Protocol of the Session on June 19, 2009

Zweitens. Der Bau der festen Fehmarnbelt-Querung mit dem Ausbau der Hinterlandanbindungen ist nach dem Bundesverkehrswegeplan ein internationales Projekt und kein Bedarfsplanprojekt. Das spiegelt sich normalerweise in der Finanzierung wieder. Deshalb muss jetzt über die Finanzierung gesprochen werden. Für Schienenprojekte gibt es keine Länderquote.

Drittens. Bei dem gegenwärtigen Planungsstand kann man natürlich nicht ausschließen, dass sich die Baukosten höher entwickeln als bisher angenommen. Sie können aber auch niedriger ausfallen. Exakte Kostengrößen liegen erst nach Abschluss der Bauentwurfsplanung vor. Das ist bei allen Bauvorhaben so. Es ist daher reine Spekulation, von einer Verdoppelung der Investitionskosten auszugehen. Diese Behauptung lässt sich sachlich nicht begründen. Im Gegenteil, derzeit erleben wir infolge der Weltwirtschaftskrise sogar einen drastischen Rückgang bei den maßgeblichen Rohstoffpreisen, zum Beispiel für Stahl.

(Hans-Jörn Arp)

Meine Kritik gilt insofern auch für den Bericht des Bundesrechnungshofs, auf den sich der Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bezieht. Der Bundesrechnungshof hat eine pauschale Kostensteigerung von 60 % unterstellt. Eine projektspezifische Kostenermittlung hat er hingegen nicht durchgeführt. Von daher sollte man auch der vom Bundesrechnungshof unterstellten Baukostensteigerung mit Vorsicht begegnen.

Im Übrigen, wenn es tatsächlich zu Kostensteigerungen für die Hinterlandanbindungen kommen sollte, ist es eine originäre Aufgabe des Bundes und nicht des Landes, hierfür eine Finanzierungslösung zu finden.

Der derzeitige Planungsstand war für den Bundestag gestern ausreichend, um mit der Ratifizierung des Staatsvertrages eine politische Grundsatzentscheidung für das Projekt der festen FehmarnbeltQuerung zu treffen. Mit einer weiteren Verschiebung des Ratifizierungsprozesses hätten wir gegenüber dem Königreich Dänemark, das schließlich den Löwenanteil der Kosten und Risiken trägt, ein überaus negatives Zeichen gesetzt.

(Beifall bei CDU, SPD und SSW)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratung. Es ist beantragt worden, die Drucksachen 16/2675 und 16/2715 dem Wirtschaftsausschuss zu überweisen. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. Das ist einstimmig so beschlossen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 30 auf:

Grünes Licht für den Förderbescheid für das Maritime Science Center von Schleswig-Holstein

Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Drucksache 16/2712

Wird das Wort zur Begründung gewünscht? - Das ist nicht der Fall. Dann eröffne ich die Aussprache. Das Wort für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN hat der Fraktionsvorsitzende, Herr Abgeordneter Karl-Martin Hentschel.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin seit Langem der Auffassung, Kiel braucht ein großes touristisches Event. Kiel ist eine Stadt, in der der Tourismus stark wächst - das sagen

alle Berichte -, der Tourismus in Kiel wächst mit am stärksten in Schleswig-Holstein. Aber es gibt kaum attraktive Orte, die man bei schlechtem Wetter besuchen kann.

(Unruhe)

Ein bisschen mehr Ruhe bitte!

Das Maritime Science Center bietet die einmalige Chance, gemeinsam mit der maritimen Wirtschaft und der Wissenschaft das Thema Meer, Meeresforschung und maritime Technologien darzustellen. Schleswig-Holstein, Kiel und das Meer, das passt zusammen, auch im Kopf der Menschen, die natürlich damit auch etwas verbinden, wenn sie irgendwo hingehen.

(Jürgen Weber [SPD]: So weit, so richtig!)

Damit würde eine zentrale Präsentationsplattform für wesentliche Akteure der Stadt und des Landes geschaffen. Es würde die Situation entstehen, dass die Touristen, die nach Schleswig-Holstein kommen, wenn sie nicht am Strand sind und schlechtes Wetter haben, wissen, da muss man hin, das muss man gesehen haben. Das ist doch das, was wir anstreben.

(Beifall der Abgeordneten Monika Heinold [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Wir haben aber auch die Chance, technikbegeisterte Jugendliche anzuziehen und für die Naturwissenschaften und Ingenieurwissenschaften zu begeistern.

Natürlich muss ein solches Projekt gründlich geprüft werden. Genau das ist in den letzten Jahren intensiv geschehen, wohl intensiver als bei jedem vergleichbaren Projekt. Die Stadt Kiel hat in einem Wettbewerb des Landes gesiegt. Seit Jahren wird an dem Projekt gearbeitet, und mittlerweile wurden mindestens 2,5 Millionen € investiert. Fachleute, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft in Kiel stehen hinter dem Projekt - einhellig. In der Pressemitteilung zu ihrer Entscheidung schreiben CDU und SPD:

„Angesichts der in den letzten Wochen infolge der weltweiten Finanzkrise dramatisch eingebrochenen Steuereinnahmen ist die Bereitstellung von 17,8 Millionen € Fördermit

(Minister Dr. Jörn Biel)

teln für ein risikobehaftetes Projekt nicht vertretbar.“

(Beifall beim SSW)

Ich muss dazu sagen: Wo ist da die Logik? Das Geld soll doch gar nicht eingespart werden - darum geht es doch überhaupt nicht -, sondern - das schreiben Sie in Ihrer Pressemitteilung anschließend selber - das Geld soll für andere Projekte zur Verfügung stehen, für Projekte, die in der Regel in ihrer wirtschaftlichen Wirkung viel zweifelhafter sind.

