Protocol of the Session on June 17, 2009

Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Das ist wieder ein typischer FDP-Wirtschaftsantrag. Es geht hier wieder einmal um den Verzicht auf staatliche Einnahmen, ohne zu sagen, wie das kompensiert werden soll.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die zum 1. Januar 2009 in Kraft getretene Mauterhöhung für Lkw soll nach dem Willen der FDP ausgesetzt werden, oder die Lkw-Maut soll sogar abgesenkt werden, wie es in dem Antrag heißt, auf eine vom Antragsteller nicht näher bestimmte „angemessene" Höhe. Was heißt denn hier „angemessen“? Herr Dr. Garg, das ist wieder einmal ein Schaufensterantrag - ohne viel Arbeit, zwischen Tür und Angel geschrieben. Fordern Sie doch gleich die Abschaffung der Lkw-Maut! Das wäre jedenfalls konsequent.

(Dr. Heiner Garg [FDP]: Nein, das wäre es nicht!)

„Das ist ökonomisch unsinnig!“, hat Karl-Martin Hentschel zu Ihrer Empörung dazwischengerufen. Es liegt doch auf der Hand, dass eine Absenkung der Maut keinen Güterverkehr induziert, sondern lediglich die produzierten Güter und die Nachfrage danach, also die konjunkturelle Entwicklung.

Deutschland liegt im Herzen Europas. Das führte zu einem ständig wachsenden Gütertransportaufkommen. Aus diesem Grund und wegen der angespannten Haushaltslage hat die Bundesregierung beschlossen, die Maut für schwere Lkw mit einem zulässigen Gesamtgewicht ab 12 t zum 1. Januar

(Bernd Schröder)

2005 einzuführen und dafür eigens ein modernes System einrichten zu lassen, das ohne unnötige Stopps und Staus vor Mauthäuschen auf der Autobahn auskommt.

Mit der Einführung der streckenbezogenen Maut wurde in Deutschland eine wesentliche Weichenstellung in der Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur vorgenommen. War es bisher die Allgemeinheit, die durch Steuern für den Bau und Unterhalt des Autobahnnetzes aufkommen musste, ist mit der entfernungsabhängigen Mauterfassung der Einstieg in eine Nutzerfinanzierung gelungen.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Anders als bei Vignetten-Lösungen zahlt jeder nur das, was er auch selbst genutzt hat. Das ist fair und gerecht.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Heiner Garg [FDP])

Da alle gleichermaßen zur Zahlung herangezogen werden, führt die Maut nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung. Das gilt innerhalb unseres Landes, das gilt aber auch im internationalen Wettbewerb. Auch alle ausländischen Lkw müssen sich diesem System unterwerfen und zahlen für die Schäden, die sie durch die Straßennutzung anrichten. Früher konnten zum Beispiel polnische Lkw mit einer Tankfüllung durch Deutschland fahren, ohne hier einen einzigen Cent zu bezahlen.

Mit der Lkw-Maut gibt es jährliche Einnahmen für den Bund in der Höhe von 3,5 Milliarden €. Wenn der Straßengüterverkehr rückläufig ist, dann ist das natürlich weniger. Die Mauteinnahmen können die Schäden und den Verschleiß an den Straßen durch die Lkw-Nutzung nicht abdecken. Die Einführung der Lkw-Maut ist auch notwendig, um die Nachteile für den Schienenverkehr durch die Trassennutzungsgebühren abzumildern. Auch wenn die Grünen den Schienenverkehr für Güter und Passagiere immer unterstützen, haben Sie sicher noch nie eine Forderung von uns gehört, die Trassengebühren abzuschaffen oder die Mineralölsteuer auf den Dieselverbrauch der Bahnen zu senken.

Die FDP ist im Moment Umfragekönigin. Bei den echten Wahlen bleibt sie allerdings hinter den Grünen zurück. Das ist auch gut so.

(Lachen bei der FDP)

Mit ihrem Deregulierungsextremismus ist die FDP mitverantwortlich für die Finanz- und Wirtschaftskrise.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Ekkehard Klug [FDP])

Freie Märkte erreichen nicht immer ein Gleichgewicht, sondern zerstören sich manchmal selbst. Dann muss der Staat eingreifen, und dann wird die FDP plötzlich ganz ruhig. Da hört man keine marktradikalen Töne mehr. Die staatlichen Hilfen des Bundes und der Länder für Opel werden auch von der FDP in den Landesregierungen mitgetragen, obwohl Überkapazitäten der Branche bekannt sind. Die Abwrackprämie wird mitgetragen, obwohl sie ein Strohfeuer ist und keine Lenkung zum Beispiel in Richtung umweltfreundlichere Autos hat. Deregulierung, Steuersenkung, Staatsferne das ist die tibetanische Gebetsmühle, die die FDP immer wieder dreht. Heute ist die Lkw-Maut dran, morgen etwas anderes. Einnahmeausfälle des Staates, Finanzierung öffentlicher Aufgaben: Wen interessiert das? Die Gebetsmühlendreher jedenfalls nicht.

