Protocol of the Session on June 17, 2009

(Beifall bei SSW und [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Von dieser Verantwortung hat man in den letzten Monaten allerdings reichlich wenig gemerkt. Die HSH Nordbank ist kaum daran interessiert, dass sie eine öffentliche Verantwortung trägt.

Was uns stattdessen geboten wurde, lässt jegliche Distanz zwischen Landesregierung und HSH Nordbank vermissen. Die Landesregierung und insbesondere Herr Wiegard haben eindrucksvoll bewiesen, dass sie ihre Interessen von einer Bank leiten lassen und am Wohl des Landes Schleswig-Holstein scheinbar nicht interessiert sind.

Da ist zum einen die geplante Auszahlung der Dividenden für 2008 zu nennen, die bei allen Interessierten nur noch Kopfschütteln erzeugte. Da ist der Umgang mit den verabschiedeten Resolutionen der Großen Koalition zu nennen, die gutgläubig mit „sollte“, „könnte“ und „müsste“ versucht, zum Ziel zu kommen und nicht verstehen will, dass weder Landesregierung noch HSH Nordbank daran interessiert sind, was sich die Parlamentarier so alles wünschen.

Dann ist auch noch das Wichtigste zu nennen: die Kapitalaufstockung und Garantiegewährung sowie die damit verbundene strategische Neuausrichtung der HSH Nordbank. Seit November letz

ten Jahres haben sich die Parlamentarier um Kopf und Kragen diskutiert, um herauszufinden, welche Handlungsspielräume und welche Alternativen es gibt, damit Schleswig-Holstein nicht für die Rettung der Bank aufkommen muss.

Die Landesregierung und ebenso die Vertreter der Bank haben mit nebulösen Darstellungen und einer katastrophalen Informationspolitik geglänzt, sodass erst nach einer ganzen Weile deutlich wurde, was hier gespielt wird. Die Entscheidung für einen Mini-SoFFin durch die Länder Schleswig-Holstein und Hamburg war schon längst gefällt, und die strategische Neuausrichtung der Bank war längst geplant. Der Landesregierung ging es nur noch darum, diesen Alleingang möglichst unauffällig allen Entscheidungsträgern unterzujubeln. Das hat ja auch geklappt, könnte man denken. Stimmt aber nicht ganz. Hat nicht geklappt. Vor allem die Opposition hat es gemerkt und sich gewehrt.

In den Ausschüssen hat die Opposition wiederholt dafür gesorgt, dass das Thema HSH Nordbank auf der Tagesordnung stand und dass ganz langsam Licht in das dunkle Handeln der Landesregierung kam.

(Beifall beim SSW und der Abgeordneten Angelika Birk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN])

Wir haben Kleine Anfragen gestellt, Unterlagen angefordert, den verantwortlichen Personen Fragen gestellt und mit ihnen auch gestritten. Spätestens mit dem Steinbrück-Papier wurde deutlich, dass sich die Landesregierung frühzeitig gegen eine Rekapitalisierung über den SoFFin entschieden hat und dass damit völlig unverantwortlich und ohne Rücksicht auf Verluste die finanzielle Zukunft dieses Landes aufs Spiel gesetzt wurde.

(Beifall bei SSW und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Für dieses Handeln muss die politische Verantwortung eingefordert werden.

Wir brauchen daher vor allem einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, um zu klären, ob die Mitglieder der Landesregierung in den Gremien der HSH Nordbank im Interesse des Landes Schleswig-Holstein gehandelt und alles getan haben, um Schaden vom Land abzuweisen. Um dies zu klären, müssen wir nachvollziehen können, was in den Jahren 2003 bis 2009 in der HSH Nordbank passiert ist.

(Beifall bei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

(Lars Harms)

Dabei steht das Kreditersatzgeschäft neben der Gründung von Zweckgesellschaften und des Risikocontrollings der Bank im Fokus des Untersuchungsausschusses. Hierzu ergeben sich zahlreiche Fragen, zum Beispiel, wieso das Kreditersatzgeschäft von einem Tochterunternehmen in Luxemburg aufgebaut wurde, fernab von jeglicher Aufsicht durch die Zentrale. Oder ob die Mitglieder der Landesregierung ihre Kontrollpflicht in den Gremien der Bank überhaupt wahrgenommen haben. Auch die Frage, ob es notwendig war, in verschiedensten Regionen der Erde Geschäfte zu machen, und ob wir es bei der HSH noch mit einer Landesbank mit öffentlichem Auftrag oder längst mit einer internationalen Geschäftsbank zu tun haben, ist von Bedeutung.

