Protocol of the Session on July 16, 2009

(Minister Rainer Wiegard)

als stille Beteiligung dieser Bank zu geben, die damit dann Kreditersatzgeschäfte betrieben hat. Auf diese musste die Bank inzwischen Abschreibungen in der Größenordnung von 3 Milliarden vornehmen. Ich finde es sehr makaber, sich heute hier hinzustellen und zu sagen: Mit allem haben wir nichts zu tun,

(Lebhafter Beifall bei CDU und FDP)

das ist alles die Regierungszeit von Wiegard, der bekanntermaßen erst nach Ablauf - fast, bis auf zwei Monate - dieser Gewährträgerhaftung hier die Arbeit aufnehmen konnte.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Stegner?

Bitte sehr.

Herr Minister Wiegard, wären Sie so freundlich, diesem Hohen Haus zu verraten, wie hoch in der Zeit, die Sie gerade beschrieben haben, also meiner Zugehörigkeit zum Kabinett und zum Aufsichtsrat, die Stützungsmaßnahmen dieses Hauses für die HSH Nordbank gewesen sind?

(Anhaltende Zurufe von CDU und FDP)

Wenn Sie so nett wären, diese Frage zu beantworten. Wären Sie auch so freundlich, darüber zu sprechen, ob es sich damals bei der Festlegung der Vorstandsgehälter durch den Präsidialausschuss um Manager gehandelt hat, deren Bank nur noch dadurch existierte, dass die öffentliche Hand sie stützte?

- Herr Kollege Stegner, ich bin Ihnen für diese Frage sehr dankbar, weil ich damit noch einmal auf eine Situation eingehen kann, die ich bereits mehrfach kritisch angemerkt habe.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das ist unglaub- lich!)

Ich war sehr erstaunt, als ich - ich glaube im Juni Aufsichtsratsmitglied und Aufsichtsratsvorsitzender, als Nachfolger von Frau Simonis, wurde, feststellen zu müssen, dass der Kapitalmarktvorstand, der im Wesentlichen für Kreditersatzgeschäfte zuständig ist, ein um etwa 50 % höheres Gehalt bekommt als der Vorstandsvorsitzende - das war schon sehr erstaunlich -,

ebenso wie manche Altersversorgungsregelungen, die ich in meiner Zuständigkeit als Erstes verändert habe, und zwar begrenzt habe.

(Beifall bei CDU und FDP)

Zu der Frage, welche Haftungsrisiken das Land Schleswig-Holstein eingegangen ist, verweise ich noch einmal auf die Frage. Ausschließlich in der Zeit von 1996 bis zum Auslaufen der Gewährträgerhaftung am 18. Juli 2005 ist das am Ende 2008 noch mit über 60 Milliarden € valutierte Volumen der Gewährträgerhaftung entstanden. Ausschließlich in dieser Zeit.

Sie wissen, dass wir uns in der Diskussion über mögliche Alternativen zu der Vorgehensweise gezwungen gesehen haben, insbesondere auf die Frage der Gewährträgerhaftung Rücksicht zu nehmen, weil sie uns sonst vom Volumen her erschlagen hätte. Die 1 Milliarde € Schulden, die als stille Beteiligung hineingegeben wurden, die wir in der Zwischenzeit - übrigens im Einvernehmen; auch da können Sie sich nicht herausstehlen - in haftendes Eigenkapital umgewandelt haben, haben wir heute noch.

(Beifall bei CDU und FDP)

Herr Minister, wären Sie heute und jetzt in der Lage, die Frage des Abgeordneten Harms zu beantworten? Sonst kann das nachgereicht werden. Das sieht die Geschäftsordnung so vor.

Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das die Frage, ob es weitere Verträge ähnlicher Art gibt. Ich antworte darauf wie vorhin schon: Wir haben hier über einen Ausnahmefall entschieden, dass wir in diesem Ausnahmefall Öffentlichkeit herstellen, weil es sich um einen Vorgang von besonderer Bedeutung handelt. Ich bin nicht bereit - weder nach den Regeln des Aktienrechts noch nach den Regeln der schleswig-holsteinischen Landesverfassung -, hier öffentlich Auskunft zu geben. Wir können gern im Beteiligungsausschuss - soweit das zulässig ist - miteinander darüber reden. Ich bitte, mir die Fragen da noch einmal zu stellen.

(Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN]: Es reicht, wenn Sie Ja oder Nein sa- gen!)

(Minister Rainer Wiegard)

Ich danke dem Herrn Minister für die Auskunft. Es sind nach § 56 Abs. 6 der Geschäftsordnung neue Redezeiten von sieben Minuten entstanden. Das Wort erhält Herr Abgeordneter Martin Kayenburg.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bedauere wirklich sehr, dass diese HSH-Debatte in einem Umfeld stattfindet, in dem wir über Neuwahlen und Ähnliches diskutieren, weil nach meiner Meinung damit eine notwendige Aufklärung und eine sachliche Diskussion ein Stück weit erschwert werden.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Mir ist es völlig egal, ob Schweigen im Kabinett Annahme bedeutet oder nicht. Aber Schweigen im Parlament ist darauf zurückzuführen gewesen, dass wir manche Informationen nicht erhalten haben.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich jedenfalls - dumm wie ich bin und weil ich ja auch nicht mehr vom Aktienrecht verstehe, sondern vielleicht noch weniger als Frau Heinold - bin im März davon ausgegangen, dass die 500.000-€-Festlegung für alle und ab sofort gilt und nicht etwa erst nach Inkrafttreten der Garantieerklärung.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Vor dem Hintergrund glaube ich nicht, dass man das, was Herrn Nonnenmacher da zugebilligt worden ist, jetzt einfach in dieser normalen Diskussion hinreichend erklären kann.

