Aber wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass bei dem Begriff Arbeitsmarkt die Betonung sowohl auf Arbeit als auch auf Markt liegt. Und dieser Markt signalisiert, dass es sehr schwer sein könnte - und ich füge einmal hinzu: insbesondere wenn ich mir Führungsaufgaben in der HSH Nordbank angucke -, Spitzenmanager zu finden, die SoFFinKonditionen akzeptieren. Auch das sollten wir sehr ernst nehmen.
Von Herrn Nonnenmacher hätte ich erwartet, dass er auf die Durchsetzung seiner Rechte in dieser Form, in diesem Umfang und zu dieser Zeit verzichtet.
Abweichend von dem, was ich bisher gehört habe, würde ich noch nicht einmal kritisieren, dass er sich in der damaligen Situation ein Sonderkündigungsrecht hat einräumen lassen. Angesichts der Situation, unter der damals verhandelt worden ist, würde ich auch nicht kritisieren, dass ihm ein solches Recht eingeräumt worden ist. Der SoFFin war gerade gegründet, die Bank stand am Abgrund, und wir waren weit von Landtagsresolutionen und SoFFin-Beschränkungen von Vorstandsgehältern entfernt. Es wäre aber menschlich und unternehmerisch überzeugender gewesen, wenn Herr Nonnenmacher seinen persönlichen Profit mit den Ergebnissen einer erfolgreichen Sanierung der HSH Nordbank verknüpft hätte.
Stattdessen führen wir eine öffentliche Debatte über Ethik, Anstand und Moral, bei der auch diejenigen am Pranger stehen, die in den Parlamenten die schwierige Entscheidung getroffen haben, die Bank zu retten.
Die Chance - auch das will ich kritisch hinzufügen -, der Öffentlichkeit noch irgendetwas von dieser Angelegenheit erklären zu können, wurde durch die Diskussion darüber völlig zunichte gemacht, ob jemand in der SPD - und wenn ja, wer und wann Kenntnis genommen beziehungsweise erhalten oder zugestimmt hat. Den letzten Stand kann ich eigentlich in kurzer Form nur so wiedergeben, wie es bereits geschehen ist: Erstens: 23. Juni 2009. Zweitens: Lothar Hay ist Mitglied der SPD und auch der SPD-Landtagsfraktion. Ich glaube, damit ist in dieser Angelegenheit genug gesagt.
Auch wenn es der seit gestern eingetretenen neuen politischen Situation hier im Land nicht entspricht, möchte ich darauf hinweisen, dass die Art und Weise, wie das Kabinett über alle Grenzen der Parteizugehörigkeit hinweg mit diesem Vorgang umgegangen ist, ausdrücklich als seriös, professionell und verantwortungsvoll zu würdigen ist. Auch das will ich sagen. Die Diskussion, die Außendarstellung und das gemeinsame Vertreten von schwierigen Beschlüssen sind erwähnenswert und gut gewesen.
Der ganze Vorgang zeigt, dass die Erlebnis- und Wahrnehmungswelten von Politik und internationalem Bankwesen so weit auseinanderliegen, dass schon von daher der Versuch scheitern muss, beide Welten, um nicht zu sagen beide Galaxien, unter dem Dach von Landesbanken zu vereinen. Dies bestätigt genau das, was wir seit Jahren immer wieder gesagt haben: Die Zeiten von Banken mit staatlichen Eigentümern sind vorbei.
