Protocol of the Session on July 16, 2009

Ich fordere Herrn Nonnemacher von dieser Stelle klar und eindringlich auf: Herr Nonnenmacher, verzichten Sie auf zumindest einen Teil dieser hohen Sondervergütung! Tragen Sie mit dazu bei, dass wieder ein Stück Vertrauen in unsere Demokratie wachsen kann, indem Sie verzichten!

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Herr Carstensen, Herr Wiegard, es ist insbesondere Ihre persönliche Verantwortung, dass diese hohe Sondervergütung für Herrn Nonnenmacher jetzt gezahlt werden muss. Wie wollen Sie den Menschen im Lande erklären, die Monat für Monat versuchen, mit ihrem oftmals kleinen Gehalt über die Runden

zu kommen, dass jetzt 3 Millionen € ausgeschüttet werden? Wie wollen Sie es den Landesbediensteten erklären, die gerade auf Weihnachtsgeld haben verzichten müssen? Wie erklären Sie den Bürgerinnen und Bürgern unseres Landes, dass Sie einem Bankenvorstand einen Vertrag angeboten haben, der ihm eine erfolgsunabhängige Ausschüttung von 2,9 Millionen € für eine Tätigkeit von knapp neun Monaten ermöglicht?

(Zuruf des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Herr Wiegard, Herr Carstensen, was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als Sie dem Parlament diese Tatsache über Monate hinweg verschwiegen haben?

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, es verschlägt mir als Parlamentarierin fast die Sprache, dass es die Regierung und Sie in den monatelangen Debatten über das Rettungspaket der HSH Nordbank, in denen wir gerungen haben - Sie noch anders als wir -, in denen wir über die Begrenzung von Vorstandsgehältern diskutiert haben, es nicht ein einziges Mal für nötig gehalten haben, dem Landtag ehrlich und offen zu sagen, dass es Altverpflichtungen gibt. Warum haben Sie das nicht getan? Das ist unfassbar! Das ist eine gnadenlose Missachtung dieses Parlaments.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP, SSW und des Abgeordneten Mar- tin Kayenburg [CDU])

Herr Ministerpräsident, noch vor Kurzem haben Sie vollmundig erklärt, gerade in Sachen HSH Nordbank würden Sie uns jetzt umfassend in kleineren Runden informieren wollen. Jetzt muss ich heute wieder feststellen - auch als Oppositionspolitikerin -, ich bin nicht informiert worden, und anscheinend sind auch die Großen nicht genügend informiert worden, aber anscheinend irgendwie noch besser als ich. So geht es in keinem Fall.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP, SSW und des Abgeordneten Günter Neugebauer [SPD])

Wie kann es denn sein, dass wir nach diesem Landtagsbeschluss am 25. März 2009 nur Monate später aus der Presse von diesen exorbitanten Sonderzahlungen erfahren? Wenn es damals schon feststand, dass dieser Beschluss aufgrund von Altverträgen so wie Sie es nennen - gar nicht mehr einzuhalten

ist, dann hätten Sie dieses dem Parlament mitteilen müssen.

Die Aussage, die es jetzt gibt, Herr Nonnenmacher habe das nicht gewollt, die verschlägt mir die Sprache. Das zeigt doch, dass nicht mehr Sie die Bank in der Hand haben, sondern dass die Bank Sie in der Hand hat.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Meine Damen und Herren, was heißt denn in diesem Zusammenhang eigentlich Altvertrag? Das Sonderkündigungsrecht haben Sie doch Herrn Nonnenmacher erst vor wenigen Monaten zugesichert - im November 2008 -, als schon völlig klar war, dass die Bank auf Unterstützungsmaßnahmen des Staates angewiesen sein würde.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP und SSW)

Aber - und das wird den Applaus auf der linken Seite etwas mildern -, Herr Stegner, ich muss auch sagen: Wenn Sie sich heute lautstark über Sonderzahlungen beklagen,

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Unglaublich!)

die anscheinend - so mein Kenntnisstand - aus Verträgen des Jahres 2007 stammen, in dem Sie mit im Aufsichtsrat saßen,

(Zurufe von der CDU)

wäre Zurückhaltung deutlich besser.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, CDU, FDP und SSW)

Wenn jetzt die SPD die CDU für diese Sonderzahlung allein verantwortlich macht, ist das aus unserer Sicht unredlich.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Zum desaströsen Krisenmanagement der Großen Koalition brauche ich nicht mehr viel zu sagen. Es ist an Peinlichkeit nicht mehr zu überbieten, und es hat zu Recht dazu geführt, dass hoffentlich, hoffentlich - Daumen drücken! - in den nächsten Tagen diese Veranstaltung ein Ende haben wird.

Die semantischen Feinheiten zwischen Einverständnis und Zustimmung, zwischen kein Nein und vielleicht einem Ja zu einer Bonuszahlung, wie sie nun zwischen CDU und SPD in den letzten Tagen diskutiert worden sind - so intensiv, dass wahrscheinlich keiner von uns die Geschichte so wiedergeben könnte, wie sie wirklich war -, diese ganze

Debatte interessiert die Menschen in unserem Land schlicht und ergreifend überhaupt nicht.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

Sie, meine Damen und Herren von CDU und SPD, hatten und haben noch Regierungsverantwortung. Sie haben gemeinsam zu verantworten, dass es diese hohen Bonuszahlungen gibt. Sie müssen es den Menschen jetzt erklären, damit sich keiner im Nachhinein aus der Verantwortung stehlen kann. Bitter wie es ist: Wir sind jetzt darauf angewiesen, dass Herr Nonnenmacher von sich aus verzichtet. Ich weiß nicht, ob er die Größe dazu hat, aber ich hoffe es.