Für den SSW ist der vierte Punkt des Antrags zu den Informationspflichten der Landesregierung gegenüber dem Parlament und den zuständigen Ausschüssen am wichtigsten. Aus Sicht des SSW besteht der Verdacht, dass die Landesregierung nicht alles getan hat, um Schaden vom Land abzuweisen, und dass vielmehr die Interessen der Bank als die des Landes vertreten wurden. Teilweise hat man den Eindruck bekommen, dass die Landesregierung nicht komplett informiert war oder Informationen vorenthalten hat. Außerdem besteht der Verdacht, dass Landesregierung und Bankenvorstand ein Rettungsmodell favorisiert und selbstgefällig durchgedrückt haben. Ganz egal, welcher Verdacht sich im Untersuchungsausschuss verhärten wird, spricht dies nicht gerade für diese Regierung.

Die Landesregierung muss offenlegen, wie ihre Informations- und Entscheidungswege ausgesehen haben. Dies gilt sowohl für Finanzminister Wiegard und seine lückenhafte Information des Parlaments als auch für Ministerpräsident Peter Harry Carstensen, der sich den Vorwurf gefallen lassen muss, kritische Stimmen innerhalb der Landesregierung zum Schweigen gebracht zu haben. Sonst, glaube ich, wäre Herr Marnette nicht gegangen.

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss in Schleswig-Holstein wird aufgrund der kommenden Landtagswahl zügiger arbeiten müssen als der Hamburger PUA. Aber lassen Sie sich gesagt sein: Wenn die Untersuchungen behindert und die Ergebnisse herausgezögert werden, wird es in der neuen Legislaturperiode einen neuen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank geben. Wir lassen uns nicht mehr mit undurchsichtigen Darstellungen abspeisen.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Das Parlament trägt im Endeffekt die finanzielle Verantwortung für das Modell 3+10. Da darf es nicht sein, dass die Landesregierung das Modell hintergeht und weder ausreichend über die Alternativen informiert noch das Parlament in die Entscheidungsprozesse einbezieht. Auch mit einem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss können wir das Modell 3+10 nicht rückgängig machen. Aber wir können unabhängig und selbständig die Sachverhalte prüfen, begangene Fehler aufdecken und vor allem die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen. So bleibt uns die Hoffnung, dass aus den Fehlern gelernt wird und das Land SchleswigHolstein in Zukunft nicht noch einmal in eine solche Situation gebracht wird.

(Beifall bei SSW, FDP und BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN)

Zu einem Kurzbeitrag nach § 56 Abs. 4 der Geschäftsordnung erteile ich dem Herrn Abgeordneten Wolfgang Kubicki das Wort.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe mich nach den Beiträgen des Kollegen Koch und des Kollegen Weber noch einmal gemeldet, weil mich die innere Logik der Beiträge des Kollegen Koch immer wieder begeistert. Herr Kollege Koch, Sie sollten die Quantität von Fragestellungen nicht mit der Qualität des Untersuchungsgegenstandes verwechseln.

(Beifall bei der FDP)

Sie werden sehr schnell eines Besseren belehrt werden. Die Frage der Unterrichtung des Parlaments ist ein ganz zentraler Punkt, weil das das Verhältnis Regierung zu Parlament betrifft. Wir sind nicht dazu da, Fehlverhalten von Bankmitarbeitern oder anderen zum Gegenstand unserer intensiven Untersuchungen zu machen.

(Beifall bei FDP und SSW)

Herr Kollege Koch, Sie haben eingeworfen, mein Redebeitrag sei nicht ergebnisoffen gewesen. Das kann er auch gar nicht sein, weil Grundlage eines jeden Untersuchungsgegenstandes und -auftrages ein Verdacht, eine Vermutung ist. Während des Untersuchungsverfahrens muss sich herausstellen, ob sich der Verdacht bestätigt oder ob er widerlegt

(Lars Harms)

werden kann. Das ist das ganz normale, reguläre Verfahren. Hätten wir keine Vermutung oder keinen Verdacht von Fehlverhalten, brauchten wir keinen Untersuchungsausschuss.

(Beifall bei FDP, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN und SSW)

Dass es eine ganze Reihe von Indizien dafür gibt, dass das Parlament zumindest durch den Bankenvorstand unzureichend unterrichtet worden ist, will ich Ihnen an zwei Dingen deutlich machen.