Wir müssen einfach zur Kenntnis nehmen, dass wir es nicht mit dem generellen Problem von Managern einer bestimmten Branche, die dieses Land in große Probleme gebracht haben, zu tun haben. Wir haben in Deutschland über 2.000 Unternehmen, die das Bankengeschäft ausüben. Dazu kommen 600 Finanzdienstleistungsunternehmen, die alle unter der Aufsicht der BaFin stehen und alle für das Bankengeschäft konzessioniert sind. Von diesen rund 2.600 oder 2.700 Bankenlizenzen entfallen 16 Lizenzen auf Unternehmen, die Schwierigkeiten ha
ben oder notleidend sind. Der größere Teil davon ist in irgendeiner Form mit öffentlich-rechtlichen Eigentümern versehen. Die Bankenkrise hier in Deutschland ist im Wesentlichen eine Landesbankenkrise. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen. Die politische Zielrichtung für die Zukunft ist, dass die Landesbanken so, wie wir sie bisher kennen, nicht mehr das Zukunftsmodell sein können.
Ich danke dem Herrn Abgeordneten Sauter. - Für die SPD-Fraktion hat nun deren Vorsitzender, Herr Abgeordneter Dr. Ralf Stegner, das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Sozialdemokratische Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag hat für die HSH Nordbank stets Verantwortung getragen. Das war oftmals außerordentlich schwierig. Wir haben im April 2009 die Entscheidung, als der Landtag die direkten Zuschüsse von etwa 1,5 Milliarden € und die Bürgschaft von 5 Milliarden € an die HSH Nordbank freigegeben hat, trotz erheblicher Zweifel mitgetragen.
Wir haben die Entwicklung der HSH Nordbank mit insgesamt drei Resolutionen, die im Wesentlichen von Sozialdemokraten formuliert wurden, begleitet. Herr Kollege Wadephul, diese Resolutionen sind von Ihrer Fraktion erfreulicherweise unterstützt worden. Diese Resolutionen hatten das Ziel, die Risiken für das Land Schleswig-Holstein möglichst kleinzuhalten. Bei der Abwägung der Risiken für das Land und die Beschäftigten sowie für die steuerzahlenden Bürgerinnen und Bürger haben wir uns zur Stützung entschieden. Das war eine Entscheidung, die in ihrem Volumen kaum vermittelbar war und von jedem bei den Veranstaltungen, an denen wir alle teilnehmen, nur ganz schwer zu rechtfertigen gewesen ist.
Ein Bestandteil der Resolutionen war, dass wir gesagt haben: Von Banken, die öffentlich gestützt werden, verlangen wir, dass die Managergehälter beschränkt werden, und zwar mindestens auf das Maß, das im Bund gilt, denn das Land SchleswigHolstein hat weniger Geld als der Bund.
Bundesfinanzminister Peer Steinbrück hat völlig recht, wenn er dies mit drastischen Worten kritisiert hat. Diese Sonderzahlung ist angesichts der aktuellen Wirtschaftskrise mit den vielen Menschen, die jetzt schon durch Einkommenseinbußen, durch Entlassung oder Kurzarbeit verloren haben, die um ihren Arbeitsplatz fürchten und die ihr Erspartes verloren haben, völlig daneben. Es zeigt sich, dass Bankenvorsitzende wie Herr Nonnenmacher keinerlei Skrupel kennen, ihren eigenen Vorteil durchzusetzen. „Wenn jeder an sich selbst denkt, ist an alle gedacht“ - hier zeigt sich in aller Deutlichkeit die Absurdität dieses Satzes.
Es ist eine Frage, ob Herr Nonnenmacher hätte verzichten können. Er ist sicher kein Vorbild in der Frage eines sich der Verantwortung bewussten Managers in einem Unternehmen, das nur noch durch das Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler existiert.
Die zweite Frage ist aber: Wie hat es dazu kommen können? Die Weichen dafür wurden im Präsidialausschuss der HSH Nordbank 2007 und im Spätherbst 2008 gestellt. Allein der Präsidialausschuss ist dafür zuständig, übrigens auch nach Aktienrecht. Diesem Präsidialausschuss gehört kein Vertreter der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands oder der Fraktion der SPD an.