Mich würde auch interessieren: Ist das Sonderkündigungsrecht dann mit einer zusätzlichen Abfindungszahlung ausgestattet worden oder nicht? Sie haben ja gesagt, ein Teil aus 2007, ein Teil aus 2008. Aber unabhängig davon - ich gebe Ihnen völlig recht, Herr Wiegard -: So etwas tut man nicht. Nur, wenn man so etwas zulässt, ist man in einer vergleichbaren Situation wie der auf der anderen Seite. Ich habe Ihnen und der Fraktion schon gesagt: Reisende soll man nicht aufhalten, wie das der Kollege Sauter hier auch deutlich gemacht hat.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Ich kann mir - tut mir leid - kein Unternehmen vorstellen, in dem die zweite Linie so schlecht ist, dass

sie nicht in der Lage ist, bei plötzlichem Ausfall des Vorstandvorsitzenden den zumindest interimsweise adäquat zu vertreten.

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Dann darf dem nichts passieren, kein Unfall beispielsweise!)

- Wenn der vom Himmel fällt, ist völlig klar, was dann folgt: die Bankpleite.

Einmal, denke ich, muss man Herrn Nonnenmacher ansprechen, der hier in einer unverantwortlichen Weise - er spricht selbst von Good Governance und neuer Bescheidenheit Geld - verlangt, indem er gekündigt hat, wenn ich es der Presse richtig entnommen habe, um dann zu sagen: Ich habe einen Abfindungsanspruch, den realisiere ich jetzt, oder ihr kommt mit anderen Zahlungen rüber! - Ich frage mich, wie dieser Mann in Zukunft eigentlich seinem Eigentümer gegenüber auftreten will.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Muss der nicht merken, dass er das Vertrauen längst verspielt hat, dass wir - jedenfalls ich - als Mitglieder dieses Parlaments ihm kein Vertrauen mehr entgegenbringen? Deswegen, denke ich, sollte auch der Aufsichtsrat noch einmal mit Herrn Nonnenmacher reden und ihm klarmachen, welche Problematik er insgesamt ausgelöst hat.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Denn es sind ja nicht nur die 2,9 Millionen €. Hier hat der Finanzminister deutlich gesagt: 1,5 Millionen € Barwert für die Altersversorgung. Da muss ich mal gucken, was der Gesamtwert dieser Geschichte ist. Wie ist der Ablaufwert der Rente? Das würde mich mal interessieren. Die Frage ist: Ist es wirklich billiger, dann zu sagen: Wir behalten ihn, zahlen das in eine Altersversorgung ein? Wo eigentlich liegt der rechtliche Vorteil? Oder ist es unter Umständen nicht sogar teurer? Ich jedenfalls habe damit Probleme.

Wenn Herr Nonnenmacher so unverzichtbar war, dann habe ich auch die Frage: War er nicht der zuständige Risikovorstand, und hat er nicht zu vertreten gehabt, was da geschehen ist?

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Insofern denke ich, dass wir uns erpressbar machen, wenn wir jedes Mal, wenn wir jemanden für unersetzbar halten, ihm zubilligen, dass er bestimmte Dinge noch von uns fordern kann, wenn wir nicht bereit sind, doch einmal einen Strich zu ziehen und

zu sagen: Bis hierher und nicht weiter! Damit, jetzt alles damit zu entschuldigen, dass das ja Forderungen aus der Vergangenheit sind, bringen wir der Bevölkerung keine sachgerechte Erklärung. Das wird der Bürger auch nicht akzeptieren.

(Beifall bei SPD, FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und SSW)

Eine letzte Bemerkung: Wenn ich Sie richtig verstanden habe, Herr Wiegard, haben Sie gesagt, der Präsidialausschuss habe einen Verhandlungskorridor gegeben. Ich habe ein bisschen Probleme damit. Wenn der Präsidialausschuss den Verhandlungskorridor gibt, hat er gleichwohl eine Entscheidung getroffen, denn er hat damit im Grunde auch ein Ergebnis akzeptiert, wenn es dann innerhalb des Verhandlungskorridors liegt. Das heißt, der Präsidialausschuss hat entschieden und nicht irgendjemand anders.

(Beifall des Abgeordneten Dr. Ralf Stegner [SPD])

Ich will auch darauf hinweisen, dass mich das Schreiben des Ministerpräsidenten ausweislich der Bemerkung meiner Verwaltung am Freitag um 18:10 Uhr - nach Dienstschluss - erreicht hat. Ich bin aber nachmittags schon von der Presse gefragt worden, ob ich nicht ein Schreiben hätte. Ich habe guten Gewissens bis 18:10 Uhr Nein gesagt.

(Zurufe von der SPD)

Nach 18 Uhr habe ich ebenfalls Nein gesagt, weil das über den normalen Verwaltungsweg gegangen ist. Das mag man der Verwaltung anlasten, aber bis Sonntag hatte ich es zumindest nicht. Nach meiner Kenntnis hat dieses Schreiben beispielsweise dem Präsidenten in Hamburg - und der hat es sofort veröffentlicht - schon um 16:25 Uhr vorgelegen. Also zumindest eine zeitgleiche Unterrichtung hat es hier nicht gegeben. Aber ich habe das ähnlich gehört, wie es von den Grünen gesagt worden ist, und es steht im Übrigen auch irgendwo in der Presse, dass die Regierung informiert hat - Regierung sind für mich alle ihre Mitglieder; das ist für mich nicht der Finanzminister allein; das ist der Innenminister ganz genauso -, nachdem - wie dort formuliert war - die HSH Nordbank die Notbremse gezogen hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SSW und vereinzelt bei der SPD)