Während der Finanzausschusssitzung am 15. Januar dieses Jahres hat Herr Professor Nonnenmacher als Vorstandsvorsitzender der HSH Nordbank deutlich erklärt - ich zitiere sinngemäß -: Wenn die HSH Nordbank in Steueroasen keine Offshore-Gesellschaften mehr unterhalten könne, sei das Geschäftsmodell der Bank tot. Der Finanzminister unseres Landes sitzt daneben und sagt dazu kein Wort. Ich als Parlamentarier muss mich und auch die Sozialdemokraten fragen: Ist das der Sinn einer mit Steuermitteln finanzierten Bank, in Steueroasen, die von wesentlichen Kräften des Parlaments bekämpft werden, Offshore-Gesellschaften zu unterhalten, und der Vorstandsvorsitzende dieser Bank teilt uns mit, wenn er dies nicht mehr machen könne, sei die Bank tot?

Zweiter Punkt - viel gravierender -: Uns wird vom Chefjustiziar der HSH Nordbank erklärt -

(Günter Neugebauer [SPD]: Ich habe große Zweifel, dass Sie richtig zitiert haben!)

- Herr Kollege Neugebauer, ich kann es belegen. Ich weiß, wovon ich rede. Ich bin gern bereit, das beim nächsten Tagesordnungspunkt wörtlich einzuführen. Meine Mitarbeiter hören hier, was ich sage, und können das Protokoll herunterreichen.

Die nächste Geschichte ist: Der Chefjustiziar wird gefragt, ob die bayerische Lösung der EU-Kommission auch Auswirkungen auf die HSH Nordbank hat. Die HSH Nordbank sagt Nein. Ihre Überlegungen, Dividenden auszuzahlen anstelle Beteiligungsausschüttungen vorzunehmen, sei rechtlich einwandfrei. Drei Monate später sagt die EU-Kommission: schlichter Unsinn! Jeder hätte doch sehen können, wie die Entscheidung der EU-Kommission für die BayernLB gewesen sei. Es ist doch geradezu naiv anzunehmen, dass sich das nur auf Bayern bezieht.

(Beifall bei der FDP)

Die nächste Geschichte. Da erklärt uns der Vorstandsvorsitzende der HSH Nordbank, man müsse

jetzt an die Großanleger Dividenden zahlen, an die stillen Beteiligten Geld ausschütten, denn sonst würden die mit einem Mausklick - daran kann ich mich erinnern - mal schlicht und ergreifend 10 Milliarden € von der Bank abziehen, und damit wäre sie illiquide. Wir fragen: Ist das richtig? Er sagt: Ja, unbedingt. Der Finanzminister sitzt daneben. Zwei oder drei Monate später sagt die EU-Kommission: Ist nicht! Es gibt keinen Mausklick.

Ich muss mich doch fragen: Brauchen wir Frau Kroes und die EU-Kommission immer dazu, um die Interessen des Landes Schleswig-Holstein wahrzunehmen?

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die 200 Millionen € hätten wir aus Steuerzahlermitteln bereitstellen müssen. Das ist doch die Frage: Wer nimmt hier eigentlich wessen Interessen wahr? Hat sich die Bank ein Land erobert, oder hat das Land seine Interessen in der Bank ordnungsgemäß durchgesetzt? Das ist die zentrale Frage, die wir untersuchen werden.

Ich warne alle Beteiligten davor, so zu tun, als interessiere das die deutsche Öffentlichkeit nicht. Die interessiert sehr wohl, ob hier ordnungsgemäß gearbeitet worden ist. Ich habe meine Zweifel daran. Aber wir werden durch die Befragungen der vielfältigen Personen im Untersuchungsausschuss sehen, ob diese Zweifel begründet sind oder ob sie ausgeräumt werden können.

Eines ist jedenfalls klar: Wir, die wir hier sitzen bis auf einige wenige, die in Gremien der HSH Nordbank gesessen haben -, sind für die Milliardenverluste, für die die Steuerzahler aufkommen, nicht verantwortlich. Das sind andere. Zu dieser Verantwortung müssen sie sich im Zweifel bekennen, und zwar ohne Ansehen der Person.

(Beifall bei FDP und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Ich schließe die Beratungen. Es ist beantragt worden, über die Anträge in der Sache abzustimmen. Ich lasse zunächst über den interfraktionellen Änderungsantrag Drucksache 16/2730 abstimmen. Wer zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Dann ist einstimmig so beschlossen worden. Der Änderungsantrag ist angenommen.

(Wolfgang Kubicki)

Ich lasse über den Antrag Drucksache 16/2703 in der soeben geänderten Fassung abstimmen. Wer dem Antrag in der geänderten Fassung zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenprobe! - Enthaltungen? - Damit ist der Untersuchungsausschuss einstimmig eingesetzt.

Ich rufe nunmehr Tagesordnungspunkt 32 auf:

Neuordnung und Konsolidierung des Landesbankensektors