Protocol of the Session on November 10, 2005

Es besteht konkreter Handlungsbedarf in den asiatischen Ländern und es bedarf internationaler Unterstützung vor Ort. Die Konferenz von 100 Staaten, die derzeit in Genf unter Leitung der WHO stattfindet, hat mit ihrem Aktionsplan und der Bereitstellung von circa 1 Milliarde Dollar für die von der Vogelgrippe betroffenen asiatischen Länder genau die richtigen Weichen gestellt. Wir hier in Schleswig-Holstein sollten wachsam sein, die Entwicklungen aufmerksam

(Jutta Schümann)

verfolgen und da, wo es konkret Handlungsbedarf gibt, reagieren. Wir haben eine Verpflichtung, mit den Ängsten und Sorgen von Menschen ernsthaft umzugehen. Aufgeregter Aktionismus, auch verbaler, und Panikmache sind völlig unangebracht.

(Beifall bei SPD, CDU und SSW)

Ich erteile nunmehr für die Fraktion der SPD der Frau Abgeordneten Ulrike Rodust das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich erst einmal bei der FDP für diesen Antrag bedanken. Ich finde, er ist richtig und wichtig.

(Beifall bei SPD und SSW)

Genau hier im Parlament sollten wir darüber reden, was die Menschen draußen interessiert.

Auch ich möchte mich bei der Ministerin dafür bedanken, dass sie in sehr anschaulicher Weise dargestellt hat, wie die beiden Ministerien sich mit dem Thema auseinander setzen.

Die Vogelgrippe ist weltweit eine ernste Bedrohung. Noch ist sie Gott sei Dank nicht auf dem Gebiet der Europäischen Union. Ich hoffe, der Hinweis, Herr Bernstein, den Sie heute Mittag bekommen haben, bewahrheitet sich nicht.

Die zuständigen Behörden haben für mich richtig und konsequent reagiert, um ein Übergreifen der Vogelgrippe zu verhindern. An dieser Stelle möchte ich mich bei allen Verantwortlichen auf Ebene des Bundes, der Länder und der Kreise für ihre bisher geleistete Arbeit bedanken. Über eine intensive Öffentlichkeitsarbeit ist es aus meiner Sicht gelungen, die Notwendigkeit für das Vorgehen darzustellen und Verständnis für die ergriffenen Maßnahmen zu erzielen.

Neben den laufenden Monitoringmaßnahmen zur Zugvogelproblematik sind vor allem Kontrollmaßnahmen verstärkt worden, um die Einschleppung der Vogelgrippe im grenzüberschreitenden Verkehr von Personen und Waren zu verhindern. Dies ist nach Expertenmeinung die größte Gefahr für die Verbreitung der Vogelgrippe. So werden in den Seehäfen Kiel und Lübeck sowie am Flughafen Lübeck Einreisende daraufhin überprüft, ob sie verbotene Geflügelfleischprodukte oder lebende Vögel mitbringen.

Aus Medienberichten habe ich erfahren, dass in den Seehäfen zum Beispiel erhebliche Mengen Lebensmittel von osteuropäischen Lastkraftwagenfahrern

beschlagnahmt und vernichtet werden. Wohl in Unkenntnis der Gefahrenlage haben sich diese Lastkraftwagenfahrer ihre Wegzehrung aus der Heimat mitgebracht, da sie meist nicht die finanziellen Möglichkeiten besitzen, sich hier Lebensmittel zu kaufen. Die Beschlagnahmung zum Beispiel von Geflügelfleisch und Eiern wird sich bei den Fahrern herumsprechen. Ich befürchte, dass sie in Zukunft mehr Kreativität beim Durchschmuggeln an den Kontrollstellen vorbei an den Tag legen werden. An dieser Stelle könnten wir Vorsorge treffen, indem wir den LKW-Fahrern an den Grenzen Lunchpakete zu günstigen Preisen oder als Geschenk aushändigen und dies im Vorfeld kommunizieren. Diese Geste würde einen Teil dazu beitragen, die Gefahr des Einschleppens der Vogelgrippe zu minimieren. Finanziert werden könnte dies zum Beispiel aus dem Seuchenfonds als Präventionsmaßnahme. Ein paar Euro für ein Lunchpaket könnten so helfen, mögliche Schäden in Millionenhöhe bei Mensch und Tier zu vermeiden.

Ich möchte an dieser Stelle noch auf die Schwierigkeiten der Vogelgrippesituation für die Geflügel haltenden Betriebe in Schleswig-Holstein eingehen. Das Aufstallungsgebot trifft hier besonders hart zum Beispiel die Gänsezüchter, die aufgrund der Freilandhaltung und fehlender Ställe vor großen Problemen stehen. Die Erträge einer ganzen Saison wären beim Auftreten des Virus schon in weitem Umfeld stark gefährdet, weil dann die Bestände von vielen tausend Gänsen frühzeitig getötet werden müssten.