Natürlich kann man Bauchschmerzen haben. Das verstehe ich, das ist auch okay. Ich finde es auch besser, die Leute im Finanzausschuss haben Bauchschmerzen, als Dinge hochzujubeln, die nachher ins Negative laufen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber warum haben Sie keine Bauchschmerzen gehabt, als Sie in den vergangenen Jahren unrentable Spaßbäder, Seebrücken, Kurpromenaden oder sogar „Plopp“-Verschlüsse gefördert haben? Da gab es auch keine Bauchschmerzen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

In Husum soll eine Mehrzweckhalle für 20 Millionen € gefördert werden. Ich bin auch dafür, aber jeder weiß, dass sie zwar einmal im Jahr für die Messe wichtig ist, aber sich nicht tragen wird. Das wissen wir heute schon. In Kellinghusen sollen im Rahmen eines Konversionsprogramms 30 Millionen € in ein Sportzentrum investiert werden. Natürlich wird das keine großen Einnahmen bringen. Das wissen wir doch alle. Trotzdem fördern wir das, weil wir sagen, das ist Strukturpolitik, und das ist für das Konversionsmodell in Kellinghusen versprochen und wichtig.

Mir wurde sogar berichtet, dass auf der Ausschusssitzung am 18. Mai 2009 von den Gegnern des Projektes ausgeführt wurde - hier von den Abgeordneten -, dass das Universum Science Center in Bremen gescheitert sei. Offensichtlich haben Sie sich die Unterlagen gar nicht durchgelesen. Das Universum in Bremen läuft seit neun Jahren mit durchschnittlich 500.000 Besuchern im Jahr überaus erfolgreich. Sie haben das Universum mit dem Space Center in Bremen verwechselt. Das war eine Fehlinvestition in ein Einkaufszentrum, das nie in Betrieb genommen worden ist.

Herr Hentschel, gestatten Sie zwei Zwischenfragen, einmal eine vom Kollegen Kubicki und dann eine vom Kollegen Astrup?

Ja, bitte, aber bitte einzeln.

Herr Kollege Hentschel, Sie haben uns eben eine Vielzahl von Projekten aufgezählt, die sich nicht rechnen und für die trotzdem Geld ausgegeben wird. Sie haben gesagt, das soll so fortgesetzt werden. Wie verträgt sich das mit Ihrer Auffassung zur Schuldenbremse, die Sie heute Morgen zu Tagesordnungspunkt 1 vorgetragen haben?

- Herr Kubicki, ich glaube, dass man in jedem einzelnen Fall prüfen muss, ob Investitionen sich lohnen und ob Investitionen für die Zukunft volkswirtschaftlich sinnvoll sind. Es ist ein Unterschied, ob eine öffentliche Investition volkswirtschaftlich oder betriebswirtschaftlich sinnvoll ist und sich rechnet. Das kennen wir zum Beispiel vom Straßenbau. Vielleicht haben Sie sich schon einmal damit beschäftigt. Straßenbau bringt in der Regel keine Einnahmen, ist also betriebswirtschaftlich immer ein Defizitgeschäft, volkswirtschaftlich kann es sinnvoll sein. Das sagt sogar die FDP. - Bitte, die nächste Frage.

(Heiterkeit)

Herr Kollege Hentschel, sind Sie bereit zur Kenntnis zu nehmen, dass ich derjenige im Finanzausschuss war, der nach Bremen und ausdrücklich nach dem Space Center gefragt hat und nicht nach dem Universum? Soll heißen, das mit dem richtigen Lesen der Unterlagen würde ich mir noch einmal überlegen.

- Herr Kollege Astrup, wenn das so ist, dann tut es mir leid, dass ich Sie falsch zitiert habe. Mir ist das anders berichtet worden. Ich werde das natürlich noch einmal ganz gründlich nachprüfen, damit hier keine falschen Beschuldigungen im Raum stehen bleiben.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, gerade zu Zeiten wirtschaftlichen Abschwungs brauchen wir Zuversicht und Investitionen in Zukunftsprojekte. Was Sie hier vorgeführt haben, dass Sie ein Projekt, das von

(Karl-Martin Hentschel)

der gesamten Region, von der Stadt und allen Akteuren getragen wird - - Wenn es hier Zweifel gäbe, wenn das nicht so wäre, könnte ich auch verstehen, dass man sagt, da gibt es Zweifel, das muss man nicht machen. Aber die Landeshauptstadt Kiel hat sich mit allen Akteuren auf ein Projekt verständigt. Das wird seit Jahren verfolgt. Es gibt drei Förderzusagen des Landes. Dann die Förderzusage zu brechen, das ist eine wirtschaftspolitische Bankrotterklärung dieses Landtags.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ein innovatives Leuchtturmprojekt der maritimen Kompetenzen von Wissenschaft und Wirtschaft wird ohne fachliche Begründung gekillt.

Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Herrn Abgeordneten Astrup?

Herr Kollege Hentschel, sind Sie bereit anzuerkennen, dass es einen Unterschied zwischen der Inaussichtstellung von Förderung und der Förderzusage gibt?

- Wenn ein Projekt über Jahre hinweg in Aussicht gestellt und im Wettbewerb ausgeschrieben wird, wenn es mehrfach deutliche Aussagen der Minister gibt, dass dieses Projekt für förderfähig gehalten wird, und die Stadt Kiel ermutigt wird weiterzumachen, dann ist das mehr als eine Inaussichtstellung.

(Zuruf des Abgeordneten Wolfgang Baasch [SPD])