Für die Bundestagswahl verspricht die FDP wie auch die CDU Steuersenkungen. Während die CDU nichts zur Höhe und zum Zeitpunkt von Steuersenkungen sagt, wird die FDP deutlicher: Nach der Bundestagswahl soll es losgehen - in Höhe von 35 Milliarden € jährlich. Wissen Sie eigentlich, was die 35 Milliarden € an Gegenwert bedeuten? Das sind 900.000 Stellen im öffentlichen Dienst, die wegfallen müssten, um eine Gegenfinanzierung zu bekommen.

Ich bin davon überzeugt, dass es nach der Bundestagswahl keine Steuersenkungen geben wird, egal aus welcher Parteienkonstellation die Bundesregierung bestehen wird. Die neoliberalen Versprechungen sind unseriös und eine reine Täuschung der Bürgerinnen und Bürger.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Dr. Heiner Garg [FDP]: Oh!)

Den Antrag der FDP lehnen wir ab. Eine Förderung des Güterkraftverkehrs lehnen wir dagegen nicht ab. Der Kollege Arp hat dazu in seiner Rede eine ganze Reihe von Punkten ausgeführt.

Herr Kollege, auch bei Ihnen ist die Redezeit abgelaufen.

Dazu gehört jedenfalls keine Senkung der Maut. Wir brauchen alternative Antriebe, eine Strategie

(Detlef Matthiessen)

weg vom Öl. Die Vollbesteuerung der biogenen Kraftstoffe ist dahin gehend kontraproduktiv.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich danke Herrn Abgeordneten Matthiessen. - Das Wort für den SSW im Landtag hat nun Herr Abgeordneter Lars Harms.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Vorlage der Bundesregierung, die Maut zu erhöhen, wurde mit knappster Mehrheit im Bundesrat zugestimmt. Damit war der Weg für das Projekt für Verkehrsminister Tiefensee geebnet. Im Durchschnitt ist die Maut seit dem 1. Januar 2009 von 13,5 auf 16,5 ct/km gestiegen und beschafft prognostizierte Mehreinnahmen von rund 1 Milliarde € im Jahr. Damit stehen für den Bau und den Erhalt von Verkehrsprojekten nun über 5 Milliarden € zur Verfügung.

Neben der steuerlichen Komponente beinhaltet der Vorschlag von Tiefensee aber auch umweltpolitische Aspekte, in denen die Erhöhung gerade bei älteren Lkw, die drei Jahre oder älter sind, mit höheren Abgaswerten drastischer zu Buche schlägt. Angesichts der Klimadiskussion ist dies ein Punkt, der aus unserer Sicht nicht unerheblich ist. Gerade in diesem Zusammenhang sehen wir die Maut als ein Steuerungsinstrument, das dazu beitragen kann, Lkw von den Straßen zu verbannen, um Güter auf Schiene oder Wasser zu transportieren.

Deshalb war es für uns als SSW seit Einführung der Maut immer wichtig, dass die eingenommen Mittel zweckgebunden für die Verkehrsinfrastruktur genutzt werden. Dazu stehen wir auch weiterhin. Zur Verkehrsinfrastruktur gehört aber nicht nur die Straßen- und Schieneninfrastruktur sowie die Infrastruktur unserer Wasserwege, sondern auch der Aufbau von Logistikzentren, um eben alternative Verkehrsträger zu stärken. Aber dieser Aspekt wurde bisher leider nur schleppend umgesetzt.

Angesichts des schlechten Zustandes vieler unserer Straßen ist es durchaus nachvollziehbar, dass dort größtenteils die Gelder hineingepumpt wurden. Aber wir dürfen das Ziel nicht aus den Augen verlieren, die Projekte zu fördern, die den kombinierten Verkehr zum Ziel haben. Dafür sollten die Mehreinnahmen durch die Mauterhöhung verstärkt genutzt werden. Das wäre ökonomisch und ökologisch sinnvoll. Durch die Mehreinnahmen lassen

sich Verkehrsprojekte schneller als bisher umsetzen. Davon profitieren die Autofahrer, die Wirtschaft und die Arbeitnehmer. Anders ausgedrückt: Die Mauterhöhung wirkt sich wie ein drittes Konjunkturpaket zur Schaffung nachhaltiger Verkehrsprojekte aus. In diesen Zeiten wirken die Mehreinnahmen daher wie ein warmer Regen für die Wirtschaft.

Das ist die grundlegende Haltung, die wir vertreten. Allerdings haben wir es hier mit einem besonderen Aspekt zu tun. Im Regen stehen gelassen fühlen sich die Transportunternehmen, die von der Mauterhöhung betroffen sind. Denn es sind gerade die Transportunternehmen, die als Erste die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zu spüren bekommen haben. Mit der Erhöhung der Maut wurde dem Güterkraftgewerbe in diesem Jahr nun zusätzlich ein Erschwernis hinzugefügt, das nach unserer Auffassung so nicht sein muss.