(Unruhe)

Ein bisschen mehr Ruhe im Plenum wäre, glaube ich, angemessen.

(Vereinzelter Beifall bei SPD und FDP)

Vielen Dank. - Ob sie dann noch wie geplant vermarktet werden können, ist ein ganz anderes Thema.

Doch damit nicht genug: Auch der Handel und Wandel der Menschen, die in den sofort ausgewiesenen Sperrbezirken leben, wird dann ein großes Problem für uns alle.

Hier sind alle Verantwortlichen in Politik und Verbänden gefordert, Hilfen für das Worst-Case-Szenario für die Geflügelhalter bereitzuhalten. Diese haben mit großem Verständnis für die ergriffenen Maßnahmen und ihrer Mitarbeit ihren Teil bereits geleistet. Noch ist die Nachfrage nach heimischem Geflügel nicht eingebrochen. Die Verbraucherinnen und Verbraucher können bei vernünftigem Umgang mit Geflügel

(Ulrike Rodust)

und dessen Produkten unbesorgt sein. Ich habe gestern mit großem Vergnügen ein Hähnchen verzehrt und freue mich auf heute Abend,

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

wenn wir gemeinsam ein großes Gänseessen haben.

Ich hoffe, dass es uns gelingen wird, diese zwar schwierige, aber noch nicht dramatische Situation zu überstehen, und dass es keine erheblichen Schäden in der Geflügelwirtschaft und keinerlei Gefahren für die Gesundheit der Menschen in unserem Land geben wird.

(Beifall im ganzen Haus)

Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erteile ich der Frau Abgeordneten Monika Heinold das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist richtig, dass wir heute über diesen Antrag diskutieren. Sehr geehrte Frau Sassen, es scheint mir ein bisschen einfach zu sein, wenn Sie sagen: Macht doch eine Fragestunde! Es mag sein, dass Sie sich als regierungstragende Fraktion gar nicht mehr an den Debatten beteiligen wollen. Aber das ist dann Ihre Entscheidung. Ich halte es für angemessen, die Regierung zu bitten, zu berichten. Ich finde einen mündlichen Bericht angemessen. Was sollen wir unnötig Papierberge produzieren, so wie Sie das eben wieder empfohlen haben? Im Gegensatz zu Ihnen fühle ich mich umfassend informiert und habe nicht das Bedürfnis, dass noch viel hinterherzuschicken sei.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und vereinzelt bei der SPD)

Insofern einen herzlichen Dank an die Ministerin, dass sie deutlich gemacht hat, dass die Landesregierung das Problem ernst nimmt. Die Landesregierung hat dargestellt, dass sie mit der Problematik sehr professionell umgeht, dass die Vorsorge im Vordergrund steht. Das ist das, was eine Landesregierung in dieser Situation machen kann, was sie machen muss und was die Bürger und Bürgerinnen erwarten. Die Bürger und Bürgerinnen haben ein Bedürfnis nach detaillierter Information. Von daher ist es richtig, dass die FDP detaillierte und konkrete Fragen in ihren Berichtsantrag hineingeschrieben hat.

Es wird Sie nicht wundern, dass in meiner Rede in etwa das steht, was auch in den vorherigen Reden stand.

(Zuruf der Abgeordneten Ursula Sassen [CDU])

- Frau Sassen, das kann nicht heißen, dass wir uns darüber nicht unterhalten sollten.

(Beifall bei der FDP)

Hier bitte ich, ein bisschen zu differenzieren. Es kann nicht das Problem sein, einmal zu sagen: Die Opposition hat einen richtigen Berichtsantrag gestellt, die Landesregierung ist gut davor und wir sind uns einig. Auch das ist nicht das Problem.

Ich lese Ihnen nicht meine ganze Rede vor, sondern ich sage Ihnen das Ergebnis: Es ist richtig, die Vogelgrippe ernst zu nehmen. Es wäre falsch, die Gefahren zu ignorieren. Es wäre ebenso falsch zu dramatisieren. Ich bedanke mich an dieser Stelle dafür, dass niemand dramatisiert hat, sondern dass wir jetzt ein Stück klüger sind als bisher. Das kann nicht schaden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Ich danke der Kollegin Monika Heinold und erteile nunmehr für die Gruppe des SSW dem Kollegen Lars Harms das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wer sich bisher nicht mit diesem Thema auseinander gesetzt hat, kann sich im Internet ausführlich über die Vogelgrippe informieren. Dort wird man auch feststellen können, dass die Landesregierung auf ihrer Homepage extra Informationsseiten zur Vogelgrippe eingerichtet hat. Dort finden sich Links zum Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit und zum Verbraucherschutzministerium.