Über die Folgewirkungen dieser Verträge, also über das Problem der Sonderzahlung, über die wir heute debattieren, ist das Parlament nicht informiert gewesen, als es im Frühjahr 2009 die Resolutionen verabschiedet hat. Die Regierungsfraktionen hätten sie sonst wohl auch kaum in dieser Form eingebracht, wenn sie Kenntnis gehabt hätten, wie mir der Kollege Wadephul in einem persönlichen Gespräch versichert hat.
Insofern waren wir in diesem Parlament in gutem Glauben hinsichtlich der möglichen Wirksamkeit unserer Forderungen, als wir verlangten, die Gehälter der Vorstandsmitglieder zu begrenzen und kontraproduktive finanzielle Anreize in den Verträgen zu vermeiden. Der Sachverhalt, dass der bereits geschlossene Vertrag diesen Anforderungen widerspricht, ist in der letzten Juni-Woche über den Finanzminister auch sozialdemokratischen Kabinettskollegen bekannt geworden. Diese konnten dann - allerdings ohne Kenntnis von Verträgen, die
ja nur der Präsidialausschuss kennt - nur noch die Plausibilität der Abwägung des Finanzministers nachvollziehen, was für das Land in der Situation im Juni 2009 günstiger beziehungsweise nicht günstiger sei. Das heißt, es ging nur noch um die Frage, was zum Zeitpunkt Juni 2009 für das Land kostengünstiger wäre. Da war das Kind aber schon seit vielen Monaten in den Brunnen gefallen.
Fakt ist: Der Präsidialausschuss hat die Sonderzahlung in einer Sitzung am 26. Juni 2009 freigegeben. Von dieser Sitzung hat niemand auf der SPD-Seite etwas gewusst. Dass der Präsidialausschuss am 26. Juni 2009 darüber entscheidet, ist niemandem auf der sozialdemokratischen Seite bewusst gewesen. Dass die Sitzung an diesem Tag stattgefunden hat, haben die Kollegen von der Sozialdemokratie übrigens erst vor wenigen Tagen erfahren.
In keinem Gremium - ich betone das -, in dem Vertreter der SPD sitzen, also weder im Kabinett noch im Aufsichtsrat, wurde vorher oder nachher über die Sonderzahlungen abgestimmt. Darauf lege ich großen Wert.
Und wenn Herr Sauter hier argumentiert, im Juni 2009 war nichts mehr zu entscheiden gewesen -, das sei im November 2008 ja schon so gewesen, das war die Argumentation von Herrn Sauter; ich habe ihm sehr genau zugehört -, dann fällt ein bisschen in sich zusammen, der Sozialdemokratie vorzuwerfen, sie habe im Juni 2009 vielleicht doch zugestimmt. Das passt nicht zusammen. Sie müssen sich schon für das eine oder das andere entscheiden. Logisch ist das jedenfalls nicht.
Drittens. Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Carstensen, Sie haben ausweislich dessen, was Sie auch im Rundfunk gesagt haben, mich in der Tat persönlich informiert. Dies geschah vier Tage nach der Sitzung des Präsidialausschusses am 30. Juni 2009 in einer kleinen Koalitionsrunde, die nicht etwa auf Betreiben des Herrn Ministerpräsidenten, sondern nur deshalb stattfand, weil die SPD über die Zusammensetzung des Aufsichtsrates sprechen wollte. In dieser Sitzung - das sage ich hier ohne Wenn und Aber - haben sowohl die stellvertretende Ministerpräsidentin Ute Erdsiek-Rave als auch ich deutlich Kritik an dieser Zahlung geübt und festgestellt, dass es ein Problem mit dem gibt, was der Landtag beschlossen hat, dass das öffentlich in keiner Weise vermittelbar ist und dass wir das nach außen so darstellen werden. Herr Ministerpräsident hat gesagt: Dann müssen Sie das halt tun. - Das haben wir in dieser Sitzung miteinander besprochen.
Ich breche die Vertraulichkeit solcher Sitzungen sehr ungern. Aber wenn man öffentlich der Lüge bezichtigt wird, dann gestatten Sie mir die Deutlichkeit in der Aussage. Und ich stehe zu jedem Wort, das ich hier heute formuliere.