Herr Carstensen, keiner benennt den desaströsen Umgang mit der HSH Nordbank-Krise trefflicher als ihr ehemaliger Minister und Parteifreund, Herr Marnette:

„Da wird Missmanagement in aller höchster Perfektion betrieben. Die politische Verantwortung tragen die beiden Finanzminister. Wenn die aber offenbar nicht imstande sind, ihre Verantwortung wahrzunehmen, … sollte man schnell jemanden finden, der das kann.“

Herr Carstensen, ich kann Ihrem Parteifreund nur ausdrücklich zustimmen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

CDU und SPD haben den Bürgerinnen und Bürgern in den letzten Tagen den Beweis dafür geliefert, dass sie unfähig sind, dieses Land verantwortungsvoll zu regieren. Wir sollten dieses Schauspiel beenden. Aber was bleibt - das ist tatsächlich das Bittere -, ist, dass wieder Vertrauen zerstört worden ist und dass wir in wenigen Monaten wieder alle miteinander hier stehen werden und fragen: Wie konnte es sein, dass wir so eine geringe Wahlbeteiligung haben? Das ist das, was bitter ist, was schmerzlich ist und was mich auch schmerzt, weil ich mich als Parlamentarierin - wie viele von Ihnen auch - immer wieder in Einzelgesprächen darum bemühe, Vertrauen in die Politik zurückzugewinnen, für uns als Parlament zu werben. Jetzt ist der Schaden groß, und wir werden viel tun müssen - gemeinsam hoffentlich -, um die Scherben wieder zusammenzufegen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, FDP und SSW)

(Monika Heinold)

Ich danke Frau Abgeordneter Monika Heinold. Das Wort für die CDU-Fraktion hat nun Herr Abgeordneter Frank Sauter.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich den Bericht der Landesregierung richtig bewerte, gab es Ende Juni 2009 - auf einzelne Tage kommt es da bei meiner Betrachtung nicht an - für die Regierung beziehungsweise für den Aufsichtsrat und Präsidialausschuss der HSH Nordbank gar nicht so fürchterlich viele unterschiedliche Möglichkeiten, Entscheidungen zu treffen.

Die eine Entscheidungsalternative war: Nonnenmacher erhält Geld und Versorgungsansprüche und geht. Die zweite Alternative war: Nonnenmacher erhält Geld und Versorgungsansprüche und bleibt. Die Alternative, die man meinte, gelegentlich auch in der Berichterstattung zwischen den Zeilen lesen zu können - Nonnenmacher geht oder bleibt, arbeitet weiter oder arbeitet nicht weiter, aber er erhält kein Geld -, diese Alternative hat es per Stand Juni 2009 nicht gegeben. Das müssen wir einfach zur Kenntnis nehmen. Es war klar -

(Wolfgang Kubicki [FDP]: Das müssen wir glauben! Das sollen wir glauben!)

- Ich rede über den Bericht. Ich höre den Bericht genauso, wie Sie ihn gehört haben, Herr Kollege Kubicki. Lassen Sie mich doch einfach die Dinge einmal so erklären, wie ich sie wahrgenommen haben. Sie werden sicherlich auch gleich Gelegenheit haben, Ihre Sicht der Dinge darzustellen.

Sicher war: Es kostet Geld.

Die dritte Entscheidungsmöglichkeit bestand darin, sich an ein altes deutsches Sprichwort zu halten, das besagt, Reisende soll man nicht aufhalten, oder ein altes türkisches Sprichwort zu bemühen - und es gibt leider immer für alle Alternativen Sprichwörter -, das besagt, dass man, während man einen Fluss überquert, das Pferd nicht wechselt.

Obwohl Parlament oder Fraktion keine Zuständigkeiten bei Entscheidungen dieser Art haben, möchte ich Ihnen doch mitteilen, dass wir auch über die Inhalte dieser beiden Sprichwörter eine sehr intensive Debatte in der Fraktion geführt haben. Es gab dort unterschiedliche Meinungen. Ich glaube aber, die Mehrheitsmeinung richtig wiederzugeben, wenn ich sage: Ein Ausscheiden Nonnenmachers im laufenden Prozess von Krisenbewältigung und Neuaufstellung der Bank wäre ein Fehler gewesen. Zudem

wären bestehende Personalvakanzen im Bereich des Vorstandes noch größer geworden und hätten sich möglicherweise auch auf den Aussichtsrat ausgedehnt. Wir alle wären in den nächsten Wochen und Monaten Zeugen eines öffentlichen Castingverfahrens geworden, nach dem Motto: Bank sucht Vorstand!

Wir müssen uns auch über eines im Klaren sein und ich sage das wirklich in dem Bewusstsein, dass es mir heute noch sehr schwer fällt, in Traurigkeit zu verfallen, wenn ich von Managern höre, die für ein Jahresentgelt von 500.000 € per anno ihre Dienste leisten müssen -: Für ein solch karges Managergehalt kann man übrigens drei Minister hier in Schleswig-Holstein bezahlen. Das sind so die Relationen.

(Zuruf des Abgeordneten Lars Harms [SSW])

- Von Abgeordneten wollen wir gar nicht reden, und von normalen Arbeitnehmern erst recht nicht.

(Rolf Fischer [SPD]: Sollten wir vielleicht!)

Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass bei dem Begriff Arbeitsmarkt die Betonung sowohl auf Arbeit als auch auf Markt liegt. Und dieser Markt signalisiert, dass es sehr schwer sein könnte - und ich füge einmal hinzu: insbesondere wenn ich mir Führungsaufgaben in der HSH Nordbank angucke -, Spitzenmanager zu finden, die SoFFinKonditionen akzeptieren. Auch das sollten wir sehr ernst nehmen.