Von aktuellen Meldungen bis hin zu relevanten Informationen erfährt man dort eine Menge über die Vogelgrippe. Diese Seiten sind aber nicht nur für den allgemeinen Nutzer sehr informativ. Wichtiger ist eigentlich, dass dort die notwendigen Informationen für die Geflügelhalter abrufbar sind. Aus der Internetseite der Landesregierung geht beispielsweise hervor, welche bestehenden Auflagen es derzeit in Schleswig-Holstein für Geflügelausstellungen gibt, wie die zuständigen Veterinärämter in den Kreisen und kreisfreien Städten zu erreichen sind, bis hin zu allgemeinen Informationen für Geflügelhalter in SchleswigHolstein. Für diese umfangreichen Informationen möchte ich mich bei der Landesregierung bedanken.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Denn es ist wichtig, dass die Menschen im Land ausführlich und sachlich über dieses Thema informiert werden. Vielen Dank, Frau Ministerin!

Auf eine Vielzahl der Fragen, die im vorliegenden Berichtsantrag gestellt werden, gibt die Landesregierung auf der genannten Internetseite bereits ausführliche Antworten. Damit ist der Berichtsantrag der FDP auf keinen Fall überholt. Ich will damit aber sagen: Es ist eigentlich wünschenswert, wenn der breiten Öffentlichkeit diese relevanten Informationen in irgendeiner Weise auch in Papierform zur Verfügung gestellt werden könnten. Denn wir wissen alle, dass die Versorgung der Haushalte mit einem Internetanschluss nicht flächendeckend ist. Was aber auch ganz wichtig ist: Zu dieser Information der breiten Bevölkerung kann auch eine Debatte im Landtag beitragen. Deshalb ist der Antrag der FDP sinnvoll, zielführend und wichtig.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vonseiten der Landesregierung wurde bereits vieles unternommen, um der Vogelgrippe in SchleswigHolstein zu begegnen. Sie hat für das Land einen ausführlichen Maßnahmenkatalog erstellt und entsprechende Regelungen erlassen. Diese reichen vom Aufstallungsgebot bis hin zu Regelungen für Untersuchungen bei Geflügel.

Aber nicht nur auf Länderebene wurde ein Aktionsplan erstellt. So wurde auch frühzeitig vom Bundesverbraucherschutzministerium eine Strategie für einen stufenweisen Krisenplan entwickelt, um auf neue Bedrohungslagen schnellstens reagieren zu können. Parallel hierzu hat es entsprechende Abstimmungen auf Bund-Länder-Ebene gegeben. Es ist zu begrüßen, dass der notwendige Informationsfluss zwischen Bund und Ländern in dieser Sache funktioniert.

Für Schleswig-Holstein lässt sich feststellen, dass das Land und seine zuständigen Veterinärbehörden durchaus gewappnet sind, wenn ein Fall der Vogelgrippe im Land auftreten sollte. Wichtig hierbei ist aber, dass die Zuständigkeiten klar geregelt sind und dass die Zusammenarbeit der zuständigen Behörden Hand in Hand geht.

Die Hauptaufgabe liegt jetzt bei den Veterinärämtern unserer Kreise und kreisfreien Städte. Es ist verständlich, dass man dort jetzt alle Hände voll zu tun hat. Aber wie wird die Lage vor Ort in den Kreisen eingeschätzt? Es scheint, dass man durchaus für den Ernstfall vorbereitet ist. Dort wird ein ausführlicher Informationsdienst für besorgte Anrufer, die sich über den Stand der Maßnahmen zum Schutz gegen die Vogelgrippe erkundigen, gewährleistet.

Aber die Hauptaufgabe der Veterinärämter ist derzeit die regelmäßige Kontrolle und die Erstellung der Notfallpläne. Denn sollte der Fall eintreten, dass ein Bestand mit dem Erreger infiziert wird, dann müssen alle getroffenen Vorkehrungen greifen. Der Bestand muss getötet werden. Ein Sperrgebiet muss um den Hof errichtet werden. Es muss großflächig vor der Vogelgrippe gewarnt werden. Innerhalb dieser Zone gelten dann strengste Sicherheitsvorkehrungen. Weiträumig muss ein Beobachtungsgebiet ausgewiesen werden. Die Frage ist allerdings, ob diese Maßnahmen dann ausreichend sind, um die Ausbreitung zu verhindern. Diese Frage kann heute leider niemand beantworten.