Viertens. Die Spitzen der Regierungsfraktionen haben - wie auch der Fraktionsvorsitzende der CDU-Landtagsfraktion, der geehrte Kollege Wadephul, in dankenswerter Klarheit und öffentlich betont hat - diesen Zahlungen nicht zugestimmt. Mit Erlaubnis der Frau Präsidentin zitiere ich die „Kieler Nachrichten“ mit den Worten: „Einvernehmen ist mit uns nicht erzielt worden“. Dpa meldete am Dienstag:
„Laut CDU-Fraktionschef Johann Wadephul hat auch seine Fraktion der Sonderzahlung nicht zugestimmt. … Die CDU habe auch mahnend angemerkt, dass die Zahlung kaum vermittelbar sei.“
Dies widerspricht dem Inhalt des Briefes, den Ministerpräsident Carstensen an dieses Parlament geschrieben hat. Wir reden hier über etwas, was sich im Duden unter dem Begriff „Unwahrheit“ finden lässt, um kein deutlicheres Wort zu gebrauchen. Das ist ein Vorgang, der üblicherweise in jedem deutschen Parlament Empörung auslösen würde. Ich bedanke mich für die erfrischende Klarheit des Herrn Landtagspräsidenten, der sich zu diesem Thema ebenfalls geäußert hat.
Die gleiche Behauptung steht auch in dem Brief, den der Bürgermeister Ole von Beust an die Hamburger Bürgerschaft geschrieben hat und der ziemlich schnell den Weg in die Medien gefunden hat, allerdings mit dem Unterschied, dass der Hamburger Bürgermeister wohl tatsächlich Kabinett und Regierungsfraktionen vorher um Zustimmung gebeten hatte. Das ist offenkundig der Unterschied.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, bei allen ärgerlichen Kommunikationsdefiziten der letzten Juni-Woche innerhalb der SPD, die ich nicht verniedlichen möchte, ist die entscheidende Frage, wer die Sonderzahlung an Herrn Nonnenmacher zu verantworten hat, ganz eindeutig zu beantworten, nämlich der Präsidialausschuss, dem die SPD nicht angehört hat.
Verehrter Herr Finanzminister, ich weiß wirklich, wie schwer das Amt ist, das Sie innehaben. Üblicherweise rede ich mit Respekt darüber. Aber ich muss Ihnen ehrlich sagen: Ihre Rede hat bei mir
Mitleid ausgelöst. Sich so zu der Sache zu äußern, Herr Finanzminister, das ist nicht in Ordnung. Das kann man so nicht machen. Ich muss deutlich sagen, man muss in der Tat die Dinge verantworten, die man mit entschieden hat.
Ich will eines einräumen, Frau Kollegin Heinold: Die Bankvergütung für Manager - das ist wohl wahr - ist zu hoch. Das war sie auch früher schon. In Zeiten, in denen ich dem Präsidialausschuss angehört habe - darauf weise ich hin -, hat diese Bank aber nicht in Milliardenhöhe Stützungen durch das Parlament bekommen. Das ist der entscheidende Unterschied. Deswegen geht das in dem Zusammenhang nicht und ist auch nicht in Ordnung.
Ich komme zum Schluss. - Das Sonderkündigungsrecht ist nach unserem Kenntnisstand im Herbst 2008 verändert worden, und zwar auch für den Herrn Nonnenmacher.
Ich sage noch einmal: Weder das Kabinett noch der Aufsichtsrat, dem Lothar Hay angehört, und erst recht nicht die Spitzen der Landtagsfraktion waren an der Entscheidung beteiligt. Sie konnten somit auch nicht zustimmen. Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich sage Ihnen auch, meine sehr verehrten Damen und Herren: Mit dem Thema wird sich der Parlamentarische Untersuchungsausschuss ganz gewiss zu beschäftigen haben.