammenhängt. Der schwelende Konflikt zwischen Lübeck und Kiel hinsichtlich der Frage, wie es jetzt mit der Uniklinik oder insgesamt mit der Zukunft der Medizin in Schleswig-Holstein weitergehen soll, wird mit einer möglichen Fusion nicht gelöst.
Im Gegenteil: Er wird dadurch nur noch weiter angeheizt. Zu Recht verweist die Landesrektorenkonferenz dabei auch auf die finanzielle Situation der Hochschulen. Durch den Hochschulvertrag ist es uns allen gemeinsam gelungen, den Eindruck zu vermitteln, dass wir die Belange der Hochschulen ernst nehmen. Diese Basis der Gemeinsamkeit will oder wollte der Minister ohne Not aufkündigen.
Gerade erst im Herbst haben wir in unserem Landesteil mit Freude einen neuen Rekordzugang von Studierenden an der Universität Flensburg zur Kenntnis genommen. Bekannt ist auch, dass sich die gemeinsamen deutsch-dänischen Studiengänge immer besser entwickeln. Trotz dieser positiven Entwicklung leidet die Universität aber immer noch darunter, dass sie eine Vergangenheit als Pädagogische Hochschule hat und unterfinanziert ist. Das von der Landesregierung vorgeschlagene neue Anreizbudget verschärft dieses Problem aus unserer Sicht weiter.
Der SSW steht für eine ausgewogene Bildungs- und Hochschullandschaft, die mit der regionalen Wirtschaft kooperiert und den Menschen SchleswigHolsteins Forschung und Lehre, Bildung und Weiterbildung bietet. Wir wollen aber auch die Autonomie, die Flexibilität und das Profil der kleinen Universitäten erhalten. Uns fehlt schlicht und einfach das Vertrauen oder der Glaube daran, dass Flensburg und Lübeck als Außenstandorte der Universität Kiel eine echte Chance zur Weiterentwicklung erhalten. Das gilt auch, wenn man die gesamte Lehrerausbildung nach Flensburg verlegt.
Hinzu kommt ein anderer wichtiger Punkt. Wer sich wie die Landesregierung eine Stärkung der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit auf die Fahnen geschrieben hat, muss wissen, dass ein grenzüberschreitender Arbeitsmarkt längerfristig nur zustande kommt, wenn neue hochtechnologische Arbeitsplätze entstehen. Aus ganz vielen Analysen wissen wir, dass an solchen Arbeitsplätzen immer auch andere Arbeitsplätze hängen.
Ich bitte also um Zustimmung zu unserem Antrag; denn letztlich ist es doch so: Nur wenn alle gewinnen, gewinnt das Land als Ganzes.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Spoorendonk, Sie haben eben gesagt, das sei viel Wirbel um nichts. Sie gehen dabei auf zwei Punkte ein: die Überlegungen zum Thema Fusion der Hochschulstandorte und auf das Thema Studiengebühren, das in dem geplanten Hochschulgesetz gar nicht abschließend behandelt wird. Ich finde es sehr schade, dass Sie nur diese zwei Punkte herausgreifen und dann sagen: Viel Wirbel um nichts! In dem Text steht viel mehr. Man kann es schon als Kirchturmspolitik bezeichnen, dass so wichtige Dinge wie zum Beispiel die Aufwertung der Habilitation gegenüber der Juniorprofessur in der Diskussion einfach ausgeblendet werden. So können wir Hochschulpolitik nicht machen.
Ich gehöre zu den Abgeordneten, die in den letzten zwei Tagen sehr gut aufgepasst haben. Vor ungefähr 50 Stunden haben wir über die Verwaltungsstrukturreform diskutiert. Ich glaube, es waren die Grünen, die unter Beifall des SSW gesagt haben: Schaut euch die kommunalen Strukturen in Dänemark an. Diese sind schön groß. Auf jeden Fall hat dies Herr Hentschel angeführt.
- So gut habe ich aufgepasst. Was Sie vergessen haben zu sagen, ist: Bei den Hochschulen geht Dänemark einen ähnlichen Weg. Sie kennen wahrscheinlich die Universität Süddänemark. Ich bin weit davon entfernt, zu sagen, dass man das eins zu eins übertragen kann. Das mache ich nicht. Aber das ist
ein gutes Beispiel dafür, wie man sich ideologisch seine Argumente so zurechtbiegen kann, dass am Ende das Ziel schon erreicht zu sein scheint. So wollen wir Hochschulpolitik nicht machen.