Die Situation beim Transportgewerbe ist nach unserer Auffassung anders zu bewerten als die Situation bei anderen Wirtschaftsbranchen, die in Zeiten der Wirtschaftskrise nach Steuererleichterungen und staatlichen Hilfen rufen. Dem Transportgewerbe wird durch die Mauterhöhung zu Anfang dieses Jahres wissentlich mitten in der Konjunkturkrise eine Extrabelastung zugemutet, die schädlich wirken muss und auf die man sich dann auch nicht einstellen kann.

Es geht uns nicht darum, die Mauterhöhung in Gänze infrage zu stellen; denn die Zielrichtung ist nach Auffassung des SSW richtig. In Zeiten einer solchen Wirtschaftskrise halten wir die Erhöhung der Maut aber für kontraproduktiv. Eine zeitlich begrenzte Aussetzung der Mauterhöhung wäre aus Sicht des SSW ein gangbarer Schritt, um das Transportgewerbe nicht zusätzlich zu belasten. Ein solcher Schritt sollte für die Dauer der Krise oder zumindest noch bis zum Jahr 2010 ernsthaft in Erwägung gezogen werden.

Auf eine dauerhafte Senkung der Lkw-Maut sollte jedoch verzichtet werden. Das fordert aber auch niemand. Damit würde unnötig im Mautsystem herumgerührt werden. Wir wollen eine klare politische Botschaft, die lautet: Die Mauterhöhung ist richtig. Wir setzen sie nur so lange aus, wie dies aufgrund der Konjunkturkrise wirklich notwendig ist.

Wir halten eine Beratung im Ausschuss für sinnvoll. Wir sollten allerdings auch schnell im Sinne der Betroffenen beraten, die in diesem Gewerbe beschäftigt sind.

(Beifall beim SSW)

(Detlef Matthiessen)

Ich danke Herrn Abgeordneten Harms. - Für einen Kurzbeitrag hat nun Herr Abgeordneter Dr. Heiner Garg das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Kollege Matthiessen, nach dieser Unterrichtsstunde in Ökonomie und liberaler Politik möchte ich festhalten, dass es mit der grünen Glaubwürdigkeit auch nicht so weit her ist, jedenfalls nicht mit der grünen Durchsetzungsfähigkeit in Regierungen. Der Landesvorsitzende der Grünen, Herr Habeck, entschuldigt sich vor 150 IGMetallern in Kiel für die Sozialpolitik der Grünen während der Kanzlerschaft Schröder. Frau Birk erklärt, man habe sich während der rot-grünen Regierungszeit in Kiel nicht um die HSH Nordbank gekümmert. Frau Heinold erklärt zum letzten Tagesordnungspunkt, man habe sich während der Zeit der Regierungskoalition nicht gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen können. Deshalb frage ich Sie, weshalb man Grüne überhaupt noch wählen soll.

(Zuruf des Abgeordneten Karl-Martin Hent- schel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

- Dann pfeifen Sie einmal kräftig.

Lieber Kollege Arp, lieber Kollege Schröder, durch Einigkeit allein wird den Speditionsunternehmen nicht geholfen. Herr Kollege Arp, ich habe mit Absicht nur einen einzigen Punkt herausgegriffen, weil ich die Art und Weise kenne, wie wir Probleme im Wirtschaftsausschuss behandeln und wie lange das zum Teil dauert, zum Teil sachlich begründet, zum Teil der schwierigen Situation in der Großen Koalition geschuldet. Wir sollten doch nicht so tun, als ob wir im vergangenen halben Jahr im Wirtschaftsausschuss schnelle Entscheidungen zustande gebracht hätten. Das ist schlicht und ergreifend nicht wahr.

Es geht mir darum, dass wir schnell eine Entscheidung treffen, gern auch so, wie Sie es vorgeschlagen haben. Wir müssen das nicht undifferenziert betrachten. Mir geht es nicht darum, ein halbes Jahr lang mit Ihnen über einen ganzen Blumenstrauß von Maßnahmen zu diskutieren, um am Ende festzustellen, dass möglicherweise das eine oder andere kleine Unternehmen bereits über den Jordan gegangen ist.

Mir geht es darum, diese eine Maßnahme mit Ihnen schnell und konstruktiv im Ausschuss zu beraten

und dann möglichst schnell im Sinne der kleinen Unternehmen in Schleswig-Holstein zu einer Lösung zu kommen. Über Ihren Blumenstrauß können wir dann an anderer Stelle herzlich gern intensiv beraten.

(Beifall bei der FDP)

Für die Landesregierung hat nun der Wirtschaftsund Verkehrsminister, Herr Dr. Jörn Biel, das Wort.